Cuba und Suedamerika
Bolivien: Apolobamba-Trek
Mit etwa 25 kg Gepaeck brach ich am naechsten Morgen zu der vermutlich viertaegigen Wanderung auf. Im Radsport wuerde man das Streckenprofil selektiv nennen: Mich erwarten fuenf Paesse der Kategorie 4800 Meter und hoeher. Nur der Start- und Zielort liegen deutlich unterhalb von 4000 Metern. Das Wetter ist in der Trockenzeit meist sonnig, aber angesichts der Naehe zu den Yungas (dampfender Dschungel des Amazonastieflandes) wabern oft schon morgens Wolkenmassen die Taeler hoch.
blick richtung yungas
Die erste Etappe von 3400 Metern auf 4900 Meter und dann wieder herunter auf etwa 4000 Metern meistere ich mit ausreichend Zeit fuer Zeltaufbau und Kochen, bevor es gegen sechs Uhr dunkel wird. Das schwere Gepaeck bringt mich jedoch arg ins Schwitzen.
Am zweiten Tag geriet ich auf der Passhoehe in ueber 5000 Metern in ein Schneegestoeber mit Nebel und mir kam der Verdacht, ich koennte falsch sein. Gemaess der Wegbeschreibung haette es direkt nach dem Pass steil nach unten gehen sollen, was angesichts des Wetters schoen gewesen waere, waehrend der Weg in der Realitaet auf einem Hochplateau maeanderte ohne an Hoehe zu verlieren. Irgendwann ging es doch bergab und ich landete in einem Ort, der nicht nach dem Minendorf Sunchuli aussah sondern vielmehr ein reines Bauerndorf war. Ich steuerte das erste Haus an und rief hinein. Heraus kam eine Indigena mit ihren Kindern. Auf meine Frage nach dem Ort Sunchuli freute sie sich, deutete in Richtung weit hinter den Bergen und liess einen Redeschwall in Quechua folgen. Ihr etwa zehnjaehriger Sohn sprach etwas Spanisch und bestaetigte mir, dass Sunchuli irgendwo hinter den Bergen liegt, erreichbar ueber einen weitere Pass. Einen Weg in die angezeigt Richtung sollte es geben, aber ich konnte keinen erkennen.
kordillere apolobamba
passfoto auf 5100 Metern ueNN
Am naechsten Morgen startete ich in die vermutete Richtung ohne einen akzeptablen Weg zu finden. Ziemlich weit oben schon war eine kleine Mine, wo ich den einzigen Minenarbeiter befragte. Er deutete grob in die mir schon bekannte Richtung (dort hinter den Bergen), in der ich trotz Bemuehen keinen Pfad erkennen konnte. So kletterte ich einfach geradeaus direkt die Felsen hoch. Nach einiger Anstrengung erreichte ich in der Tat einen Pass und dort oben konnte ich schwach erkennbare Spuren von Wegen identifizieren. Einer davon fuehrte ueber ein steiles Geroellfeld auf der anderen Seite des Passes bergab. Im Nachbartal befanden sich eine weitere Mine und ein paar verstraeute Haeuser, aber keine Spur von jenem sagenumwobenen Sunchuli. Weit und breit niemand, den ich fragen konnte. Talabwaerts lungerten noch mehr Haeuser umher, so dass ich diese Richtung einschlug. Als ich einen Bergruecken umlaufen hatte, entdeckte ich in einem Seitental ein groesseres Dorf: Sunchuli. Es war quasi verlassen, von der grossen Goldgraeberstimmung keine Spur mehr. Dafuer war ich zurueck auf dem Originalpfad.
goldminendorf sunchuli
Nach einem weiteren Pass, auf dem mir ein Franzose in Begleitung eines Guides und eines Lastenpferdes entgegenkam, erreichte ich das naechste Dorf Viscachi, wo etwa zwei Dutzend Arbeiter Steine beklopften, in der Hoffnung Gold zu finden. Ich hielt ein Schwatz mit ihnen und sie zeigten mir die marginalen Goldspuren im Gestein. Etwas weiter an einem herrlichen Bergsee auf etwa 4700 Metern campierten schon zwei Hollaender und ich schloss mich ihnen an. Sie kamen aus der entgegengesetzten Richtung, hatten sich in dichtem Nebel verlaufen und waren zwei Tage in einem Nachbartal umhergeirrt. Sie gaben mir wertvolle Tipps fuer den weiteren Weg, so dass ich von nun an keine Schwierigkeiten mehr hatte, den Weg zu finden. Am vierten Tag musste ich anderen deprimierenden Geschehnissen ins Auge sehen. Beim Aufstieg aus einem Tal auf etwa 4000 Metern zu einem 4900 Meter hohen Pass wurde ich von einer extrem dickbauchigen Indigena ueberholt, ohne dass ich in der Lage war mitzuhalten. Sie hatte zwar weniger Gepaeck als ich aber dafuer mehr Gewicht.
wolken wabern
alpaka
Am fuenften Tag meiner Wanderung tauchen hinter einem Bergruecken unvermittelt die ersten Haeuser von Curva, dem Ziel meiner Wanderung, auf. Ein Ferkel schnueffelt ueber die Strasse, linker Hand zerfaellt die in Lehmbauweise errichtete Kirche, zwei Esel stehen gedankenverloren auf dem Kopfsteinpflaster. Nach wenigen Haeusern erreiche ich die Plaza Mayor. Menschenleere. Hat dieses Dorf ausser seinen Tieren noch Einwohner? Ueber dem einzigen Laden rostet ein Schild "Trans Tours Altiplano" mit dem Hinweis, dass jeweils mittwochs, samstags und sonntags um vier Uhr morgens ein Bus nach La Paz verkehrt. Der Laden ist geoeffnet aber genauso verwaist wie der Rest des Dorfes. Dreimal muss ich rufen, bis jemand erscheint. Die freundliche Frau erklaert mir den Weg in den Ortsteil Lagunillas, wo es eine Herberge geben soll. Zuerst erblicke ich den Teich, der dem Ortsteil seinen Namen gegeben hat und gleich dahinter das lokale Fussballstadion. Entlang der kompletten Spielfeldlaengsseite prangt eine Haupttribuene fuer 1000 Zuschauer (die beiden Orte haben zusammen keine 300 Einwohner), die saeuberlich in Beton gegossen ist. Die sorgfaeltige und akkurate Bauweise sticht ins Auge. Mittig befindet sich ein ebenso schoen gemauertes Kabuff (Trainerbank, Praesidentenloge,...), dessen Sicht auf das Spielgeschehen jedoch von sechs Fahnenmasten und einem auf dem Spielfeld stehenden Strommasten beeintraechtigt wird. Die gesamte Anlage ist von einem Maschendrahtzaun (waere Stefan Raab zu grobmaschig) und drei Reihen Stacheldraht gesaeumt. Ein grosses Schild verkuendet "Evo cumple" und andere Details des Projektes. Der Praesident Evo Morales hat hiermit eines seiner Wahlversprechen erfuellt (wann erfuellt Angela Merkel ihre Wahlversprechen und baut ein Stadion in Sulzbach). Fussballstadien in unterdimensionierten Orten sind in Bolivien an der Tagesordnung. So hat Achacachi, ein Ort von nicht einmal zehntausend Einwohnern, wo ich mit dem Bus durchfuhr, eine gigantische Haupttribuene aus feinstem Beton mit einem kuehnen Stahldach. Diese Tribuene wuerde das Stadion jedes ambitionierten deutschen Zweitligisten schmuecken. Allerdings existiert diese Tribuene losgeloest von ihrem Umfeld, denn sie schwebt ohne jeglichen Zugang auf drei Meter hohen Betonpfeiler ueber dem Grund. Ohne die Tore waere das Spielfeld als solches nicht zu erkennen. Es onduliert wie ein Golfplatz, praesentiert sich jedoch graubraun und vor einem der Tore sind diverse Erdhuegel aufgehaeuft.
Meine Herberge befindet sich direkt hinter dem Stadion und ich bin der einzige Gast.
evo cumple: maschendraht plus stacheldraht
Aufbruch: | 16.06.2008 |
Dauer: | 9 Monate |
Heimkehr: | 24.03.2009 |
Peru
Bolivien
Chile
Argentinien
Uruguay