Auf dem Landweg nach Tibet und zurück
Tiblisi und Gori
Am gestrigen Donnerstag habe ich mir Tiblisi angeschaut. In grossen Teilen der Stadt kam ich mir vor wie um 25 Jahre und laenger zurueckversetzt: es ist alles noch sehr sehr kommunistisch, grau und eher (zumindest nach meinem persoenlichen Geschmack) unpersoenlich. Ich wohne hier in einem Plattenhochhause bei einer Familie und es ist fuer mich natuerlich eine ganz besondere Erfahrung einmal in einer solchen Umgebung Zeit verbringen zu koennen. Die Wohnung hat 120 m, ist altmodisch eingerichtet, der Wasserhahn laesst sich nicht mehr abdrehen und die Waende weisen grosse Risse auf, zumindest an den Stellen, an denen man auf die Betonsteine blicken kann (ansonsten sind ueberall unfreundlich wirkende Tapeten in dunklen Farben). Ich persoenlich bin froh um die Erfahrung einmal so leben zu koennen und freue mich aber auch, dass mein persoenlicher Geschmack bezueglich Einrichtung ein anderer ist. Ich denke die Familie hier kennt es nicht anders - mich wuerde nur interessieren ob sie die schlichte Einrichtung einer konventionellen suedostasiatischen Wohnung (bzw. eines Hauses: helle Fliessen, weisse Waende, spaerlich eingerichtet, ein Tisch und einige Stuehle) vorziehen wuerden. Mir persoenlich ist letzteres vertrauter und lieber. Ich lebe hier im 11 Stock, warmes Wasser gibt es seit dem Zusammenbruch der Sovjetunion nicht mehr, Wasser kostet rund 50 ct pro Kopf und Monat (dementsprechend der Umgang) und Miete muss auch keine bezahlt werden.
Tbilisi ist eine interessante Stadt fuer all diejenigen, die das Flair einer eurasischen Stadt erleben moechten. Die Sehenswuerdigkeiten sind eher maessig jedoch spricht die Freundlichkeit ihrer Bewohner eindeutig fuer einen Besuch sollte man sich in der Gegend befinden. Die Leute sind hier, obwohl "Grossstaedtler" traditionsbewusst, religioes und machen auf mich stets einen sehr aufrichtigen und weltoffenen Eindruck. Interessant zu beobachten ist die Religioesitaet der Menschen im Oeffentlichen Leben: beim passieren einer Kirche machen viele Menschen das Kreuzzeichen, man geht stets gut gekleidet in die Kirche und Beischlaf vor der Ehe fuer Frauen ist undenkbar. Fuer Maenner allerdings, und das ist fuer uns westlich gepraegte Menschen oft nicht nachvollziehbar ist es normal. Ich hatte zu diesem Thema eine hochinteressante Diskussion mit zwei georgischen Damen, einem Photographen aus Italien und einem jungen, westlich orientierten jungen georgischen Herren. Fazit: wie bei den meisten Diskussionen dieser Art (die Ausgangslage und Einstellung konnte unterschiedlicher nicht sein) einigten wir uns stimmten wir darueber ueberein, dass fuer jedes Land die eigene Tradition die beste sei.
Ein absolutes Highlight geschichtlicher Art war auf der Georgienreise der Besuch in Gori, der Geburtsstadt Josef Stalins.
Angekommen in Gori, schlenderte ich in den Museumspark hinein und blieb vor einem grossen Denkmal Josef Stalins staunend stehen: Eine grosse Statue des Despoten steht auf der Rueckseite seines Geburtshauses, das von einem groesseren Gebaeude aus Schutzzwecken umringt wird. Der Eintritt kostete umgerechnet 5 Euro und mitinbegriffe war eine englischsprechende Fuehrerin, die mich durch die Raeume mit den Exponaten fuehrte. Gemaelde, Buesten, Lebensutensilien wie z.B. Rasierapparate, Pfeiffen, Zigarren und vieles mehr waren Teil der ausgestellten Sammlung. Highlight dabei war ein Federhalter den Stalin bei der Potsdamer Konferenz verwendete und ebenfalls ein Brief mit der Orginalhandschrift des Tyrannen. Tyrann ist hierbei das Stichwort: Die Fuehrung war doppelt interessant, zum einen, weil sie einen Einblick in das private Leben Stalins bot, und zum anderen, weil das Museum staatlich ist, und ich daher davon ausgehe, dass in den Fuehrungen eine allgemein gueltige Meinung vertreten wird. Es wurde vom Revolutionaer gesprochen, vom Sohn eines einfachen Schumachers, von einem sehr intelligenten jungen Mann, der in Tbilisi studierte, der einige Male aus russischer Gefangenheit floh. Es wurden Photos seiner Familie und seiner Nachkommen gezeigt, Bilder aus seiner Kindheit ausgestellt, die Geschenke die er aus den kommunistischen Staaten bekam (auch aus der DDR) gezeigt. In einem Nebensatz erwaehte die Fuehrerin, auf ein Photo mit sechs Maennern deutend, dass diese hingerichtet wurden und weitere 400.000 Menschen erschossen wurden. Der Name Stalins wurde dabei nicht erwaehnt. In seinem Geburtshaus und in seinem privaten Wagong bat mich meine Fuehrerin noch auf seinem Stuhl Platz zu nehmen - sie machte einige Photos von mir. "War is war, all soldiers are my sons. What shall I say to other fathers. I can't trade a soldier with a marshall" zitierte die Dame Stalin als sie mir von dem Angebot der Nazis erzaehlte, den Sohn Stalins gegen General Paulus auszutauschen. Der Sohn kam im Lager zu Sachsenhausen ums Leben.
Ein gewisser Stolz von Seiten meiner Fuehrerin war nicht zu verkennen. Es schien, als liebe man ihn insgeheim, zumindest die alte Generation in Gori. Er war einer von ihnen, ein einfacher Sohn eines Schumachers, dessen Vater trank und ihn schlug - wie wohl viele Vaeter der damaligen Zeit.
Es war ein weiterer besonderer Tag auf dieser Reise, ein Tag der mir ein Stueck Weltgeschichte naeher brachte und der auch von der Einstellung Georgiens zu Stalin erzaehlte.
Es ist in Gori, wo im Zentrum eine rund 10 m hohe Statue Stalins ueber allem thront.
Stalins Fueller, den er bei der Potsdamer Konferenz (die Zerschlagung und Aufteilung des Deutschen Reiches) verwendet hat
Aufbruch: | 14.02.2009 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 15.10.2009 |
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