Jambo, namaste und namskaar
Namaste Indien: Varanasi
6. - 9. Dezember 2008
Von der heiligen buddhistischen Stadt Bodhgaya reisten wir per Zug zur naechsten heiligen Stadt: Varansi. Hindupilger kommen hierher, um sich im Ganges reinzuwaschen. Zudem ist es fuer Hindus erstrebenswert, in Varansi zu sterben: Es soll die Glaeubigen aus dem Kreislauf von (Wieder-)Geburt und Tod befreien.
Das Leben in dieser Stadt ist gepraegt vom heiligen Fluss Ganges. Am Fluss entlang gibt es viele Badestellen, die sogenannten Ghats. Dort wird gebetet (meistens im Wasser mit speziellen Ritualen), meditiert, Cricket gespielt, gewaschen, massiert,... Es war enorm schoen am Fluss entlang zu schlendern: Unglaublich wie viele Eindruecke auf einen einprasseln. So versuche ich (Beat) den ersten Spaziergang stichwortartig zu schildern: Cricketspieler, Achtung, wo ist der Ball, Kuehe auf den Ghatstufen, ein Barber rasiert gerade einen Einheimischen waehrend gegenueber der Schlangenbeschwoerer seine Schlange tanzen laesst, "sir, boat sir? very cheap, good time for a boattrip!", Kinder lassen ihre Drachen steigen, Opferblumen schwimmen neben etlichen Schmutz im Ganges, einige junge Maenner schaeumen sich gerade mit Seife ein, bevor sie in das heilige Gangeswasser springen, Sadhus meditieren am Fluss, Maenner pissen in aller Oeffentlichkeit ueberall hin, "you want hasch, marihuana, god stoff, very cheap", Hundekacke liegt eingeklemmt zwischen ein paar Ziegenboehnchen und einem grossen Kuhdreck, Teeverkaeufer preisen ihren guten Tee, Masseure bieten ihre guten Massagen, leuchtend farbige Saris wandeln durch den morgigen Nebel am Ganges, die Waesche wird am Ufer geklopft, streunende Hunde stoebern im Abfall rum, Tauben fressen die Resten der Erdnuessen, die daneben angeboten werden, ein schmutziges Maedchen will uns Postkarten verkaufen, die Maenner spucken ihre rote Fluessigkeit, die beim Kauen von was auch immer entsteht, auf den Boden, beim Sprechen versteht man das gebrochene Englisch noch weniger, weil sie den Mund so voll haben, auf den Treppen liegt die Waesche zum Trocknen, am Manikarnika Ghat wird gerade eine Leiche zum Fluss getragen, um anschliessend verbrennt zu werden,...
Es ist unglaublich, was in dieser Stadt alles los ist, wie viele Eindruecke es zu verarbeiten gibt. Spannend, beruehrend, teilweise eklig, teilweise wunderschoen - aber auf jeden Fall unglaublich vielfaeltig. Es ist schwierig, all die Bilder in Worte zu fassen, so lass ich es jetzt einfach sein und fuege noch ein paar Bilder ein.
Neblig wie in der Schweiz im November... Nur dass es hier gleichzeitig drueckend warm ist!
Ob Buntwaesche...
...oder Weisses:
Gewaschen wird im heiligen Ganges!
Hier wird ein Boot restauriert.
Nicht nur Waesche trocknet an den Ghats:
Frisch geformte Kuhflaedli - Zukuenftiges Brennmaterial!
Puja (Ritual am Fluss):
Waehrend fast einer Stunde halten die vier Juenglinge eine tanzende, betende und heilige Gegenstaende schwenkende
Synchron-Zeremonie.
Ein heiliges Bad am fruehen Morgen...
Der Nebel war so dicht, dass unser Boot sehr nahe am Ufer entlang fahren musste, damit wir ueberhaupt etwas erkennen konnten!
Hier wird bereits der erste "Sud" gewaschen.
Ein paddelndes Laedeli
Auf einem unserer Spaziergaenge an den Ghats:
Minarett der Alamgir Moschee
Ausserhalb der autofreien Altstadt!
Tulsi Manas-Tempel
Bootsfahrt am Abend: Deutlich weniger Nebel!
In den Gassen der Altstadt... ausnahmsweise kuh- und kuhfladenfrei!
Wenn du es wagst, den Blick vom Boden und den unzaehligen Kuhfladen zu nehmen, gibt es in der Altstadt immer wieder einen kleinen Tempel zu entdecken.
Nicht nur der eigenartige Nebel drueckte in Varanasi auf die Stimmung:
Der Wunsch, am Bett meines sterbenden Grosis zu sitzen, dort richtig Abschied nehmen zu koennen, wurde immer groesser.
Doch gleichzeitig war der Gedanke, ploetzlich in der Schweiz aufzutauchen, komisch: Es war doch noch nicht die Zeit des "Nach-Hause-kommens", erst am 1.Februar 2009 wird es soweit sein!
Die Vorstellung, im Februar am Grab meines Grosis zu stehen mit dem Gefuehl etwas Wichtiges fuer immer verpasst zu haben, half mir, endgueltig einen Entschluss zu fassen:
Ich hoerte auf mein Herz (danke Silvy!) und mit Betzgis grosser Hilfe und Ruhe buchte ich einen Retourflug Delhi-Zuerich!
Obwohl ich nicht wusste, ob Gotti noch lebt, wenn ich in der Schweiz ankomme:
Endlich einen Entscheid getroffen zu haben, das "Zwischen-den-Welten-stecken-bleiben" (Koerper in Varanasi, Herz und Kopf in Sarnen) zu beenden, tat gut.
Auch entschied ich mich, aus dem oben genannten Grund, mich noch nicht bei allen zurueckzumelden. War es doch nur eine Art Zwischenstopp unserer Reise am Sterbebett meines Grosis. Auch wusste ich im Voraus ueberhaupt nicht, was mich erwarten wuerde, wie ich reagiere. Alles offen zu lassen, keine Erwartungen oder Abmachungen zu haben, war fuer mich das einfachste. Ich hoffe, ihr versteht das!?!
Unsere Nerven wurden dann aber noch so richtig auf die Probe gestellt:
Der Zug, der uns nach Delhi bringen sollte, hatte 7 Stunden Verspaetung! Der andere, auf den wir dann ganz spontan "aufspringen" konnten und uns hoffen liess, hatte dann aber schlussendlich als wir in Delhi ankamen auch mehr als 6 Stunden Verspaetung. So verpasste ich meinen Flug, konnte ihn aber nachtraeglich fuer eine kleine Gebuehr auf den Abend umschreiben lassen. Zudem durfte ich in Dubai eine kostenlose Uebernachtung in einem herrlich weichen Bett und ein feines Zmorgenbuffet geniessen... Danke "Mr. Emirates"!
Beat, der in diesen schwierigen Tagen einfach wunderbar war, liess ich fuer eine Woche in Delhi zurueck. Danke, dass du mich voll und ganz unterstuetzt hast, diesen Weg zu gehen!
In der Schweiz zu landen, war ein unbeschreibliches Gefuehl: Mitten in Schnee und Weihnachtsschmuck, den ich doch in diesem Jahr bereits aus dem Kopf gestrichen hatte!
Von Anfang an wurde gut fuer mich gesorgt:
Begruessungs-Sms und -Telefon von Eingeweihten, spontane Begegnung und liebenswerte Zuhoererin im Zug, von Mami wurde ich mit Blumen und Verpflegung beim Bus abgeholt, liebe Willkommens-Gesichter vor dem Spitalzimmer und dann:
Gotti war noch am Leben! Ich konnte es umarmen und den ganzen Kummer der letzten Tage loswerden!
Obwohl Gotti mir verboten hatte, meine Reise zu unterbrechen, freute sie sich nun sehr, mich bei sich zu haben. Auch konnte es kaum glauben, dass ich von so weit her gekommen war und das "nur" wegen ihr!
Waehrend dieser Woche verbrachte ich taeglich mehrere Stunden, wenn nicht den ganzen Tag an ihrem Bett. Die geschenkte Zeit, die Gespraeche und diese wunderbare Moeglichkeit des Abschiednehmens werde ich wohl mein ganzes Leben nicht mehr vergessen.
Das kurze Eintauchen in die Schweiz mit der herzlichen Aufnahme bei Kathrin und den besonderen Momenten mit allen anderen, denen ich in dieser kurzen Zeit begegnen konnte, die Telefongespraeche mit Mami, der tiefe Wunsch von Gotti, sterben zu koennen und Weihnachten im Himmel zu feiern,... haben mich gestaerkt und halfen mir von Gotti Abschied zu nehmen.
Dankbar, beruehrt und mit einer inneren Ruhe konnte ich am 16.Dezember ins Flugzeug nach Delhi, zu Betzgi, einsteigen.
Heute ist der 26.Dezember und wir sind bereits wieder mehr als eine Woche zusammen in Indien unterwegs.
Die Tage in der Schweiz sind noch sehr nahe und doch irgendwie weit weg... tief im Herzen, fuer immer aufgehoben!
Gotti's Wunsch ging in Erfuellung:
Sie durfte am 23.Dezember sterben - einen Tag vor Weihnachten!
Aufbruch: | 01.08.2008 |
Dauer: | 6 Monate |
Heimkehr: | 30.01.2009 |
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