Indien - ein Traum den ich nun lebe

Reisezeit: Dezember 2006 - Juni 2007  |  von helli l

puram festival - k.o. in der ersten Runde....

27.04.2007 - 28.04.2007

Tagwache um 06:30, hastige Verabschiedung von meiner netten Gastfamilie und um 07:00 Uhr gings mit Sack und Pack in Richtung Faehre nach Vypeen. Die Muedigkeit steckte noch in meinen Knochen, doch die Vorfreude auf das bevorstehende Festival verdraengte meine Muedigkeit. Nach der Ankunft auf Vypeen musste ich erstmal feststellen, entgegen der Auskunft von Jerry, dass kein Direktbus nach Guruvayur verfuegbar war. Ein Umweg und Umsteigen in einem Ort dessen Namen ich nicht mal bei voller mentaler Kraft aufzusprechen vermochte.

Die Strecke von Kochi nach Guyanvoor war im Reisefuehrer mit 2 Stunden erwaehnt, doch gedauert hat das ganze wiedermal viel laenger. Die Fahrt in dem stickigen ueberfuellten Bus war die Hoelle auf Erden. Normalerweise spendet das fehlen von Fensterscheiben eine erfrischende und luftige Brise. In meinem Fall war das Plastikrollo heruntergeklappt und all meine Versuche, unter Mithilfe mehrerer hilfsbereiter Einheimischer, waren vergebends und somit heizte sich mein Platz auf hoelliche Temperaturen auf.

Der Umstieg in ??? war schnell und diesmal hatte ich einen luftigeren Sitzplatz. Die Anfahrt nach Guruvayur hat mich alles in allem fast 4 Stunden gekostet und als ich endlich das von John arrangierte Hotel erreicht hatte war ich tot muede. Sash der freundliche Manager hat mir sofort angeboten mich zum Ort des Spektakels zu bringen, doch aufgrund der anstrengenden Fahrt musste ich erstmal ein wenig rasten und so sollte es schliesslich in einer Stunde auf ins Vergnuegen gehen.

Doch irgendwie war mir gar nicht nach feiern und spaetestens als pochende Kopfschmerzen einsetzten lag ich wie eine tote Fliege in dem muffligen Zimmer. Eine Stunde spaeter klopfte Sash an die Tuer, doch ich musste meinen Sprung nach Thrissur noch ein wenig hinauszoegern. Irgendwann wurde mir verdammt uebel und als ich das Futter des letzten Tages in der Klomuschel versenkt hatte war klar dass ich heute nirgendwo mehr ankommen werde. Die 38 Grad auf dem Fieberthermometer waren dann eigentlich keine grosse Ueberraschung mehr und mein Wohlbefinden war alles andere als rosig.

Spaeter hat Sash mir angeboten dass das Puram Festival im Fernseher in der Lobby mitzuverfolgen, doch meine Unfaehigkeit dem grellen Licht ausgesetzt zu sein liess auch diese Variante ausscheiden. So musste ich, verdammt als Kreatur der Dunkelheit in dem muffligen Zimmer zwischen quaelenden Halbschlaf und der schmerzenden Realitaet in den restlichen Tag driften. Was immer ich mir eingefangen habe, ich hatte selten einen solch grotesken Zustand erlebt.

Erstmal's seid ich wieder auf Reisen bin hab ich die geballte Kraft meinen Medikamentenarsenal's auf sein Limit ausgeschoepft. Gepaart mit meiner Krankheit hat mich das ganz fast umgehauen und das Gefuehl von Benommenheit machte es mir unmoeglich einen klaren Gedanken zu fassen.

Sash hat sich immer wieder nach meinem Wohlbefinden erkundigt und hat mir Tee, Wasser und Fruechte gebracht. Das beeindruckende Spektakel, das groesste Fest Kerala's, fabelhafte Elefantenparaden, mitreissende Musik und all der Glanz und Glamour sind spurlos an mir vorbeigezogen. Wirklich jammerschade doch als ich am naechsten morgen in meiner nass geschwitzten Bettwaesche wieder zurueck in die Realitaet gekommen bin ging es mir im Gegensatz zum Tag zuvor erheblich besser.

Irgendwie fuehlte ich mich immer noch schwach, doch das Fieber und die Schmerzen waren gott sei dank gewichen. Extra von Kochi hierher, zuviel Geld fuer das mufflige Zimmer und gesehen hab rein gar nichts. Immer noch schwach war es Zeit auszuchecken. Sash waer mit dem Preis zwar noch runter gegangen doch das zwar saubere Zimmer mit seinem uebelriechenden Eigenschaft liess mich das Angebot dankend ablehnen.

Ausgecheckt hab ich schlussendlich dann erst viel spaeter als eigentlich vorgeschrieben und konnte somit noch ein weniger laenger schlafen, was mir ungeheuer gut tat.

Wir sind dann noch los um andere Hotels abzuklappern, doch da morgen 25 Hochzeiten stattfinden sind die Kapazitaeten ausgelastet und so hab ich mich dazu entschlossen zurueck nach Kochi in die heimelige Atmosphaere meiner Gastfamilie zu fluechten.

Sash hatt mich noch zum Bahnhof gebracht, ein wirklich sehr netter und aufmerksamer Mann und ich war froh das ich waehrend meines Delirium's nicht ganz allein war und ein wenig Hilfe hatte. Die Halle war derartig ueberfuellt dass wir sofort weiter zum Bahnhof geduest sind.

Der Weg zurueck nach Kochin war weniger anstrengend und ich hatte das Glueck einen Direktbus zu erwischen. Als ich wieder in dem Haus von Jerry eintraf war die Familie gerade dabei zu packen da sie das Wochenende ueber nach Chennai fahren, what a pity, um dort eine Kirche zu besuchen. Egal Jerry hat mir sofort ein Zimmer beim Nachbarn besorgt wo die Atmosphaere zwar weniger heimelig ist doch das Zimmer ist im Gegensatz zu jenem in Guyanvoor um Welten gemuetlicher. Da ich die letzten Zeit nicht wirklich viel zu mir nehmen konnte war ich kraftlos und hab mich sofort wieder auf's Ohr gehauen.

Was genau der Ausloeser fuer meinen ploetzlichen Zusammenbruch war kann ich nicht wirklich sagen, doch ich bin froh das, das Ganze so schnell ausgestanden war wie es aufgetaucht war, was bestimmt auch meinem guten medizinischen Equipment zu verdanken ist. In Kochi kann ich mich nun ein wenig erholen und vielleicht nochmal im Kathakali Culture Center vorbeischauen, bevor ich mich ins naechste Abenteuer stuertze.

29.04.2007

Heute hab ich mal so richtig lange ausgeschlafen und meine Plaene fuer den heutigen Tag sind schlichtweg gar nichts zu machen. Herumhaengen, Essen fassen und mein spannendes Buch ueber manipulative Gedankenspielchen weiter zu fuehren. Die Zeit der Entspannung ist Balsam fuer meinen von Krankheit gepeitschten Koerper und ich merke dass ich ziemlich schnell wieder meine alte Form und Kraft gewinne. Morgen werd ich mich langsam nach Palakad fortbewegen um dort Hari, den sympatischen Kuenstler den ich in Pondicherry getroffen habe, zu besuchen. Er ist eigentlich immer mit irgendwelchen Projekten beschaeftigt und ich weiss noch nicht genau wann er Zeit hat, doch da ich so oder so in die Richtung muss ist das nicht weiter schlimm.

Bevor ich mich in die schattigen Gefilde meines Balkons zurueckgezogen habe war es mir ein unbedingtes Beduerfnis nochmal im Kathakali Culture Center vorbei zu schauen. Da heute Sonntag ist konnte ich lediglich Sashmir antreffen, der restliche Teil der sympatischen Bande hatte Gelegenheit den Sonntag ohne Arbeit zu verbringen.

Es war gerade um die Mittagszeit und ein schattiges Plaetzchen einzunehmen war aufgrund der fuerchterlichen Hitze absolut notwendig. Tatsaechlich ist mir der Schweiss in Stroemen heruntergelaufen und das Zeitungspapier welches ich zum Trockenlegen meiner flutenden Schweissdruessen benutzt habe hat Fragmente der Nachrichten des letzten Tages auf meinen Armen hinterlassen.

Mit Sashmir hab ich dann ueber die Mittagshitze hinweg geplaudert und konnte den neuesten Klatsch und Tratsch rund um und in Kochi erfahren. Der reiche Mann der vor 4 Tagen unter mysterioesen Umstaenden ums Leben kam und die schwarze Wittwe die ihre Freiheit mit einer erheblichen Menge an Geldscheinen erschlichen hat war nur eine der abenteuerlichen Geschichten, die ich zu hoeren bekam.

Irgendwann bin ich dann doch noch auf meinem Balkon gelandet und hatte endlich, unglaublich ich war wirklich ungestoert, Zeit mein spannendes Buch weiter zu lesen. Die Geschichte ueber futuristische Forschungsprojekte, Intrigen, Manipulation und Korruption, welche ueberaus spannende Wendungen auf Lager hat, ist brillant und mittlerweilen habe ich keine groesseren Schwierigkeiten mehr in Englisch zu schmoeckern.

Ich war so in meinem Roman vertieft dass ich fast die fuer den Abend geplante Tanzvorstellung verpasst haette. Make up war um 17:30 und im Eiltempo war etwas spaeter vor den Toren des Kathakali Culture Center. Im Gegensatz zur letzter Vorstellung bietet die Show hier nicht nur Kathakali sondern auch andere keralische Kunstformen. Ich war der erste Gast in der wenig atmospaehrischen Halle und die Aktoere waren gerade dabei sich herzurichten.

Diesmal war ich unmittelbar vor der Buehne und konnte das ganze Geschminke von naechster Naehe betrachten. Kurz vor Beginn der Vorstellung sind noch zwei weitere Gaeste hereigeschneit. Zwei Amerikanerinen bewaffnet mit riessen Fotoapparaten und sofort hat sich der Raum mit Blitzlichtgewitter gefuellt, was die in ihre Maske vertiefen Darsteller sichtlich gestoert hat.

Die Farben sind sind von leuchtender Eleganz

Die Farben sind sind von leuchtender Eleganz

Das Make up der heutigen Show war weit weniger aufwendig als bei der im Kerala Kathakali Center und trotzdem war es spannend zu Beobachten wieviel Arbeit auch hinter einer nach aussen einfach erscheinenden Maskerade steckt.

unglaublich mit welcher Genauigkeit die Kuentler ans Werk gehen

unglaublich mit welcher Genauigkeit die Kuentler ans Werk gehen

Nachdem die Farben aufgeklatscht waren konnte es endlich losgehen. Doch warum ist das Licht immer noch an? Die gesamte Show ueber sollte die Stimmung in grelles Licht getaucht sein was mir so ueperhaupt nicht gefallen hat. Dem Welcomedance mit leuchtenden Kerzen, die bei entsprechender Beleuchtung weitaus besser zur Geltung gekommen waeren, folgten noch ein paar weitere klassische Taenze.

Schon der Welcomedance stand in einem schlechten Licht

Schon der Welcomedance stand in einem schlechten Licht

Die fliessenden Bewebungen, Mimik und Gestik der ambitionierten jungen Frauen waren sehenswert und auch die bunten und aufwendigen Gewaender waren ein Blickfang. Die weiteren Tanzdarbietungen waren sich insgesamt ziemlich aehnlich und fuer einen nichtswissen Laien nur schwer von einander zu unterscheiden. Die Erlaeuterungen waren eigentlich recht mager.

immer ein Laecheln auf den Lippen

immer ein Laecheln auf den Lippen

Die Einfuehrung in die Welt des Kathakali ist eindeutig zu kurz gekommen und auch die Darbietung selbst war nicht im Geringsten so eindrucksvoll, natuerlich auch das Licht und das amerikanische Blitzlichtgewitter, wie bei meinem ersten Besuch im nicht weit enferntem Kerala Kathakali Center.

Die Darstellung der verschiedenen Emotionen und einigen anderen wichtigen Phrasen war dafuer recht eindrucksvoll. Ein schlichtes "Welcome" im Kathakali laesst den Aktoer fast eine Minute lang mit den Haenden herumfuchteln, tausend Gesichter aufsetzen und das alles im Takt zu herrlichen Trommelbeats und anderen Klaengen.

die Emotion Zorn, wie unschwer zu erkennen

die Emotion Zorn, wie unschwer zu erkennen

Bevor die eigentliche Kathakali Darbietung stattfinden sollte wurde die Stimmung zwischendurch mit martial dances (Kampftaenze) angeheizt. Dieser Teil war das einzige was mich wirklich vom Hocker gerissen hat, doch die paar Minuten waren einfach zu wenig. Schwertkaempfer, die in akropatischer Manier ueber die Buehne fegeten und sich einen gnadenlosen Kampf lieferten. Ein Mann, zwei Eisenstangen und Bewegungen, die mit dem freien Auge kaum zu verfolgen sind. Wow das muss man gesehen haben.

unglaublich wie schnell man ein paar Stangen herumwirbeln kann

unglaublich wie schnell man ein paar Stangen herumwirbeln kann

Zum Schluss gab es dann eine Episode aus der dramatischen Welt des Kathakali, dessen Inhalt ich nicht wirklich verstanden habe, da die unpersoenliche Stimme (wahrscheinlich auf Band) aus den Lautsprechern, die als Moderator fungierte nicht ganz so einfach zu verstehen war. Die Darbietung der zwei ueppig bekleideten Kathakali Charaktere haben ihr bestes gegeben. Es muss ziemlich frustierend fuer einen Kuenstler sein vor einem solch mageren Publikum zur performen und man kann dabei auch sicher nicht seine Hoechstform erreichen.

ein neues Gesicht

ein neues Gesicht

Der Veranstaltungs Ort des Kerala Kathakali Center, wo ausschliesslich das dramatische Tanztheater Kathakali vorgefuehrt wird, wartet im Gegensatz zum Kathakali Culture Center (Greenix) um Ecken mit mehr Flair und Ambiente auf. Dort ist die Buehne in bezauberndes Kerzenlicht getaucht, die Erklaerungen werden vom Backgroundsaenger ins Mikro gehaucht, und auch der Schauplatz in einem alten Palmenverschlag bietet eindeutig mehr fuers Geld. Sicher war es interessant auch andere Tanzformen kennenzulernen, insbesondere die matrial dances, doch insgesamt blieb fuer die verschiedenen Formen eindeutig zu wenig Zeit. Ich habe es trotzdem genossen und meine Kritik am Ende der Vorstellung wurde dankend angenommen. Im Ernst, Girish den ich schon ein paar Tage zuvor kennengelernt hatte war total begeistert und die Knackpunkte (Licht, Moderation, Blitzfotografie)sind ihm auf schon aufgefallen. Es bleibt zu hoffen dass die Show sich steigern kann ansonsten bleibt es ein nichtsagendes Spektakel fuer die vielen Touristengruppen, die in der Hochsaison hier die Tueren einrennen.

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© helli l, 2006
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Die Reise
 
Worum geht's?:
Die Welt ist wie ein Buch, wer nie reist, sieht nur eine Seite davon. Nach meiner 1monatigen Pause werd ich nun ins verrueckte Indien stolpern und freue mich schon auf neue und fazinierende Abenteuer in diesem facettenreichen Land. Auf der Suche nach mir selbst und auf der Jagd nach Inspiration und Erleuchtung werde ich hoffentlich fuendig. Soweit so gut, einen genauen Plan hab ich nicht, ich lass mich einfach treiben. gruesse in die heimat helliL
Details:
Aufbruch: 26.12.2006
Dauer: 5 Monate
Heimkehr: 02.06.2007
Reiseziele: Indien
Thailand
Myanmar
Trivandrum
Der Autor
 
helli l berichtet seit 18 Jahren auf umdiewelt.