Falltür ins Paradies
Lago Titicaca, 02.07.-06.07.2010
Die Hinterreifen des Busses sehen aus wie Formel-I-Slicks: Null Profil. Auch der Rest aus rostigem Blech wirkt nicht besonders vertrauenserweckend. Doch das grosse Plakat hinter dem Fahrer informiert uns darueber, dass Jesus uns auf jedem Weg beschuetzt - wir muessen nur stark genug an seine Schutzmacht glauben.
Erst nach der Ueberfahrt koennen wir unseren Bus, der mit einer anderen Faehre uebersetzt, erneut besteigen.
Und tatsaechlich erreichen wir einige Stunden spaeter wohlbehalten den grossen See, setzen mit der Faehre ueber und landen im Pilgerort und Seebad Copacabana (dem Original, im Gegensatz zur brasilianischen Kopie).
Die Landschaft erinnert ein wenig an mediterrane Inselregionen wie beispielsweise die griechischen Kykladen.
Wir beziehen das Hostal Colonial, einen grossen vierstoeckigen Bau im Kolonialstil mit Restaurant und Garten. Copacabana scheint einerseits beliebter Treff der dreadlockstragenden alternativen Kunsthandwerkerszene Boliviens zu sein, mit entsprechend laessigen, reggaegefluteten Cafes und Bars.
Andererseits ist Copacabana ein feuchtfroehlicher Pilgerort. Ganze Grossfamilien, hauptsaechlich aus La Paz, verbinden die blumenreiche Verehrung der hiesigen Madonna (die wichtigste des Landes) mit einem mehrtaegigen, bier- und schnapsseligen Familienfest am langen Strand.
Nach einigen Tagen Stranderholung setzen wir mit dem Schiff auf die Isla del Sol ueber, Geburtsstaette der Sonne nach Auffassung der hiesigen Ahnen.
Auf dem Boot lernen wir Senora Delfina, in typisch bolivianischer Tracht mit Melone und Glockenrock, und ihre zwei Enkel kennen. Delfina zueckt nach wenigen Minuten ihre kleine Taschenbibel und schlaegt die Kapitel der Apokalypse auf. Zehn Jahre haetten wir noch, wir sollten brav beten und glauben, wollten wir 2020 auch eine Chance auf Einkehr ins Himmelreich haben. Die Menschen werden dann fuer ihre Schlechtigkeit buessen muessen.
Man wird in Bolivien doch ausreichend mit christlichen Botschaften geleitet, denke ich mir. Als Delfina erfaehrt, dass wir bald nach Peru weiterreisen werden, mahnt sie uns zu groesster Vorsicht. Peruaner seien generell kriminell und ueberaus verbrecherisch.
Die Isla del Sol entpuppt sich, vor allem auf ihrer weniger von Touristen frequentierten Suedseite, als noch relativ unberuehrtes Naturereignis.
Hat man sich in duenner Hoehenluft erst einmal die endlosen Stufen und steilen Haenge der Kueste hinaufgekaempft, wird man von spektakulaeren Natureindruecken belohnt. Verlaeuft man sich dann auch noch wie wir, verpasst die Abzweigung zum einzigen Wanderweg der Insel und steht so ploetzlich auf dem weit und breit hoechsten Berg mitten in der Wildnis, ist die Aussicht vollends atemberaubend.
...und erreichen erschoepft ein kleines Strandrestaurant, wo wir uns mit deftigem Milanesa staerken.
Fuer den schwierigen Abstieg ueber die Steilseite des Berges haetten wir dann allerdings ein Bergsteigerdiplom verdient.
Nach einem ganzen Tag beschwerlichster aber wunderschoener Wanderung durch nahezu menschenleere Landschaften kehren wir am Abend mit einer Flasche Rotwein auf unseren wunderschoenen Hostelbalkon mit Blick ueber die Bucht von Yumani zurueck.
Am naechsten Vormittag fahren wir mit dem Boot zurueck ans Festland, verbummeln den Tag im Garten des Colonial und am Strand, wo wir fuer die Kamera noch den ¨Popokatepetltwist am Titicacasee¨ tanzen.
Am Abend besteigen wir einen kleinen Transporter, der uns zur peruanischen Grenze bringt. Die Zollformalitaeten sind ueberraschend schnell, ohne jede Gepaeckkontrolle, erledigt. In einem anderen Minibus geht es nach Puno, wo wir gegen 23.00 Uhr mit dem Nachtbus nach Cusco aufbrechen.
Aufbruch: | 01.10.2009 |
Dauer: | 12 Monate |
Heimkehr: | 01.10.2010 |
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