Mimi & Stefan in Südamerika 2011

Reisezeit: Januar - Dezember 2011  |  von Mirjam & Stefan Hofmann

Von Cúcuta nach Medellin

Einreise nach Kolumbien

Zu Fuß gingen wir dann, nachdem wir uns im Lonely-Planet den Stadtplan genau angesehen hatten, los in Richtung der Brücke, die beide Seiten des Grenzflusses Rio Táchira zwischen Venezuela und Kolumbien verbindet. Eine Menge anderer Leute pilgerte auch auf dem schmalen Gehsteig neben doch recht regem Verkehr dem jeweils anderen Land entgegen. Auf kolumbianischer Seite führte uns unser erster Weg ins Büro des DAS (Departamento Administrativo de Seguridad), der Einwanderungsbehörde für den Stempel in unserem Pass. Eine lange Warteschlange kroch vor uns her, von der wir im ersten Moment schon Angst hatten, gefressen zu werden... Und da war auch wieder unser freundlicher, ostasiatisch aussehender Mann, der uns einen verwunderten Gesichtsausdruck zuwarf, der meiner Meinung nach soviel bedeutete wie: "Was, ihr seid schon da? So schnell hätte ich euch hier nicht erwartet." Mirjam hatte inzwischen auf einigen Sesseln abseits Platz genommen und unser Gepäck abgestellt. Aber die Warteschlange rückte dann doch viel schneller als erwartet vorwärts und nachdem unser Freund seinen Einreisestempel im Pass hatte, kam er auf mich zu und gab mir ganz nett noch einige Tipps: Wenn wir, wie ich ihm gesagt hatte, nach Medellin wollten, sollten wir mit dem Bus fahren, das wäre unverhältnismäßig billiger als zu fliegen. Auf meine Bedenken, wir hätten gehört, die Straßen wären aufgrund langer Regenfälle im Moment in sehr schlechtem Zustand, winkte er nur ab. Wir sollten gleich gegenüber auf der anderen Straßenseite in der Stadt Geld wechseln, und falls wir doch unbedingt fliegen wollten, versuchen im Internet noch einen Flug zu erwischen, weil der doch noch um einiges billiger wäre als am Flughafen direkt. Es wäre außerdem nicht sicher, ob das so kurzfristig überhaupt möglich sei. Und so schnell, wie er aufgetaucht war, war er auch wieder verschwunden.
Nachdem ich dann auch die Stempel in unseren Pässen für einen standardmäßigen Aufenthalt von 60 Tagen hatte, setzte ich mich erstmal neben Mirjam und gemeinsam genossen wir unser erstes Frühstück auf kolumbianischem Boden. Wir hatten noch drei kleine Brote vom Restaurant in Barquisimeto mit, die wir mit der Erdnussbutter zusammen aßen, welche wir dort von unseren Freunden geschenkt bekommen hatten.

Cúcuta und interessante Bekanntschaften

Dann gings weiter. Rucksack auf den Rücken (unseren Koffer hatten wir ja in Venezuela gelassen), Anwerbungsversuche einiger Taxis abgewehrt, rüber über die große Straße und dort erstmal eine Weile gesucht, wo wir denn Geld wechseln konnten. Ein paar Straßenecken weiter gab es dann viele kleine Wechselstuben. Wir hatten jedoch in dem Moment abslolut keine Lust, jetzt noch Wechselkurse zu vergleichen, und so beschlossen wir, beim nächstbesten Geldwechsler erstmal nur wenig in die landeseigene Währung Pesos zu wechseln. Wir bekamen 16.000 Pesos für unsere zehn US-Dollar. Der Mann hinterm Schalter gab uns noch mit Handgesten Auskunft, wo wir das nächste Internetcafe finden konnten, und so zogen wir weiter. Dort angekommen, folgten wir den Anweisungen unseres Chinesenfreundes, der mir sogar die drei Fluggesellschaften aufgeschrieben hatte, die in Kolumbien Inlandsflüge anbieten. Offensichtlich hatten wir Glück, es gab noch freie Plätze für einen Flug um 15 Uhr, also gute fünf Stunden von jetzt. Alle Flüge waren allerdings mit einem mal Umsteigen in der Hauptstadt Bogota verbunden, was schon einen ziemlichen Umweg darstellt. Bei den Flügen nach 15 Uhr hätten wir sogar die Nacht in Bogota verbringen müssen. Gut, wir probieren also, den günstigsten Flug zu buchen...und scheitern mit meiner Kreditkarte. Wir probieren es noch einmal, doch wieder zeigt die Seite der Fluggesellschaft nur an, dass die Transaktion aus irgendeinem Grund nicht durchgeführt werden konnte. Hm, für den Fall, dass Visa nicht klappt, haben wir ja noch Mirjams MasterCard. Also wieder aufs neue die 20-stellige Kartennummer, Gültigkeitsdauer und dreistellige Ziffer von der Kartenrückseite eingetippt...und wieder kommt dieselbe dubiose Fehlermeldung. Nach einem weiteren erfolglosen Versuch gaben wir es dann schließlich auf und beschlossen, doch auf gut Glück zum Flughafen zu fahren. Auf der großen Straße sahen wir dann auch gleich einen Taxistand. Der Preis von 15.000 Pesos, der uns genannt wurde, um bis zum Flughafen gefahren zu werden, ließ uns dann aber doch nach Bussen Umschau halten, von denen wir aus dem Lonely-Planet den ungefähren Preis von 6.000 Pesos für zwei Personen wussten. Also wagten wir es, und fragten den Busfahrer in einem kleinen Bus mit drei Sitzreihen, mit welchen Linien wir am schnellsten zum Aeropuerto gelangen können. Soweit wir es interpretieren konnten, meinte er, dass das völlig wurscht wäre, weil sowieso alle Busse ins Stadtzentrum fahren und wir von dort dann den nächsten nehmen müssten. Achso. Sehr geholfen hat uns in diesem Moment der einzige Fahrgast im Bus, ein freundlich wirkender, und vor allem ruhig sprechender junger Mann, der uns das alles nochmal bestätigte. Also sind wir eingestiegen, und auch bald abgefahren. Es entwickelte sich ein feines Gespräch mit dem Jugendlichen namens Manuel, und als er uns bald fragte, wo wir denn ursprünglich herkommen, waren wir völlig verblüfft über seine Reaktion! "Ach Österreich, ihr habt ja auch ganz schöne Berge!", so oder ähnlich formulierte er einen Satz in sehr gutem Deutsch. Bumm!

Mirjam und ich schauten uns ungläubig schmunzelnd an. Manuel war sichtlich amüsiert über unsere verdutzten Blicke und klärte uns auf, dass er ein ganzes Jahr in der Schweiz als Austauschstudent verbracht habe. Ach, die Welt ist klein! Wir plauderten also munter in unserer Muttersprache drauf los, was uns irrsinnig freute und ein wenig Heimatgefühle in uns weckte. Er erklärte uns noch genau, in welchen Bus wir dann zum Flughafen umsteigen mussten und dass wir noch ungefähr fünf Minuten bis dorthin brauchen werden. Dann hielt er den Busfahrer an und stieg aus, um auf die Uni zu gehen, er studiert nämlich internationale BWL. So lernt man beim Reisen immer wieder äußerst interessante Charaktäre kennen. Auch der Busfahrer und sein Beifahrer fingen dann in den letzten fünf Minuten Fahrt noch ein interessiertes Gespräch an, wo wir denn her seien, was wir in Südamerika machen usw. Und für Südamerikaner gar nicht ungewöhnlich, kannten sie natürlich Adventisten.
Die zweite Busfahrt nach dem Umsteigen war dann eine etwas Wildere - stehend, damit die beiden Rucksäcke nicht durch die offene Fahrertür rausfallen. Für Mirjam war zum Glück noch ein Sitzplatz frei, ihr Rücken gab durch das lange Schleppen und das oftmalige Ab- und Anschnallen doch schon zu erkennen, das er nicht mehr lange wollte. Und auch hier zeigte sich eine super freundliche, südamerikanische Mentalität. Dass wir zum Flughafen wollten, hatten inzwischen alle Passagiere mitbekommen und zeigten uns dann mit Handgesten, als der Bus in einer Kurve stehenblieb an, dass in diese Richtung jetzt der Aeropuerto sei. Ich bezahlte also 3.000 Pesos für uns beide und wir stiegen aus.

...muss die Freiheit wohl grenzenlos sein!

Übrigens heißt diese Grenzstadt, von der aus wir jetzt nach Medellin fliegen wollten Cúcuta, eine heiße und staubige Großstadt die sonst aber relativ unspektakulär sein soll. Egal, wir wollten uns ja eh nicht lange aufhalten, sondern gingen gleich zu Fuß am Portier vorbei und durch die Schranke die Zufahrtsstraße entlang Richtung Flughafengebäude. Es wirkte auf uns, als wären wir die einzigen, die in dieser Hitze unter freiem Himmel zu Fuß gingen und noch dazu mit jeweils über 20 Kilo Gepäck am Rücken. Im Flughafengebäude angekommen steuerten wir gleich auf einen Informationsschalter zu und fragten wegen einer Flugbuchung. Und es sollte wieder mal alles wie am Schnürchen klappen: Die nette Angestellte dort meinte sofort, sehr gern, sie regelt das für uns. Dann ist sie wirklich gleich aufgestanden und hat uns bei allem geholfen: Vom Geldwechseln, weil es günstiger wäre den Flug in Pesos statt in Dollar zu zahlen, über diverse Flughafentaxen und Gepäckgebühr hat sie uns bis zum Gate begleitet. Es war ein kleiner, fast schon familiär anmutender Flughafen und das beste war, dass wir inklusive allen anfallenden Gebühren gleich jeder um rund 30 Dollar weniger bezahlt haben, als übers Internet. Wir wundern uns also nicht, warum unsere Kreditkarten beide nach mehrmaligen Versuchen nicht funktioniert haben! Einen viel besseren Wechselkurs haben wir am Flughafen auch noch bekommen, 1.900 anstatt 1.600 Pesos pro Dollar. Somit wären wir mit den Tipps unseres Chinesenfreundes eigentlich nur eingefahren und säßen jetzt 36 Stunden in einem Bus über kurvenreiche Bergstraßen, bei denen es ungewiss wäre, ob sie nach den Regenfällen überhaupt noch existieren...

Nach einer kurzen Wartezeit von weniger als 10 Minuten, sind wir dann "ausgerufen" worden - ein Beamter kam in die Wartehalle und meinte, dass der Flug nach Medellin jetzt losgehn würde. Wir folgten also ihm und einigen anderen Leuten hinaus ins Freie und da sahen wir es: Unser Flugzeug, eine Propellermaschine mit 19 Sitzplätzen! Es versprach sehr spannend zu werden. Ein Passagier wurde vor dem Einsteigen nochmal aufgehalten, weil er im Handgepäck noch ein AXE-Deo Spray hatte. Kein Problem, das Spray wurde gleich mit in den kleinen Laderaum im Bauch des Flugzeugs verstaut - so etwas gibts ja wohl auch nur hier! Ganze elf Passagiere, unser Pilot und sein Copilot nahmen Platz. Eine Tür zum Cockpit war nicht vorhanden, so konnten wir in der zweiten Sitzreihe gleich alle Instrumente mit beobachten - sehr spannend! Dann ging es los, ein paar Knöpfe wurden gedrückt und die beiden Propeller sprangen an. Das Flugzeug wurde aufs Rollfeld gefahren und Mirjam und ich lächelten uns an. Der Pilot beschleunigte und mit einem unglaublichen Gefühl von Leichtigkeit verloren wir den Boden unter den Rädern. Bei der Größe des Flugzeugs war jede Unregelmäßigkeit, jedes Luftloch extrem zu spüren. Da wird einem vieles bewusst, unter anderem, was es eigentlich für Vertrauen verlangt, sich dem Können und der Konzentration der beiden Piloten doch gänzlich auszuliefern. Doch wir wurden belohnt: Geniale Wolkengebilde, in die wir hineinflogen, türmten sich zu allen Seiten rund um uns herum auf. Über uns die Sonne und unter uns immer wieder geniale Berglandschaften, durchzogen von Flüssen und bekleidet mit undurchdringbaren Wäldern... Wow, das war einfach ein Erlebnis der ganz besonderen Art in 6.000 Metern Höhe. Nach rund eineinhalb Stunden grenzenloser Freiheit (ihr kennt ja alle Reinhard Mey vollzog unser Pilot eine völlig ruhige und sichere Landung.

Im Bauch dieses kleinen Hüpfers sollen wir also nach Medellin!

Im Bauch dieses kleinen Hüpfers sollen wir also nach Medellin!

Eigentlich brauchts die ganzen Instrumente ja gar nicht mehr! Ein GPS an der Fensterscheibe (oben) genügt!

Eigentlich brauchts die ganzen Instrumente ja gar nicht mehr! Ein GPS an der Fensterscheibe (oben) genügt!

Wolken sind unsere Begleiter...

Wolken sind unsere Begleiter...

Unerforschter Urwald unter uns!

Unerforschter Urwald unter uns!

Anflug auf den Großstadtdschungel. Recht schön ist im Hintergrund das Rollfeld des kleinen Flughafens mitten in der Stadt zu erkennen.

Anflug auf den Großstadtdschungel. Recht schön ist im Hintergrund das Rollfeld des kleinen Flughafens mitten in der Stadt zu erkennen.

Unsere zwei tollkühnen Helden der Lüfte!

Unsere zwei tollkühnen Helden der Lüfte!

Medellin - eine andere Welt

In der Ankunftshalle holten wir unser Gepäck ab und diesmal kamen auch beide Rucksäcke an, yuhuu! Guter Dinge erblickten wir einen Infostand mit dem Slogan "Colombia - the only risk is wanting to stay". Die junge Kolumbianerin dort fragten wir gleich, wie wir am besten zur adventistischen Universität kämen. Sie bat uns einen kurzen Moment Geduld zu haben und telefonierte, lächelte, suchte im Internet, telefonierte wieder und erklärte uns dann schlussendlich welche Metro wir nehmen sollten, wo wir umsteigen sollten in eine andere Metro und dann mit dem Bus zur Uni weiter kämen. Auf unsere Frage, ob das Taxi auch sicher wäre, antwortete sie nur kurz: "Klar, es kostet ungefähr gleich viel und ist um einiges schneller!" Aaachso - danke!
Draußen fiel uns gleich ein krasser Unterschied zu Venezuela auf: Die Taxifahrer wiesen uns gesittet an, das vorderste Taxi zu nehmen und es gab keine Keilerei um uns unter den Taxifahrern. Als wir uns nach dem Preis erkundigten, gab uns unser Taxifahrer sogar etwas entrüstet zur Antwort, alle Taxis haben ja eh Taxometer. Die Straßen sind hier erfrischend sauber, die Häuser mit ihren gepflegten Vorgärten wirken ordentlich - unsere 15 Minuten Taxifahrt brachten uns in eine total andere Welt, als wir sie in Venezuela verlassen hatten. Mit einem Lächeln verabschiedeten wir uns und standen nun vor dem Portier der Uni, dem wir mit Händen, Füßen und Spanischbrocken erklärten, dass wir hier angemeldet seien zum Spanisch lernen und Fabiola Escobar suchen. Das war dann sein Stichwort. Er lies uns durch und wir sind wie vereinbart zum Mädchenheim und haben uns dort gemeldet. Die Assistentin der Heimleiterin wusste Bescheid und ging mit uns zu unserer Unterkunft. Wow, ein eigenes kleines Häuschen am Rand vom Campus, inmitten vieler grüner Bäume!
Nachdem wir unsere Sachen abgestellt hatten, stand auf einmal eine andere Assistentin vor der Tür und meinte nur "Fabiola Escobar", und wir folgten ihr ins Hauptgebäude. In ihrem Büro begrüßte uns Fabiola in perfektem Englisch und wir fühlten uns sofort sehr wohl. Fabiola hat immer ein Lächeln im Gesicht und erklärte uns alles Wissenswerte, wie Infos zum Spanischkurs, Zeiten zum Essen und so weiter. Wir sind dann noch gemeinsam zum Exito gefahren, einem großen Einkaufszentrum, zum Geldabheben und Einkaufen von Klopapier und ein paar exotischen Früchten. Zurück an der Uni bezahlten wir unsere Unterkunft, Verpflegung und den Kurs. Um sechs gingen wir dann unser erstes Abendessen in der Mensa einnehmen und todmüde fielen wir danach nur noch ins Bett...

s (7.2.)

Gar nicht so ohne, den Überblick über vier Währungen zu behalten: €uro, $ollar, Pesos und Bolivares. Baja heißt übrigens so viel wie "aussteigen"

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Unglaublich - wir haben sogar unser eigenes Wohnzimmer mit Couch und Schreibtisch!

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Zwei sehr müde Schuhpaare...

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Unser Flug von Cúcuta nach Medellin...

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Ein Traum wird wahr, denn für fast ein Jahr, lernen wir Kultur und Wort vom fernen Ort Lateinamerika kennen. Trennen uns auch viele Meilen und ein Ozean, klickst du unsern Weblog an, siehst du immer, wo wir verweilen, und wir sind da, wenn auch nicht nah!
Details:
Aufbruch: 26.01.2011
Dauer: 11 Monate
Heimkehr: Dezember 2011
Reiseziele: Venezuela
Kolumbien
Kuba
Ecuador
Peru
Bolivien
Brasilien
Der Autor
 
Mirjam & Stefan Hofmann berichtet seit 13 Jahren auf umdiewelt.
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