Mittelamerika

Das Frühstück im Hotel ist vielfältig. Es ist ein grösseres Haus, darum gibt es täglich Buffet. Da ist dann alles dabei von warmen Speisen wie Poulet- oder Rindsgeschnetzeltem, Gemüse, Bohnenmus bis zu Rührei. Und selbstverstädlich kann man jegliches Eiermenu dazu bestellen, die Kellner warten auf Bestellungen. Dazu gibt es eine grosse Früchteauswahl, verschiedene Joghurts und Corn Flakes. Pancakes mit Honig, man kann sogar selber Waffeln machen, es gibt ein Waffeleisen mit einem Automat wo man Teigportionen abmessen kann. Dazu gibt es Kaffee und verschiedene Fruchtsäfte, Toasts und kleine Brötchen. Frisch gebackene Tortillas kann man beim Kellner bestellen.

Ich bin etwas spät, das Buffet zeigt schon Spuren, aber es wird laufend aufgefüllt.

Das Restaurant ist recht gross, aber zum Nachtessen werde ich wohl nur im Notfall hier sein, es fehlt die Athmospäre.

Am späteren Nachmittag mache ich mich auf zu einem Spaziergang. Ganz in der Nähe ist der Mariachi-Platz. Vielleicht spielt da die Musik.

Leider sind es aber nur zwei Metallfiguren, die die fehlenden Musikanten ersetzen, bin also vielleicht doch noch zu früh und die Aussage, dass da den ganzen Tag Mariachi-Musiker unterwegs sind, stimmt nicht ganz.

Also gehe ich weiter, ohne weiter zu achten, wohin ich gerate, folge einfach der Strasse und zweige ab, als ich um die Ecke einen Turm oder Erker sehe, der auf eine Kirche hinweist.

Es ist dann allerdings nicht eine Kirche, der ich gefolgt bin, sondern das sehr eindrückliche Gebäude des Kulturmuseums. Hier gäbe es grosse Wandmalereien lese ich im Internet, das ich gelegentlich konsultiere.

Vor dem Museum gibt es einen riesigen Platz mit coolen Sitzgelegenheiten. Ein Stuhl mit Händen und Füssen und grossen Ohren, Sitzbänke mit ausgemergelten Personen und breiten Anzugsjacken. Natürlich sind die Dinger beliebte Fotomotive und es braucht etwas Zeit, bis ich sie ohne Menschen fotografieren kann, die sich darauf setzen, um von ihren Begleitern abgelichtet zu werden.

Von hier geht eine breite Fussgängerzone ab. In grossen Wasserbecken gibt es Springbrunnen und Wasserspiele. Ausserdem viele Marktstände und Schmuckläden. Es scheint, dass das hier ein Schmuckzentrum ist. Oder ein grosser Marktplatz, der sich im Inneren der grossen Gebäude weiter zieht. Ich bummle, bleibe gelegentlich bei einem Wasser oder einem Denkmal stehen, ohne mich weiter zu kümmern, wer die Herrschaften auf den Sockeln darstellen.

Dabei finde ich einen Baum mit zwei Löwen rechts und links. Das Sujet kommt mir bekannt vor und kurz darauf kann ich es in einem der Souvenirshops auf der Flagge von Guadalajara entdecken. Die Bedeutung ist mir noch nicht klar, vielleicht erfahre ich es an einem der nächsten Tage.

Ich bleibe immer wieder stehen, sehe mir die Stände an, fotografiere, setze mich auf eine Bank, staune und google.

Bis ich zu einem Platz komme, wo eine Frauenfigur mit Flagge steht. Ihr Name sticht mir natürlich sofort ins Auge: Beatriz Hermandez.

Sie scheint eine der wichtigsten Figuren der Stadt zu sein, denn sie entschied, dass genau an diesem Ort die neue Stadt entstehen soll. Vielleicht war sie es leid, weiter zu ziehen, auf der Suche nach dem geeigneten Ort für eine Stadtgründung, vielleicht war sie einfach nur müde und wollte zur Ruhe kommen. Vielleicht war sie visionär und hat gesehen, dass der Platz der richtige ist. Jedenfalls hat man auf sie gehört, nebenan auf einem breiten Relief sind die Gründerväter der Stadt von 1542 abgebildet.

Das wuchtige Gebäude, das sich anschliesst ist das Theater Degollado. Auf der vorderen Seite liegt ein breiter dreieckiger Giebel mit einem Relief aus Tänzerinnen auf hohen gewaltigen Säulen. Und darunter entdecke ich ein kleines Restaurant, das ein paar Tisch draussen unter den Säulen hat. Und jetzt merke ich, dass ich dringend etwas trinken sollte. Nach einem Blick in die Karte und auf die Uhr, beschliesse ich, hier auch etwas zu essen.

Zu meinem Wasser bestelle ich einen Cocktail aus Hibiskus-Blüten und Tequila, der nicht nur sehr exotisch aussieht, sondern auch sehr fein schmeckt. Dazu eine Lasagne.

Es fängt an zu regnen, zuerst ist es nur ein feiner Sprühregen, der gleich wieder weg gehen könnte, doch die Serviertochter meint, ich soll unbedingt in den Gastraum kommen und sie hat recht, kurz darauf schüttet es draussen, die Menschen suchen jetzt überall ein Dach und kurz darauf ist der grosse Platz leer.

Auch eine Familie, die mit ihrer 15-jährigen Prinzessin eben noch gemütlich vorbei gelaufen ist, rennt jetzt, um irgendwo unterstehen zu können. Das wird dem weiten roten Kleid und den schönen Schuhen nicht gut tun, auch wenn das Mädchen, unterstützt von ihrer Mutter, den Rock zusammenrafft.

Nach einer Stunde ist alles vorbei, auf den Plätzen sind grosse Wasserlachen geblieben, was mich dazu bringt, wieder einmal ein paar Reflexfotos auszuprobieren. Ich komme zur Kathedrale und zu den Kutschen und merke, dass ich genug habe. Genug vom rumlaufen, genug vom Sightseeing, Fotosujets suchen, genug vom Alleinsein. In der Schweiz ist es inzwischen lange nach Mitternacht, niemand da, den man anrufen könnte und ein wenig plaudern.

Ich gehe zurück ins Hotel, schalte den Laptop ein und sehe mir einen alten Tatort an.

Alles in Ordnung, man kann nicht immer in Stimmung sein, die Welt zu entdecken, die alten Erinnerungen brauchen auch ihren Platz und irgendwo ist wohl immer noch ein wenig Acapulco und das Meer in mir drin.