Mimi & Stefan in Südamerika 2011
An die Grenze
Ein paar Tage sind seit dem letzten Eintrag vergangen, und wir haben uns inzwischen ganz gut hier am Uni Campus in Medellin eingelebt. Bevor die Erinnerung daran aber anders wird, als es wirklich war, möchte ich einen Zeitsprung zurück zum vergangen Sonntag Nachmittag bzw. Abend machen.
Wir haben also den ganzen Tag im Restaurant "Natural Food Plaza" in Barquisimeto mit unseren neugewonnenen Freunden verbracht und hatten dort Trinken, Essen, Internet und vor allem Ruhe, um uns auf unsere lange Weiterreise nach Kolumbien vorzubereiten. Nachmittags bin ich mal eine knappe dreiviertel Stunde mit einem von der Fundacion, dessen Namen wir uns leider nie gemerkt haben, Karten für unseren Reisebus nach San Christobal kaufen gewesen. Ich war froh, dass ich jemanden an meiner Seite hatte, der fließend Spanisch spricht und auch als Einheimischer bei den Preisen nicht übers Ohr gehauen wird. Wir fuhren also mit dem Stadtbus zum selben Busterminal wo wir zwei Tage vorher noch beide so lange auf das Zusammentreffen warten mussten. Mein Freund bezahlte immer den Bus und ich gab ihm dann das Geld im Anschluss, da er meinte, dass so auch der Preis für den Stadtbus für mich fair wäre. Naja, was bei einem Ticketpreis von umgerechnet wenigen Cent auch schon egal gewesen wäre.
Photos gibt es von dieser Fahrt und sowieso allen weiteren Outdoor Aktivitäten und im speziellen von Busfahrten keine, da wir es für besser halten, mit unserer Spiegelreflexkamera keinen unnötigen Neid bei den Einheimischen zu erregen. Darum werde ich mich bemühen, möglichst bunte Bilder in euren Köpfen zu malen
Als wir mit den Bustickets in unserer Tasche und vielen neuen Eindrücken wieder im Restaurant angekommen waren, schlug uns Alejandra vor, sie müsste jetzt nochmal in ein großes Einkaufszentrum fahren um einige Besorgungen zu machen und wir sollten mitkommen, um noch mehr von der Stadt zu sehen. Ehrlich gesagt waren wir anfänglich gar nicht so begeistert, da wir froh waren, einmal in einem klimatisierten und ruhigen Raum Zugriff aufs Internet zu haben und noch die letzten Einträge vom Reiseblog sowie einige E-Mails zu schreiben können. Wir gaben uns schlussendlich aber einen Ruck (warum sind wir denn sonst hier?) und kamen mit, was in einem äußerst lustigen Schlendern durch die diversen venezuelanischen Geschäfte endete. Die Preise für Kleidung sind knapp unter denen von Österreich und Essen kostet sogar gleich viel wenn nicht ein wenig mehr, also ist Venezuela nicht gerade das High-End-Einkaufs-Schlaraffenland wie zb. Thailand. Es lassen sich daher genauso wie in unseren Breiten auch, viele Jugendliche in den diversen Zielgruppen der Erbauer solcher Einkaufstempel eindeutig wiederfinden. Eine Menge Glitzer, viel Entertainment, Schuhe, Dessous, Taschen, Ronald McDonald und zwischendrin mal ein Geschäft mit ausschließlich biologischer Kosmetik für bewusste Konsumenten ergaben für uns einen doch sehr krassen Kontrast zur Welt inmitten der Natur, die wir einige Stunden zuvor noch erlebt haben. Ich denke, wir hatten so an die zwei Stunden sehr viel Spaß dabei, Alejandra beim Aussuchen eines Geburtstagsgeschenks für ihre Schwester zu beraten.
Der Uhrzeiger jedoch dreht seine Runden unbeirrbar, und kaum hatten wir uns versehen, fanden wir uns in einer stressintensiven Verabschiedungsphase wieder: Zurück im Restaurant blieb uns eine gute halbe Stunde, um unsere Rucksäcke wieder reisefest zu packen, etwas zu Abend zu essen und schweren Herzens unsere Leute hier schon wieder zurück zu lassen. Unser Freund, mit dem ich auch schon die Tickets kaufen war, begleitete uns wieder im Stadtbus bis zum Terminal und fand für uns, anscheinend auch für ihn nicht ganz einfach herauszufinden, den richtigen Bus, der uns ab halb neun über Nacht nach San Christobal bringen sollte. Ein paar Lebenswichtige Tipps (zb. schaut, dass ihr nach der Ankunft morgen früh sofort euer Gepäck aus dem Kofferraum des Busses in die eigenen Hände bekommt!) später, lagen wir auch schon wieder ziemlich entspannt in den fast waagerecht zurückklappbaren Sitzen unseres doppelstöckigen Reisebusses und schliefen relativ rasch ein...
Was uns beide richtig gefreut hat, ist die Tatsache, dass die Kommunikation auf Spanisch doch besser klappt, als wir anfänglich noch befürchtet hatten. Klar, es kommt immer drauf an, dass das Gegenüber seine Worte nicht wie sonst gewöhnlich in MG-Geschwindigkeit abfeuert. Aber auch das Formulieren von eigenen Gefühlen oder Tätigkeiten funktioniert für unser Level, denken wir, ganz passabel, obwohl unser Gehirn schon ziemlichen Kalorienverbrauch hat.
"Wir sind da!" Mit diesen Worten hat mich Mimi in der Früh geweckt und ich bin ziemlich hochgeschreckt. "Poa, das ging ja flott, ich hab anscheinend durchgeschlafen." Sofort kamen mir die letzten Worte unseres Freundes in den Sinn! Ich zog mir also meine Schuhe an und sagte Mimi, sie soll schnell das ganze Zeug auf unseren beiden Sitzen in den kleinen Rucksack zusammenpacken. Raus aus dem Bus und hin zum ganzen Gepäck, ich kam gerade richtig: Der Helfer hatte schon einige Gepäckstücke ausgeladen und war gerade dabei, sich unseren beiden Rucksäcken zu nähern. Erleichtert konnte ich sie also um sechs Uhr morgens auf dem von Scheinwerfern beleuchteten Asphaltplatz des Busterminals entgegennehmen. Mimi kam auch in dem Moment aus dem Bus, wir sattelten unsere Gepäckstücke auf den Rücken und sofort fing sich wieder alles an sehr schnell zu drehen: "Taxi - Bus Barquisimeto - Maracay - Bus Caracas..." irrsinnig viele Wortfetzen drangen durcheinander an unsere Ohren. Unserem Reiseführer, einem Lonely-Planet über den südamerikanischen Kontinent sei Dank, konnten wir das ganze Geschrei aber ignorieren und uns konzentrieren, einen kleinen Bus nach San Antonio del Tachira zu bekommen, der kleinen Stadt direkt an der Grenze zu Kolumbien. Ein paar Minuten mussten wir warten, da der erste Bus keinen Kofferraum als Platz für unsere Rucksäcke bot. Dann kam dasselbe Modell eines Kleinbusses mit Kofferraum im Rückwärtsgang auf uns zu in die Parklücke gefahren. Als wir dann losgefahren waren fragte ich Mimi, was denn der Lonely-Planet über die Dauer dieser Busfahrt sagt. Mit der Antwort: "Etwas mehr als eine Stunde!" überkam mich dann der blanke Horror. Naja, es war in dem ganzen Getümmel in der Früh keine Zeit geblieben, die Blase zu leeren und eine Stunde auf einer holprigen Landstraße über Berge verheißt da nichts Gutes! Tja, und ohne das jetzt im Detail auszubauen, ging es mir dann auch ziemlich schlecht gegen Ende der Fahrt... Wir überlegten uns echt schon, unsere Wasserflaschen zu...ok, aber die Geschichte nahm ein gutes Ende! Angekommen in San Antonio del Tachira musste ich vor einigen Einheimischen auf der Straße nur mehr mein bestes, südamerikanisches Spanisch beweisen: "Hay un baño aqui?"
Unser nächster Schritt war ein Behördengang, obligatorisch bei der Ausreise. Man füllt ein Formular aus, übergibt die zuvor bei einer anderen Stelle gekauften Stempelmarken und bekommt einen Stempel mit dem jeweiligen Datum in den Reisepass. Leider hatten wir 30 Bolivares zu wenig für zweimal Stempelmarken, also musste ich sogar nocheinmal Geld wechseln. Von der Behörde aus, riefen wir schnell noch mit unserer venezuelanischen Telefonwertkarte auf der Fundacion an und berichteten unsere sichere Ankunft in der Grenzstadt San Antonio del Tachira. Ja, und da war noch dieser freundliche, ostasiatisch aussehende Mann, der uns in flüssigem Englisch fragte, ob wir wüssten, wie wir zur Grenze kämen und was zu tun sei. Si, todo claro - gracias!
Aufbruch: | 26.01.2011 |
Dauer: | 11 Monate |
Heimkehr: | Dezember 2011 |
Kolumbien
Kuba
Ecuador
Peru
Bolivien
Brasilien