Quer durch die Anden in 180 Tagen
Bolivien: La Paz
Mit Unterbrechungen von 16. April bis 2. Mai:
Den vielleicht ueberwaeltigsten Eindruck von La Paz bekommt man gleich bei der Ankunft. Jeder, der in diese Stadt kommt, faehrt zuerst ueber das Altiplano, und kommt zunaechst in den riesigen Vorort von La Paz, der El Alto heisst. Man denkt sich, dass es eine ziemlich heruntergekommene Stadt sein muss, aber nach ein paar Minuten nimmt der Bus eine Kurve und gibt die aussicht auf das Tal frei, in dem La Paz liegt. Und dieser Anblick ist einfach umwerfend, vor allem, weil man in dem Moment ueberhaupt nicht damit rechnet. Als haette jemand eine klebrige Masse in eine Badewanne geschuettet, so kleben die Haeuser an den Haengen des Tales, nur im Zentrum, der tiefsten Stelle, sind einige Hochhaeuser zu sehen. Und dahinter trohnt der Illimani mit seinen 5 schneebedeckten Gipfeln.
Ein Haeusermeer, wobei die reichen Leute nur in den tieferen Lagen von La Paz leben - da ist die Luft dicker!
La Paz liegt zwischen 3600 und 4100 Metern Seehoehe und ist damit die hoechste Hauptstadt der Welt, obwohl hier eigentlich nur der Regierungssitz ist, offizielle Hauptstadt Boliviens ist ja Sucre. Viele Leute werden hier auch Hoehenkrank, vor allem die, die mit dem Flugzeug anreisen. Der Flughafen liegt uebrigens auch auf 4000 Metern, und es gibt nur ein paar wenige waghalsige Fluglinien, die regelmaessige Fluege nach la Paz anbieten.
Die Stadt selbst ist ganz anders als die uebrigen Grossstaedte, die wir bis jetzt gesehen haben. Schon allein der Verkehr war fuer uns im ersten Moment erschreckend. Das Taxi, das wir vom Busbahnhof genommen haben, fuhr kreuz und quer auf der Strasse rum, es wurde gehupt, gewunken, immer dorthin gefahren, wo gerade ein paar Meter Platz sind, und sowas wie Verkehrsregeln scheints hier nicht zu geben. Wenn doch, dann haben wir sie nicht erkannt.
Auch das Bild der Strassen ist im ersten Moment eher ungewohnt. Alles wird auf kleinen Staenden auf den Gehsteigen verkauft. Dadurch muessen die Fussgaenger oft auf die Strasse ausweichen. Man bekommt auf den Strassen und Maerkten wirklich alles, angefangen von CD Playern und Digitalkammeras ueber Puppen und Anzuege, bis hin zu Fruchtsaeften und Schweinehaelften. Manchmal denkt man, La Paz ist ein einziger grosser bunter Markt. Wir haben Stunden damit verbracht, durch die Strassen zu schlendern und neue Dinge auszuprobieren. Ich hoffe wir koennen euch einen kleinen Einblick geben, denn die Leute hier lassen sich nur sehr ungern oder gar nicht fotografieren und diesen Wunsch muss man natuerlich respektieren.
Fuer den Hunger zwischendurch kann man sich an den unzaehligen Staenden mit Chorizzo, einer gebratenen wuerzigen Wurst, staerken
Die indigene Bevoelkerung Boliviens hat uebrigens ein ganz eigenes Transportsystem. Wirklich alles, angefangen vom riesigen Gaskanister ueber Bananen bis zu den Kindern wird in Tragetuechern am Ruecken getragen. Wir haben sogar eine Frau gesehen, die einen Rollkoffer am Ruecken trug, anstatt ihn hinter sich herzuziehen! Und manchmal sind die Pakete am Ruecken fast so gross, wie die Leute selbst.
Es wirkt alles ein wenig chaotisch, aber man gewoehnt sich ziemlich schnell an den Rhythmus der Stadt, und dann wirkt sie sehr lebendig. Und die Orientierung ist wirklich einfach. Wenn man einmal nciht mehr weiss, wo man ist, geht man einfach bergab und kommt unweigerlich zur Hauptstrasse, dem Prado. Und von dort findet man wieder dorthin, wo man hinwill - oder nimmt einfach ein Taxi.
Bei einem kleinen Stadtrundgang kamen wir auch auf dem "Hauptplatz" von La Paz, der Plaza Murillo. Dort gibts Unmengen von Tauben, und man kann sogar kleine Saeckchen mit Mais kaufen, um diese Tauben zu fuettern. Mathias hat sich das natuerlich nicht entgehen lassen, und wurde dabei von Voeglen regelrecht umschwaermt. Es gibt auch ein paar alte Kolonialgebaeude an der Plaza und sie ist insgesamt wirklich sehr schoen, ein Platz zum sitzen und schauen.
Und eine Besonderheit hat La Paz noch, den Hexenmarkt. Dort wird alles moegliche totes Getier verkauft, entweder als Gluecksbringer oder als Heilmittel. So bekommt man zum Beispiel tote Lamafoeten, die in die Grundmauern der Haeuser gemauert werden und Unheil von der Familie abhalten sollen. Auch Kraeuter und Pulverl gegen alles und jeden werden verkauft. Das alles war schon sehr abgedreht, obwohl wir es uns ehrlich gesagt, von dem was wir gelesen haben, noch abgedrehter vorgestellt haben.
Ein typischer Stand mit Flamingofluegel, Lamababies, allen moeglichen Heilmittelchen (links), und Steinamuletts (rechts).
Als Tagesausflug von La Paz aus sind wir auch nach Tiwanaku gefahren. Dort gibts die Ueberreste der Tiwanakukultur, einer Praeinkakultur, zu sehen. Allerdings nicht mehr sehr viel, weil die Spanier in ihrer Gier nach Gold sehr viel dem Boden gleich gemacht haben. Trotzdem ist es die wichtigste Archaeologische Staette Boliviens, auch weil diese Kultur Einfluss auf einen riesigen Bereich nahm, und es gibt Spuren der Tiwanakus im gesamten spaeteren Inkareich.
Ein paar witzige Dinger gibts in Tiwanaku aber noch zu sehen, zum Beispiel das Sonnentor, oder die seltsame Muschel, die wie ein Megaphon funktioniert, und alles gebaut so circa zwischen 0 und 1000 nach Christus. Das Problem hier in Bolivien ist, dass kein Geld fuer die Restaurierung vorhanden ist, und deshalb viel nicht ausgegraben ist, wovon man aber eigentlich schon laengst weiss. Schade!
Hier sieht man den Schoepfergott Wiracocha. Er stieg aus dem Titicacasee und erschuf in Tiwanaku die Welt und den Menschen.
La Paz ist echt eine tolle Stadt, wenn man ein paar Tage bunte lebendige Maerkte erleben will. Auf der anderen Seite ist La Paz auch ein optimaler Ausgangspunkt, um die Cordillera Real zu erleben, den gewaltigen Gebirgszug mit unzaehligen 5000ern und 6000ern, der sich vom Illimani bis zum Titicacasee erstreckt. Was wir dabei erlebt haben, gibts in den naechsten Kapiteln.
Aufbruch: | 06.01.2008 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 05.07.2008 |
Chile
Bolivien
Peru
Ecuador