Cuba und Suedamerika
Chile: sieben Seen, elf Tag, fuenf Plattfuesse Tl. I
Nach reichlich Bekanntschaft mit Elektronikmuell a la Bolivia und made in China, hatte ich nun das Vergnuegen Fahrradschrott a la Chile und made in China kennenzulernen. So bleibt das Reisen selbst in einem so gemaechlichen Land wie Chile spannend. Doch der Reihe nach. Kerstin und ich hatten beschlossen, fuer eine laengere Seentour wegen fehlendem oeffentlichem Verkehr und zwecks Langsamkeit, Fahrraeder zu mieten. Da wir in der abgelegenen Gegend auch zelten wollten, hatten wir reichlich Gepaeck zu transportieren. Da begannen die Schwierigkeiten. Wir konnten zwar unter einer Vielzahl von Anbietern auswaehlen, die Fahrraeder vermieteten, aber alle hatten aehnliche Modelle von Mountaibikes, die ausnahmslos ohne Gepaecktraeger daherkamen. Keiner war so flexibel fuer eine laengere Miete Gepaecktraeger anzubringen. Sie hatten ihre Gruende dafuer. Weder das groesste Fahrradgeschaeft im Ort noch eine kleinere Fahrradwerkstatt hatten Gepaecktraeger im Angebot. Chilenen fahren ohne Gepaeck Fahrrad. In der ferreteria (Eisenwarenladen) eines Supermarktes fanden wir doch noch das Gesuchte und kauften zwei Stueck. Der Service das Fahrradvermieters war hervorragend. Oder doch zu gut? Er liess die Gepaecktraeger kostenlos fuer uns montieren, stellte ausserdem Helme, Fahrradpumpen und ein umfangreiches Werkzeug- und Flickset. Dass er auch sechs (ich habe dreimal nachgezaehlt, es waren wirklich sechs) Ersatzschlaeuche zur Verfuegung stellte, haette uns irritieren sollen. Zwecks Gewichtsreduzierung gab ich vier Ersatzschlaeuche zurueck und dann gings los.
Zwei Stunden spaeter, immer noch auf einer makellos asphaltierten Strasse fahrend, war mein Hinterrad platt. War das Pech oder Unvermoegen? Da habe ich gleich mal einen neuen Schlauch eingezogen, nur liess sich der nicht richtig aufpumpen. Mit dem Typ Felge und Ventil hatte ich schon in Bolivien jede Menge Aerger gehabt, als Ingenieur kann man ueber so eine Fehlkonstruktion nur den Kopf schuetteln, sie scheint leider in Suedamerika bei Mountainbikes sehr verbreitet. Das Ventil war nicht an der Felge fixiert, schaute nicht ausreichend hinaus und rutschte immer wieder nach innen. Die Pumpe konnte nicht richtig greifen. Als ich sie endlich richtig festgeklemmt hatte, brachte mir das nur die Erkenntnis, dass sie kaputt ist. Beim Aufpumpen entwich gleichzeitig Luft und es war schnell der Punkt erreicht, an dem mehr hinaus- als hineinging. Plattfuss mitten in der Pampa und kaputte Pumpe. Was tun? Kerstin fand auf einem in der Naehe gelegenen Anwesen (Villa mit grossem blauem Pool, der Eigentuemer war gerade nicht auf dem Golfplatz sondern sprengte den Rasen) einen Mann, der eine Pumpe hatte, aber so renitent war, diese nicht herauszuruecken. Ich sollte das Fahrrad zu ihm bringen. Unter Maennern erklaerte er mir gleich den Grund fuer sein Verhalten: die Pumpe war elektrisch betrieben und benoetigte externen Strom. Mein Hinterrad wurde bretthart und wir konnten inklusive der defekten Pumpe den Weg fortsetzen.
Gegen Abend erreichten wir nach einem anstrengendem Aufstieg auf einer groben Schotterpiste Cabañas in der Naehe der Palguin Thermen. Ein deutsches Paar mit Gelaendewagen campierte dort desillusioniert, denn sie waren mit ihrem Fahrzeug an der weiteren Wegstrecke Richtung Coñaripe gescheitert (zu steil und zu uneben). Genau die Strecke hatten wir noch vor uns. Am naechtsen Morgen war der Himmel bedeckt und das Hinterrad an meinem Fahrrad trotz nagelneuem Schlauch platt. Waehrend ich es flickte, begann es zu regnen und die Temperatur fiel stetig tiefer. Mitten im chilenischen Hochsommer mit Temperaturen bis zu 30 Grad, erfolgte ein Wintereinbruch. Es regnete den kompletten Tag mit Hagel- und Graupelschauern und bis hinunter auf 1200 Meter fiel Schnee. Das war nicht weiter schlimm, denn ich hatte Beschaeftigung beim Fahrradflicken. Der Sohn der Eigentuemerin pumpte mein Rad auf und eine Stunde spater war es wiederum platt. Der neue Schlauch hatte noch zwei weitere Loecher, die auch geflickt werden wollten. Verdaechtig war, dass sich alle Loecher auf der Innenseite befanden, also zwischen Schlauch und Felge. Entweder war der neue Schlauch marode oder die Felge ruinierte den Schlauch, den auch beim urspruenglich montierten Schlauch waren die Loecher innen, also nicht durch aeussere Einfluesse hervorgerufen. Den Rest des Tages regnete es mehr oder weniger heftig. Am naechsten Morgen fuhr ich mit Kerstins Rad zurueck zu unserem Fahrradvermieter, wo ich das komplette Hinterrad, meines Fahrrades, die Pumpe und einen Schlauch tauschte.
Am folgenden Tagen starteten wir das Abenteuer, den Villarica-Nationalpark und den Pass Richtung Coñaripe zu queren. Nach einer Flussbruecke wurde der Weg extrem schlecht. Grosse Steine, knorzelige Wurzeln und extreme Steigungen. Groesstenteils mussten wir die Raeder schieben, was mit dem schweren Gepaeck ein wahrer Kraftakt war. Schnell endeten die letzten Autospuren und wir stiefelten durch die Einsamkeit. Nach einigen Stunden erreichten wir den Pass mit famosen Ausblicken und majestaetischen Aurakarien. Bergabfahren war ebenfalls eine Herausforderung. Das Fahrrad wurde von den grossen den Weg querenden Wurzeln hart durchgeschuettelt und mehrfach fielen die Rucksaecke vom Gepaecktraeger und einige Mal stuerzten wir fast. Die weiter unten folgende Schotterpiste war ein Geschenk des Himmels, aber noch hatte das Abenteuer nicht geendet. Erst hatte Kerstin einen Platten am Hinterrad (ebenfalls ein Akt der Selbstzerstoerung des Fahrades)und dann stuerzte sie in einem Steilstueck mit Schotter und seitlich abfallender Strasse. Zum Glueck war sie nur langsam gefahren; hatte aber trotzdem ein blutiges Knie und eine zerrissene Hose. Vermutlich haben wir dabei unsere Pumpe verloren. Kurz vor Sonnenuntergang so gegen neun Uhr abends erreichten wir unser Etappenziel Coñaripe.
Aufbruch: | 16.06.2008 |
Dauer: | 9 Monate |
Heimkehr: | 24.03.2009 |
Peru
Bolivien
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