4 Monate Suzhou in China
Auszug, Rückzug, Umzug: Leben hinter Gittern
Ich traf mich mit meinem chinesischen Chef und seiner Assistentin (eine Studentin im letzten Studienjahr). Zusammen brachten sie mich zu meiner neuen Bleibe, die sich wie folgt zusammenfassen lässt:
Der einladende Flur, der Steinfußboden ist im Zimmer der gleiche, Licht gibts nur abends ab 18 Uhr wenn es draußen dunkel wird. Tagsüber leuchtet nur jede dritte oder vierte Lampe.
Ein Vierbettzimmer im Mädchenwohnheim. Erdgeschoss mit vergitterter Terrasse, Dusch-Hockklo und dem Luxus einer Klimaanlage! Da ich sogar ein Zimmer alleine haben darf, wurden zwei Betten rausgeräumt und ich habe etwas mehr Bewegungsfreiheit.
Schließzeit auf dem gesamten Campus ist 22:30Uhr - dann, wenn ich gerade erst aktiv werde!!! Warmes Wasser gibt's morgens nur bis 8:30Uhr und dann wieder ab ca. 16:30 bis 22:30Uhr. TV kann ich morgens bis ebenfalls 8:30Uhr gucken, und abends wieder bis 22:45Uhr.
Die Betten hier haben keine Matratzen, man liegt auf Decken. Ich versuchte es dann mit bestimmt 4-5 Decken und verschiedenen Falttechniken, aber nach einer Woche unangenehmen Schlafes gab ich auf! Der Chef hatte schließlich ein Bett erwähnt, dass sogar mal im Büro (wo ich ja leider nicht wohnen darf ) gestanden haben soll. Als ich meine Bitte aber in einem offiziellen Meeting ansprach und auch noch vergessen hatte, gewisse Hierarchien einzuhalten (also bitte erst den Assistenten ansprechen, der dann den Chef, der dann Leute, die gewisse Ressourcen haben...), war das ganze nicht mehr eine Bitte oder Frage, sondern gleich ein großes Problem mit Gesichtsverlusten verbunden und Sandra stand mal wieder im Fettnapf!
Es konnte nicht einfach die Matratze auf das andere Bett gelegt werden, weil das nicht die gleiche Breite hatte. Somit kamen bereits am nächsten Tag vier Männer mit Bettteilen und der ersehnten Matratze, bauten mein altes Bett ab, das neue auf, noch mal auseinander (weil falsch zusammengesetzt!), sie diskutierten noch ein Weilchen und verschwanden dann wieder. Die Matratze ist auch hart, aber mit einer Decke drauf ist es auszuhalten, auch wenn es etwas quietscht.
Alles steht hier auf blankem Steinfußboden, den ich gar nicht mehr versuche sauber zu halten. Fegen muss reichen! Hier bilden sich so schnell riesige Staubhaufen - wahrscheinlich von der Klimaanlage, die ich des Nachts als Heizung laufen ließ - und Straßendreck verteilt sich auch überall. Einmal hatte ich die Idee, meinen Balkon zu wischen, und er war bestimmt auch der sauberste im ganzen Block - aber leider nur für kurze Zeit und danach hatte der ganze Dreck von draußen meine Wischerei wieder zu Nichte gemacht. Danach habe ich mich erst recht nicht mehr bemüht, den Boden durch Wischen zu reinigen.
Mein Dusch-Hockklo: die Vermeidungstaktiken werden immer ausgeklügelter - Aufhalten wird groß geschrieben.
Da mein Duschplateau auch gleichzeitig zur Hälfte meine mich anwidernde Hocktoilette darstellt (aber einfaches Reinigen - einfach mal duschen) und der Abfluss an der höchsten Stelle liegt, fließt natürlich kein Tropfen Wasser den Abfluss hinab.
Das Wasser läuft auf den Boden und da dann erst ab. Nur einmal habe auch ich diesen Fußboden geschrubbt und eine Nacht lang sauber gehabt. Am nächsten Morgen bin ich mit meinen dreckigen Pantoffeln rein ins Bad, ein paar Tropfen Wasser auf den Boden und alles wieder dreckig...
Aufbruch: | 07.02.2007 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | Juni 2007 |