2009 - Zurück nach Australien
Rotes Zentrum & South Australia: Alice Springs I
Zum ersten Mal befand ich mich nun im Northern Territory, dem großen nördlichen Territorium des Landes. Als Territorium besitzt es im Gegensatz zu den Staaten weniger Entscheidungsfreiheit und zum Teil andere Bestimmungen. Neben Westaustralien ist das Northern Territory wohl die unbesiedelste und wildeste Gegend Australiens, außerdem hat es die höchste Aborigine-Population, und so war das Straßenbild in Alice Springs auch ganz anders als ich es bisher kannte. Hier waren teilweise mehr Aborigines als europäische Australier auf den Straßen zu sehen, nur dass sie leider hauptsächlich einen ziemlich desolaten Eindruck machten. Manche bettelten auch oder saßen lethargisch am Straßenrand. All das machte einen sehr traurigen Eindruck, aber man darf trotzdem nicht vergessen, dass dies nur einen Teil der Aborigines widerspiegelt und es auch viele gibt, die anders leben - leider stecken viel zu viele Touristen alle Ureinwohner aufgrund schlechter Erfahrungen in Alice Springs in einen Topf.
Ansonsten wirkte Alice Springs wirklich so wie das was es ist: Eine Stadt mitten in der Wüste. Mit 22.000 Einwohner ist es die größte Stadt in Zentralaustralien, die nächsten Städte diese Größenordnung sind alle über 1500 km weit entfernt.
Mein Hostel lag am Stadtrand neben dem ausgetrockneten Todd River, und ein paar Meter weiter fing die Wüste quasi schon an. Und auch wenn in der Stadt alles vorhanden war und es Geschäfte aller Art gab, so spürte man doch, dass man hier "mitten im Nirgendwo" war. Kaum kam man aus der kleinen Fußgängerzone heraus, waren die Straßen schon von rotem Sand gesäumt. Mit dem Wetter hatte ich ziemliches Glück: Es herrschten ca. 28 Grad und somit waren es die kältesten Tage seit langem, quasi eine richtige Kältewelle...
Am Morgen ließ ich es erstmal noch ruhig angehen, dann schaute ich mir zunächst kurz die Stadt selbst an, was sehr schnell ging - in einer Viertelstunde war ich von einem Ende zum anderen gelaufen. Insofern hatte Alice Springs nicht wirklich viel zu bieten und es würde wohl kaum jemand hierher reisen, wenn es nicht das Ausgangstor zum berühmten Uluru (Ayers Rock) wäre. Daher glich das Hostel auch eher einer Durchgangsschleuse für Backpacker: Die meisten kamen abends an, verschwanden am nächsten morgen zur standardmäßigen, dreitägigen Uluru-Tour, blieben danach nochmal für eine Nacht und flogen dann weiter nach Sydney oder Melbourne. So herrschte immer ein Kommen und Gehen, und niemand sah sich mal in der Stadt selbst um, was ich sehr schade fand - denn auch wenn es hier keine spektakulären Attraktionen gibt, so ist die Lage der Stadt selbst eben sehr spektakulär, was sie einzigartig macht, und man kann hier trotzdem einiges unternehmen und anschauen.
Mich zog es zunächst in die National Pioneer's Women Hall of Fame. Dieses Museum ist im alten Gefängnis von Alice Springs untergebracht und widmet sich der Geschichte der australischen Pionierinnen in allen Bereichen - nicht nur in der Erkundung des Outback, sondern auch in Wissenschaft, Sport, Medizin, Literatur etc. Den Höhepunkt bildete ein wertvoller Quilt, auf dem Hunderte von Australierinnen unterschrieben hatte, die in ihrem Bereich etwas zuerst getan hatten, z.B. die erste Professorin eines bestimmten Faches, oder die erste Olympiasiegerin einer bestimmten Disziplin. Unter einer Unterschrift stand: Go, Girls, Go! - das fasst es wohl am besten zusammen.
Direkt neben dem Museum liegt die Base des berühmten Royal Flying Doctor Service. Hier musste ich natürlich unbedingt hin. Bei einer ca. halbstündigen Führung wurde einem viel über die Organisation der Fliegenden Ärzte erklärt und es gab auch einen kurzen Film. Auch wenn ich schon viel darüber wusste, war ich einfach nur beeindruckt. Die Flying Doctors decken eine Fläche so groß wie Westeuropa ab und versorgen über 250.000 Menschen, die ohne sie kaum medizinische Versorgung hätten. Mit einundfünfzig Flugzeugen auf einundzwanzig Stationen kümmern sie sich so um die Menschen im Outback, sei es telefonisch bei kleineren Problemen oder mit Flügen bei ernsten Erkrankungen und Verletzungen. Meine Erfahrungen auf der Rinderfarm Strathburn hatten mir selbst gezeigt: Für die Bewohner des Outbacks ist es ein beruhigendes Gefühl, zu wissen, dass sie im Notfall auf die Flying Doctors zählen können, denn mit dem Auto wäre medizinische Hilfe meist Stunden oder Tage entfernt. Und auch Touristen können natürlich in die Situation kommen, einen Arzt zu benötigen, wenn sie im Outback reisen. Insofern ist die Berühmtheit und Beliebtheit der Flying Doctors wirklich absolut gerechtfertigt. Und auch die Geschichte des Pfarrers John Flynn, der diese Idee hatte und erst für einen Spinner gehalten wurde, aber daran festhielt und mit unglaublichem Erfindungsreichtum die Organisation begann, ist einfach nur beeindruckend.
Am frühen Nachmittag war ich dann schon wieder im Hostel, wo ich einen Deutschen traf, der gerade ein Semester in Brisbane studiert hatte. Da war es natürlich sehr interessant, unsere Erfahrungen und Meinungen zu den Unis auszutauschen, und so ging der Rest des Tages sehr entspannt rum.
Am nächsten Tag fuhr ich zum Alice Springs Desert Park, der am Stadtrand am Fuß der Berge liegt. Dies ist kein normaler Tierpark, sondern er dreht sich um das gesamte Ökosystem der australischen Wüste. Er umfasst drei verschiedene Landschaften (Wald-, Sand- und Flusslandschaft) und man wandert mit einem Audioguide durch die verschiedenen Gebiete. Auch wenn ich solche Dinger normalerweise hasse, waren sie hier wirklich nützlich und die Kommentare sehr interessant. Insgesamt lautete die Botschaft des Desert Parks, dass die Wüste keinesfalls ein toter Ort ist, wie die ersten europäischen Entdecker annahmen und wie die meisten Leute heute noch denken, sondern dass sie voller Leben steckt.
An meinem dritten Tag in Alice Springs ruhte ich mich aus und ging nur nachmittags kurz ins Cultural Precinct, einer kleinen Ansammlung von Museen. Hier gibt es das Araluen Arts Centre, ein Museum, das Kunst der Ureinwohner Zentralaustralien zeigt. Den Höhepunkt bilden die Werke Albert Namatjiras und anderen Künstlern aus Hermannsburg. Das Museum of Central Australia besteht leider hauptsächlich aus ausgestopften Tieren, aber das angeschlossene Strehlow Research Centre war sehr interessant. Hier konnte ich mich über die Arbeit Carl Strehlows informieren: Dieser Pfarrer kam 1894 nach Zentralaustralien und dokumentiere die Sprachen der Aborigines der Gegend. Er stellte das erste Wörterbuch der Welt zusammen, das eine europäische in eine Ureinwohnersprache übersetzte.
Diese Skulptur stellt die Yeperenye-Raupe dar, die in der Traumzeit Alice Springs (Mparntwe) erschuf. Sie ist eines der wichtigsten Traumzeitwesen der Arrernte, der Aborigines dieser Gegend.
Außerdem gibt es ein Flugzeugmuseum, das aus zwei vollgestopften Hangarhallen bestand. Hier liegt auch zum Gedenken das Wrack der kleinen Kookaburra. 1929 suchte dieses Flugzeug nach dem Piloten Charles Kingsford-Smith (nach dem später der Flughafen von Sydney benannt wurde). Er konnte später gerettet werden, während die Piloten der Kookaburra in der Wüste starben.
Zum Schluss besuchte ich noch den alten Friedhof von Alice Springs. Hier sind viele berühmte Pioniere begraben, und auch der Maler Albert Namatjira.
Am Abend ging es dann daran, meine Sachen zu packen, denn am nächsten Tag startete meine fünftägige Tour ins Outback!
Aufbruch: | 22.07.2009 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 24.03.2010 |
Hongkong