2009 - Zurück nach Australien
Das Semester in Cairns: 3. Woche - Tjapukai Park
Nun brach schon meine dritte Woche in Australien an! Kaum zu glauben!
Ich hatte mich wirklich schnell eingelebt und an alles gewöhnt, und war sehr schnell zum Alltag über gegangen. Aber vielleicht lag das auch daran, dass es eben schon meine zweite Reise hierher war und ich mich eben schon recht gut auskannte.
Trotzdem bedeutet Gewöhnung nicht, dass ich schon alles selbstverständlich fand, auf keinen Fall. Jeden Morgen, wenn ich aufstand und aus meinem Zimmer ging, atmete ich tief ein und genoss den tropischen Duft, diese Luft, die eben ganz anders ist als in Deutschland. Das Schreien der Papageien, die Palmen, die Wärme... All das waren Dinge, an die ich mich noch lange nicht wieder gewöhnt hatte, und über die ich mich jeden Tag von Neuem mit Staunen freute.
Toll war es auch, nach und nach wieder die Lebensmittel zu kaufen, die ich in Deutschland vermisst hatte. Chutney, Erdnussbutter, Shapes, vegetarisches Sushi, Boost, Cadbury Schokolade - und natürlich Tim Tams!
In der Uni hatte ich Kurse über Shakespeare, Frauen in Romanen des 19. Jahrhunderts und Literaturtheorien belegt, sowie ein Blockseminar. Dieses Blockseminar wollte ich schon belegen, seit ich im November 2008 im Prospekt der JCU davon gelesen hatte, und diesen Freitag startete es endlich, der erste Tag auf dem Campus stand an.
Der Kurs nannte sich "Linking Indigenousness", also quasi "Indigenität verbinden". Es war ein Kurs über die Geschichte, Kultur und heutige Situation der Aborigines. Das Thema ist mir sehr wichtig und so war ich sehr gespannt auf das Seminar.
Den ganzen Freitag verbrachte ich also in der Uni. Der Kurs wurde von zwei Dozentinnen abgehalten, eine davon war eine ältere Aborigine, die mich sehr beeindruckte. Sie strahlte so eine positive Energie und Lebensfreude aus, wie ich es selten bei einem Menschen erlebt hatte. Direkt zu Anfang sagte sie: "Ich möchte euch von der Realität erzählen, von dem, was passiert ist. Aber frei von Schuld und Vorwürfen. Wir wollen einen sicheren Raum schaffen, in dem jeder Fragen stellen kann, ohne Hemmungen." Diese Einstellung hat mich fasziniert, und ich denke, sie sollte viel weiter verbreitet sein.
Das Seminar war sehr interessant. Einiges wusste ich schon aus Büchern, die ich mir privat gekauft hatte, und aus Seminaren aus Köln, aber vieles war mir auch neu, besonders die heutigen Sichtweisen und Einstellungen der Aborigines betreffend. Die Dozentin erzählte auch viel aus ihrer Familie und ihrem Leben, und dies war etwas Besonderes, die Geschichte wurde so wirklich lebendig und greifbar. Ich konnte wirklich viel lernen und war sehr dankbar, dass ich diese Frau kennen lernen durfte.
Das Seminar beinhaltete eine Exkursion mit dem ganzen Kurs, aber auch einen Ausflug in Eigenregie zum Tjapukai Cultural Park. Am Samstag fuhr ich also mit dem Bus zum Park. Dieser wird von den Tjapukai, den traditionellen Besitzern des Landes von Cairns, selbst besessen und geführt. Man kann also guten Gewissens hingehen und muss sich keine Sorgen machen, dass hier etwas falsch dargestellt wird - so dachte ich. In jedem Reiseführer und jeder Reisebroschüre wird einem verklickert, dass dies DIE Touristenattraktion zu Aborigines in Queensland ist und es keinen besseren Weg gibt, die Tjapukai-Kultur kennenzulernen und diesen Stamm so sogar noch finanziell zu unterstützen. Klar, dass man darauf sehr leicht hereinfällt, und ich dies zunächst glaubte.
Im Park gab es verschiedene Aktivitäten und Shows. Im "Cultural Village" wurde die Buschnahrung erklärt, z.B., welche Pflanzen und Früchte essbar sind, welche gegen welche Krankheiten helfen usw... Eine Pflanze hilft z.B. gegen Erkältungen und jeder Besucher bekam ein Blatt davon. Man musste das Blatt reiben und zerknüllen - es riecht nach Zitrone!
Buschnahrung
An einer weiteren Station wurde erklärt, wie ein Didgeridoo gemacht wird und wie man es spielt. Es wurden auch die verschiedenen Klangfolgen erklärt, die für bestimmte Tiere stehen.
Des Weiteren wurden Boomerang und Speerwerfen demonstriert. Die Besucher konnten sich dann auch selbst daran versuchen.
Gemälde von der Storytime, dem Glauben der Tjapukai: Hier wird die Regenzeit und die zu ihr gehörenden Totems dargestellt
Das selbe für die Trockenzeit.
Im "History Theatre" konnte man einen Film ansehen, der die Geschichte der Tjapukai und ihre heutige Situation zeigt. Im "Creation Theatre" wurde mit Schauspielern, einer Lasershow und Hologrammeffekten der Schöpfungsmythos dargestellt. Und zum Schluss gab es das "Dance Theatre", in dem ein Corroborree gezeigt wurde. Corroborrees sind Tänze und Darstellungen, die aber keinesfalls nur eine Show oder Spaß sind, sondern das kulturelle Erbe weitergeben, quasi wie Bücher. In den Corroborrees werden die Geschichen der Vorfahren, die kulturellen Regeln, aber auch praktisches Wissen vermittelt.
Darstellung eines Kasuars
Er erklärt gerade, wie man Feuer macht
Später im Seminar behandelten wir dann allerdings zwei Studien zu dem Park ("Tourists and Aboriginal people" von Ryan/Huyton und "Tourism impacts on an Australian indigenous community: a Djabugay case study" von Dyer/Aberdeen/Schuler), und was dabei herauskam, erschütterte mich doch sehr. Die Tjapukai besitzen weniger als 50% des Parks, und es gibt kein kulturelles Komitee, das die Shows, die dort gezeigt werden, genehmigt. Der Park behauptet, die einzige touristische Attraktion der Tjapukai zu sein - dies ist wahr, aber nur, weil sie vertraglich daran gebunden sind, keine andere Attraktion zu eröffnen. Gleichzeitig ist kein einziger Tjapukai im Management beteiligt, und viele Mitarbeiter sind zwar Aborigines, aber keine Tjapukai. Somit kommt das meiste Geld gar nicht den Tjapukai zu Gute. Noch schlimmer: Ihre Kultur wird gar nicht originalgetreu dargestellt, sondern mithilfe von Fragebögen wird ermittelt, was die Touristen sehen wollen, und die Shows werden daran angepasst. So werden z.B. traditionelle Tänze geändert, damit sie spektakulärer sind, und es wird das Didgeridoo gespielt, obwohl die Tjapukai dieses Instrument nie benutzt haben. Dies passt so gar nicht zu dem Werbespruch, dass diese Institution die "Kultur der Vorfahren" zeigt!
Es macht Spaß, diesen Park zu besuchen, und das History Centre, in dem ein Film zur Geschichte der Tjapukai gezeigt wird, ist wirklich gut - entschließt man sich, den Park zu besuchen, sollte man die wahren Hintergründe aber im Kopf behalten, und sich bewusst sein, dass dies eher ein Themenpark ist und keine authentische Darstellung der Kultur der Tjapukai.
Aufbruch: | 22.07.2009 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 24.03.2010 |
Hongkong