Indien - ein Traum den ich nun lebe

Reisezeit: Dezember 2006 - Juni 2007  |  von helli l

im Rausch der Sinne: barfuss unterwegs....

04.03.2007

Servus,

die Feierlichkeiten rund um Bekur (oder so aehnlich), eine Inkarnation von Visnu haben nun langsam ein Ende. Mittlerweilen kann man nur noch vereinzelt tanzende und musizierende Menschen sehen, doch auch aufgrund des Wochenendtourismus ist Mamallpuram gerappelt voll.

Im Gegensatz zu gestern war ich in aller Fruehe voll Energie und konnte es kaum erwarten mit dem Rad die Gegend zu erkunden. Nach ein paar leckeren Idly's und einen indischen Kaffe (der Kaffee ist echt klasse hier) bin ich straight in Richtung Kueste gestrampelt.

Die ueberfuellten Strassen und der chaotische Verkehr haben es mir nicht gerade einfach gemacht mich aus der Stadt zu bewegen. Man muss richtig aufpassen nicht angefahren zu werden und selbst die Fuessgaenger stellen ein potentielles Sicherheitsriskio dar. Vor allem wenn man im zaehfluessigen Verkehr steckt und von hinten angerempelt wird, zu Boden faellt und es gerade noch schafft aufzustehen bevor ein 10 tonnen schwerer Bus einen ueberrollen kann.

Irgendwie hab ich es dann doch geschafft aus der Stadt zu kommen und auf der Landstrasse stellte sich das ganze weitaus angenehmer vor. Doch auch hier ist Vorsicht geboten, denn viele Verkehrsteilnehmer leiden unter dem Bleifusssyndrom und man sollte niemals die oberste Regel in Indien vergessen: Hupen, nicht bremsen!!! So stirbt man wenigstens mit Stil, denn im Gegensatz zu den europaeischen Hornsignalen sind die Inder nicht eingeschraenkt und somit bekommt man eine breite Palette an Toenen geboten.

Mein erster Stop beim Musuem fuer Kunst und Skulpturen war erstmal ein Flop, denn es war alles veriegelt. Heute ist Sonntag, vermutlich der Grund warum ich vor verschlossenen Toren stand, meistens hab ich keine Ahnung welchen Wochentag, welches Datum oder welches Jahr, ok so schlimm ist es dann auch wieder nicht, wir gerade schreiben.

Mein erstes lohnendes Ziel fuer den heutigen Tag waren die Tigercaves, die von den meisten Einheimischen als ein must bezeichnet wird und die Naehe zu Mamallapuram (ca. 05 km) macht sie somit bequem per Drahtesel zu erreichen.

Erstmal stolpert man ueber ein Baustelle, wo man jedoch prinzipiell nur Frauen schuften sieht, die Maenner geben die Anweisungen. Man sollte wissen, dass der Tsunami vom Dezember 2002 die Kueste von Mamallapuram und Umgebung sehr schwer getroffen hat. Es kamen damals mehr als 8000 Menschen ums leben und weite Teile wurden zerstoert. Das meiste war nur wenige Wochen nach der Katastrophe wieder hergestellt, doch auch heute kann man noch Bereiche sehen wo es noch eingiges zu tun gibt.

Das Areal der Tigercaves ist eigentlich recht klein und ueberschaubar. Ausserdem gibt es noch einen Shivatempel und einige bizarre Felsformationen zu bestaunen. Da ich zeitenweise der einzige Besucher war hat mir der Abstecher dorthin sehr viel Spass gemacht. Eine Hoehle, umrundet von in den Stein gehauenen Tigerkoepfen und anderen Arbeiten bietet einen fazinierenden Einblick und das die Umgebung selbst ist mit Palmen gesaeumt, direkt hinter dem blauen Ozean. Fuer 50 rs kann man einen Fuehrer buchen, der einen in 20 Minuten durchs Gelaende scheucht und anscheinend sind die freundlichen Maenner auch ziemlich kompentent.

Als ich so durch die Umgebung stapfte, einen Felsen hinunter huepfe, ist diesmal ploeztlich mein anderer Flip Flop zu Bruch gegangen. Verdammt, unguenstiger haette der Ort wirklich nicht sein koennen. So blieb mir nichts anderes uebrig als barfuss weiter zu laufen und auch mit dem Rad barfuss zurueck zu treten. Der Sand der Baustelle war bruetend heiss und mein Feuertanz hat die schwerarbeitenden Frauen ein wenig aufgemuntert.

Zurueck in Mamallpuram hab ich vergeblich nach einem Schuster gesucht und beim Blick auf meinen bereits geflicken linken Gefaehrten, welcher nach der kurzen Zeit auch schon sehr mitgenommen wirkte, habe ich beschlossen mir ein neues Paar zu goennen. Nachdem ich einige Laeden abgeklappert habe, es war nichts zu entdecken was meinen Geschmack haette treffen koennen, hab ich schliesslich ein paar Plastiklatschen fuer einen Euro gekauft. Nur zur Uebergansloesung bis ich was besseres finden werde, wobei die Dinger eigentlich bequemer als erwartet sind.

Tigercaves

Tigercaves

fantastische Umgebung der Tigercaves

fantastische Umgebung der Tigercaves

Die Mittagshitze hat mich dann zurueck ins Guesthouse fliehen lassen, wo Jas, gerade aufgestanden war. Eigentlich wollten wir gemeinsam zu den Caves, doch er hat es einfach nicht geschafft frueher aus den Federn zu kommen. Sur, die eigentlich nach Puri wollte, war der Festival- und Feiertagsmassenstress zu viel und sie wird doch noch laenger hier bleiben. Warscheinlich wird sie nie mehr hier weg kommen

Jas ist aus Southhampton und mittlerweilen versteh ich seinen englischen Akzent immer besser. Er reist ziemlich viel herum und ich frage mich woher er soviel Geld hat, naja manche habens und manche halt nicht. Als er mein Buch mit den vielen markierten Worten, welche ich im Woerterbuch nachschlagen wollte, sah hat er sich prompt dazu bereit erklaert mir ein wenig unter die Arme zu greifen. Tolle Idee und es hat echt spass gemacht und die Nachhilfestunde hat es voll gebracht.

Spaeter hab ich ihn in ein einheimischen Lokal verschleppt, eigentlich bevorzugt er die westlichen Gerichte und hat sich an das indische Essen bisher nur ein wenig herangewagt. Al er realisierte das er mit den Haenden essen muess waer er am liebsten gleich wieder abgehauen. Ich konnte ihn doch noch zu einem leckeren Thali (alles moegliche) ueberreden und er war ueberrascht wie gut es geschmeckt hat. Seinen ersten Chai (Tee) hat er auch mir zu verdanken.

Frau arbeitet und Mann schafft an, that's India!

Frau arbeitet und Mann schafft an, that's India!

Als die Mittagshitze etwas weniger gedrueckt hab, bin ich mit dem Rad weiter in suedlicher Richtung wo der Pancha Pandava Ratas auf den Strandduenen sein Platz findet. Eine Gruppe aus kleinen Tempeln (in der Form von Waegen)die gefertigt aus Sandstein, mit herausragenden Steinmetzarbeiten versehen, gefertigt sind. Aufgrund des regen Besucheranstroms hab ich darauf verzichtet mich zu den Massen zu gesellen und das Geschehen von ausserhalb verfolgt. Ein Becher chai und die erste richtige Unterhaltung mit einer indischen Frau, welche die Wirtin der netten kleinen Bude war. Man sollte wissen, da es auch fuer indische Maenner nicht ueblich ist mit fremden Frauen zu sprechen und somit ist ebenfalls fuer Touristen der Fall.

heute war alles uebervoll, besonders die Busse

heute war alles uebervoll, besonders die Busse

Nach dem Zuckerschub hab ich einen kleinen netten Nadelwald entdeckt und sofort kam ein heimeliges Gefuehl, der Duft errinnert mich an die geliebte Heimat, auf und die entspannende Zeit in dem schattigen Plaetzchen war wunderbar. Ich hab elfen und zwerge gesehen und ein zauberhaftes Einhorn, man wird doch noch traeumen duerfen.

mein kleiner Wald

mein kleiner Wald

Im Norden findet zur Zeit das Holi Fest, hat ich ganz vergessen, statt. Der ganze Sinn dabei ist sich gegenseitig mit Farbe zu bewerfen und einfach eine gute Zeit zu haben. Im Sueden dagegen wir das Fest fast nirgends zelebriert und trotzdem hab ich ein paar Opfer (sie sind extra dafuer in andere Staedte gefahren), die von oben bis unten voll Farbe waren, entdecken koennen. Hier ging das farbenfrohe fest nicht von statten, leider.

hellooooo

hellooooo

Ich haette gut und gerne noch zehn Kilometer weiter radeln koennen, waer ich nicht vor dem Sperrgebiet, Indira Ghandi atomic research, gelandet. Atombomen und meine Wenigkeit, eine explosive Mischung, schnell weg von hier. Natuerlich kann man hier nicht so ohne weiteres durch und so blieb mir nichts anderes uebrig als umzudrehen.

Auf meinem weiteren Weg bin ich ueber ein schraeges Zusammenspiel aus notduerftigen Holzhuetten und nagelneuen Rohbauten aus Beton gestolpert. Ein Fischerdorf, welches vom Tsunami ziemlich hart getroffen wurde und wie die vielen Schilder verrieten wurden Gelder aus der Schweiz und Deutschland zum Wiederaufbau verwendet. Doch warum lebt niemand in den neuen Unterkuenfen, sondern alles nebenan in den heruntergekommenen Holzhuetten? Wie ich spaeter erfahren habe ist das Geld ausgegangen, die neuen Haeuser sind noch nicht bezugsfertig, und wenn man bedenkt dass wie lange die Katastrophe schon her ist fragt man sich wie lange das ganze noch dauern wird.

Bevor ich gegen Sonnenuntergang wieder nach Mamallpuram zurueck gekehrt bin, hat ein 10 jaehriger Bub, der nebenan mit dem Moped an mir vorbei gezischt ist, mir meine zweite Schachpleite in Indien verpasst. Er hat meinen Koenig glatt vom Brett gefegt, doch zu meiner Beruhigung konnte ich erfahren dass er entgegen meiner Vermutung doch schon 17 Jahre alt war, was auch erklaert warum er mit einem moped durch die Gegend rauscht.

Zurueck im Guesthouse, Sur hatte ihren gewohnten Platz vor ihrem Zimmer eingenommen und Jas hat munter vor sich hin getrommelt, war es inzwischen schon fast dunkel.

Wir haben dann noch ein wenig mit dem kleinen Energiebundel des Hauses gespielt. Die kleine ist verdammt schnell und man muss wirklich aufpassen den sie verspeist am liebsten Steichholzschachteln und hat die schlechte Angewohnheit alle 2 Meter hinzufallen.

ta di ba, das Toechterchen

ta di ba, das Toechterchen

Spaeter sind wir dann noch in die Stadt, eigentlich kann man die paar Strassen eher als Dorf bezeichnen. Das Fest der letzten Tage ist teileweise immer noch im Gange, wie man unschwer an den Menschemassen und dem ueberaus belebten Markt erkennen kann. Meist wird Kitsch und Krimskrams, den keiner wirkich braucht, verscherbelt und somit ist die Entdeckungsreise hier sehr unterhaltsam.

Am Abend
Sur und Jas, der sich gerade zwei Barbiespielzeughandy's, welche indische Gebete traellern, gekauft hat, naja?

Am Abend
Sur und Jas, der sich gerade zwei Barbiespielzeughandy's, welche indische Gebete traellern, gekauft hat, naja?

© helli l, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Welt ist wie ein Buch, wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Nach meiner 1monatigen Pause werd ich nun ins verrueckte Indien stolpern und freue mich schon auf neue und fazinierende Abenteuer in diesem facettenreichen Land. Auf der Suche nach mir selbst und auf der Jagd nach Inspiration und Erleuchtung werde ich hoffentlich fuendig. Soweit so gut, einen genauen Plan hab ich nicht, ich lass mich einfach treiben. gruesse in die heimat helliL
Details:
Aufbruch: 26.12.2006
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 02.06.2007
Reiseziele: Indien
Thailand
Myanmar
Trivandrum
Der Autor
 
helli l berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.