TimeOut in Südamerika

Reisezeit: April - August 2008  |  von Beatrice Feldbauer

Woche 14 12.-18. Juli 2008: Krank

Jetzt hat es mich erwischt. Ich liege im Bett und kann nicht aufstehen. Mein ganzer Körper weigert sich, irgendetwas zu machen. Ich bin gestern Abend todmüde im Hotel angekommen und gleich ins Bett geschloffen. Habe nicht einmal mehr den Radiator eingeschalten, den ich vorher jede Nacht gebraucht hatte, weil es in der Nacht im Zimmer kalt war. Und jetzt ist Morgen, Sonntagmorgen. Ich schlottere unter der dünnen Decke, habe aber keine Energie, aufzustehen, und wenigstens jetzt die Heizung einzuschalten. Ich kann auch nicht aufstehen, obwohl ich höre, wie unten im Hof das Frühstück serviert wird. Ich bin erkältet und habe mir in den letzten Tagen auch noch einen lästigen Husten geholt. Und ich bin müde. Wahrscheinlich habe ich Fieber aber ich bin nicht fähig, den Fiebermesser aus dem Gepäck zu holen.

Seit Wochen bewege ich mich auf einer Höhe von über 3'000 m. Seit Wochen komme ich jeden Tag an meine persönlichen körperlichen Grenzen. Ich absolviere hier sozusagen ein Höhentraining. Das war mir bei der Planung der Reise überhaupt nicht bewusst. Ich wusste zwar, dass ich in La Paz eine sehr ungewohnte Höhe erreichen würde, aber dass ich die ganze Zeit auf dieser Höhe bleiben würde, war mir nicht klar. In Cusco sind es noch immer über 3'000 m und gestern in Aguas Calientes glaubte ich, endlich mal etwas tiefer zu sein, was am Freitag mein Vater am Telefon aber mit einem Lachen quittierte: "2'100 m sind immer noch sehr hoch, so hoch bist du in der Schweiz sehr selten". Womit er natürlich sehr recht hatte.

Gestern war ich in Machu Picchu, einem eigentlichen Höhepunkt und Ziel meiner Reise. Die Erfüllung eines Kindheitstraumes. Bis dahin hielt mein Körper durch, aber jetzt kann er nicht mehr. Ich liege flach, will nur noch schlafen. Und möchte jetzt, dass jemand kommt, mich fragt wie es mir geht und mir einen Tee bringt, mir über die Haare streicht und sagt: "Das kommt schon wieder".

Kaum habe ich das gedacht, läutet das Telefon. "Si, digame?" Es ist die Rezeption. "Wie geht es ihnen, Auscheckzeit war vor einer halben Stunde." "Ja ich weiss, aber ich fühle mich heute krank, es geht mir nicht sehr gut." "Soll ich ihnen einen Mate de Koka bringen?"

Fünf Minuten später steht sie da mit dem Tee mit frischen Kokablättern. Und sie bringt mir auch noch zwei warme Wolldecken und schaltet den Radiator ein.

Sie sagt noch "Guidense", "passen sie auf sich auf", bevor sie das Zimmer verlässt und ich sage zu mir: "Das kommt schon wieder".

Und dann trinke ich den Tee mit viel Zucker und einem Aspirin. Und versuche zu schlafen und die eigenartigen Fieberträume zu ignorieren. Um vier Uhr Nachmittags erkundigt sie sich noch einmal wie es mir geht und bringt noch einmal einen Tee. Ich bin unterdessen sicher, das Fieber überwunden zu haben und hoffe, dass ich trotz des vielen Schlafens heute Abend im Bus noch etwas Schlaf finden werde.

Um sieben wird mich Ever abholen und zum Bus bringen. Er hat mir einen bequemen Bett-Schlaf-Sitz gebucht. Ich bin nicht sicher, aber ich glaube meine nächste Station liegt endlich wieder etwas tiefer. Nachsehen könnte ich das jetzt im Google Earth, aber das kann ich nur aufrufen, wenn ich mit meinem PC Internet habe, und das gibt es hier im Hotel leider nicht. Ja, ich war heute noch nicht mal im Internet, das war sonst immer das erste am Morgen. Ich werde aber noch rasch an den Apparat gehen und nachsehen, wer mir geschrieben hat. Und diesen Tagesbericht absenden.

Die beiden fehlenden Berichte von Freitag und Samstag werden nachgeliefert, aber ich war die letzten zwei Tage nur mit dem Rucksack unterwegs und hatte meinen Laptop im Hotel in Cusco gelassen. Darum sind die Berichte zwar im Notizbuch, aber noch nicht im Computer. Ausserdem bin ich jetzt zwei Tage nacheinander schon um fünf Uhr aufgestanden. Das ist für meine Verhältnisse extrem früh.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nicht Nichtstun steht im Mittelpunkt. Sondern etwas tun, wofür im normalen Alltag zu wenig Zeit bleibt. Meine beiden Leidenschaften Reisen und Schreiben möchte ich miteinander verbinden. Und wenn mich dabei jemand begleitet, umso schöner. Es sind vor allem Geschichten, die ich erzähle und erst in zweiter Linie Beschreibungen von Orten und Gebäuden. Ich möchte versuchen, Stimmungen herüberzubringen. Feelings, sentimientos. Wenn mir das manchmal gelingt, ist mein Ziel erreicht.
Details:
Aufbruch: 12.04.2008
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 03.08.2008
Reiseziele: Uruguay
Brasilien
Paraguay
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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