Cuba und Suedamerika
Chile: Nationalpark Lauca
Genau 93 Tage war ich in Bolivien gewesen. Das waren drei Tage mehr als die 90 Tage die ich gemaess der bolivianischen Stempel in meinem Pass haette bleiben duerfen. Was wuerde der Grenzbeamte dazu sagen? Ich hatte unterschiedliche Informationen zu solch einem Vergehen. Konnte ich an dieser Stelle mit der bolivianischen mas-o-menos-Mentalitaet rechnen? Der internationale Bus von Oruro nach Arica rauschte ueber die fuer bolivianische Verhaeltnisse bestens asphaltierte Strasse und ueberholte alle anderen Busse mit gleichem Fahrtziel. Kurz vor der Grenze ging der Adjutant des Fahrers durch den Bus und impfte die Passagier, dass sie sich bei der Ausreise beeilen sollten, wir wollten als erstes die chilenische Seite erreichen, wo bei der Einreise mit langen Verzoegerungen zu rechnen ist. Wuerde ich den ganzen Verkehr aufhalten? Die Passagieren rannten zum Grenzposten und ich mittendrin. Innerhalb von Minuten erreichten zehn grosse Busse die Grenze und hinter uns hatte sich eine 200 Meter lange Schlange gebildet. Es ging nur langsam voran, jeder Bolivianer musste eine Ausreisegebuehr von 13 Bolivianos entrichten. Wie hoch wuerde meine Strafe ausfallen? Sollte ich nervoes sein? Ich schob dem Beamten meinen Pass und das Ausreisformular durch die Glasscheibe zu. Er blickte kurz auf die Stempel und rief sofort seinen Vorgesetzten zu Hilfe. Gemeinsam zaehlten sie mit den Fingern ab: Uno, Dos, Tres. Drei Tage hatte ich meinen Aufenthalt ueberzogen. Oder waren es die drei Monate, die ich im Land verbracht hatte? Eine Stempel sauste hernieder. Ohne einen Kommentar und ohne einen Boliviano zu bezahlen, bekam ich meinen Pass zurueck und der naechste war an der Reihe.
Zehn Kilometer hinter der Grenze verliess ich an einem Refugio im Lauca-Nationalpark den Bus. Es empfing mich Juan (auch in Chile gibt es also Jungs, die sich Juan nennen), ein Nationalparkwaechter, der diesen kleinen Aussenposten auf ueber 4500 Metern vertrat und mir ein Bett zuwies. Die dort befindliche Laguna Chungará ist einer der hoechsten Seen der Welt und in ihrem Hintergrund thronen die ueber 6000 Meter hohen Vulkane Parinacota und Pomerante. Eine imposante Kulisse.
Die ersten Chile Erfahrungen waren weniger positiv. Ich wollte zwei Tage bleiben, aber am naechsten Morgen erklaerte mir Juan, der oeffentliche Dienst in Chile sei ab sofort im Streik und er streike auch. Ich muesse die Huette verlassen und mir was anderes suchen. Er schliesse gleich ab. Eine Frau, die vor dem Refugio Souvenirs verkaufte, sollte in drei Kilometern Entfernung eine hospedaje haben und bot mir an, dort zu bleiben. Allerdings sei augenblicklich niemand dort, sie sei erst gegen 16 Uhr zurueck. Nach einer Wanderung im Nationalpark suchte ich am spaeten Nachmittag nach ihrer hospedaje. An der Hauptstrasse wies ein grosses, aus Holz geschnitztes und edel wirkendes Schild auf eine Abzweigung, so dass ich der Stichstrasse folgte. Diese endete an einer verwaisten Ansammlung von Steinhuetten und Baracken. Ein Auto, zwei Autowracks, diverse Autoteile und anderer Unrat lag herum. Von einer hospedaje war nichts zu sehen. Zwei frei herumlaufende und wild bellende Hunde empfingen mich ansonsten herrschte gespenstische Ruhe an diesem unwirtlichen Ort. Niemand beantwortete mein Rufen.
Ich lief zurueck zum Refugio, wo die Tuere offenstand und ich einen anderen Nationalparkwaechter vorfand. Nein, er sei nicht im Streik. Ob ich uebernachten koenne? Das einzige Zimmer in der Huette war mitlerweile von zwei Franzosen und einer Deutsche belegt. Ob ich das letzte freie Bett darin haben koenne, muesse ich mit jenen klaeren, meinte der junge Chilene, der sich nicht Juan nannte. Die anderen waren sehr nett und ueberliessen mir das Bett.
Nach zwei Tagen an der Laguna Chungará verbrachte ich noch zwei Tage in dem Doerfchen Parinacota, was ebenfalls im Lauca-Nationalpark liegt. Der kleine Ort ist fast ausgestorben, nur jedes zehnte Haus ist bewohnt und der Eigentuemer des einzigen hospedajes empfing mich zwar, entschwand dann aber nach Arica an die Pazifikkueste. Unterschiedliche Bewohner sowie ein Nationalparqwaechter, des Hauptbueros in Parinacota uebernahmen meine Betreuung und Verpflegung. Dass die Bewohner diesen lebensfeindlichen Ort verlassen haben, kann ich verstehen. Am spaeten Vormittag kommt ein eisiger Wind auf, der ueber die Berge und das Plateau fegt und nachts faellt die Temperatur trotz Sommer weit unter null Grad. Die Landschaft ist von einzigartigem aber sproedem Charme. Davon kann niemand leben, denn nur wenige Touristen nehmen die Strapazen in Kauf, dorthin zu gelangen.
Aufbruch: | 16.06.2008 |
Dauer: | 9 Monate |
Heimkehr: | 24.03.2009 |
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