Auszeit für eine große Reise-Teil 1: Afrika
10.04.2022: Lalibela - Thomas bei den Kirchen
Heute ist mein erster Tag der Besichtigung der Felsenkirchen in Lalibela.
Die Eintrittskarte für 3 Tage kostet umgerechnet 50 EUR. Wir haben sie bereits gestern geholt, damit wir morgens nicht so lange am Eingang warten müssen und direkt loslegen können.
Dies ist der Haupteingang - die Aufnahme ist aber vom Folgetag. Am Sonntag war es hier voll. Hunderte belagerten den Eingang.
Die „Eintrittskarte“ muss man immer bei sich tragen, denn an jeder der Kirchen sitzt jemand, der sie kontrolliert. Ganz wichtig fragt dann jemand nach dem Ticket. Mindestens 2 Mal in zwei Tagen hielten die „Hüter der Kirchen“ den Zettel auf dem Kopf und studierten ganz lange die Gültigkeit. Mit freundlichem und gnädigem Kopfnicken wurde dann immer bestätigt, dass alles in Ordnung ist.
Auf dem Gelände der Kirchen sind heute sehr viele Priester und Gläubige. Josef, mein Guide, der mich die nächsten zwei Vormittage durch die Kirchen führen wird, kennt sich hier sehr gut aus. Macht er diesen ob seit Jahren. Ich bin seit 3 Jahren sein erster Kunde und er ist sehr glücklich. Josef beantwortet jede Frage aus dem Handgelenk.
Die Felsenkirchen von Lalibela sind aus dem 12/13 Jahrhundert und sind sogenannte Monolithen-Kirchen. Dass heißt, sie sind aus dem Felsen in einem Stück geschlagen und gemeißelt worden - inklusive der Fenster und Türen. Und das Besondere ist, dass sie in den Boden gemeißelt wurden. Von oben nach unten.
Die 11 Kirchen sind in 3 Gruppen eingeteilt - heute besichtigen wir zwei Gruppen, morgen die freistehende Kreuzkirche St.-Georgs-Kirche - die als letztes gebaute Kirche - und gleichzeitig auch die Imposanteste.
Gebaut wurden die Kirchen vom König von Lalibela. Es sollte ein Symbol für das Heilige Land sein, als Pilgerfahrten zur damaligen Zeit aufgrund der aktuellen Situation nicht möglich waren. So befinden sich zum Beispiel in der Kirche Biet Golgotha Nachbildungen des Grabes Christi.
Die heilige Stadt Lalibela erlangte den Status als Ersatz für die heiligen Stätten Jerusalem und Bethlehem. Lalibela wird heute auch als Neu Jerusalem bezeichnet und wurde zwischenzeitlich als Unesco Weltkulturerbe ausgezeichnet.
Wir besuchen Kirche nach Kirche. Die äthiopische Kirche ist hier christlich-orthodox. Josef sagt, dass es auch Muslime gibt, aber nur wenige. 95% sind orthodox.
Es ist überhaupt kein Problem, Bilder zu machen. Teilweise fordern die Priester mich auf, zu fotografieren bzw. sie freuen sich, wenn sie fotografiert werden.
Überall sitzen die Gläubigen und beten bzw. warten auf die Segnung. Wir wohnen vielen Segnungen bei. Überall sind Priester.
Besonders beeindruckend sind die vielen Original-Bilder und Malereien. Alle Kirchen sind mit Teppichen ausgelegt. Vor jeder Kirche ziehen sich die Besucher die Schuhe aus.
Geduldig warten die Gläubigen, dass sie in die Kirche gehen dürfen. Auch hier sieht man einen der vielen Gewölbegänge. Alle Kirchen einer Gruppe sind mit solchen unterirdischen Gängen verbunden - teilweise gibt es noch geheime Gänge, die nur von den Priestern genutzt werden können.
Einer der vielen Gänge, die die Kirchen der einzelnen Gruppen miteinander verbinden. Und überall Gläubige, die alleine oder auch in Gruppen beten.
Überall auf dem Gelände der Kirchen sind die Gläubigen. Heute besonders viele, da Sonntag ist. Außer mir sehe ich 4 weitere „Weiße“ - wir treffen auf eine Gruppe spanischer junger Ärzte, die in Addis ein Krankenhaus, Kindergarten und Waisenhaus gegründet haben. Wir unterhalten uns eine Weile und gehen dann unserer Wege.
Ein junger Mann kommt mit einem Teller, auf dem Brot ist, aus einer der Kirchen und verteilt es an die Umstehenden. Dieses ist „Holy Bread“ - alle greifen ergriffen zu.
Viele Besucher kommen von teilweise weit her. Auch mit dem Flugzeug. Josef, der auch sehr gläubig ist und sich fast von jedem Priester, den wir treffen und er augenscheinlich auch kennt, segnen lässt, erzählt, dass Sonntags 90% aller Stadtbewohner von Lalibela zu den Kirchen geht. Anschließend trifft man sich mit der Familie auf dem Gelände der Kirchen, trinkt Bier und isst Brot.
Ständig neue Perspektiven der Kirchen. Ich hoffe, dass meine Speicherkarten und die Akku ausreichen.
Hier vor dieser Kirche haben sich sehr viele Gläubige versammelt. Man betet gemeinsam mit dem Priester. In die Kirche würden die Personen gar nicht alle hinein passen.
Ein Priester betet vor und alle reihen sich in das Gebet ein. Vor ihm sind Gewänder zu sehen. Später gehen alle Gläubigen zum Priester, der dann die Gewänder hält, und küssen diese.
Anschließend wollen alle noch in diese Kirche. Es dauert sehr lange, bis alle die Gelegenheit hatten, einzutreten. In den Kirchen finden dann auch die Segnung statt, die jeder natürlich empfangen möchte.
Wir reihen uns auch ein, aber Josef schiebt mich nach Vorne und ruft immer „Tourist“. Alle machen Platz, lächeln mich an, teilweise verbeugen sie sich. Josef sagt, man freue sich, dass nach fast 3 Jahren mal wieder ein paar Fremde kommen. Mir ist es ein wenig unangenehm, aber Josef sagt, dass muss es nicht. Man freue sich über den Besuch und das Interesse an ihren Kirchen.
In vielen Felsen sieht man kleine Höhlen, in denen geistliche sich zurückziehen und das Gebet suchen. Hier nächtigen sie auch teilweise. Viele Priester aus ganz Afrika kommen hierher. Einige übernachten dann bei den Kirchen. So wie es vor Jahrhunderten auch Usus war.
Leider sind an einigen Kirchen auch Schäden zu erkennen. Der Tuffstein, aus denen die Kirchen geschlagen sind, löst sich teilweise auf. Auch die Umweltverschmutzung und die Witterungseinflüsse tragen in Teil dazu bei. Aus diesem Grunde wurde begonnen, die Kirchen mit großen Zelten zu überdachen, um zumindest den Witterungseinflüsse zu verringern. Es gibt seit Jahren Pläne, die Kirchen anders zu konservieren - zum Beispiel mit Glashäusern zu überbauen. Aber es fehlt an den Mitteln und seit den Konflikten mit den Tigris sind die Pläne erst einmal auf Eis gelegt.
Natürlich machen sich die Kinder auch einen Spaß, in die eine oder andere Höhle zu klettern. Insbesondere, als sie meine Kamera sahen.
Hier sind wir kurz vor einem Tunnel, den viele Gläubige fürchten. Laut Josef ist er 45 lang und stockfinster. Keinerlei Licht. Bevor wir hineingehen, gibt Josef Anweisungen an die Kids, dass sie entsprechenden Abstand halten mögen. Sie wollen unbedingt dabei sein, wenn wir uns durch den Tunnel wagen. 45 Meter nichts sehen, nur die Wände tasten, die Decke tasten, damit man sich nicht den Kopf stößt, einige gefühlte Kurven, einige Stufen, über die man stolpert - eine ganze besondere Erfahrung.
Und eine weitere Kirche. Leider konnte ich mir nicht alle Namen merken. Wer daran Interesse hat: im Internet gibt es viele Informationen über diese Kirchen. Und es gibt auch sehr viele Bildbände.
Die Kirchen sind im Inneren mit Vorhängen ausgestattet. Dahinter dürfen nur die Geistlichen. Josef sagt, da liegen die Gebeine der Könige und Priester, sowie auch die Schätze der Kirche.
Hier sind wir vor der größten Kirche. Sie hat sehr viele Pfeiler, sowohl innen wie außen. Es wird bis heute gerätselt, wie lange der Bau der Kirchen gedauert hat. Die Äthiopier behaupten: 25 Jahre. Tagsüber haben Menschen an den 11 Kirchen gebaut. In der Nacht haben dann die Engel weitergearbeitet, natürlich viel schneller als die Menschen. Archäologen gehen jedoch davon aus, dass die Bauzeit ca. 120 Jahre betrug. Als die Kirchen, die von den 4 Königen Lalibelas beauftragt und gebaut wurden, fertig waren, wurde Lalibela die Hauptstadt Äthiopiens.
Unglaublich viele Pfeiler wurden hier in Stein gemeißelt. Beachtenswert sind die vielen unterschiedlichen Kreuzformen, die hier in den Stein geschlagen wurden.
Wir wohnen der Heilung und Segnung kranker Menschen bei. Viele warten hier seit Stunden, bis der Priester kommt und mit einem goldenen Kreuz die betroffenen Körperteile berührt und darüber reibt. Ich sehe viele gebrechliche Alte, aber auch Kinder und junge Frauen. Ihnen reibt der Priester mit dem Kreuz über den Leib. Josef sagt: die Frauen bekommen bestimmt keine Kinder und deshalb sind sie jetzt hier. Der Glaube wird es richten!
Wir schauen uns die Kirche in Ruhe an, ich könnte unentwegt Bilder machen, aber Christine wird schimpfen, wenn es wieder so viele sind und die Auswahl so schwer fällt
Überall liegen Teppiche. Da wir vor jeder Kirche die Schuhe ausziehen, wird auch kein Schmutz hereingetragen. Wandgemälde überall, eines schöner als das andere.
Auch hier wieder Öffnungen in den Wänden in Form von Kreuzen. Ich habe so viel unterschiedliche gesehen.
Man muss sich nur umdrehen und schon sieht man den nächsten Geistlichen mit Gläubigen vertieft in der Andacht und im Gebet.
Wir streifen weiter über das Gelände. Josef fragt mich immer wieder: how many churches did we saw? Ich bin ehrlich: ich habe den Überblick verloren. Ich bin einfach nur geflashed und begeistert. Er lacht und zählt dann immer wieder alle Namen auf und zählt durch. Sorry Josef!
Bei diesem Becken handelt es sich um eines, in welche vermeintlich unfruchtbare Frauen baden und anschließend doch noch Kinder bekommen. Der Glaube kann Berge versetzen.
Von Klein auf werden die Kinder Christlich Orthodox erzogen. Wir erfahren später noch, wie streng selbst die Kinder zum Beispiel das Thema Fasten nehmen.
Hier sieht man einmal die entsprechenden Überdachungen zum Schutz der Kirchen. Diese kleine Kirche ist meiner Erinnerung nach die Kirche der Jungfrauen (man verzeihe mir, wenn ich es falsch berichte)
Wir sind mit den Kirchen fast durch und Josef sagt, ich solle in eine der Hütten, in denen die Gläubigen sich treffen, lokales Bier trinken und Brot essen. Als ich den Raum betrete, winken mich alle herein und bieten mit einen Platz an. Einem der Männer scheint das aber nicht zu gefallen und er macht eine Handbewegung, dass ich gehen möchte. Das tue ich auch direkt, da ich den Frieden nicht stören möchte.
Ich glaube, dass diese die Golgotha Kirche ist (ohne Gewähr). Wir treffen auf tolle in den Stein gemeißelte Gemälde. Laut Josef handelt es sich hier um den König von Lalibela.
Als wir die Kirche verlassen, treffen wir auf eine Gruppe von Studentinnen aus Addis. Sie kommen hierher, um sich mit der Geschichte der Kirchen von Lalibela vertraut zu machen.
Auch hier, viele der Gläubigen. Einige werden nachher noch einen langen Heimweg vor sich haben.
Mein Heimweg bedeutet ca. 500 Meter zum Hotel. Nicht weit, aber ganz schön steil. Wir waren knapp vier Stunden in den Kirchen und für heute reicht es. Josef hat das Sahnestückchen für den nächsten Tag aufgehoben.
Ich kann nur jedem empfehlen, hierher zu kommen. Es ist sehr beeindruckend und ich hoffe, dass ich einige der Eindrücke vermitteln kann.
Aufbruch: | 26.02.2022 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 28.06.2022 |
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