Reise um die Welt

Reisezeit: September 2018 - September 2019  |  von Sabine C

Transsibirische Eisenbahn / Chabarowsk /Ulan-Ude

Mit dem "Okean" nach Chabarowsk - 12 Stunden

"Okean" heißt der Zug, der von Wladiwostok nach Chabarowsk fährt. Es ist ein moderner Zug mit Wifi und Anschlüssen in den Abteilen, um Handys zu laden. Glücklich, dass ich im Zug sitze. Dass alles geklappt hat. Schließlich musste das Rad in Wagon 7 und ich in Wagon 10.
Ich habe ein Ticket zweiter Klasse. Das heisst, es ist ein Abteil mit vier Schlafplätzen. Zwei Liegen oben, zwei unten. Meine Liege ist oben. Und sofort frage ich mich, wie ich da hoch kommen soll. Aber erstmal lerne ich meine Mitreisenden kennen. Es sind drei Männer, die eine Dienstreise nach Chabarowsk machen. Sie haben alles dabei, was russische Männer zum Gelingen einer Zugreise brauchen. Brot, Wurst, Käse, Fisch, Wodka, Wasser und Bier. Das Abteil wird verschlossen. Wodka und Bier sind im Abteil nicht erlaubt. Im Zug gibt es zwei Polizisten. Wir kommen ins Gespräch. Englisch sprechen sie nicht und so wird diese Zugfahrt zur Feuertaufe meiner Russischkenntnisse. Viel können wir nicht reden. Sie sind sehr geduldig, wenn ich Vokabeln in meinem Translator suche. Sie möchten wissen, warum ich alleine reise und nicht mit Söhnen und Enkelkindern. Das wäre in Russland anders. Und sie diskutieren noch untereinander, über verschiedene Umgangsformen in Familien. Sie interessieren sich für das Thema Mischehen, dass in Deutschland Menschen verschiedener Nationalitäten heiraten. Ob das so wäre. Sie erkundigen sich nach den Preisen für Häuser in Deutschland und möchten wissen, ob ich ein Freund Russlands bin. Als ich bejahe, freuen sie sich. Und dann habe ich Glück. Sie haben wohl meine skeptischen Blicke zu der Leiter, die zum oberen Bett führt gesehen. Einer von ihnen tauscht sein Bett mit mir und ich kann unten schlafen.

Chabarowsk

Morgens kommen wir in Chabarowsk an. Die drei helfen mir meine Sachen und mein Rad vor den Bahnhof zu tragen. Der Abschied ist herzlich auch wenn Worte fehlen, um etwas auszudrücken. Mit dem Rad geht es zum Hotel und ich kann zum Glück schon ins Zimmer. Dann erkunde ich Chabarowsk zu Fuß. Die Stadt ist weitläufiger als gedacht. Große breite Alleen mit schönen Häusern aus der Gründerzeit. Der Amur ist ein beeindruckender Fluss. Fast wie ein See. Am Ufer ein riesiges Areal mit Parks und Freizeitanlagen. Es wird gerade ein Fest aufgebaut, das in zwei Wochen stattfindet. Durch das trübe Wetter in den beiden Tagen, bekomme ich nicht den ganzen Glanz der Stadt zu sehen, aber ich kann ihn spüren.
Im Heimatmuseum gibt es ausgestopfte Tiere vor Naturkulissen, aber auch eine Ausstellung von Teppichen mit politischen Motiven. Mit Stalin, Lenin, Marx, den ersten Kosmonauten und anderen Szenen, die Bedeutung für das Land hatten. In der Beschreibung ist zu lesen, dass sich in diesen Teppichen die Euphorie der Gründungsjahre der Sowjetunion wiederspiegelt.
Die Heimatausstellung ist so überladen mit Fotos von Personen, Gegenständen, Vereinsaktivitäten und wirtschaftlichen Schwerpunkten aus allen Jahrzehnten seit der Gründung von Chabarowsk, dass mir ganz schwindelig wird. Es gibt viele Bodenschätze in der Gegend, die gefördert werden. Universität und Wissenschaft haben hier auch ihren Platz. Ich gewinne den Eindruck, dass Chabarowsk eine reiche Stadt ist.
Am Abend suche ich mir eine Bar. An der Theke komme ich mit einer jungen Frau ins Gespräch. Sie gehört zu den Russinnen, die im Internet nach einem Partner im Ausland schauen, war kurz mit einem Japaner verheiratet. Nach einem Monat Japan wollte sie wieder nach Hause. Sie sagt, die Lebenshaltungskosten seien in Russland im Vergleich zu den Einkommen zu hoch. In dieser Bar auf jeden Fall!! Für zwei kleine Bier bezahle ich fast zehn Euro. Ausländerzuschlag?? Ein Bierkarte gab es dort nicht, aber 600 Biersorten.

Blick vom Bahnhof auf Chabarowsk

Blick vom Bahnhof auf Chabarowsk

Amur und am Horizont  ist die chinesische Grenze

Amur und am Horizont ist die chinesische Grenze

"Rossia" von Chabarowsk nach Ulan-Ude 50 Stunden

"Rossia" ist der Zug Nr. 001, der von Wladiwostok nach Moskau fährt. Er gehört auch zu den modernen Zügen. Früh um 8:30 Uhr fährt er in Chabarowsk ab. Fast wäre ich in den falschen Zug eingestiegen. Auf Platform 4 gibt es zwei Gleise und an beiden steht Nr.4. An den Fernzügen wird an jedem Waggon von der Zugbegleiterin Ticket und Pass kontrolliert. So komme ich doch noch in den richtigen Zug. Wieder ein 4-Personen Abteil, Liege oben. Die unteren Liegen sind schnell vergriffen. Da war ich zu spät mit meiner Buchung. Im Abteil schlafen die anderen Fahrgäste noch. Ich stelle nur schnell mein Gepäck ins Abteil und warte draußen. Derweil fährt der Zug ab und ich betrachte die Landschaft. Als sich die Situation im Abteil nicht ändert, gehe ich rein, schaffe es tatsächlich das obere Bett zu erklimmen und verstaue mein Gepäck in der Ablage. Diesmal habe ich weniger Glück mit der Gesellschaft. Erst jetzt verstehe ich was ein Frauenabteil ist. Das ist nicht etwa ein Abteil, in dem nur Frauen reisen. Es ist eine Art Mutter-Kind Abteil. Auf den beiden unteren Liegen Mutter und Tochter, auf der anderen oberen Liege ein junger Mann. Mutter und Tochter bleiben den ganzen Tag in ihren Betten, nur unterbrochen durch Nahrungsaufnahme. So bleibt mir nichts anderes als oben in meinem Bett zu sitzen, wo ich nicht rausgucken kann oder im Gang zu stehen. Ich gehe in den Speisewagen. Dort kann ich sitzen und es gibt riesige Fenster für einen Rundumblick. Dort treffe ich auf zwei junge Finnen, die auf der Rückreise von einer zweimonatigen Rundreise durch Russland, die Mongolei, China, Japan und Südkorea sind. Sie fahren erster Klasse, sind also zu zweit im Abteil.
Zurück in meinem Abteil hat sich die Belegschaft verändert. Jetzt sind auf den unteren Plätzen Mutter, Großmutter und ein zweijähriger Junge. Oben ist nun ein Armenier. Er trinkt sein Bier aus Kaffeetassen.
Im Waggon gibt es etliche Kinder, die auf dem Gang hin- und her rennen und spielen. Kommunikationsversuche scheitern an meinem schlechten Russisch. Zu mehr als: Ich komme aus Deutschland und mache eine Weltreise und war schon in.... reicht es nicht. Aufmerksam höre ich den Kindern zu. Da komme ich noch mit und kann etwas lernen.
Immerhin gelingt es mir am zweiten Tag erfolgreich nach der Dusche zu fragen und eine Duschzeit zu bekommen. Großmutter, Mutter und Kind steigen in der zweiten Nacht aus. Der Zug hat inzwischen drei Stunden Verspätung. Er musste lange an einer einspurigen Brücke warten, bis etliche Güterzüge passiert haben. In Russland übernimmt die Großmutter eine andere Rolle als in Deutschland. Sie wacht, dass die jungen Mütter ihre Kinder richtig erziehen. Das zweijährige Kind wird mit der Drohung zur Großmutter zu müssen in Schach gehalten.
Bis Ulan-Ude steigt niemand mehr zu und so habe ich Gelegenheit mit dem Armenier zu "reden". Er fährt zu seiner Familie in Armenien. Er zeigt mir Bilder von seinen Kindern und seiner hübschen Frau. Ein Haus hat er auch. Ein Jahr ist er unterwegs. Er arbeitet auf dem Bau, macht verschiedene Sachen, auch Restaurationen. Er zeigt mir Bilder von seinen Arbeiten. Dann hat er 30 Tage Urlaub für seine Familie.

Im Abteil

Im Abteil

Längerer Halt. Die Zugbegleiterin ruft die Fahrgäste rechtzeitig in den Zug, bevor er weiterfährt

Längerer Halt. Die Zugbegleiterin ruft die Fahrgäste rechtzeitig in den Zug, bevor er weiterfährt

Egal wie klein der Ort, das Bahnhofsgebäude ist ein Schmuckstück

Egal wie klein der Ort, das Bahnhofsgebäude ist ein Schmuckstück

Der Zug fährt an zahlreichen Dörfern vorbei, die hauptsächlich aus Holzhäusern bestehen

Der Zug fährt an zahlreichen Dörfern vorbei, die hauptsächlich aus Holzhäusern bestehen

Mein armenischer Mitreisender

Mein armenischer Mitreisender

Speisewagen

Speisewagen

© Sabine C, 2018
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Verkehrsmittel werden Fahrrad, Schiff, Zug und Bus sein. Es ist ein langgehegter Traum von mir, die Welt zu umrunden und dabei kein Flugzeug zu benutzen.
Details:
Aufbruch: 30.09.2018
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: September 2019
Reiseziele: Deutschland
Frankreich
Spanien
Marokko
Brasilien
Argentinien
Uruguay
Chile
Peru
Ecuador
Mexiko
Japan
Südkorea
Russland / Russische Föderation
Estland
Lettland
Schweden
Polen
Der Autor
 
Sabine C berichtet seit 6 Jahren auf umdiewelt.
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