4 Monate Suzhou in China
Campusleben: Eine Studentenparty extra für mich
Mein chinesischer Chef hat jedes Jahr zwei Assistenten, eine Studentin und ein Student aus einem bestimmten Studiengang (Business administration - im letzten Studienjahr und somit mit mehr Zeit als die jüngeren Studenten. Ich kann mich also von Montag bis Freitag von 13:30 bis 16:30Uhr an sie wenden und sie sind mir echt schon eine große Hilfe gewesen - besonders im Überwinden sprachlicher Hürden.
Der Junge ist sehr überzeugt von sich: er ist der Klassenbeste und überhaupt der Beste in Allem! Er gründet neue Sportgruppen, ist Chairman of this and that, hat genug Zeit um alle möglichen Philosophen zu lesen und abends auch noch seine Runden zu laufen. Aber als sich mein Computer einen fiesen Virus eingehandelt hatte, konnte er mit seinem Antivirusprogramm - natürlich auch das beste - wirklich weiterhelfen - bis ich mir wieder selbst weitergeholfen habe! Nur Deutsch kann er nicht, aber das hält den chinesischen Chef nicht davon ab, ihn eine Übersetzung anfertigen zu lassen. Da wird einfach Wort für Wort übersetzt, dann werfen meine Studenten noch mal einen Blick drauf und ab geht die Post nach Deutschland. Grrr, ich mag gar nicht über das Ergebnis nachdenken, kennen wir doch alle die Bedienungsanleitungen, die in Asien angefertigt werden!
Das Mädchen ist sehr nett und richtig besorgt um mich. Immer wenn meine Nase mal läuft (hatte eine dicke Erkältung und die nächste ist gerade angekommen, das kommt vom heißen Wetter mit eiskalten Klimaanlagen), soll ich mich gleich bei ihr melden. Aus den Maiferien hat sie mir eine ganze Tüte typische Süßigkeiten aus ihrer Heimat mitgebracht und jetzt will sie auch noch der Partei beitreten!!! Grrr, dachte ich, der Kommunistischen Einheitspartei (oder so ähnlich). Das ändert mein Bild doch etwas von ihr, aber die Chinesen haben ja nur EINE Möglichkeit, was sollen sie da machen.
Wie auch immer, die beiden wollten mich zu einer extra für mich organisierten Studentenparty ihrer Klasse einladen. Zunächst wurde ich also vom Assistenten und dem Klassensprecher zum Essen ausgeführt. Sie wollten mit mir die Partydetails besprechen. Aber das passierte irgendwie nicht, da wollten sie lieber andere Informationen über Studieren im Ausland und in Europa erfahren. Irgendwie konnten wir aber dann doch einen Termin ausmachen und ich sollte dann bald benachrichtig werden, wo und ab wann diese Party stattfinden sollte. Aus allem machte der Assistent eine große, aber auch geheime Sache - sie als Studenten hätten das Recht auf so was, und der chinesische Chef müsste davon nichts wissen (ich hatte erwähnt, dass mein chinesischer Chef gerne wollte, dass ich einen Vortrag über Studieren in Deutschland halte!)...
Ich wurde also am besagten Tag von der Assistentin abgeholt und zum Klassenraum gebracht, wo ich an der Tafel schon mit einem Schriftzug und meinem Namen begrüßt wurde. Mir wurde ein Platz im Stuhlkreis zugewiesen, und bald ging es dann los. Ich stellte mich kurz vor und war für viele Studenten wohl die erste Ausländerin, mit der sie je Kontakt hatten und sogar Englisch sprechen würden! Und dann wurde ich erstmal getestet, wie gut denn mein Wissen über China so sei ("sag uns das gesuchte und per Pantomime oder erklärte Wort" - Panda, Große Mauer, Wieso heißt China China, etc.), danach stellten sich alle vor ("... und mein englischer Name ist xyz" - man gibt sich einfach selbst einen, je nachdem welchen Musiker oder Schauspieler man grad so mag oder welche Namensbedeutung vielleicht zu einem passt! So bekommt man eigentlich auch einen chinesischen Namen nach einiger Zeit - ich scheine eine der wenigen Ausländerinnen zu sein, die bis heute noch keinen haben - und auch noch keine dementsprechende Visitenkarten!).
Ich sollte mir im Vorhinein doch bitte typisch deutsche Partyspiele oder Lieder ausdenken, die wir dann machen könnten. Puh, keine Ahnung! Ich fand "Bruder Jakob" in vielen Sprachen und auch in Chinesisch. Allerdings wollte keiner so recht mitsingen, weshalb ich mich dann alleine mit weiteren Sprachen außer Deutsch versuchte, um mal andere Klänge als Chinesisch an ihre Ohren zu bringen.
Flaschendrehen kennen sie auch . So sollte bitte jeder eine Frage stellen, die dann bitte ganz, aber ganz ehrlich beantwortet werden sollte. Naja, ich wurde Gott sei Dank nicht so häufig gefragt und bald war auch das Ende der Party schon absehbar. Eine Studentin sang noch einen Popsong für mich, ich trällerte mit, und danach wurden alle Stühle und Tische wieder zurechtgerückt und schneller als ich mich umgucken konnte, waren alle Studenten verschwunden und ich wieder im Büro! Über Deutschland wissen die meisten wirklich nicht viel: einige Fußballspieler, Rammstein für Musikkenner, ja und bei der Hauptstadt hört´s dann schon auf!
Auf dieser Party floss kein Tropfen Alkohol, es gab keine Knabbereien, keine Hintergrundmusik und war doch war es recht interessant. Über Studieren in Deutschland musste ich überhaupt nicht mehr erzählen und jetzt grüßen mich einige Studenten mehr auf meinen Campuswegen, viele erkenne ich aber erst im letzten Moment wieder!
Aufbruch: | 07.02.2007 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | Juni 2007 |