Falltür ins Paradies
Mumbai - zweiter Blick
(immer noch 02.10.2009)
"Hello Mister, how are you, please see my shop, you want to buy..."
Einmal die Colaba Causeway rauf und runter und diese Worte hallen einem hundertfach, gefuehlte tausendfach in den Ohren. Kaum ein Schritt ist moeglich, ohne das einem irgendein Angebot ins Gesicht geschleudert wird. Der Versuch, irgendetwas zu sehen oder wahrzunehmen, wird bestaendig in aufgezwungener Warenaustausch-Kommunikation erstickt.
Auch anders lautende Gespraechsangebote wie "Where are you from? What's your name?" scheinen unweigerlich in Verkaufs- und Abzockversuche zu muenden. Die anfaengliche Freude, Kontakt zum Mumbaier auf der Strasse zu finden, wird so sehr schnell getruebt.
Mumbai, 03.10.2009
Schlimmer noch: Von all den Verkaufsattacken schon voellig zermuerbt, falle ich bereits am zweiten Tag aufs erste freundliche Wort herein und wir laufen wie die Lemminge in eine wirklich gut inszenierte Falle - and the Oscar goes to Radji from Radjasthan. Natuerlich kostet uns die Falle letztendlich nicht mehr als 30 Euro - ein indisches Kostuem fuer Kataharina inklusive-, und wir werden deswegen nicht sterben. Auch ist klar, dass wir fuer viele Menschen hier eine absolut notwendige Einnahmequelle sind. Trotzdem erleben wir die Luegen, die uns mit freundlichem Laecheln aufgetischt werden, als demuetigt und beleidigend.
Doch, ehrlich gesagt, gehts einem Touristen, der an einem Freitag Abend ueber die Hamburger Reeperbahn schlendert, ja auch nicht anders. Nur dass in Hamburg einfach nicht so viele Menschen auf das Geschaeft mit Touristen angewiesen sind wie in Colaba, wo fast jeder Mensch in irgendeiner Weise vom Tourismus lebt.
Nachdem wir unseren Colaba Causeway Collapse ueberwunden hatten und unsere Falle als Idiotensteuer nun schon mit einem Lachen abgetan hatten, verliessen wir, wieder entspannter, das Hotel und baten einen Taxifahrer, der uns schon oft angesprochen hatte und den wir auf Anhieb sympathisch fanden, uns zum Chowpaddy Beach zu fahren.
Chowpaddy Beach, die Unterhaltungsmeile Mumbais, zieht uns mit ihren bunten Lichtern, mit ihren durch akrobatischen Koerpereinsatz angetriebenen Karussells, dem Geruch gegrillter Maiskolben und vieler weiterer Koestlichkeiten, die an den unzaehligen Essensstaenden angeboten warden, in seinen Bann. Immer wieder versuchen Haendler uns eine Strandmatte zu verkaufen, damit wir es den indischen Paerchen gleich tun koennen, denn Chowpaddy Beach ist auch romantischer Treffpunkt junger Paare - natuerlich ohne Beruehrungen, da das in der Oeffentlichkeit in Indien untersagt ist.
Wir beobachten ein paar Jungs, die ihr eigenes Business haben: Auf einer Decke haben sie einige Stuecke Seife ausgelegt, die die Besucher gegen Geld mit einem Bambusring treffen muessen. Wer es schafft, gewinnt die getroffene Seife. Hauptpreis ist eine Flasche Limbca (Limonenbrause) plus ein Stueck Seife, das auf der Flasche liegt und somit schwerer zu treffen ist. Leider darf ich keine Fotos machen. Wir warden von ein paar Indern angesprochen, die sich gerne mit uns fotografieren lassen wollen. Gesagt, getan, Handykamera gezueckt. Und so schnell sie kamen, waren sie auch schon wieder verschwunden, nachdem sie sich vielmals bedankt hatten.
Zurueck in Colaba gehen wir zum Bademiya und ergattern einen Tisch. Was hier bedeutet, dass man sich neben einen Tisch stellt, wo gerade Leute ihre Mahlzeit beenden und sich auf den Tisch stuerzt, sobald sie aufstehen (haetten wir so nie gehandhabt, doch ein junges indisches Paar am Nebentisch gibt uns diesen Tip). Am Tisch stellt sich die naechste Huerde: was bestellen? Da wir ja ohne Reisefuehrer unterwegs sind, wissen wir nicht, was was ist und wollen nach Klang des Namens auswaehlen, da wendet sich ein Sikh-Mann zu uns und empfiehlt un seine Speise namens Paneer Bujahret mit Roti. Er ist es auch, der sich darum kuemmert, dass wir bedient werden, als er mit seiner Familie das Restaurant verlaesst (Spaeter bekommen wir uebrigens einen Rat von einem echten Mumbaier: Wende dich im Zweifelsfall immer an einen Sikh - er wird dich nicht betruegen).
Das Essen ist koestlich - eine Art Gemuesecreme mit Schafskaese und Roti (-brot). Kurz bevor wir fertig sind, warten schon die naechsten Geier auf unseren Tisch. Wir schlendern noch ein bisschen ueber den Colaba Market und geniessen die Eindruecke.
Mumbai, 04.10.2009
Als wir aufwachen, regnet es in Stroemen. Wir lassen uns Zeit, kommen vor Erschoepfung kaum aus dem Bett. Immerhin kuehlt es langsam etwas ab. Wir bekommen wieder Fruehstueck aufs Zimmer gebracht. Welche Ueberraschung: Zwei Toasts pro Mund, Butter und Mixed Fruit Marmalade, die schmeckt wie fluessige Gummibaerchen.
Um 12 Uhr checken wir aus und machen bei Regen eine wilde Entdeckungstour durch Mumbai. Trotz des Regens herrscht auf den Strassen reges Treiben. Zuerst geht es zur Laundry Street, wo durchgeweichte Menschen von morgens 3 Uhr bis spaet abends saeckeweise Waesche waschen muessen, um ihr Ueberleben zu sichern. Anfangs fuehlen wir uns wie Eindringlinge, doch der Taxifahrer kennt viele der Arbeiter und sie finden sichtlich Freude daran, die Fotos zu betrachten, die wir von ihnen gemacht haben. Wir kommunizieren mit Blicken, Laecheln und ein paar Brocken Englisch. Wieder im Taxi, sind wir komplett durchnaesst und tief beruehrt von den Begegnungen.
Es geht weiter zum Gandhi Museum, wo in kleinen Schaukaesten sehr plastisch das Leben Gandhis dargestellt wird. Es ist aeusserst interessant und unterhaltsam, denn zum Teil wirken die Kaesten mit den Puppen sehr bizarr. Ein Erlebnis!
Auch bei dieser Taxifahrt kommen wir um einen Shopbesuch nicht herum. Wir werden von Tag zu Tag besser und schneller, den Kauf abzulehnen und den Einwicklungsversuchen der Haendler zu trotzen. Nach nur drei Minuten schaffen wir es, dem Laden zu entfliehen.
Letzter Stop ist der Fischereihafen. Auch hier kennt der Taxifahrer viele der Fischer. Trotz starkem Regen verbringen wir einige Zeit hier und beobachten die Arbeit der Fischer. Nun voellig aufgeweicht und mit nasser Kamera geht es im Taxi zurueck zum Bentleys Hotel. Wir eilen mit unserem Gepaeck Richtung Tourist Center, haben aber noch zwei Stunden totzuschlagen, bevor wir zum Busbahnhof gebracht werden. Damit unser Gepaeck nicht vollends durchnaesst, fluechten wir uns ins Leopolds (ja, das aus Shantaram). Wir wollten es unbedingt meiden, aber es ist das einzige Cafe im Umkreis des TC, das geoeffnet hat, bzw. nicht nur fuer Maenner zugaenglich ist. Wir essen, trinken etwas Heisses und lassen uns viel Zeit, denn auch hier versuchen die Kellner, die Gaeste schnell raus zu bugsieren, um die naechsten Gaeste abzuspeisen. Es wimmelt von Travellern, immer wieder kommt jemand an unseren Tisch, knipst ein Foto vom Fenster hinter uns. Als wir uns umdrehen, bemerken wir die Einschussloecher, die noch vom juengsten Terroranschlag herstammen. Terrortourismus a la carte. Wir gehen.
Coming soon - Udaipur
Aufbruch: | 01.10.2009 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 01.10.2010 |
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