Die Welt - Ein Jahr - Alleine
Indien: New Delhi II - Varanasi - New Delhi III
12 Stunden Nachtzug später war ich wieder retour in New Delhi und stolperte beinahe über die Jungs, die hier direkt vor dem Bahnhof auf der Strasse schliefen.
Mein dringendstes Bedürfnis nach dem Nachtzug: Erst einmal im Hotel duschen, wobei diese Erfrischung dank der über 40°C in New Delhi von kurzer Dauer war. Dann ging es mit der Schnellbahn (zuverlässig, klimatisiert und sicher) ins Backpackerviertel Paharganj zum Frühstücken. Obwohl es schon Mitten am Vormittag war, begann das Leben in den Strassen erst langsam.
Auch bei mir und meinen Reisekolleginnen verlangsamte sich auf Grund der Hitze alles. Mühsam war der Weg zum Red Fort (= Lal Qila), dem Roten Fort, das unter Shah Jahan zwischen 1638 und 1648 parallel zum Taj Mahal errichtet wurde und auf dem seit der Unabhängigkeit Indiens, also 15.08.1947, die indische Flagge stolz weht. Außen rot, innen teilweise ähnlich dem Taj Mahal in weißem Marmor gehalten, ist es das Symbol der Prunkzeit und des Reichtums Delhis.
Die Hitze war unerträglich und ich kehrte bald ins Hotel zurück, um noch eine Dusche zu nehmen, ehe es am selben Tag wieder zum Bahnhof ging.
Der nächste Zug stand bereit. Das Ziel war seit einiger Zeit klar: Varanasi, die heilige Stadt am Fluss Ganges.
Die Luxusklasse war ausgebucht, also hatte ich einen Platz in einer normalen Sleeper Class gewählt. Oh mann, oh mann! Das hieß also tatsächlich keine Klimaanlage und reisen wie die Tiere im Viehtransportwagen.
Nachts blieb es im Zug, trotz offener Fenster, heiß und stickig.
Irgendwie ging jedoch auch diese Nacht vorbei. Mit der Morgendämmerung fuhren wir in Varanasi ein. Während der Zug sich verlangsamte liefen obdachlose Kinder neben dem Zug her, in der Hoffnung, es würde etwas von den Essensresten aus dem Fenster geworfen. Am Bahnsteig durchwühlte diese heilige Kuh den Müll nach Futter. Schon zu diesem Zeitpunkt spürte ich, dass ich hier noch einmal sehr viele Eindrücke mit auf meinen Weg nehmen würde.
Ein Transport musste her vom Bahnhof zum Hotel. Wieder einmal hieß es verhandeln und ich wurde ziemlich wütend mit dem TucTuc Fahrer als er uns erklärte, dass er uns nicht bis direkt ans Hotel bringen könnte, weil die Gassen dort nicht befahren werden dürften... und ob wir nicht ein anderes haben wollten. Ich beschipfte ihn was ihm den eigenlich einfiele immer diese Masche mit den Hotels und dann brächte man uns zu einem Hotel, das er uns vermittelte und wir müssten dann im Hotel einen erhöhten Preis zahlen, damit er auch noch eine Vermittlungsprovision vom Hotel bekäme. Ich sagte ihm, dass ich lange genug gereist sei, um alle Tricks zu kennen und das dies einfach keine Art sei mit Menschen, Gästen Indiens, umzugehen und so weiter uns so fort. Er entschuldigte sich für das Fehlverhalten vieler seiner Landeskollegen und sagte uns er würde uns so nahe als möglich an unser Hotel bringen, die Zufahrt sei aber dennoch nicht bis zur Haustüre möglich. Und tatsächlich, diesmal stimmte die Aussage des TucTuc Fahrers, denn je weiter man an den Ganges heran kommt, desto schmäler werden die Gassen, sie haben Treppen und enge Kurven, Fahren ist hier eindeutig nicht mehr möglich. Dies bedeutete für uns, dass wir das letzte Stück zum Hotel laufen mussten und das war bei über mittlerweile 45°C mit vollem Gepäck ein echter Knochenjob. Der Nachmittag verging dann erst einmal mit einer langen Rast im Hotelzimmer und etwas Schlaf. Schlafen ohne Klimaanlage ist bei diesen Temperaturen übrigens nur möglich, wenn man sich mit samt der Kleidung unter die Dusche stellt und sich dann anschließend genau so wie man unter dieser heraus kommt, nämlich triefend nass, ins Bett legt.
Erst als die sengende Hitze nachließ wagten wir erste Blicke auf die Stadt Varanasi.
Und wir schlenderten entlang des Ganges von einem Ghat (= die zum Fluss hinunter führende Treppe) zum nächsten. Jeder Abschnitt trägt einen eigenen Namen, der Hauptghat ist der Dashashwamedh Ghat.
Hier fand neben dem täglichen Leben auch gerade eine indische Hochzeit statt. Besonders die Braut wird dabei aufwändig mit Henna und Schmuck verziert.
Ein paar Meter weiter geht dieser Mann seiner Beschäftigung nach. Er macht aus Kuhmist kleine Leibchen, die er in der Sonne trocknet und anschließend zum Beheizen etwa eines Backofens entweder selbst verwendet oder verkauft.
So gingen wir von einem Ghat zum nächsten bis wir schließlich beim Harishchandra Ghat, dem kleineren der zwei Burning Ghats waren. Burning Ghats sind jene Ghats an dem die Leichen der Hindus verbrannt werden. An 365 Tagen im Jahr, 24 Stunden lang werden Leichen an den Fluss gebracht, auf einen Scheiterhaufen mit Brennholz gelegt und angezündet. Jene Menschen die in Varanasi sterben entrinnen nach dem Glauben vieler Inder dem Kreislauf der Wiedergeburt. Dementsprechend viele Menschen kommen in gehobenem Alter nach Varanasi, um hier ihren Lebensabend zu verbringen. Und dementsprechend viele Menschen sterben hier täglich. Am wichtigsten Burning Ghat, dem Manikarnika Ghat, können an einem Tag bis zu 400 Verbrennungen statt finden. Man könnte nun meinen, dass es in der gesamten Stadt nach verbranntem Fleisch stinken müsste, doch dem ist nicht so. Sandelholz und andere Edelhölzer, ätherische Öle mit denen die Toten gesalbt wurden, sowie weißes Sandelpulver das in die Flammen geworfen wird, tilgen alle Arten von Gestank, verleihen dem ganzen fast noch einen angenehmen Geruch. Ganz Indien ist im Vergleich etwa zu Vietnam ohnehin ein einziges großes Bündel an Räucherstäbchen und eine Kiste mit Duftölflaschen.
Da saß ich also und beobachtete und beobachtete gebannt von der Alltäglichkeit mit der man hier mit dem Tod umgeht. Neben dem Scheiterhaufen badet ein Wasserbüffel im Ganges, ein paar Meter weiter flussabwärts wäscht ein andere seine Kleidung und nimmt selbst ein Bad. Im Hintergrund hört man die Kinder lärmend Kricket spielen und ins Wasser hüpfen. Spätestens hier wird einem bewusst, wie untrennbar Leben und Tod miteinander verbunden sind.
Ein kleiner Junge verkaufte Schälchen aus Blättern mit Blumen und einer selbstgemachten Kerze in einem winzigen Tongefäß. Man kann damit Gebete oder Wünsche auf dem Ganges losschicken. Besonders vor Sonnenaufgang oder in der späten Abenddämmerung schwimmen viele dieser Blumen-Kerzen-Schiffchen auf dem Wasser und geben dem Ganzen noch einmal eine besondere Stimmung, die ich auch mit noch so vielen Worten nicht beschreiben könnte.
Send a candle with a wish on the Ganges... I wish this child would have a save home and a loving mum...
Varanasi gilt als Stadt des Gottes Shiva (= Oberster Herr der Welt), weshalb jeden Abend zu seinen Ehren ein festlicher Tanz veranstaltet wird.
Am nächsten Morgen machte ich mit einigen anderen eine Bootstour am Ganges von wo aus man das Geschehen an den Ghats in der Morgendämmerung besonders schön beobachten konnte...
... während über dem Fluss langsam die Sonne in die Höhe stieg.
Kaum war die Sonne erst einmal aufgegangen, wurde es entlang der Wasserfront unerträglich heiß, wogegen es in den schmalen Gassen der Stadt zwar heiß aber ein klein wenig erträglicher war. Der Wasserkonsum dieser Tage belief sich so oder so pro Person auf etwa 6-8 Liter. Ohne 1,5 Liter Wasserflasche ging man nirgendwo hin und wenn diese leer war, so musste so rasch als möglich für Nachschub gesorgt werden. Die Frage nach dem WC stellte sich maximal einmal täglich, alles andere wurde restlos über die Haut abgegeben. Dies alles und noch viel mehr läßt heilige Männer jedoch völlig kalt, sie scheinen entspannt und der Welt der menschlichen Bedürfnisse und Leiden weitestgehend schon "entschwebt".
Noch einmal entlang der Ghats dem Fluss aufwärts wollte ich gehen, um die am Morgen frisch gewaschenen Saris auf den Treppen zum Trocknen in der Sonne zu sehen.
Bald aber schon flüchtete ich vor der Hitze endgültig in die engen Gassen. Diesmal war ich vom Zentrum (Dashashwamedh Ghat) relativ weit entfernt und stellte fest, dass hier oberhalb des Harishchandra Ghat alles viel natürlicher schien. Die Menschen waren entspannter und freundlicher und viel weniger aufdringlich. Hier fühlte ich mich richtig wohl und konnte sogar die Hitze leichter hinnehmen als in den touristischeren Gebieten, wo man beinahe von verkaufswütigen Händlern verfolgt wurde.
Closer to Harishchandra Ghat people are much nicer than in the area around the Dashashwamedh Ghat (main ghat)
So schlenderte ich durch die Gassen, fasziniert vom puren Leben, angezogen von allem, was für mich neu und doch so alt war.
Nach rund 4 Tagen hieß es Abschied nehmen von dieser Stadt und alles was zu sagen blieb war: "Danke für die vielen Eindrücke, unvergessliches Varanasi!"
Retour in Delhi - nach einer der absolut schlimmsten, heißesten und überfülltesten Zugfahrten ever - galt es New Delhi einmal näher unter die Lupe zu nehmen. Der "Hauptplatz" Connaught Place gab meines Erachtens nichts her, er ist groß, und es gibt nichts zu sehen. Dafür fand ich Humayun´s Tomb gut, besser fast sogar als den Taj Mahal, weil es absolut viel weniger touristisch und fast mindstens ebenso schön war.
Nicht fehlen darf in Delhi natürlich ein Besuch der größten Moschee Indiens, der Jama Masjid. Und als ob unter Shah Jahan nicht schon genug stolze Bauwerke errichtet worden wären, geht auch dieses Monument des Glaubens noch auf seine Rechnung (Errichtung 1644-1658).
Weitere Sights...
... eine Gedänkstätte für Mahatma Ghandi...
... der Lotus Tempel, auch genannt Bahá'í House of Worship...
(Die Bahai Religion ist neben der Sikh Religion die zweite Religion, die ich erst in Indien kennen gelernt habe. Diese Religion scheint sehr fortschrittlich und ausgesprochen friedlich zu sein, wodurch sie mir gleich positiv auffiel.)
... und das Qutb Minar, ein Siegesturm, der von unterschiedlichen Herrschern nach deren jeweiliger Machtübernahme errichtet, niedergerissen und neu- bzw umgebaut worden war.
Nach der Besichtigung des Lodi Gartens und des Gates of India ließ ich schließlich auch New Delhi hinter mir und stieg zum letzten Mal vor meiner Heimreise noch einmal in ein Flugzeug um vom vormals britischen Delhi ins vormals portugiesische Goa zu reisen.
Aufbruch: | 08.08.2008 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 07.08.2009 |
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