TimeOut in Südamerika
Woche 13 5. - 11. Juli 2008: Inka-Tour
Eigentlich hatte ich für heute Nachmittag die City-Tour gebucht und mich auf verschiedene Kirchen, Plätze und Museen eingestellt. Eine solche Tour ist immer interessant, um einen Überblick über eine Stadt zu erhalten.
Cusca war die Hauptstadt des Inkareiches. Hier wohnte der Inka, der König und die Adeligen sowie die Priester. Und eine riesige Anzahl von Jungfrauen, die dem Inka jederzeit zu Diensten standen. Es ist also nicht verwunderlich, dass es eine Tour durch die Inka-Welt wird. An der Plaza Recojio, gleich in der Nähe von meinem Hotel soll die Tour losgehen.
Ever hatte für mich gebucht und er weiss, in welchem der vielen Busse mein Platz ist. Er macht wirklich Vollservice, hat mich im Hotel abgeholt und wartet, bis der richtige Bus kommt. Und es sind viele Busse, die heute die Tour machen. Alle sind voll besetzt. Cusco ist der erste Ort auf meiner Reise, an dem es wirklich von Touristen wimmelt. Keine Frage, dass eine Exkursion nicht stattfinden könnte, wegen zu wenig Teilnehmer. Im Gegenteil, man muss hier alles früh genug reservieren. Darum sind auch so viele Reiseleiter unterwegs.
In meinem Hotel sehe ich sie ständig in der Lobby. Smarte Reiseleiter, die gewandt in Spanisch oder Englisch den Cusco-Aufenthalt mit Kunden diskutieren. Selbstverständlich kann man das auch alles auf eigene Faust machen. Kommt dabei auch bestimmt etwas günstiger. Aber man verliert viel Zeit und muss die zuständigen Stellen suchen. Der Guia nimmt all diese Arbeit ab, weiss genau, wo man sich einfinden muss und was sich lohnt, anzusehen.
Live-Musik zum Mittagessen
Indio-Frauen vor der Kirche
Meine City Tour fängt also nach dem Mittag an und führt uns gleich zum grössten Inka-Tempel überhaupt. Quorikanchal, der Sonnentempel der Inkas. Selbstverständlich wurde dieser Tempel von den Spaniern zerstört und darauf das Kloster und die Kirche Santo Domingo gebaut. Doch ganz konnten sie die Strukturen nicht zerstören, zu gewaltig waren die Grundmauern dieses Tempels. Und so bauten sie einfach ihre Kirche auf die Inkamauern. Das führte promt dazu, dass bei einem Erdbeben die neuen Mauern zusammenfielen, während die dicken und erdbebensicheren Mauern der Inkas stehen blieben.
Der Sonnentempel / Santo Domingo
Es ist eine gewaltige Kirche, die da auf dem Tempel wieder aufgebaut wurde. Wir besichtigen die verschiedenen Zeremonienräume, die in ihren Grundstrukturen noch intakt sind. Allerdings sind sie völlig leer und man kann sich kaum vorstellen, wie das hier zur Inka-Zeit ausgesehen hat. Die Mauern waren mit Gold bekleidet und die Fenster waren so angeordnet, dass die Sonne das Gold erstrahlen liess.
Blick durch verschiedene Fenster
Im Zimmer des Inka gibt es ein Fenster, das direkt zum Morgenstern ausgerichtet ist. Auf der Terrasse zeigt uns Benjamin, unser Guia die Mauer, die den Tempel umschloss. Auch dieser war mit Gold überzogen und im grossen Garten gab es Bäume und Tiere in Lebensgrösse aus Gold.
Das war einmal ein goldener Garten
Kein Wunder waren die Spanier beeindruckt. Bestimmt war es diese Unmenge von Gold, das den Untergang des Inkareiches besiegelte. "20 % des Goldes ging an die damalige spanische Königin Isabell und 80 % behielten die Benediktiner, die dieses Kloster bauten. Damit ging ein grosser Teil davon an den Vatikan". Weiter besuchen wir die grosse Gemäldesammlung.
Der Klosterhof
Hier sind keine Fotos erlaubt. Das kann ich nachvollziehen, denn Blitzlicht könnte den alten Gemälden schaden. Aber es darf überhaupt nichts fotografiert werden, das der heiligen katholischen Kirche gehört oder religiöse Darstellungen enthält. Ich finde das ziemlich übertrieben, wenn ich sehe, welche Massen von Touristen da täglich durch die Räume geschleust werden. Da können die Räume im ganzen Rummel trotz Fotografierverbot nicht heilig blieben. Doch im Moment stellt sich dieses Problem nicht, wir kommen gar nicht in die Kirche selber, sondern bleiben im historischen Inka-Bereich
Erdbebensichere Inkaumauern
Benjamin erklärt uns ein paar Bilder. Wie hier in die bekannten Szenen indianische Motive eingebaut wurden. Christus trägt auf einem Bild zum Beispiel einen weissen Spitzenrock, wie er in den Dörfern draussen den umschuldigen Kindern angezogen wird. Ausserdem hat er indianische Züge. Und der Gipfel des ganzen sind Maria und Johannes, die beim Kreuz stehen und offensichtlich etwas in der Backe kauen: Kokablätter. Wären die Gemälde neuer, oder nordamerikanisch, würde man sagen, sie wären am Kaugummi kauen.
eine riesige Festung mit einer dreifachen Mauer
Wir verlassen den Sonnentempel und fahren aus der Stadt hinaus in die Hügel.
Hier oben, mit Blick auf die Stadt, erstellten die Inkas eine riesige Festung. Saqsaywaman. Sexy Women in der Umgangssprache.
Ungeheuer grosse Steinblöcke mussten behauen und in die richtige Position gebracht werden, so dass eine dreifache uneinnehmbare Mauer entstand. Die Inkas kannten noch kein Eisen, ihr Metall war Bronze. Da ist es kaum vorstellbar, wie sie diese riesigen Blöcke behauen hatten. Benjamin erklärt es so: "Sie bohrten Löcher in einer Linie in den Stein, gaben trockenes Holz hinein und gaben Wasser dazu. Das Holz sog das Wasser auf und dehnte sich aus. Dadurch wurden die Blöcke gesprengt. Sie mussten danach aber noch behauen werden, damit sie ohne Zement so genau ineinander passten."
Da passt alles ganz genau
Wir bekommen eine halbe Stunde Zeit, uns in dem riesigen Komplex umzusehen. Hier in der Gegend war auch das Wasserreservoir. Gespiesen von einer Lagune in den Bergen, die auch heute noch das Trinkwasser für Cusco liefert.
Ausserdem gab es drei Zisternen von Wasser, das nur zu rituellen Zwecken benutzt werden durfte. Ein grosser Teil der Mauern wurde von den Spaniern mit Dynamit zerstört und die Steine wurden für den Bau von Häusern und Kirchen in der Stadt benutzt.
Etwas weiter in den Hügeln liegt Q'uenqo, ein Fels, in den das Grab des Inkas gebaut wurde. Von den Inkas zu sprechen ist eigentlich nicht richtig, denn der Inka war der König. Er herrschte über ein grosses Reich, das aus verschiedenen Völkern und Stämmen bestand.
Fast jedes Dorf hatte seine eigene Kultur, seine eigene Sprache. Aber es unterstand dem Inka, der durch Läufer Kontakt mit seinen Untertanen hatte. Und hier stehe ich also vor dem Grab des Inka. Er wurde in einer aus dem Stein gehauenen Nische tief im Felsen beigesetzt.
Selbstverständlich ist die Nische heute leer. Alles haben die Spanier mitgenommen, nur die Steine sind geblieben.
zum Felsengrab
Unser nächster Halt ist Tambomachay. Der Erholungsort des Inkas. Hierher zog er sich manchmal zurück. Früher gab es hier Bäume und es muss ein kühler angenehmer Aufenthalt gewesen sein.
Es gibt zwei Wasserstrahle, die hier aus dem Fels gehauen sind. Benjamin erklärt die Bedeutung: "Lonely Planet, der bekannteste Reiseführer erklärt, dass das Wasser ewiges Leben gäbe. Es gibt aber ein anderes Buch, das erzählt, dass wer von linken Strahl trinkt, keine Kinder bekommt, während es vom zweiten Strahl jede Menge Kinder gibt. Es gibt aber noch ein weiteres Buch, das verspricht nur Buben vom einen und nur Mädchen vom anderen Strahl." Heute ist der Zugang zum Wasser gesperrt. Zu unsicher ist wohl der Zweck der beiden Wasser. Wenn man nur an die Haftungsprozesse von Amerikanern denkt, scheint mir dies sinnvoll.
Soll ich, soll ich nicht? Der Zugang ist versperrt, Entscheidung abgenommen.
Unser letzter Besuch gilt einer weitere kleineren Festung, von der man den Inkatrail, die alte Strasse kontrollieren konnte. Unterdessen ist die Sonne untergegangen und es wird schnell dunkel. Wir fahren zurück in die Stadt.
Wer sieht die Schneeberge?
Es war ein äusserst interessanter Ausflug, der verschiedene Einblicke in das Leben des Inkas gab.
Was etwas mühsam war, waren die vielen Verkäuferinnen, die einem an jedem Halt ihre Waren anboten. Manchmal wird das zu einem richtigen Spiessrutenlaufen.
Man darf keine der Frauen auch nur ansehen, geschweige denn lächeln, schon bleibt sie einem auf den Fersen und hält einem ihre steinernen Pumas und Condore, farbige Tücher, warme Kappen und Handschuhe und bunte Wandteppiche unter die Nase.
Schöner sind da die Frauen, die überall mit ihren Lamas stehen und sich für einen Soles fotografieren lassen. Obwohl, auch das ist irgendwann zuviel des Guten, auch wenn der auffällige Amerikaner sich zu jeder Frau stellte und sich von seiner Frau und Tochter mit dem Fotoapparat knippsen liess, um gleich darauf das gleiche mit der Videokamera und seinen beiden Frauen noch einmal zu wiederholen. Mühsam und irgendwann nervig.
Wer lächelt schöner?
Fotosujets...
Einmal wies ich ihn zurecht, dass er jetzt den Frauen mindestens etwas Geld geben sollte. Damit kam ich nicht sehr gut an, und wurde dann selber beobachtet, ob ich auch immer Geld gäbe. Einerseits finde ich das ganze äusserst blöd, aber andererseits ist es natürlich schon so, dass man als Tourist schöne Sujets sucht. Dass man jemandem etwas geben sollte, der sich extra herausgeputzt hat, kann ich auch verstehen. Aber das Ausnutzen des schönen Sujets und arrogant weitergehen konnte ich irgendwann nicht mehr mitansehen.
Den Abend lasse ich in einem kleinen Kaffee mit Live-Musik ausklingen und dann muss ich natürlich noch im Internet nachsehen, ob jemand geschrieben hat. Den Bericht aber schreibe ich erst heute Mittwoch, denn nach der Tour war ich zu müde, mich eingehend mit dem langsamen Hotel-Computer auseinander zu setzen.
Aufbruch: | 12.04.2008 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 03.08.2008 |
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