5 Monate "Flitterwochen"
Vietnam: Ho Chi Minh
Ho Chi Minh
19.06.15
Heute hiess es Abschied nehmen vom Kingdom of Wonder. Wir würden die Grenze zu Vietnam passieren und dafür wurden wir diesmal von einer lokalen Reisegesellschaft transportiert. Ein Kleinbus holte uns ziemlich pünktlich am Hotel ab, um uns an den Busbahnhof von Phnom Penh zu bringen. Dort wartete bereits der grosse Car, der uns über die Grenze führen würde. Unser Ticket hatten wir am Vortag vom Tourguide bekommen. Reservierte Sitzplätze gehörten dazu. Blitzschnell (ja, wir sind Reisende mit Adleraugen geworden) realisierten wir, dass die letzte Reihe leer bleiben würde. Also schnappte Damiano seine sieben Sachen und verzog sich nach hinten. Durch ewig lange Busreisen geprägt, schaltete sich manchmal durchaus der Egoismus ein. Für Beinfreiheit und die Möglichkeit sich auf zwei Sitzen auszubreiten, waren wir bereit zu kämpfen. Dieses Mal war es zum Glück nicht nötig. Der Bus selbst hatte seine besten Zeiten schon länger hinter sich gelassen. Nun war er schmuddelig und weder Klapptische noch das Verstellen der Rücklehnen funktionierten noch. Witzigerweise hatte der Bus aber Wifi. Zwar nicht die schnellste Verbindung, aber es reichte, um ein paar E-Mails zu schreiben und Schweizer Zeitung zu lesen. Die Grenze war nach etwa fünf Stunden erreicht. Da mussten wir die ausgefüllte Departure-Card abgeben und der Bus fuhr uns die kleine Strecke durch das Nirvana bis zur Grenze von Vietnam. Unser Pass wurde von der Bus-Mitarbeiterin zuvor eingezogen und bereits abgegeben, um die Prozedur zu verkürzen. Danach wurde man mit Namen aufgerufen und konnte die Grenze passieren. Ein "Visa on Arrival" funktioniert hier nicht - wir hatten unser Visum bereits in der Schweiz eingeholt. Nach dieser unkomplizierten Grenzüberquerung fuhr der gleiche Bus noch zwei weitere Stunden bis wir in Ho Chi Minh ankamen.
Die Stadt Ho Chi Minh (oder Saigon, wie sie öfters auch genannt wird) konnte uns komplett überraschen. Ich hätte nie damit gerechnet, vor Hochhäusern zu stehen und zurück an Hong Kong zu denken. Die Stadt ist riesig und unser Hostel lag in District 1, nahe der Bushaltestelle und des grossen Parks. Für unsere Reisegruppe hatten wir dieses Mal leider nicht viel übrig. Also kapselten wir uns ab und liessen die andern mit ihren übereifrigen Plänen alleine. Wir wollten die Stadt erleben, ohne von Museum zu Restaurant zu springen. Es war eine gute Entscheidung. Die Stadt Saigon war völlig verrückt. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie so viele Roller auf einen Haufen gesehen! Das Verkehrschaos alleine war es wert, einige Minuten an der Kreuzung zu verharren und einfach zu beobachten.
Unser gemeinsamer Abend verbrachten wir in einem wirklich teuren Restaurant. Das Ichiban Sushi-Restaurant ist nicht umsonst auf dem Tripadvisor Ranking in den Top Drei! Die Sushi dort sind spektakulär, nirgends hatten wir bisher ähnliche gegessen. Selbst Japan hatte nicht solche Sushis zu bieten. Die Kombinationen waren sehr gewagt (z.B. Mexican Rolls mit Guacamole und Mango) aber irgendwie lösten sie in meinem Mund ein Fest aus. Wir bezahlten fast 25 Dollar pro Person, was wirklich unglaublich teuer für Asien ist, aber es war es wert!
Danach spazierten wir noch ein wenig im Park umher und staunten, wie viel da abends noch los war. Wir schauten einer Kampfschule beim Training zu, beobachteten die Tango-Schule und bewegten uns zu Zumbamusik. Danach fanden wir uns plötzlich vor einem kleinen Amphitheater wieder und lauschten einer traditionellen Theatervorstellung - Wir verstanden zwar kein Wort, aber doch merkten wir, dass dies ein Amateurtheater war. Die Sänger waren so grässlich, dass sie mit hohem Bogen aus jeder Karaokebar geflogen wären.
20.06.15
Heute erwartete uns die Tripadvisor Nummer 1 Aktivität hier: Die Co Chi Tunnels. Während des Vietnamkrieges hatten sich die Einheimischen in ein unterirdisches Tunnelsystem zurückgezogen. Diese kilometerlangen Gänge mit allen Verzweigungen und kleinen Höhlen können heute teilweise besichtigt werden. Ich wusste bereits ziemlich viel darüber und deswegen waren mir viele Fakten nicht ganz neu. Die Busfahrt dorthin dauerte mit Verkehr dann fast zwei Stunden. Bereits im Bus stellte sich der Guide dieser Tour vor und begrüsste uns mit einem herzlichen Lachen und sehr rudimentären Englischkenntnissen.
Als wir dann ankamen, bemerkten wir bereits auf dem Parkplatz, dass wir wohl nicht ganz die einzigen sein würden. Im Bus hatten wir ein Berner Päärchen kennengelernt und eine Aargauerin. Was für ein Zufall - wir treffen eher wenig Schweizer auf unseren Reisen. Mit ihnen würden wir noch einen lustigen Abend verbringen. Auf alle Fälle wurde ein Film als Einstieg gezeigt, der darüber berichtet, wie die Vietnamesen die Amerikaner geschlagen hatten. Ich dachte immer, im Krieg gibt es keine Gewinner, sondern nur Verlierer? Jedenfalls so haben mir meine Eltern immer die Tragik eines Krieges erklärt. Hier erfuhr ich nun, dass es sehr wohl Gewinner gibt und dass man immer noch 50 Jahre später darauf stolz sein kann... Nach dem Film waren wir gezwungen, unserem Guide einen Pfad entlang zu folgen. Er erklärte uns zuvor im Bus noch, wie wir unsere Gruppe wiedererkennen würden, - nun war mir klar warum. Dem Pfad folgten etwa zehn Reisegruppen gleichzeitig, alle von stattlicher Grösse. Von Kriegstrauma spürt man hier gar nichts mehr. Es wird gelacht, die Tunnels werden als Mutprobe angesehen und der ausgestellte Panzer wurde bestiegen, um damit ein anständiges Familienfoto fürs Familienalbum zu machen. Irgendwie fühlte ich mich gar nicht wohl hier und wollte nur noch weg von diesem kriegsverherrlichenden Platz. Nur noch schlimmer wurde es, als Schüsse durch den Wald krachten. Klaro, eine Schiessanlage gehört dazu. Für zünftiges Geld durfte man Soldat spielen und in der Gegend herumballern. Unser Guide erklärte mit breitestem Lächeln, dass die Waffen dafür Nachbildungen aus diesem Krieg sind. Ah ja. Was soll man dazu bloss sagen?
Viel Neues erfuhr ich dort bei dem Co Chi Tunnel nicht und würde jedem abraten diese Kriegspropaganda zu unterstützen. Es ist geschmacklos und null informativ. Auf die Erfahrung durch die Tunnels zu kriechen, verzichtete ich gerne, aber laut Damiano und den andern war es heiss und beklemmend. Die Vorstellung das Menschen dort über Jahre hausten, ist furchtbar und irgendwie auch gar nicht zu fassen. Auf alle Fälle leider nicht an diesem Ort. Danach; unnötige zwei Stunden Busfahrt zurück ins Hostel.
Nachmittags gingen wir ins Kriegsmuseum. Nach der Morgenerfahrung war dies ein Lichtblick. Unsere Erwartungen waren gedämpft und so konnten wir dann positiv überrascht werden. Uns erwartete ein gepflegtes, informatives Museum mit ziemlich hartem Inhalt. Hier wurde nichts beschönigt und gnadenlos aufgezeigt, was der Vietnamkrieg angerichtet hatte. Eigentlich bestand das Museum bloss aus Fotografien. Aber die berühmte Redewendung: "Ein Bild sagt mehr als tausend Worte" schien hier sehr zutreffend. Wir lasen nicht überall den Text zum Bild und konnten doch bei jeder Foto erkennen, was es aufzeigen sollte. Die Brutalität und Intensität der Aufnahmen steigerten sich in jedem Raum. Das Schlimmste waren Bilder über die Missbildungen von Agent Orange (das von den Amerikanern versprühte Gift über Vietnam). Die Folgen sind bis heute sichtbar und gewisse Missbildungen von Neugeborenen erinnern nicht einmal an etwas Menschliches. Das Museum lohnt sich also definitiv, man sollte sich aber bewusst sein, dass es verstörenden Aufnahmen dort hängen hat.
Aufbruch: | 18.02.2015 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | 13.07.2015 |
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