Mittelamerika

Reisezeit: Juni 2023 - Januar 2024  |  von Beatrice Feldbauer

City-Tour

Der Platz vor der Kathedlare stellt sich schon bald als Dreh- und Angelpunkt meiner Eskursionen in die Stadt heraus. Er ist jedesmal anders, wenn ich herkomme. Manchmal voller Leute, manchmal mit vielen Verkaufsständen und manchmal mit wenigen Passanten. Heute steht da eine Frau in einem fantasievollen schwarzen Kleid und aufwändig geschminkten Gesicht. Für ein paar Pesos darf man sie fotografieren. Bin immer wieder überrascht, was sich Menschen alles einfallen lassen, um etwas Geld zu verdienen. Um sich für diesen Auftritt bereit zu machen, braucht es ziemlich viel Zeit, auch wenn das Schminken irgendwann zur Routine wird.

Ich besuche die Kathedrale, die erstaunlich hell ist. Mit ihren hohen Säulen, an denen lange blau-weisse Flaggen hängen wirkt sie sehr elegant. Der Altarbereich ist weiss mit vielen farbigen Fenstern bis hinauf in die Kuppel. Ich google, die Kirche ist im Renaissance-Stil erbaut und wurde 1618 fertig gestellt. Die beiden Türme wurden 200 Jahre später durch ein Erdbeben zerstört. Auch die Kuppel stürzte dabei teilweise ein. 1854 wurden die Türme im Neugotischen Stil wieder erstellt.

Die Kathedrale wurde allerdings immer wieder von Erdbeben beeinträchtigt und ist noch heute bedroht, da der Nordturm schief steht und die Kuppel noch immer Schäden aufweist. Schön ist die Decke mit ihren sternförmigen Rippen, die sich zu den Säulen absenken. Es gibt zwei Krypten mit Bischoftsgräbern, die allerdings ziemlich düster wirken.

Nach dem Besuch der Kathedrale bin ich etwas unschlüssig, was ich tun könnte. Da kommen mit die roten Touribusse eben recht, die hinter der Kathedrale stehen.

Allerdings brauche ich unbedingt noch eine Flasche Wasser. Der Bus fährt in 10 Minuten, aber an den Ständen rundum werden nur Souvenirs und Heiligenfiguren verkauft. Da wird doch wohl irgendwo ein Stand sein, der Wasserflaschen verkauft.

Ich kanns nicht fassen, laufe die ganze Strecke um den Platz ab, kein einziger Wasserverkäufer. Dafür jede Menge Tequila-Stände. Unter den Lauben reiht sich Stand an Stand, es scheint, dass ein Tequila-Festival stattfindet. Doch das nutzt mir jetzt gar nichts, der Bus fährt in 5 Minuten.

Endlich, da ist ein Kiosk, von denen es viele gibt. Sie verkaufen Zeitschriften und ich wundere mich immer, dass zu Zeiten von soviel digitaler Information noch so viele Zeitschriften verkauft werden. Sie fallen mir überall auf seit ich in Mexiko bin, diese kleinen Kioske, die fix stationiert sind und deren Türen am Abend zugeklappt werden können. Ob die auch Wasser verkaufen? Jedenfalls dieser hat. Also schnappe ich mir eine Flasche und gehe zurück zum Bus. Er fährt erstaunlich pünktlich wenige Minuten nach zwölf Uhr los.

Teater

Teater

Plaza Liberacion

Plaza Liberacion

Wir fahren zuerst die Strecke ab, die ich gestern zu Fuss gegangen bin. Zum Gründungsplatz mit dem Relief der Gründerväter, vorbei am Denkmal von Beatriz Hernandez, kommen wir zum Lisco-Platz wo es die besten Raspados oder Nieve gibt. So erzählt es jedenfalls der Toursprecher.

Raspados ist geraffeltes Eis mit süssen Sirups übergossen. Es scheint, dass das eine richtige und sehr wichtige Spezialität ist. Mir ist das viel zu süss und zu kalt.

Als nächstes kommen wir an der grossen Markthalle, Mercado Libertad vorbei. Die Halle sei mindestens zur Zeit des Baus 1958 der grösste überdeckte Markt Lateinamerikas gewesen. Ich mache mir eine Notiz, damit ich den Ort wieder finde.

Wir fahren in der Nähe des Mariaschi-Platzes vorbei, den ich mir ebenfalls für einen Spaziergang merke und biegen dann in die Strasse ein, an der mein Hotel steht. Jetzt geht es erst einmal alles geradeaus.

Beim Restaurant La Epoce de Oro stehen wir zufällig im Stau, so dass uns der Chauffeur den Ort empfehlen kann. Hier gibt es immer Musik und am Abend Mariachi. Ausserdem sei der erste Drink, wenn man hier isst, gratis.

Es kommt sogar ein Kellner in den Bus und fast vermute ich, dass er dem Chauffeur eine Propina bringt, für diese kleine Gratiswerbung. Ich mache mir jedenfalls einen Merkpunkt in mein Navi, damit ich den Ort wieder finde.

Convento del Carmen

Convento del Carmen

Vorbei am ehemaligen Kloster Carmen, das heute ein Kulturort ist, kommen wir auf eine grosse Kreuzung, wo wir in eine schmalere Strasse mit vielen schönen alten Villen einbiegen. Es ist die ehemalige Amerikanerkolonie, wo viele Ausländer sich wunderschöne Villen bauen liessen. Heute befinden sich darin Geschäfte für Luxusgüter, darunter Möbelgeschäfte und ganz viele Brautmode-Ausstatter. Ich frage mich schon lange, wer denn all diese vielen Kleider tragen will. Auch im Zentrum reiht sich ein Modegeschäft ans andere mit Festtags- und Brautmode, dazu all die Prinzessinnenkleider für die 15-jährigen. Das muss ein Riesengeschäft sein.

Weitere Villen stehen für Events zur Verfügung. Eben zum Beispiel für Hochzeiten oder andere grosse Feste. So zum Beispiel das Casa Blanca Eventos. Ich hab im Internet kurz gegoogelt und Bilder gefunden, die für uns unvorstellbar sind. Der ganze Eingangsbereich ist komplett mit Blumen ausgeschmückt. Da müssen riesige Budgets für Hochzeiten zur Verfügung stehen.

Als nächstes kommen wir zum Arco. Was er genau bedeutet, habe ich nicht verstanden, aber ich glaube, er soll der Willkommensgruss für Reisende sein, die nach Guadalajara kommen. Wahrscheinlich war hier früher die Stadtgrenze.

Zum Fotografieren aus dem fahrenden Bus eignet sich der Arco jedenfalls nicht.

Die nächste Attraktion ist die Minerva, eine römische Göttin die inmitten einer grossen Wasserfontäne auf einem Rondell steht. Auch sie soll den Beginn der Stadt symbolisieren. Der Platz sei sehr symbolträchtig, jedenfalls feiere man hier sportliche Erfolge zum Beispiel des Fussballclubs.

La Glorieta Minerva. Auch hier, Fotos aus dem fahrenden Bus sind sehr schwierig.

La Estampida

La Estampida

Mir persönlich gefällt auch die nächste grosse Skulptur, die an einer Kreuzung steht. Die Estampida, eine Horde galoppierender Pferde. Dass sie einfach so in der Wiese stehen, macht das Ambiente zwar sehr real, ich finde aber, dass die Skulptur selber damit etwas Wirkung verliert.

Die nächsten Punkte sind eine neue Brücke und weil ich Brücken liebe, versuche ich, sie irgendwie ins Bild zu bekommen. Aber ich konnte mir den Namen nicht merken. und den Brunnen, der aus zugehauenen Quadern besteht, konnte ich nur richtig fotografieren, weil wir wieder einmal genau da im Stau standen.

Dann kommen wir noch am Expo-Gelände vorbei, hier wo alle grossen Messen durchgeführt werden und am neuen gelben Bogen, dem Arco des dritten Jahrtausends, der 1999 eingeweiht wurde.

Gleich daneben steht eine Chevrolet-Garage und der riesige Auto-Robi, der vor dem Eingang steht, konkurrenziert mit dem knallgelben Arco. Darum musste ich beide fotografieren. Ich hab eben immer noch ein Auge auf Auto-Markenhändler.

Wir fahren an der Brauerei vorbei, wo nebst anderen Bieren auch Corona draufsteht. Es scheint also, dass das Corona-Bier an verschiedenen Orten gebraut wird, jedenfalls hat man mir auch in Acapulco erklärt, dass es dort gebraucht würde.

Corona ist das meistverkaufte Bier Mexikos und wird in über 150 Länder exportiert. Es gehört dadurch zu den ganz grossen Biermarken der Welt.

Jetzt kommt wir noch einmal an eine Kirche, die ich mir nicht merken kann und schon bald sind wir zurück am Ausgangspunkt.

Plaza de Liberacion

Plaza de Liberacion

Mein Ticket ist auch noch für eine weitere Fahrt gültig, daher steige ich in den nächsten Bus um, der ein anderes Ziel hat. Er fährt 5 Minuten später los. Zwar geht es zuerst in die gleiche Richtung wie vorher, aber dann geht es weiter vom Zentrum weg. Wir kommen an der Militärkaserne und dem Militärmuseum vorbei. Hier stehen ein paar Flugzeuge draussen auf der Wiese.

Die Fahrt dauert länger, und ich habe das Ziel nicht verstanden, bin daher gespannt, wohin die Fahrt geht.

Jetzt wo ich den Ortsnamen lesen kann, weiss ich, dass ich ihn mir auch in Zukunft wohl nicht merken kann. Tlaquepaque.

Bin nicht ganz sicher, ob es eine eigene Gemeinde ist, aber der Ort gehört auf jeden Fall zum Grossraum Guadalajara. Wir halten an, steigen aus. In einer Stunde wird wieder ein Bus hier sein für die Rückfahrt. Und in zwei Stunden ebenfalls, man kann sich also umsehen, wie man will, es fährt jede Stunde ein Bus zurück.

Tlaquepaque, ein Pueblito Magico, so wie es viele in Mexiko gibt. Magische Dörfer, ich war in einigen, die dieses Prädiket tragen. Immer ist das etwas spezielles, ein eigenes Flair, ein unvergleichlicher Ort. Hier scheint es mir ein Künstlerort zu sein. Das zeigt sich schon in den skrurilen Figuren, die an der Strasse stehen. Die Sitzbank, die hagere Figur, der Totenkopf.

Natürlich zieht mich zuerst die kleine Gasse an, die zu einem Restaurant führt. Sie ist überdeckt mit Schirmen, aber sie führt, abgesehen vom Restaurant mit der Fransendekoration in eine Sackgasse.

Ich folge also der Hauptstrasse und komme zum Hauptplatz. Das heisst, das war einmal ein Hauptplatz. Inzwischen wurde er von verschiedenen Restaurant komplett übernommen. Überdacht mit farbigen Scherenschnitten. Rund um den Platz gibt es schöne Arkaden, Hier waren früher wohl mal eigene Restaurants. Heute sind sie auf der anderen Seite, da wo der runde Kiosk steht, den es auf vielen Plätzen in Mexiko gibt, zu einem grossen Restaurant zusammengewachsen. Der ganze Platz ist mit Stühlen und Tischen bestückt. An den Mauern gibt es schöne Wandbilder,

Die Stühle sind verschieden in den einzelnen Restaurants und im Moment noch kaum besetzt. Die Kellner stehen herum und zu meiner grossen Überraschung kann ich durchgehen und alles ansehen, ohne dass ich genötigt werde, mich irgendwo zu setzen. Es ist wohl einfach noch nicht Essenszeit, obwohl es gegen drei Uhr geht. Da ich noch keinen Hunger verspüre, gehe ich weiter.

Eine ganze Mariachi-Bank mitsamt dem Tänzerpaar

Eine ganze Mariachi-Bank mitsamt dem Tänzerpaar

Auf einem weiteren Platz begegne ich lustigen Figuren. Es sind runde kleine, dicke Mexikaner. Mit grossen Hüten sitzen sie auf Fahrrädern, spielen Gitarre auf einer Bank vor einem Lokal und ein anderer hockt gar auf einer hohen Stange und transportiert seine Hühner.

Sehr sympatisch, vor allem der Velofahrer bietet sich als lustiges Fotomotiv an.

Ganz in der Nähe ist die Galerie, von der die Figuren stammen. Da hat sich ein Künstler tatsächlich den oft sehr molligen Mexikanern angenommen und ihnen ein äussert sympatisches Auftreten gewidmet.

Schon beim Eingang wird klar, was er damit sagen will, denn an der Wand steht folgender Spruch:

Sabias que los gorditos en Mexico son amables, simpaticos, carinosos, alegres y muy bueno onda! Yo te lo puedo decir. -
Du weisst schon, dass die Dicken in Mexiko nett, freundlich, liebevoll, fröhlich und sehr cool sind! Ich kann es dir sagen.

Rodo Padilla heisst der Künstler und seine Keramikfiguren in der Galerie muss man einfach gern haben.

Erzengel Michael mit Schwert und Waage

Erzengel Michael mit Schwert und Waage

Ich streife noch ein wenig durch die Läden, gucke in verschiedene Restaurants und bleibe beim grossen Engel stecken. Hier ertönt aus einem grossen Innenhof Musik. Zwar keine Mariachi, wie ich es mir gewünscht und vorgestellt hätte, aber immerhn spielen die drei Musiker live. Hintergrundmusik.

Als der Kellner mit der Karte kommt, frage ich, was er mir für einen Aperitiv anbieten könnte, möglichst mit Tequila. Denn ich bin im Tequila-Land und hab noch kaum einen getrunken. Es gibt eine ganze Liste von Cocktails, aber der Kellner empfiehlt einen Cazuela Patron Silver Blanco. Mir solls recht sein.

Doch was dann auf mich zukommt, damit hatte ich nicht gerechnet. Eine Suppenschüssel als Aperogefäss. Darin hat es gemäss Beschreibung des Kellners Orangen- Bitterorangen- und Zitronensaft, gespritzt mit einem Erfrischungsgetränk mit Orangenaroma. Etwas Salz, viel Eis und Fruchtstücke. Der Clou kommt aber separat. Den Tequila leert er separat in das Getränk und der ist nicht zu klein geraten. Jetzt noch umrühren, ein Trinkhalm dazu, fertig ist mein Apero.

Er schmeckt wunderbar, aber ich bin von der Menge doch leicht überfordert.

Aber ich habe Zeit und geniesse meine frittierten Fischfilets mit Reis, höre der Musik zu, proste mir selber zu und verbringe eine gute Zeit bei einem sehr aufmerksamen Kellner.

Danach bummle ich zurück zum Busstop, für den Besuch der auffälligen Kirche hinter den farbigen Häusern hat es leider nicht mehr gereicht. Alles in allem ein schöner Besuch in einem besonderen Ort, aber mich hat der Tequila umgehauen. Es ist ja auch heute wieder sehr heiss hier. Und auch wenn ich viel Wasser getrunken habe, so bin ich eben seit ich unterwegs bin, kaum mehr Alkohol gewohnt. Jedenfalls nicht in dieser Menge.

Tlaquepaque, ob ich es mir doch noch merken kann?

Der Bus bringt mich zurück ins Zentrum und wir fahren eine Weile unter der neu erbauten Express-Strecke. Sie steht auf hohen Pfeilern, um ihr eine schnelles und direktes Trassee zu ermöglichen und sie erinnert mich an die Metro in Lima.

Auch sie steht streckenweise auf Pfeilern und einmal habe ich Juan, meinen speziellen Taxi-Freund dazu gebracht, mit mir alle Pfeiler abzulaufen, damit ich all die spannenden Bilder fotografieren kann. Auch hier gibt es ein paar schöne Graffiti, aber es sind noch nicht alle so konsequent geschmückt. Werde wohl irgendwann zurückkommen müssen, um zu sehen, ob man auch hier genügend Künstler gefunden hat.

Im Zentrum setze ich mich noch eine Weile auf eine Parkbank und sehe den Clowns zu, die auch hier am späten Nachmittag die Kinder bespassen, doch dann merke, ich, dass ich richtig müde bin. Auch wenn ich vorwiegend im Bus gesessen bin, so war es trotzdem ein voll ausgefüllter Tag mit sehr vielen Informationen.

Gute Nacht Welt.

Gute Nacht Welt.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Am Start einer neuen Reise ist meist noch alles ganz klar. Nur das erste Ziel: Guatemala und später im Jahr eine Hochzeit in Mexika. Es wird also einmal mehr eine sehr lange Reise mit vielen Überraschungen. Ich freue mich über virtuelle Mitreisende und werde wie gewohnt über meine Erlebnisse berichten.
Details:
Aufbruch: 09.06.2023
Dauer: 7 Monate
Heimkehr: Januar 2024
Reiseziele: Guatemala
Mexiko
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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