Indien - ein Traum den ich nun lebe
im Plastikstuhl auf dem Touriboot
19.04.2007
Eigentlich halt ich ja nicht sehr viel auf organisierte Touren, auch wenn es manchmal notwendig ist bzw. von Vorteil sein kann, und schon gar nichts von Touristenbusen oder Booten. Die Wahl den Weg von Kollam nach Allepey mit dem Bus zu bestreiten schied schon allein deswegen aus da die aufregenden Gewaesser von der Strasse aus eigentlich gar nicht zu sehen sind.
Lokale Faehren verkehren nur zwischen den Doerfern rund um die Staedte und fuer mehr als 80km lange Strecke von Kollam nach Alleppey (Allapuzha) hat man keine andere Wahl als eine Plastikstuhl auf einem Touristenboot einzunehmen.
Zu meinem Glueck ist zur Zeit tourisitsche Ebbe und somit sind die Preise kleiner und auch die Massen, die sich hier sonst durch die Gegend schieben, bleiben aus. Als ich kurz vor 10:30 auf das Boot gehuepft bin, hatte ich die Qual der Wahl denn es waren insgesamt weniger als 10 Leute an Deck, wobei sonst so an die 100 Menschen sich um die begehrten Plaetze am Oberdeck streiten. 2 Franzosen, 2 sympatische grinsende japanische Maedchen, 1 Schweizer und eine Hand voll indischer Touristen.
Alle Landratten waren zumindest mit einer Digitalkamera, manche hatten zusaetzlich noch eine Videokamera im Arsenal, bewaffent. Kurz nach dem wir abgelegt hatten hat das Blitzlichtgewitter bereits erbarmungslos seinen Lauf genommen. Bei jeder kleinsten Bewegung, dem Vorbeiziehen eines Bootes, Menschen in Sichtweite oder sonstigen weniger guten Motiven wurde ohne lange nachzudenken drauf los genkipst. Am schlimmsten war eindeutige der franzoesische Mann, in der linken Hand die Digicam und in der rechten die videokamera (unglaublich aber wahr), die beiden Japanerinen haben sich eigentlich eher zurueckgehalten. Die armen Fischer sind von allen Seiten abegelichtet worden und irgendwie ist es echt krass wenn man Touristen bei der Arbeit zuschaut. Zugegeben, hab ich auch mehr Foto's als ueblich geschossen, doch jeden Scheiss muss man nun wirklich nicht fotografieren. Zusammen mit den vielen Kindern, die bruellenderweise nach Kugelschreibern verlangt haben, hat mein Reisefuehrer das Bild auf einem Touristenboot ziemlich gut wiedergegeben, einfach schrecklich. Nicht auszudenken wie es da in der Hochsaison abgeht.
Zu Beginn unserer 8 stuendigen Fahrt war die Landschaft wenig reizvoll und die vielen Baustellen haben das natuerliche Bild eindeutig ins falsche Licht gerueckt. Insteressant waren jedoch die kleinen Doerfer am Rand des Flusses und die Menschen haben immer wieder freundlich in unsere Richtung gewunken, nicht zu vergessen die bruellenden Kinder die trotz erfolgloser Jagd Gruesse auf das Boot geschickt haben.
Was mir von Beginn an besonders gut gefallen hat war die vielen Voegel die ueberall in der Gegend herumgeflattert sind, auf Stumpen gehockt, flach ueber das Wasser gefegt oder einfach nur im Wasser getrieben sind. Darunter der auesserst seltene Weiss/Schwarze Kingfisher den wir jedoch nur einmal fuer ein paar Sekunden bewundern durften. Ein gutes Flatterfoto ist mir auch heute wieder verwehrt geblieben, doch schon allein die Beobachtung reicht vollkommen aus und das digitale Souvenier ist nicht so wichtig wie es den Anschein hat.
der Rat hat sich versammelt
Als wir dann in die palmengesaeumten Wege gespickt mit chinesischen Fischernetzen gelangt sind, waren die Ausblicke auf die herrliche Wasserlandschaft atemberaubend schoen. Das Touriboot ist in einem einigermassen gemaechlichen Tempo, zu meiner Ueberraschung ohne grossartigen Laerm zu verursachen, durch das Wasser geshippert.
Auf dem Boot hat die meiste Zeit ueber eigentlich eine herrliche Stille geherrscht. Entweder lag es daran dass die beeindruckende Landschaft die Menschen sprachlos gemacht hat, die drueckende Hitze jede unnotwendige Bewegung ausgeschlossen hat oder einfach niemand Lust hat mit dem anderen zu reden. Wie auch immer, fuer mich war die Ueberfahrt unglaublich erholsam und die schoenen Ausblicke auf die Backwaters sind wirklich einzigartig und sollten bei einem Indienbesuch unbedingt auf dem Programm stehen.
Die Kehrseite der Medaillie
Die Backwaters leiden wie viele andere natuerliche Schoenheiten unter der Umweltverschmutzung unserer menschlichen Wenigkeit. Die Ausweitung von Doerfern, die Verschmutzung durch Motorboote und die tourisitische Erschliessung schlucken immer mehr Tier- und Pflanzenarten (ca. 50% der Vogelarten sind so gut wie ausgestorben) und deren Lebensraum schrumpft fortwaehrend. Das Resulatat ist die Vearmung an Vielfaeltigkeit und wenn wir so weiter machen wird es bald nicht mehr viele nette Fleckchen auf unserem Erdenrund geben. Motorboote hinterlassen einen oeligen Film auf der Wasseroeberflaeche, wodurch sich eine Moosschicht bildet und den Wasserplanzen das so notwenige Licht geraubt wird, was folgt ist.......
Zum Mittagessen wurden wir in ein schickes Restaurant gescheucht, wobei die Preise eigentlich uberraschend niedrig waren. Das Essen wurde auf einem kuenstlichen Bananenblatt, wusste gar nicht dass es hier so was ueberhaupt gibt, serviert und war eigentlich gar nicht so schlecht, wobei die Einheimischenlokale, die haben noch die echten Bananenblaetter, ohne jede Frage meine Favoriten sind.
Die meiste Strecke ueber hat sich die Landschaft nicht dramatisch geaendert und die Tatsache dass das Meer zeitenweise nur einen duennen Landstreifen (ca. 200m) entfernt lag ist eigentlich auch ganz interessant.
Das Leben am Wasser war auch ganz spannend zu beobachten. Sei es die Waesche, Koerperflege oder sonstige mit Wasser in Verbindung stehenden Taetigkeiten, alles wurde in den Backwaters vollzogen. Auf schmalen Landstreifen inmitten des Gewaessers konnte man auf abegeschiedene Haeuser blicken und die Wege zur naechsten Siedlung waren manchmal nicht breiter als eine Fahrbahn. Die Mensche scheinen hier gluecklich zu sein und aufgrund der Idylle aus Wasser und Palmen kann ich dass eigentlich sehr gut verstehen.
Die Teepause war dann ein schweissnasser Reinfall. Das Wellblechdach ueber dem Teestand hatte sich ueber den Tag so mit Hitze aufgeladen dass man in der Kuerze die es braucht einen Tee zu bestellen und zu bezahlen mindestens 2 Liter Fluessigkeit verliert. Schnell weg von hier.....
Matthias der Schweizer Physiker war eigentlich der einzige mit dem ich mich laenger unterhalten habe und da er aus dem deutschen Teil der Schweiz kommt, konnte ich sogar ein wenig im Dialekt schwafeln. Er hat 6 Monate in Indien an der Uni von Bangalore ueber seiner Doktorarbeit gebruetet und wird dann wieder zurueck nach England an die Uni von Cambridge wandern um sich dort der Forschung von Halbleitern zu verschreiben.
In Indien herrscht auch zu Wasser reger Verkehr und unzaehlige Boote, einheimischer und touristischer Natur, haben staendig unseren Weg gekreuzt. Hello und winke, winke, ein paar Foto's und schon war die Begegung zu Ende. Fuer eine Fahrt mit einem Touristenboot, in der Nebensaison weitaus weniger bedenklich und besser als in einem ueberfuellten Bus einen Hitzeschlag zu erleiden, hat mir der Tag eigentlich recht gut gefallen. Unserer Guide der sich in 8 Stunden gerademal 5mal zu Wort gemeldet hatte, lediglich um die Mahlzeiten anzukuendigen und auf den ein oder anderen Vogel hinzuweisen, hat mir dann noch eine Visitenkarte fuer ein guenstiges Hotel in die Hand gedrueckt.
Wir sind sage und schreibe 40 Minuten vor dem geplanten Zeitpunkt, eigentlich ist Indien sonst immer alles verspaetet, in Alleppey eingelaufen und aufgrund der stressigen Futterpausen an Land ist die ganze Hektik eher fragwuerdig.
Das ice hotel, jenes unweit des Busbahnhofes, ist ein ueber 100 Jahre altes Gebaeude, das mit seinen bunten Glasfenstern und den bunten Lampenkleidern unglaublich viel Charme besitzt und die ziemlich sauberen renovierten Zimmer sind in der Nebensaison auch fuer mich erschwinglich. Zusammen mit Matthias bin ich dann noch zum Essen in das Sas, in euren Reisefuehrern steht noch der alte Name Annapourna. Das verlockende Kokosnusscurry steht leider nicht mehr auf dem Speiseplan und einer der Kellner ist ziemlich unverschaemt und fordert sein Trinkgeld auesserst plump ein.
Das naechtliche Roundevouz meiner rechten Hand mit den gefaehrlich rotierenden Metallblaettern des auf vollen Touren schwingenden Deckenventilator ist zu meinem Glueck eigentlich recht glimpflich ausgegangen. Ihr fragt euch jetzt natuerlich wie bloed man sein muss....... Eigentlich wollte ich ja mein Mosquitonetz, die fiesen Blutsauger haben mich mitten in der Nacht wachgestochen, auf der niedrigen Decke aufhaengen und ein falscher Schritt auf der weichen Matratze und penggggg, ahhh, uuhhh...schmerz lass nach.... Zwei haesslich tiefe Schnittwunden an zwei meiner Finger und eine saftige Prellung sind eigentlich gar nichts wenn man bedenkt was alles haette passieren koennen.
Aufbruch: | 26.12.2006 |
Dauer: | 5 Monate |
Heimkehr: | 02.06.2007 |
Thailand
Myanmar
Trivandrum