Mimi & Stefan in Südamerika 2011
Unsere Uni
Universidad Adventista de Colombia (UNAC)
Liebe Freunde! Wir sind jetzt schon über eine Woche hier an der UNAC und ich komm jetzt endlich dazu, euch zu erzählen, was wir hier so den ganzen Tag machen. Unsere Tage sind nämlich viel angefüllter als wir uns das vorgestellt haben. Ich fang einfach mal am Anfang an...
Als wir uns am ersten Abend in der Mensa allein an einen Tisch gesetzt haben und die Studenten so beobachteten, haben wir uns irgendwie gedacht, wie wir denn Kontakt aufnehmen können mit den vielen Studenten. Doch am nächsten Tag konnten wir uns kaum versehen, da hatten wir schon einige Bekanntschaften. Man merkt einfach die Kontaktfreudigkeit und die Herzlichkeit der Südamerikaner. Inzwischen ist es so, dass wir immer an vollen Tischen sitzen und eine Gaudi bei uns ist, weil wir entweder im Spanischen etwas falsch aussprechen oder unseren Tischkollegen etwas in Deutsch beibringen. Wir sind echt sehr dankbar für die vielen Gespräche mit unseren Freunden, sie sind ja auch so geduldig und verbessern uns immer wieder unsere Fehler. Besonders freuen wir uns natürlich, wenn sie uns sagen, dass unser Spanisch von Tag zu Tag besser wird!
Meine Spanischlehrerin heißt Piedad und ist eine sehr fröhliche (was hier eigentlich normal ist) Kolumbianerin. Ich hab jeden Tag zwei Stunden Unterricht an der Uni und mit den guten Unterlagen und ihren vielen Erklärungen kann ich mich echt schon viel besser ausdrücken. Ist ganz witzig, dass Englisch schon fast wie meine Muntersprache geworden ist, weil ich alles in Englisch erklärt bekomm und auch die Vokabeln von Englisch auf Spanisch lern. So wird gleichzeitig mein Englischwortschatz wieder aufgefrischt. Die letzten Tage haben Piedad und ich (bin übrigens ihre einzige Schülerin im Moment), mehrere spanische Lieder angehört und sind Satz für Satz durchgegangen. Das hat uns beiden richtig Spaß gemacht. Sind dadurch draufgekommen, dass wir beide den gleichen Musikgeschmack haben! Stefan kommt auch voran mit Vokabeln lernen und sein Schulspanisch, das lange Zeit vergraben war, kommt immer mehr an die Oberfläche. Das heisst also, dass wir beide schon recht passabel mit unseren Freunden kommunizieren können. Stefan und ich ergänzen uns sehr gut, ich tu mir leichter mit verstehen, weil ich viele spanische Lieder gehört hab und Stefan tut sich leichter mit sprechen und kann mir mit der Grammatik und den Vergangenheitsformen helfen. Müssen trotzdem sehr oft "Como?" fragen und "Mas lento, por favor (bitte langsamer)!" Sie reden ja alle sehr schnell, besonders die Costeños (die Küstenbewohner). Die sollen am allerschnellsten reden und noch fröhlicher und lustiger sein (wenn das möglich ist). Sind ja schon gespannt, wenn wir dann selbst Zeit an der Küste verbringen...
An der Uni hier sind circa 1200 Studenten und die Hälfte davon studiert Theologie. Wow, so viele! Ist hier in Kolumbien auch notwendig, da es rund 250.000 Adventisten gibt im ganzen Land. Man kann an der Uni Theologie, Administration, Business, Musik, Informatik, Medizintechnik, Krankenpflege und Notfallsanitäter studieren bzw. erlernen. Sehr interessant finde ich, dass man hier Krankenpflege 5 Jahre lang studiert und das, obwohl Kolumbien laut einem Studenten hier, medizinisch noch hinterherhinkt. Dafür ist es aber schon ein Unistudium, wovon in Österreich schon länger nur die Rede ist. Ich frag mich da allerdings, wo die Krankenschwestern dann ihre praktischen Erfahrungen machen...
Der Campus hier ist sehr schön, viele Wege schlängeln sich durch gepflegte Grünflächen und Blumenbeete, zwischendrin wachsen viele Palmen und andere exotische Pflanzen. Natürlich fehlen Fußballplatz und Basketballplatz nicht! Der ganze Campus ist umzäunt und das Tor wird von Security Angestellten bewacht. Wir fühlen uns also sehr beschützt. Die Uni liegt eher am Rande der Stadt, das heißt, am Hang. Deshalb hat man eine sehr schöne Aussicht auf die anderen Berghänge, die fast bis obenhin bebaut sind. Ihr müsst wissen, Medellin ist die zweitgrößte Stadt Kolumbiens und bekannt für ihr rapides Wachstum. Fabiola hat uns erzählt, dass die Uni vor circa 70 Jahren außerhalb der Stadt gebaut wurde, doch die Stadt hat sie inwischen mit eingeschlossen.
Außerdem liegt Medellin circa auf 1500m. Stefan und ich haben uns die erste Woche sehr gewundert, warum wir sowas von müde und erschöpft waren, wir glauben aber inzwischen, dass wir einfach die Höhe gespürt haben. Denn auch wenn wir in Österreich oft auf Bergen waren, haben wir uns nie so lange in der Höhe aufgehalten. Sind schon gespannt, wie das dann mit 4000m wird...
Unser Appartment ist wirklich gemütlich, haben ein Wohnzimmer, mehrere Schreibtische und sogar eine Terrasse. Es gibt hier noch zwei andere Schlafzimmer aber wir sind derzeit die einzigen Bewohner und freuen uns an unserem großen Haus, dem Casa 14. Ach ja, die ersten Tage haben wir kalt geduscht, bis Stefan herausgefunden hat, wie warmes Wasser kommt. Freuen uns seither am warmen Duschen, das wir ja in Venezuela nie hatten!
Vom Hinterhof aus erahnen wir, dass der Großstadtdschungel inzwischen das komplette Universitätsgelände umschlossen hat.
Defense erfordert vollste Aufmerksamkeit. Die beiden roten rechts im Bild sind Jason und Juan Pablo (im Clippers Dress).
Ich möcht euch mal ein bisschen unseren Tagesablauf hier erzählen. Frühstück (Desayuno) gibt es von 6:00 - 6:45, Mittagessen (Almuerzo) von 12:00 - 12:45 und Abendessen (Cena) von 6:00 - 6:45. Die Mahlzeiten sind eigentlich die Zeiten, wo wir am meisten Spanisch praktizieren können. Sitzen auch oft wieder mit neuen Leuten am Tisch und es wird nie langweilig, neue Freunde kennen zu lernen. Vormittags hab ich immer meine zwei Stunden an der Uni, Stefan lernt derweil zuhause oder ist in der Biblioteca, wo es Internet gibt. Tja, und einen großen Teil unserer Zeit fressen die Vorbereitungen für Cuba. Stefan bereitet die Bibelthemen vor und ich jeweils für jeden Abend Gesundheitsvorträge (Bsp: Hygiene, gesunde Ernährung, Wasser trinken, Hausmittel bei Durchfall, gesunde Schwangerschaft usw.) und eine Kindergeschichte. Die Vortragsreihe in Cuba wird 16 Tage dauern und Programm gibt es jeden Abend, am Wochenende vormittags auch. Sind also 19 Themen zum Vorbereiten. Das wird eine sehr intensive Zeit für uns und wir merken jetzt schon, wie viel Aufwand dahinter steckt. Freuen uns aber sehr, dass wir den Kubanern (Stefan und ich sind für die Gemeinde in Vertientes, Camaguey, mit 109 Mitgliedern plus Gäste zuständig) zum Segen werden können. Manchmal haben wir auch Besuch von engeren Freunden, zum Beispiel haben uns vor einer Woche Juan Pablo mit seiner Freundin Nally besucht und wir hatten einen echt feinen Abend mit kolumbianischer und österreichischer Musik. Juan Pablo, Stefan und noch ein paar andere Jungs spielen immer wieder mal Basketball abends und Stefan freut sich besonders, dass er hier die tolle Gelegenheit zum Spielen hat. Mittwoch und Freitag Abend ist Abendandacht in der Iglesia (Kirche). Am ersten Abend haben wir fast gar nichts verstanden, weil ein Costeño gepredigt hat. Doch das letzte Mal haben wir sogar schon folgen können, das hat uns sehr gefreut. Sitzen eh immer neben unseren Freunden, die unsere Fragen so gut sie können beantworten.
Sabbat Vormittag ist Gottesdienst und was uns besonders beeindruckt, sind die vielen schönen Stimmen, die aus vollem Herzen und mit voller Lautstärke singen. Das muss man einfach selbst erleben, da mittendrin zu sein...
Tja, und die Wäsche wird von Hand gewaschen! Das Anstrengende daran ist eigentlich das Auswringen, hab danach voll meine Arme gespürt. Aber fein ist, dass man die Wäsche schon am gleichen Tag abnehmen kann, weil die Sonne sie so schnell trocknet.
Das Wetter ist zur Zeit sehr wechselhaft, eigentlich sollte Sommer sein, das heisst Trockenzeit, aber die letzten Tage hat es immer wieder geregnet und Gewitter gehabt. Grad heut beim Frühstück hat einer gesagt, dass das Wetter loco (verrückt) ist. Wir sind zumindest froh, dass wir auch unsere langen Hosen und Regenjacken mithaben.
Von giftigen Tieren oder Krabbelviechern haben wir eigentlich noch gar nichts mitbekommen... Gestern haben wir eine große Echse aus der Ferne gesehen, ansonsten Bienen, Eichhörnchen, Tauben und Hunde. Ach ja, Stefan hat vor unserem Haus einen Kolibri gesehen!
Ich möcht euch noch ein bisschen von Ferney und David, zwei besonderen Freunden, erzählen. Ferney war eigenlich der erste, mit dem wir uns länger unterhalten haben. Er hat uns dann gleich beim ersten Gespräch angeboten, dass wir uns öfters zum Reden treffen können und erklärt uns immer wieder geduldig Grammatik und bringt uns Bücher oder sein Liederbuch mit. Ferney kommt aus Cúcuta, ist erst 17 Jahre alt und hat dieses Semester angefangen, Theologie zu studieren. Er ist wirklich ein feiner Mensch und wir haben ihn schon sehr ins Herz geschlossen. Besonders sein lautes herzliches Lachen wird uns wohl ewig im Gedächtnis bleiben. Ferney arbeitet den halben Tag und nachmittags studiert er. Das machen hier sehr viele so, damit sie sich das Studium leisten können. Ich find das eh voll gut, denn so hat wirklich jeder die Chance, zu studieren. Da die Uni eine eigene Druckerei, eine Bäckerei, einen eigenen Shop und eine Cerealienfabrik (die Produkte werden im ganzen Land verkauft) hat, gibt es viele Möglichkeiten für die Studenten, sich ihr Studium zu finanzieren. Ferney ist wirklich eine treue Seele, er kommt immer wieder zu uns und auch wenn wir nicht am gleichen Tisch in der Mensa sitzen, kommt er nach dem Essen, fragt uns, wie es uns geht und wünscht uns einen schönen Tag.
David haben wir erst später kennen gelernt. Auch er ist ein Mensch, den man einfach gern haben muss! Er studiert wie Ferney Theologie und arbeitet nachmittags und abends im Shop. Wir haben ihn mal gefragt, ob er schonmal etwas mit Guerillas erlebt hat. Da hat er uns einige krasse Dinge erzählt: Sein Vater wurde vor vielen Jahren mal entführt und dann aber nach einer Woche wieder frei gelassen, weil sie herausgefunden haben, dass er kein Pastor ist. Für seine Mutter war das eine sehr harte Woche. Als Kind hat er mitansehen müssen, wie Menschen auf offener Straße ermordet wurden. Mit 6 Jahren ist in seiner Schule eine Bombe explodiert. Er sagt, er versucht, all diese Dinge zu vergessen und ist dankbar, dass er alles überlebt hat. Er sagt, dass das eine sehr schlimme Zeit damals war, als die Guerillas sehr aktiv waren. Das sei aber so gut wie vorbei. David ist ein sehr ausgeglichener Mensch und beeindruckt durch seinen tiefen Glauben, so dass man ihn einfach gern haben muss. Letzten Dienstag hat uns David gebeten, ihn mal im Shop zu besuchen, damit er uns auf ein Eis einladen kann. Da es geregnet hat und ziemlich kühl war, hab ich aber dankend abgelehnt, doch David hat mich durch den ganzen Shop geführt und hat mir gesagt, ich soll mir etwas aussuchen. Hab dann einen gekühlten Kakao genommen und Stefan ein Eis. David war so glücklich darüber, uns eine Freude gemacht zu haben. Er hat uns in einem anderen Gespräch einmal gesagt, dass er sehr froh darüber ist, dass er uns kennen gelernt hat. Es sei so eine Ehre für ihn. Stefan und ich waren so gerührt, dass wir gar nicht wussten, was wir sagen sollen... Wir sind auf alle Fälle auch so froh und dankbar, so viele liebe Menschen kennen lernen zu dürfen.
m (11.2.)
Aufbruch: | 26.01.2011 |
Dauer: | 11 Monate |
Heimkehr: | Dezember 2011 |
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