4 Monate Suzhou in China
Wochenendtrip zur Provinzhauptstadt Nanjing: Nanjing II
Am Samstagmorgen standen wir für meinen Geschmack viel zu früh auf, aber schließlich hatten die beiden ein "Programm" geplant und gen Abend würden wir dann auch in Zhu Yipus Stadt fahren - irgendeine Kleinstadt mit nur 600 000 Einwohnern. Niedlich
Frühstücken - bis jetzt ja fast immer mein Müsli und eher selten chinesisch, da ich nichts warmes, salziges oder sonst was haben wollte. Dieses mal ging es nicht anders, weil ja der tolle Bäcker noch nicht geöffnet hatte, und ich entschied mich für die süßgefüllten Dumplings/Klöschen. Auf einmal saß ein kleiner Junge an unserem Tisch und wollte nicht mehr weg: ich dachte, die Chinesen lieben ihre Kinder über alles und würden sie nicht alleine früh morgens auf der Straße rumlungern lassen, total verdreckt und mit wenigen Yuan in der Tasche?!?! Er ließ dann irgendwann von uns ab und ich organisierte mir den angeblich besten Milchtee mit den black pearls, der aber nicht so gut war, wie der auf unserem Campus. Wir organisierten uns noch einen klebrigen, aber bekannten Snack, den sogar ich dieses Mal zahlen durfte (mittlerweile hatten wir Wang Dong getroffen)
kandierte Früchte am Spieß (mit Nüssen und getrockneten Früchten auch super lecker) und ein Hello-Kitty-Bechersiegel
Nanjing gefiel mir bislang schon ganz gut, mit Wasser in der Stadt und, was mir bald auffiel, Bäumen: große Bäume säumten viele Straßen. Aber noch mehr Bäume sollte ich dann in den Purple-Mountains sehen. Dort ist eine Riesenanlage mit dem Mausoleum des Gründers der Nation "Sun Yatsen".
die beiden vor Sun Yatsen - ein alter Bekannter für mich, war ich ihm doch ständig auf Macau über den Weg gelaufen
Aber ich wollte keine 80Yuan zahlen, um dieses patriotische Nationaldenkmal besichtigen zu können und wieder eine Pagode... Die anderen beiden hatten das ganze Areal zwar auch noch nicht gesehen, wollten aber auch nicht so viel Geld ausgeben. Also konnte ich sie überzeugen, doch einfach ein bisschen durch den Wald zu spazieren und dann an anderer Stelle unsere Picknic-Tüte zu plündern.
Wir stapften also los, ich vorweg schnurstracks in den Wald - aber da Chinesen ja ungern über unebene Wege gehen, gab es auch hier einen betonierten Weg Aber so wenige Leute, herrlich. Und dann irgendwann schlug ich auch noch vor, mal vom Weg abzubiegen und mit meinen Flipflops fühlte ich mich trotzdem auf dem Waldboden sehr wohl Was die beiden hinter mir hertrottenden wohl gedacht haben - die spinnen die Deutschen, wollen immer alleine sein... Aber sie folgten mir tapfer, auch als wir feststellen mussten, dass es nicht weiterging. Den halben Tag verbrachten wir irgendwo mitten drin oder in der Nähe von viel Baumgrün - mir ging es super
Irgendwann gegen Mittag fuhren wir dann in die Stadt zurück um noch den Innenstadt-Park mit großem See anzuschauen und "Trettbötchen" zu fahren Aber erstmal spazierten wir fröhlich weiter durch Baumgruppen - in einer beobachtete ich fasziniert eine Gruppe älterer Menschen, die schon fast im Wettbewerb mit ihren Brummkreiseln gegeneinander antraten und ihre Akrobatik damit zeigten. Das Geräusch, das dabei entstand, hat mich total gefesselt und bevor wir den Park verließen, musste ich das unbedingt mit meinem MP3-Player aufnehmen. Leider kann man dieses Format ja hier nicht einstellen!
Und als hätten wir uns nicht schon reichlich bewegt, organisierten wir uns noch ein Tretboot für eine Stunde und strampelten abwechselnd über diesen See. Mit Rock trampelt es sich etwas umständlich, aber wir kamen voran. Die Lenkung ging etwas schwer und am befestigten Ufer einer Insel setzten wir auch glatt noch auf den steinigen Untergrund auf, aber wir schafften es trockenen Fußes und pünktlich zurück zum Anleger.
also die Gefährte ließen keine Formwünsche offen - die Ente und das U-Boot sind leider nicht im Bild
Dann wurden wir vom Fahrer Zhu Yipus Vater abgeholt. Dickes Auto, schnell das Gepäck aus dem Hotel geholt, noch Früchte vom Obststand nebenan und alle man ins Auto. Ich wusste nicht, dass Wang Dong auch mitkam, aber er würde dann für eine Nacht seine Oma besuchen. Auch nett.
Von wegen Deutschland und Schilderwald: dann habt ihr noch nicht die amerikanischen China-Autobahnen gesehen. Sobald das Auge bei 100-120km/h eine neue Werbetafel aufnehmen kann, wird auch eine aufgestellt!
Die Musik im Auto war popig und nett, ich lerne einige sonst immer so wichtige Ausdrücke "Wo ai ni" - ich liebe dich. Nicht wirklich wichtig in meinem China.
Zhu Yipu hat eine Patchwork-Familie: zunächst einmal ist sie eine der wenigen, die einen leiblichen Bruder hat. Ich fragte dann mal nach, was passiert, wenn man ein zweites Kind bekommt, obwohl es doch verboten ist!? Ihr Vater wurde damals von seinem staatlichen/politischen Amt entlassen und machte sich selbständig - er übernahm den mütterlichen Bauernhof und wohnt zwar nicht mehr auf dem Land, aber ist offiziell noch Bauer! Die Eltern sind geschieden, ihr Bruder bei dem Vater, der schon mit neuer Frau. Zhu Yipu bei ihrer Mutter und Stiefvater und -bruder (sie nennt den neuen Mann aber Onkel! Welche in Betitelungschaos in China und einer Veränderung an Bedeutungen einzelner Wörter, Bruder wird für Cousin genutzt und ich musste immer nachfragen, ob´s ein richtiger Bruder sei!)
Jetzt war ich natürlich das Highlight an diesem Abend, was alle kennenlernen wollten, also wurde kurz ein Essen organisiert und insgesamt waren wir über 10 Leute. Das Restaurant war wohl sehr gut, aber auf der Toilette gab es wieder mal keine hohen Trennwände, keine Türen, kein Spülwasser...
Und viele kleine Kinder denken sich jetzt bestimmt, dass sich Ausländer vor dem Essen die Füße im Restaurant waschen Danach war mir irgendwie und das habe ich dann mal kurzerhand beim unisex-fast schon auf dem Flur-Waschbecken durchzog!
Mir wurde chinesischer Wein angeboten. Super, den probier ich, hatte ich doch durchaus positive Stimmen gehört: aber als die kleine blaue Flasche herbeigetragen wurde, war mir klar, es handelte sich nicht um Wein, sondern Reisschnaps. Hochprozentiges Feuerwasser. Kein Wunder, dass die anderen Frauen Joghurt wählten. Und ständig musste angestoßen werden, noch ein Schluck, noch ein Spruch. Ich stieg dann nach einem Glas auf Joghurt um, die Männer (4) leerten 3 Flaschen (minus wenige cl in meinem Glas und einer anderen Frau) und der Fahrer konnte noch alle nach Hause bringen. Ich zog es vor mit vollem Bauch noch einen Spaziergang durch die Stadt zu machen und bei der Gelegenheit dann doch die Sandalen zu kaufen - noch ein bisschen runtergehandelt.
Nochmal zum Essen:
Eine Wahnsinnsauswahl, es schmeckte alles vorzüglich und das ist etwas, was wirklich abwechslungsreich, vielfältig und zum vermissen ist!
Zhu Yipus Mutter - sie ist genauso groß wie ich und fand meine Sandalen so toll, dass sie am nächsten Tag die gleichen von ihrer Tochter gekauft bekam Sofas gibt es nicht zwingend in chinesischen Wohnzimmern.
Aufbruch: | 07.02.2007 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | Juni 2007 |