Das eher unbekannte Portugal - 2017

Reisezeit: April - Juni 2017  |  von Uschi Agboka

Kunsthandwerk im Alentejo: Avis - Ritterorden v. Avis - Amnesty International

Avis - Ritterorden von Avis - Nelkenrevolution - Amnesty International

Avis ist eine Kleinstadt (Vila) mit ca. 1.850 Einwohnern. Der Ort ist für den Ritterorden von Avis und die zweite portugiesische Königsdynastie bekannt, das Haus Avis.

Jungsteinzeitliche Grabstätten (Antas) und andere Funde belegen eine vorgeschichtliche Besiedlung des Gebietes. Über die Ursprünge des heutigen Ortes Avis ist wenig bekannt. Laut einer unbelegten Theorie sollen zwei Ritter des späteren Avisordens, Fernando Rodrigues Monteiro und ein Unbekannter, hier im Auftrag des Königs D. Alfonso II. einen geeigneten Platz zur Gründung eines Ortes gesucht haben. Unweit von Vaiamonte sahen sie eine geeignete Anhöhe. Als zudem aus dort stehenden Bäumen ein Adler aus einem Nest aufstieg, deuteten sie dies als gutes Zeichen. Die heutige Ortsbezeichnung soll sich auf das lateinische Wort Avis für Vogel beziehen, das in Ermangelung anderer örtlicher Referenzpunkte als Ortsname gewählt worden sein soll.

König D. Alfonso II. gab das Gebiet 1211 an den Großmeister des Ritterordens von Avis, mit der Auflage, den Ort zu besiedeln und zu befestigen.

Der uneheliche Sohn des Königs D. Pedro I., Joao, wurde auf Bestreben seines Vaters Großmeister des Ritterordens. Als Portugal 1383 durch Erbfolge an Kastilien zu fallen drohte, stellte sich João an die Spitze der entbrannten Revolution von 1383.

Es kam zum Krieg mit Kastilien, das 1385 vom zahlenmäßig unterlegenen portugiesischen Heer unter João entscheidend geschlagen wurde. João wurde als D. Joao I. König Portugals und Begründer der zweiten Herrscherdynastie des Landes, dem Haus Avis.

Der Ritterorden von Avis ist auch als Orden des Heiligen Benedikt von Avis bekannt.

Mit der Geschichte dieses Ordens sind eine ganze Reihe von Legenden verbunden, die häufig belegen sollen, dass die Geschichte der portugiesischen Avis-Ritter älter als die des kastilischen Calatrava-Ritterordens sei, aus dessen Gemeinschaft sie sich Ende des 14. Jahrhunderts lösten.

Als weitgehend gesichert gilt, dass der portugiesische Ritterorden von Avis ursprünglich aus einer 1162 in Coimbra gegründeten Bruderschaft von Rittern zur Bekämpfung der Mauren hervorging. Der König beauftragte die Ritter der Bruderschaft, die 1159 von den Mauren eroberte Stadt Evora gegen deren Gegenangriffe zu verteidigen.

Nach 1166 wurde die Bruderschaft durch den portugiesischen König Alfonso I. in einen geistlichen Ritterorden umgewandelt und nach ihrem Sitz anfangs als Orden von Évora bezeichnet.

Um das Jahr 1187 übernahmen die Ordensoberen die Regel der Ordensritter von Calatrava. Fortan wurden sie als Miliz von Évora der Calatravaritter betrachtet. Die Ordensritter gelobten Armut, Keuschheit und Gehorsam sowie den Kampf gegen die Mauren zu führen. Neben den Ordensrittern gab es, wie in anderen Orden auch, die große Gruppe der Laienbrüder, die diesen strengen Regeln nicht bzw. nicht in vollem Umfang unterworfen waren.

König Alfonso II. übergab den Rittern 1211 Festung und Stadt Avis. Der Orden befestigte die Stadt, baute die Festung aus und errichtete hier sein Konventsgebäude. 1223 und 1224 übersiedelte die gesamte Miliz von Évora nach Avis und wurde seit dieser Zeit als Orden von Avis bekannt.

Politisch waren die Avis-Ritter von Anfang an dem portugiesischen König, der ihnen umfangreiche Landschenkungen machte, verpflichtet und von diesem abhängig.

1434 übernahm der Infant Ferdinand von Avis das Amt des Großmeisters, welches von da an immer in den Reihen des portugiesischen Königshauses verblieb. Erst 1440 wurde die Unabhängigkeit der Avis-Ritter durch Kastilien endgültig anerkannt. 1789 säkularisierte Königin Maria alle Orden, auch den Orden der Avis-Ritter.

1894 wurde ein militärischer Verdienstorden für Angehörige der Streitkräfte, u. a. bewaffneter Kräfte des Landes mit drei Klassen gebildet: Großkreuz, Kommandeur und Ritter.

Seit der Reform von 1986 steht der portugiesische Präsident als s. g. Großmeister an der Spitze des Ordens, der nur für militärische Verdienste in fünf Klassen an in- und ausländische Militärs verliehen werden kann.

Der Kreis Avis gilt als der kommunistischste im ganzen Land. Nach dem Fall des Estado-Novo-Regimes mit der Nelkenrevolution 1974 gab es tiefgreifende Veränderungen im Land, und insbesondere in der Region Alentejo, in der Avis liegt. In der Folge hat seit 1976 die kommunistische PCP hier jede Wahl gewonnen.

Die Nelkenrevolution am 25.04.1974 war der linksgerichtete Aufstand großer Teile der Armee in Portugal gegen die autoritäre Diktatur des sogenannten Estado Novo, der den Weg zur demokratischen Dritten Rrepublik ebnete. Die Revolution verdankt ihren Namen den roten Nelken, die Frauen den aufständischen Soldaten zur Begrüßung und als Ausdruck der Freude angesichts der Ereignisse in die Gewehrläufe gesteckt hatten. Die rote Nelke war ein internationales Symbol der sozialistischen
Arbeiterbewegung, deren Ideen die portugiesische Revolution maßgeblich prägten.

Es gab vier Tote, als verbleibende regimetreue Truppen vor dem Sitz der portugiesischen Geheimpolizei auf unbewaffnete Demonstranten feuerten. Ansonsten verlief der Umsturz völlig unblutig.

Estado Novo war die Selbstbezeichnung der von Antonio de Oliveira Salazar gegründeten ständestaatlich orientieren autoritären Diktatur in Portugal zwischen Anfang der 1930er Jahre und 1974.

Der Estado Novo war vorwiegend das Werk Salazars und nicht etwa das einer breiteren politischen Bewegung. Salazars Politik im Estado Novo war bestimmt durch die Verfolgung politischer Gegner und den Ausgleich der unterschiedlichen Interessensgruppen der das Regime stützenden Machtpole: der Kirche, des Militärs, der Wirtschaft, der Großgrundbesitzer und der Kolonien.

Als streng gläubiger Katholik stärkte Salazar die Katholische Kirche in Portugal. Ein 1940 mit dem Heiligen Stuahl geschlossenes Konkordat führte an den staatlichen Schulen wieder den Religionsunterricht ein. Die Kirche wurde so zu einer wichtigen Säule des Estado Novo, auch wenn sie in den letzten Jahren der Diktatur eine kritischere Position einnahm.

Der Rechtsanwalt Peter Benenson ergriff 1961 die Initiative zur Gründung von Amnesty International, als er von dem Fall zweier portugiesischer Studenten las, die in einem Lissabonner Restaurant kritische Worte über Diktator Salazar geäußert hatten, daraufhin verhaftet und zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden waren.

© Uschi Agboka, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Kultur- und Naturreise durch das eher unbekannte Portugal, abseits der großen Touristenströme.
Details:
Aufbruch: 01.04.2017
Dauer: 12 Wochen
Heimkehr: 20.06.2017
Reiseziele: Portugal
Der Autor
 
Uschi Agboka berichtet seit 17 Jahren auf umdiewelt.
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