Cuba und Suedamerika

Reisezeit: Juni 2008 - März 2009  |  von Olli Schäfer

Cuba: Gib dem Volk Zucker

Meine Reise endete, wie sie begann: mit einem einmonatigen Besuch bei meiner Freundin Eirabel in Habana. Die Versorgungslage dort hatte sich als Folge der schweren Hurrikane, die im Sommer über Cuba hinweggefegt waren, weiter verschlechtert. Früchte mit Ausnahme der unverwüstlichen guayabas waren auf den Märkten kaum zu finden, erst im Laufe meines Aufenthalts tauchten einige meist unreife Ananas und ein paar Orangen auf. Die in unserer Nähe befindliche Bäckerei, die ausnahmslos große Laibe Weißbrote verkauft hatte, war geschlossen worden. Zur nächsten Bäckerei war es ein weiter Weg und entweder fanden sich dort lange Schlangen oder leere Regale. Unverändert erhalten Cubaner auch im 50. Jahr des Triumphes der Revolution staatlich subventionierte Lebensmittel. Mit Hilfe der libreta (Lebensmittelheftchen) bekommt jeder Einwohner monatlich 6 libra (~ 6 Pfund) Zucker, 7 libra Reis, eine kleine Menge Bohnen und ein Päckchen Kaffee. Eine ausgewogene Ernährung sieht anders aus.

Unfreiwillig leistete ich in Cuba einen Beitrag zum Aussterben bedrohter Tierarten. Samstagvormittag schauten immer zwei alte Männer im Hause der Tante vorbei. Sie musizierten nicht sondern verkauften köstlichen Jogurt in großen Plastiktüten und das ein oder andere Kaninchen, dem das Fell über die Ohren gezogen worden war. Auch Rentner müssen sich einen Nebenverdienst suchen, da die staatlichen Pensionen nicht ausreichen. Sie freuten sich einen gringo zu treffen und boten mir immer aus ihrer mitgebrachten Flasche Schnaps an, den sie Rum nannten, der aber wie ein aguadiente brannte. Eines Samstags hatte ich mich für ein Kaninchen entschieden, da hatten sie nur ein so genanntes jutía im Angebot. Ich wusste nicht so recht, was das für ein Tier ist. Sie erklärten, es sei dem Kaninchen sehr ähnlich und ausgesprochen köstlich, so dass ich es erwarb. Wie ich anschließend von der Tante erklärt bekam, ist das jutía ein wild lebendes Tier, das auf Bäume klettert, sich von Blättern ernährt und vom Aussterben bedroht ist. Da lag es leider schon mausetot im Eisfach. Im cubanischen Alltag kann man nur Überleben, wenn man die Gesetze bricht, so dass ein Unrechtsbewusstsein beim Missachten durchaus sinnvoller Gesetze (Schutz bedrohter Arten) fehlt.

negra y blanco

negra y blanco

jabitas zum trocknen aufgehängt

jabitas zum trocknen aufgehängt

Jabitas (Plastiktüten) sind ein cubanisches Phänomen. Nur in Devisenläden bekommt man sie kostenlos, während sie auf dem Markt, beim Metzger oder beim Bäcker mitgebracht werden müssen. Dadurch haben sie einen gewissen Wert und werden gewaschen, getrocknet und wiederverwertet. Übrigens war der abgebildete Balkon im letzten Jahr heruntergestürzt und musste neu gebaut werden. Habanas Balkone sind für ihre Fallsucht bekannt und der erfahrene Reisende wirft beim Spazieren in der Stadt auch immer wieder einen kritischen Blick nach oben.

Eines schönen Tages unternahm ich mit Eirabel und ihrem Bruder einen Ausflug zu den Stränden von Playa del Este in der Nähe von Habana. Die notorische Polizei dort zeichnet sich durch korruptes Verhalten und extreme Dummheit aus. Eine gefährliche Mischung. Als wir den Strand verließen, wurden wir prompt gestoppt. Ein Polizist prüfte die Identität aller Beteiligten außer mir. Dies führte zur Verhaftung des Bruders meiner Freundin. Der Vorwurf: Illegal im eigenen Land. Sein Personalausweis war vollkommen in Ordnung, aber als im Osten der Insel Ansässiger hatte er nicht das Recht, sich ohne triftigen Grund in Habana oder am Strand aufzuhalten. Meine Freundin wandte vergeblich ein, dass sie seine Schwester sei, er zu Besuch und außerdem in ärztlicher Behandlung in Habana. Der Polizist verlangte Nachweise in Form des Bustickets nach Habana oder der ärztlichen Unterlagen, die er natürlich nicht mit an den Strand genommen hatte. Er wurde in einen geparkten Polizeibus verfrachtet, in dem schon andere unschuldige Cubaner der Dinge harrten. Mit Vorlage der ärztlichen Dokumente sollten wir in auf der Polizeiwache in Guanabo abholen können. Im Taxi düsten wir zurück nach Habana und dann weiter zur Polizeiwache in Guanabo. Der Fahrer bestätigte uns, dass wir ihn sofort rausholen müssten, sonst würde er mindestens das Wochenende einsitzen. Beim Versuch die Polizeistation zu betreten, stoppte uns ein Polizist am Eingang und befahl uns, Schlange zu stehen. Ein typisch cubanischer Reflex. Eirabel ließ sich nicht aufhalten und wir marschierten nach kurzer Diskussion mit dieser Marionette in die Wache, wo ihr Bruder mit anderen vermeintlichen Delinquenten im Eingangsbereich saß. Der zuständige Polizeiwachtmeister wollte von nichts wissen. So sollte sie erklären, warum denn ihr Bruder festgenommen worden sei. Die ärztlichen Dokumente interessierten ihn nicht. Vermutlich war ihm dieser gringo suspekt, der es wagte, freiwillig eine cubanische Polizeistation zu betreten. Nachdem meine Freundin erneut (wie schon den Polizisten am Strand) bestätigt hatte, dass dies ihr Bruder sei, durfte er mit uns die Wache verlassen. So fand diese Episode ein glückliches Ende und damit soll auch mein Reisebericht nach neun Monaten kreuz und quer durch Lateinamerika enden.

freza y... donde esta el chocolate?

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rickin' billy, kein oldtimer sondern das älteste auto der welt

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mojitos - salud! photo by ky

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© Olli Schäfer, 2008
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Die Reise
 
Worum geht's?:
on the road...
Details:
Aufbruch: 16.06.2008
Dauer: 9 Monate
Heimkehr: 24.03.2009
Reiseziele: Kuba
Peru
Bolivien
Chile
Argentinien
Uruguay
Der Autor
 
Olli Schäfer berichtet seit 16 Jahren auf umdiewelt.
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