Falltür ins Paradies

Reisezeit: Oktober 2009 - Oktober 2010  |  von Katharina L.

Ho Chi Minh City, 06.-09.12.2009

In China essen sie Hunde... in Chinatown auch.

In China essen sie Hunde... in Chinatown auch.

Dschungelgruen rechts und links der Landebahn. Dazwischen dunkle Verschlaege, aus denen camouflagefarbene, Geschuetze tragende Helikopter lugen. Ho Chi Minh City erinnert einen gleich bei der Ankunft daran, dass sich dieses Land mehr als 100 Jahre fast ununterbrochen im Kriegszustand befand. Der Frieden ist gerade mal 20 Jahre alt.
Aber eben auch so alt, dass zwei Drittel der Bevoelkerung bei Kriegsende noch nicht einmal geboren war.

Beide Aspekte tragen entscheidend zu dem Bild bei, dass sich uns in Saigon (wie HCMC auch von den Vietnamesen laengst wieder genannt wird) bietet.
Gelber Stern, Hammer und Sichel auf rotem Grund dominieren die weitlaeufige, wenig bevoelkerte Flughafenhalle.
Freundlich werden die Zollformalitaeten von olivgruen-rot bekleideten Grenzsoldaten geregelt. "Onkel Ho" Chi Minh schwebt ueber allem, er ist in Vietnam allgegenwaertig, nicht nur auf Fahnen, Plakaten und Aufklebern, sondern offensichtlich auch in den Koepfen vieler Vietnamesen, fuer die Ho Chi Minh nach wie vor DIE Identifikationsfigur der durch und durch patriotischen Volksseele darstellt. Der Kriegsheld, der Vietnam nach Jahrzehnten kolonialen Terrors durch Franzosen, Amerikaner und Chinesen zur Unabhaengigkeit und zur Einheit fuehrte. Dieses Erbe wird gepflegt, an jeder Strassenecke, in jedem Gasthaus, in jedem Cafe. Das ist die eine Seite.

Vietnam 3   Malaysia 1

Vietnam 3 Malaysia 1

Eine Stunde spaeter auf einer von Saigons Hauptverkehrsadern: Wieder gelber Stern auf roter Fahne, diesmal in hundertfacher Ausfuehrung in einem rasenden Mopedcorso, der unter lautem Gejohle, wie ein durchgedrehter Bienenschwarm, ueber Kreuzungen, Fussgaengerwege und ueber sechs Strassenspuren fegt. Vietnam hat ein Fussballspiel gegen Malaysia 3:1 gewonnen. Hier ist die rote Fahne mehr ein Accessoire eines neuen hedonistischen Rausches, in dem die Grossstadtjugend, eine grosse Party feiernd, gegen die Wertvorstellungen und Regeln der Kriegsgeneration aufbegehrt.

Pause an den Ufern des Saigon-Flusses

Pause an den Ufern des Saigon-Flusses

Ein Rausch, in dem die Jugend beginnt, individuelle statt kollektiver Freiheit einzufordern - Rock'n'Roll in Vietnam.
Es ist eine Zeit des Umbruchs und eines eigenwilligen "dritten Wegs": Sozialismus meets Kapitalismus in bizarrer Art und Weise. Zwischen Onkel Ho und rotem Stern funkeln Versace, BMW und Ferrari von den Haeuserfassaden um die Wette.
Mag das alles sehr charakteristisch sein fuer das heutige Saigon und Vietnam, so gibt es doch etwas, das man durchaus als das Hauptcharakteristikum dieses Landes bezeichnen koennte: das MOPED.

M-O-P-E-D

M-O-P-E-D

Das Moped scheint in Vietnam fast schon ein Teil des menschlichen Koerpers geworden zu sein. Wahrscheinlich verbringt ein Vietnamese mehr Lebenszeit auf seinem motorisierten Zweirad als im Bett.
Schon Kleinstkinder besitzen die Faehigkeit, freihaendig zwischen Papa und Mama auf dem Sattel zu balancieren, erste Romanzen spielen sich auf der ungeteilten Sitzflaeche ab, Vaeter transportieren ihre fuenfkoepfige Familie auf dem Moped zum Sonntagsausflug und noch Oma und Opa fahren damit zum naechsten Markt.
Der Verkehrszustand, der mit Hilfe tausender Mopeds in vietnamesischen Staedten herbeigefuehrt wird, ist mit Worten wie Irrsinn oder Wahnwitz nur unzulaenglich zu beschreiben.

old school artistic

old school artistic

Durch dieses Mopedchaos hindurch kaempfen wir uns noch am ersten Abend zum Zirkuszelt, das mitten in der Innenstadt steht.

Staunen - ohne Worte - Staunen

Staunen - ohne Worte - Staunen

Hier fliegen noch Artisten durch die Luft, rechnen Pudel um die Wette, balancieren Elefanten auf klitzekleinen Podesten, radeln Melone tragende Herren um Beine werfende Can Can Damen herum. Wie in den guten alten Zeiten.

Melonenzauber unterm Zirkushimmel

Melonenzauber unterm Zirkushimmel

Sicherlich einer der wenigen Hoehepunkte in einer Stadt, die uns ansonsten wenig attraktiv erscheint, so sehr Boomtown sie auch sein mag.

Mekong-Alltag

Mekong-Alltag

Am dritten Tag lassen wir uns auf eine organisierte Tagestour ins Mekong-Delta ein. Die Tour hat sicher was von einer Butterfahrt, ist jedoch weitaus besser als ihr Ruf.

Auf Langboot und Ruderboot durchqueren wir eine einzigartige, bewohnte Flusslandschaft. Der Besuch eines "floating markets" bleibt die einzige Enttaeuschung. Da wir erst am Nachmittag ankommen, floatet nicht mehr allzuviel. Lediglich die vertaeuten Marktboote der hier lebenden Haendler sind noch zu sehen.

In der Reiskueche

In der Reiskueche

Wir bekommen von unserem freundlichen jungen Guide nicht nur Einfuehrungen in die Produktion von Coconut-Candy, Reispapier, Reiswein und Reissnacks, sondern auch bildhafte Geschichtslektionen, lebendige Einblicke in die Alltagskultur sowie ein echt vietnamesisches Volkslied geboten.
Am Ende der Reise wird Katharina auf dem Markt von Can Tho sogar noch zur furchtlosen Schlangenbaendigerin (Beweisfotos existieren!).

© Katharina L., 2009
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Die Reise
 
Worum geht's?:
1 Jahr: Indien – Thailand – Laos – Vietnam – Neuseeland – Chile – Argentinien – Peru – USA
Details:
Aufbruch: 01.10.2009
Dauer: 12 Monate
Heimkehr: 01.10.2010
Reiseziele: Indien
Thailand
Vietnam
Laos
Neuseeland
Chile
Argentinien
Bolivien
Peru
Vereinigte Staaten
Der Autor
 
Katharina L. berichtet seit 15 Jahren auf umdiewelt.