Einmal um die ganze Welt...
INDIEN I: 04.-06.10.08 Kamelsafari in der Wueste Thar
Fast jeder Tourist, der Jaisalmer besucht, entscheidet sich fuer eine Kamelsafari durch die Wueste Thar. Das Angebot ist gross und es werden die unterschiedlichsten Touren von 2 Stunden bis 7 Tage angeboten. Wir entscheiden uns fuer 3 Tage, 2 Naechte. Auf dem Weg zum ca. 80km entfernten Ausgangspunkt besuchen wir zwei sehenswerte Orte.
Auch ein Jaintempel liegt auf dem Weg zu unserem Ausgangspunkt. Immer wieder bemerkenswert welch eine aufwendige Arbeit die Errichtung dieser Tempel gewesen sein muss...
links: eine Art Stammbaum der 24 Tirthankaras
rechts oben: Parshva der zweithoechste Tirthankara, er wird mit der Kobra assoziiert und dargestellt; ein junger Jain erzaehlt uns, dass in dem Tempel ein Kobra lebt und er ihr manchmal Milch gibt
Bisher ist uns noch keine Elefant ueber den Weg gelaufen. Wir hoffen wir kriegen noch einen hier in Indien zu sehen!!
Die letzte Kamelsafari ist schon eine Weile her. Die Zweihoecker aus Aegypten sind uns noch gut und als sehr entspannte und vor allem neugierige Tiere in Erinnerung!
Wir freuen uns also beim ersten Anblick unseres neuen Transportmittels ! Die Kamele hier haben nur einen Hoecker und sind somit Dromedare.
"Hello I am Viviane from Germany, which is the oldest camel?" sind meine Begruessungsworte an Badia, den 'Cameldriver', der sich denken muss, welche Schraube bei mir locker ist. Die Trekkingtour in Ladakh mit dem alten Pferd, dem 'Oidn', hat wohl Spuren hinterlassen. Egal was die anderen denken, Fred und ich haben einfach entdeckt, dass es bei den Tieren wie bei den Menschen ist: Die Jungen und die Alten sind die herrlichsten!!
Badias 'Oida' ist mit 14 Jahren das aelteste Kamel, Peacock ist 10 und Freds Monja 7 Jahre alt
Wir sind auf dem Weg zu den Sandduenen, wo wir unser erstes Nachtlager aufschlagen werden. Davor durchkreuzen wir jedoch eine Dornensavannen-Landschaft, die nicht gerade spektakulaer ist.
Die Wueste Thar
Gegen 12Uhr legen wir unter einem grossen Baum im Schatten eine Mittagspause ein. Es ist heiss und der Wind, der die Temperatur bis jetzt noch halbwegs angenehm auf uns hat wirken lassen, verzieht sich langsam. Badia macht ein Feuer und wir helfen ihm ein wenig beim Zubereiten unseres Mittagessens. Ohne uns grossartig zu bewegen, verbringen wir vier Stunden bei 41 Grad im Schatten ohne einen Luftzug unter diesem Baum und warten drauf, dass die Sonne endlich aufhoert runterzubrennen.
Den Dromedaren ist die Hitze ziemlich egal, solange sie was im Magen zum Wiederkaeuen haben, ihre Kiefermuskulatur in Takt ist und das letzte Wasser vor ein paar Tagen getrunken wurde, ist die Welt fuer sie in Ordnung
Wer braucht schon Wasser, Spuelmittel, einen Schwamm und noch einen Lumpen zum Trocknen. Hier die umweltvertraeglichere Variante: Mit Sand bekommt man jeden Teller und Topf wieder blitzeblank
Dieser Junge gesellt sich zur Mittagspause zu Badia, hilft ihm ein wenig die Kamele beisammen zu halten und beim Kochen und erschnorrt sich somit ein Mittagessen. Nachdem wir ihn fragen, was er in seinem Ohr deponiert habe, zeigt er uns ein kleines Stueck Seife. Warum auch nicht!
Um 16 Uhr gehts dann fuer zwei weitere Stunden...
...Richtung Sandduenen
Die Duenen sind zwar nicht so hoch wie erwartet aber die Stimmung bei Sonnenuntergang ist wie so oft malerisch schoen...
So sehr wir uns in Ladakh in der Frueh auf die ersten Sonnenstrahlen gefreut haben, sind wir froh, dass sie hier endlich weg sind. Es hat noch immer locker 35 Grad und Fred sitzt neben mir und traeumt gerade von einem kuehlen Bier...
...als ploetzlich ein Mann zwischen den Duenen mit einem Sack voller kalter Getraenke auftaucht ???
Bei so vielen Kamelsafaris kennen die Leute aus den Wuestendoerfern natuerlich die Schlaflager der Agenturen. Sie zaehlen eins und eins zusammen und wissen, dass sich jeder Touri nach solch einem Tag ueber ein kuehles Getraenk freut, selbt wenn er den doppelten Preis dafuer zahlen muss. 9km maschiert der Mann, mit einem nassen Sack auf dem Ruecken, die Verdunstung haelt die Getraenke einigermassen kuehl und mit dem Verkauf dieser ernaehrt er seine Familie.
Am Abend bekommen die Kamele ihr Stroh auf einer Plane praesentiert.
Fred hat mal wieder die groesste Freude mit den Tieren und analysiert seine drei neuen Freunde. Der Alte unter ihnen ist vielleicht doch nicht so herrlich wie wir dachten. Jedes Mal, wenn er das Gefuehl hat, die beiden Juengeren essen schneller als er (= essen ihm was weg), beisst er sie in den Hals. Peacock, mein Kamel ist das Bravste, das immer auf Badias Worte hoert und nie einen Muckser von sich gibt, anders als Freds Kamel, das sich immer beschwert, wenn er sich setzen oder aufstehen soll. Peacock ist die Liebste, sorry, DER Liebste. Weibliche Kamele werden fuer Safaris oder schwere Traglasten nicht eingesetzt, da diese dadurch mit der Zeit scheinbar unfruchtbar werden.
Badia bereitet das Abendessen vor, danach liegen wir alle gemeinsam auf unseren Decken, blicken zu den Sternen hinauf und dann beginnt ein Abend, den wir nicht vergessen werden. Alles beginnt mit Freds Frage an Badia: "What do you know about the stars?" Badia ist 26 Jahre alt, unverheiratet, er lebt in einem kleinen Dorf mitten in der Wueste, keine Elektrizitaet, jeden Tag muss Wasser vom 1km entfernten Brunnen per Hand herbeigeschafft werden, keine Schule, wer in die Stadt will, muss den teuren Jeep nehmen, der taeglich einmal faehrt. Badia kann (wie viele Inder) nicht lesen und schreiben, dafuer spricht er ein verhaeltnismaessig gutes Englisch, dass er in den letzten 8 Jahren von den Touristen auf den unzaehligen Safaris gelernt hat. "I know that they are shining!" ist seine Antwort auf Freds Frage. Fred beginnt: "Every star is a sun,..." und will ihm gerade von den Planeten unseres Sonnensystems erzaehlen, als wir merken, dass Badia keine Vorstellung davon hat, dass sich die Erde um die Sonne dreht und die Erde keine Scheibe, sondern rund ist. Er ist ganz hin und weg davon, was wir ihm da erzaehlen. Mit Hilfe von zwei Aepfeln und einer Taschenlampe erklaeren wir ihm Tag und Nacht, die Bewegung der Erde,.... Ein dritter Apfel muss fuer den Mond herhalten. Als wir ihm erzaehlen, dass bereits Menschen auf dem Mond waren, ist er ausser sich. "OH MY GOODNESS!!!", er kann es wirklich kaum glauben "YOU GIVE ME REAL GOOD STORY TONIGHT!" sind seine Worte darueber !!!! Wir sind schon so lange unterwegs und wir wissen auch, dass viele Leute nicht lesen und schreiben konnten, denen wir begegneten...aber das man in der heutigen Zeit so abgelegen von allem leben kann, ohne mitzubekommen, dass die Erde rund ist, das hat uns auf eine gewisse Art beeindruckt und nachdenklich gemacht. Wieviele der Menschen, die wir trafen wussten das wahrscheinlich ebenso wenig, die Thematik ist jedoch nie aufgekommen, sodass man nie ueber solche Dinge sprach. Man glaubt nicht, wie dankbar Badia uns war, ihm das "Raetsel" Sonne, Mond und Sterne erklaert zu haben. In dieser Nacht schlaeft Badia nicht wirklich, sondern blickt die ganze Zeit nur auf den Mond, macht sich Gedanken darueber, was wir ihm erzaehlt haben und denkt sich nur "OH MY GOODNESS" !!!
Gute Nacht!
Am naechsten Morgen ist der Boden voll von diesen Spuren. Was war da bloss unterwegs?...
...Die Uebeltaeter. Macht Spass, die unzaehligen Kaefer dabei zu beobachten, wie sie mit viel Krafteinsatz und lustigen Techniken versuchen, die Kamelscheisse in ihre Loecher zu verfrachten
Aber nicht nur die Kaefer, auch die Unterlippe des alten Kamels amuesiert uns...
...die grossteils immer schlapp nach unten haengt, abgesehen von den Momenten, wo es beleidigt ist und mit Muehe versucht zu schmollen
Die Kamele werden gesattelt und die Tour geht weiter. Wir passieren Badias Dorf und ich frage, ob wir eine kurze Pause machen und seine Familie besuchen koennen. Nach dem gestrigen Abend bin ich neugierig geworden, wo Badia aufgewachsen ist....
Badias Heimat
oben: arbeitende Frauen auf dem Feld
unten: ein sogenanntes 'Camelcar', das hier neben einem Esel die Luxusvariante eines Transportmittels darstellt
Die aus Kuhfladen, Wasser und Erde gebaute Huette von Badias Familie
Badia ist der einzige Sohn von sechs Kindern. Er ist der Aelteste, seine 9 Monate alte Schwester, die Juengste. Badia ist Muslime, wenngleich er auch nur zweimal im Jahr betet, im abgelegenen Dorf scheint man das alles nicht so streng zu sehen. Was jedoch die Traditionen betrifft ist man noch recht konservativ. Wenn geheiratet wird, finanziert den Grossteil der Hochzeit jeweils die Familie der Braut. Waehrend sich eine Familie mit vielen Soehnen also keine Sorgen in Sachen Heirat machen muss, sieht es in Badias Fall anders aus. Gemeinsam mit seinem Vater muss er nicht nur die Familie ernaehren, er muss auch das Geld fuer die Hochzeiten seiner fuenf Schwestern zusammensparen, die jeweils rund 500Euro kosten. Bei einem Monatslohn von rund 30Euro ist das ganz und gar keine leichte Sache, in unseren Augen schier unmoeglich. Badia erzaehlt uns auch, dass das einer der Gruende ist, wieso sein Vater fuer ihn noch (er ist 26 Jahre alt) keine Braut gesucht hat. Dies haette die Konsequenz, dass die Familie groesser wuerde, da die Braut immer in das Haus der Familie des Braeutigams zieht.
Badias Erzaehlungen sind mal wieder ein kleiner Denkanstoss fuer uns, denen es manchmal einfach zu gut auf dieser Welt geht!
Badias Mutter (52 Jahre) mit zwei ihrer Kinder
links: Kueche
rechts: Schlafraum
Die Mittagspause verbringen wir in der Naehe einer Wasserstelle.
Die Leute aus dem Dorf kommen mit dem Esel, um Wasser zu holen
"You want shower Fred?"
Fred ist nach dieser Aktion klatschnass. Ungelogen: Nach 10min, die Fred unter dem Baum steht bei leichter, 41 Grad warmer Brise, ist ALLES wieder trocken, selbst des Unterhesl !!!
Wir sind auf dem Weg zum zweiten Camp und muessen diesmal eine Duenenlandschaft queren.
Puenktlich zum Sonnenuntergang schlagen wir das Lager auf...
...und geniessen das Farbenspiel waehrend die Kamele das Ambiente musikalisch und aromatisch mit Fuerzen untermalen!
Auch heute Abend taucht ein Bier-Mann auf. Fred kann heute also nochmals...
...mit seinen Freunden anstossen!
Zum Fruehstueck das gleiche Spiel wie am Abend: Der Alte mit der schlappen Unterlippe beisst die beiden anderen, die Ruhe geben muessen und ihm nichts wegessen duerfen. GEMEIN!
Wir probieren mal Dromedarreiten ohne Sattel. Eine wacklige Angelegenheit!
Diese beiden Herren leisten uns beim Fruehstueck Gesellschaft
Die letzte Stunde Kamelritt wartet auf uns, bis es heisst: Abschied nehmen von unserem Freund Badia und den drei Kamelen!
Fazit: Wer von einer 3-Tages-Tour durch die Wueste Thar erwartet, den Grossteil durch tolle Sandduenen auf einem Kamel zu reiten, erwartet zu viel. Man trabt sehr lange durch Steppen- und Savannenlandschaft, von der sich der ein oder andere nach ein paar Stunden sicherlich satt gesehen hat. Die Duenen, die man am Abend erreicht, sind jedoch recht schoen. Fuer uns war diese Tour vor allem rein menschlich und 'tierisch' gesehen ein voller Erfolg! Wer Kamele mag und Spass daran hat, ihnen zuzusehen und wer ausserdem noch Glueck mit seinem 'Cameldriver' hat, dem wird diese Tour sicherlich gefallen !!! Badia arbeitet uebrigens fuer das Hotel Rajdhani (nahe dem Patwan Ki Haveli), das diese Tour anbietet und sich alle Muehe gibt, eines Tages im Lonely Planet zu stehen!
Aufbruch: | 18.06.2007 |
Dauer: | 18 Monate |
Heimkehr: | 17.12.2008 |
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