2009 - Zurück nach Australien
Das Semester in Cairns: Die erste Woche
In Cairns am Flughafen angekommen, passierte ich Immigration und Zoll überraschend schnell, und dann war der Moment gekommen, den ich mir zweieinhalb Jahre lang so oft ausgemalt hatte: Ich war endlich wieder in Australien! Ich hatte mir nie vorstellen können, wie es sein würde, aus dem Flughafengebäude herauszutreten und wieder in Australien zu sein. Und als der Moment jetzt da war, stand ich einfach nur dort in der Sonne und atmete tief ein und aus.
Ich hatte mir bereits aus Deutschland über das Internet bei einer Vermietung ein Zimmer gemietet und konnte daher der Taxifahrerin direkt eine Adresse nennen. Nach einigem Suchen war die Straße auch gefunden und etwas aufgeregt betrat ich mein neues Heim. Zunächst funktionierte der Schlüssel nicht, aber der nette Hausmeister half mir direkt mit einem neuen und so konnte ich mich mit Sack und Pack aufs Bett fallen lassen. Ich war von der Anreise - immerhin war ich achtundvierzig Stunden unterwegs gewesen und hatte davon nur ca. sechs geschlafen! - sehr erschöpft, aber gleichzeitig unheimlich aufgekratzt. Und da es erst fünfzehn Uhr war, durfte ich ja auch gar nicht schlafen, sonst würde der Jetlag am nächsten Tag nur noch schlimmer werden!
Ich packte also zunächst meine Sachen aus, hielt einen kleinen Plausch mit einer der Mitbewohnerinnen, einer Backpackerin aus Kanada, und machte mich dann auf den Weg in die Stadt. Die WG hatte eine gute Lage, sie war nur fünf Minuten vom großen Einkaufszentrum entfernt, und in einer guten Viertelstunde war man am eigentlich Knotenpunkt der Stadt, der Esplanade und dem Hafen.
Ich kaufte noch schnell die notwendigsten Dinge ein, dann war der Abend auch schon gekommen und ich konnte mich endlich schlafen legen.
Der nächste Tag war ein wenig stressig, denn ich musste nun doch einiges erledigen und einkaufen. Am Sonntag dann aber hatte ich einen Tag zum Ausruhen und verbrachte den Vormittag entspannt zuhause. Nachmittags dann zog es mich doch wieder hinaus.
Es war so ein seltsames Gefühl, durch die Stadt zu schlendern und die tropische Atmosphäre zu genießen. Ich hatte mich so lange danach gesehnt wieder hier zu sein - und doch hatten meine Erinnerungen nicht ansatzweise behalten können, wie schön es hier eigentlich wirklich war. All die Palmen und Düfte, das Kreischen der Papageien, die Luft und die Üppigkeit dieser Stadt.
Ich fand mich schon nach kurzer Zeit wieder ohne Stadtplan zurecht und es war ein merkwürdiges Gefühl. Einerseits kam mir alles vertraut und bekannt vor, andererseits war es aber auch fremd und neu. Wenn ich an der Esplanade saß, hatte ich das Gefühl, einfach in einen Traum oder eine Erinnerung geplumpst zu sein, und ganz ehrlich kniff ich mich manchmal selbst in den Arm, um mich zu vergewissern, dass dies nicht einfach ein weiterer Tagtraum von mir und ich nicht in Wahrheit in einem langweiligen Seminar in der Uni Köln saß und nur vor mich hin träumte...
So schön es auch war, wieder in Cairns zu sein, so wenig gefiel es mir in meiner WG. Meine Mitbewohnerinnen waren eigentlich ganz nett, aber es herrschte hier permanenter Lärm und so konnte ich nachts kaum schlafen. Dies waren eben Backpacker von der Sorte, die eigentlich nicht an dem Land interessiert sind, sondern nur trinken und feiern wollen - was ich davon halte, brauche ich wohl nicht zu erklären.
Nun ja, ich hoffte, dass sich das Ganze geben würde, wenn die neue Woche anfing, und freute mich erst einmal an den positiven Seiten der WG. Mein Zimmer gefiel mir gut und wie ich schon schrieb, war die Lage erst einmal sehr positiv.
Am Montag nun begann direkt die Uni. Diese liegt etwas außerhalb von Cairns in dem kleinen Ort Smithfield, und so musste ich mit dem Sunbus dorthin fahren. Die Fahrt dauerte länger als ich gedacht hatte, war aber wunderschön, denn die ganze Zeit sah man links von sich den Regenwald. Auf der rechten Seite wechselten sich Felder und kleine Farmen ab und außerdem ging es am regionalen Flughafen vorbei.
Nach einer halben Stunde dann war ich endlich da. Ich war nicht sonderlich aufgeregt, aber ein bisschen fühlte es sich schon an wie am ersten Schultag.
Nach einem kurzen Blick auf einen Plan an der Bushaltestelle wusste ich direkt, wo ich hinmusste, und ging zum International Student Office. Hier traf ich auf eine der Mitarbeiterinnen, mit der ich schon einmal von ein paar Wochen in kurzem E-Mail-Kontakt gestanden hatte. Und der Hammer war: Sie konnte sich noch an meine Mail erinnern!
Für mich war das wirklich stark, wäre so etwas in Köln doch unvorstellbar, selbst wenn man dort jahrelang studiert. Aber dies war erst der erste von vielen Unterschieden, die ich im Laufe der Zeit feststellte.
Die Mitarbeiterin drückte mir einen dicken Pack von Flyern und Zetteln in die Hand und erklärte mir einiges. Ich machte mich kurz mit den Internetsystemen der Uni vertraut - die auch schonmal weitaus unkomplizierter als in Köln waren - und das war es schon fast. Im Laufe der Woche entdeckte ich natürlich immer noch Kleinigkeiten, die ich noch erledigen musste (z.B. einen Studentenausweis besorgen oder eine Bibliotheksführung machen), aber an sich war wirklich alles schnell organisiert und kein Vergleich zum Aufwand oder der Bürokratie und Kompliziertheit in Köln.
Aber natürlich ist die JCU auch viel, viel kleiner und so fühlte ich mich zunächst ein bisschen wie in der Schule. So ist zum Beispiel die gesamte Bibliothek der Uni so groß wie in Köln die eines einzelnen Faches. Das Gelände ist winzig, die Räume sind winzig und sogar die Vorlesungen haben nur halb so viele Teilnehmer wie in Köln die Seminare.
Aber genau dies war ja auch einer der Gründe, warum ich die JCU ausgesucht hatte - um etwas ganz anderes zu erleben.
Was mir aber zunächst noch mehr ins Auge fiel, war die wunderschöne Umgebung der Uni. Ich wusste ja, dass sie direkt am Regenwald gelegen war. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass man dies so direkt spürte. So wuchsen hier überall Bäume und Palmen, es gab kleine Grünflächen und Waldstückchen und manche Wege führten über Stege durch ausgetrocknete Flussbetten. Wirklich einfach eine ganz andere Uni!
Abends fuhr ich mit dem Bus wieder zurück und war von den vielen neuen Eindrücken nun doch ein bisschen erschlagen. Ich freute mich auf eine Nacht voller Schlaf, doch leider machte mir da die WG wieder einen Strich durch die Rechnung. Als ich um ein Uhr immer noch wach lag, weil die Mitbewohnerinnen einfach nicht ruhig sein wollten, war mir klar: Hier musste ich unbedingt ausziehen! Wie sollte ich in so einer Umgebung studieren und erfolgreich das Semester bestreiten? Bei diesem Krach war das einfach unmöglich, und die Backpackerinnen hatten auch einfach kein Verständnis dafür.
Am nächsten Tag ging ich also noch vor der Uni zu der Vermietung und schilderte mein Problem. Sie waren sehr freundlich und bemühten sich sofort um ein neues Zimmer für mich.
Einen Tag später, also am Mittwoch, war dieses Zimmer auch schon gefunden. Es lag ganz in der Nähe der Uni, nur zehn Gehminuten davon entfernt, und das war natürlich ein riesiger Vorteil, da die Busfahrt aus der Stadt doch sehr lang war und die Busse auch nicht die zuverlässigsten waren.
Schon am Nachmittag konnte ich einziehen. Der Besitzer des Hauses, John, holte meine Sachen im Büro der Vermietung ab, und ich konnte direkt von der Uni in die neue WG gehen, wo John schon mit dem Mietvertrag wartete.
Ich war direkt begeistert von dieser WG. Die Lage war einfach ein Traum - nicht nur die Nähe zur Uni, sondern auch die wunderschönen Blicke auf den Regenwald und dass es in der kleinen Wohnsiedlung sehr grün und ruhig war, gefielen mir sofort. Auch meine Mitbewohner machten einen sehr sympathischen Eindruck. Der Deutsche D. studierte Zoologie und Meeresbiologie und machte hier in Australien sein gesamtes Studium. Dann lebte hier noch ein Vietnamese, der leider kaum Englisch konnte, und eine Taiwanerin, die hier einen Englischkurs machte und sich schon wesentlich besser verständigen konnte.
Die Atmosphäre in der WG war einfach schön und so fühlte ich mich sofort rundum wohl.
Die erste Uniwoche verlief ansonsten sehr ruhig, da noch nicht so viel inhaltlich gearbeitet, sondern erst einmal das Organisatorische erledigt wurde. Ich musste mich noch ein bisschen an alles gewöhnen, aber das würde bestimmt auch noch einige Wochen so weiter gehen.
In der neuen WG ging es mir nun richtig gut, und so freute ich mich erst einmal aufs Wochenende!
Bild von außen - das sieht noch aus wie Garagen, aber eigentlich wurden sie zu Zimmern umgebaut, ich wohne rechts.
Aufbruch: | 22.07.2009 |
Dauer: | 8 Monate |
Heimkehr: | 24.03.2010 |
Hongkong