TimeOut in Südamerika

Reisezeit: April - August 2008  |  von Beatrice Feldbauer

Woche 2 19.-25. April 2008: Tiere

Als ich letzte Nacht ins Badezimmer musste, sah ich etwas eigenartiges auf dem Lavabo liegen. War das gestern schon da? fragte ich mich irritiert, hätte ich doch sehen müssen. Nein war es nicht, es war auch jetzt bereits wieder weg, denn das Fröschchen hatte sich in die Dusche geflüchtet. Am Morgen glaubte ich an eine Sinnestäuschung, denn vom Frosch fehlte jede Spur.

Ich bin da mitten in den Tieren gelandet. Auf einem Bauernhof. Stella hat den Hof vor ein paar Monaten mit all den Tieren übernommen. Nebst ihren 2 Stuten und 2 Hengsten gibt es ca. 20 Kühe, wobei mehr als die Hälfte gerade ein Kälbchen bekommen oder in den nächsten Tagen bekommen wird. Unerwartet, wie Stella betont, niemand wusste, dass die Kühe trächtig sind. Haupteinnahmequelle ist die Milch. Eine Kuh gibt in der Regel ca. 30 - 40 Liter Milch täglich. Da im Moment nur 8 Kühe gemolken werden können, sind die Einnahmen gering. Verkauft wird die Milch direkt ab Stall, an Nachbarn, ans Altersheim und an den Milchmann.

Nebst den Kühen wohnen auch noch eine ganze Anzahl Hennen und Hähne hier. "Was machst du mit den Eiern will ich wissen", denn ich hätte nichts gegen ein Frühstücksei. "Oh, die fressen die Hunde. Wenn du ein Ei willst, musst du das früh genug melden, dann suchen wir dir eines". Ja, Hunde gibt es jede Menge. Sie heissen John, Pancho, Kessy und Franz und Sissi. Wobei man nicht lange raten muss, wer die beiden letzten Namen vergeben hat. Aus sonnigen Plätzchen liegen ein paar Katzen und auf der Weide runden 4 Gänse die Menagerie ab und das was da gerade über meine Tastatur krabbelt, ist eine Ameise. Und dann darf ich ein Tier auf gar keinen Fall vergessen. Der Lagarto, die Echse. Simon hat sie selber gemacht und Stella zu Weihnachten geschenkt.

Es ist Abend geworden. Ich sitze vor meiner Haustüre und geniesse den ruhigen Abend. Gerade eben ist die Sonne mit grossem Aufwand am Horizont untergegangen und ihre letzten Strahlen beleuchten noch immer den Himmel.

Frika, bereit zum Morgenritt

Frika, bereit zum Morgenritt

Am frühen Morgen waren wir wieder gut zwei Stunden reiten. Die Gegend ist wundervoll. Keine Einschränkungen, überall darf man mit den Pferden durchreiten. Manchmal sind es Feldwege, manchmal reiten wir einfach durchs Gras, durch die Steppe. Palmen und Sträucher säumen die Wege. Heute wurden wir von zwei Männern aufgehalten, die auf einer Weise gerade ihren Terere tranken. Sie luden uns ein, mitzumachen und so kamen wir statt zu einem Kaffeeklatsch zu einem kleinen Terereklatsch. Ich hatte mich heute beim Reiten bemüht, etwas mehr mit den Beinen und den Füssen in den Steigbügeln zu arbeiten und als wir zurück kamen, fühlte ich meine Beine kaum mehr.

Terere-Klatsch statt Kaffee-Klatsch

Terere-Klatsch statt Kaffee-Klatsch

Die haben richtig gezittert und ich konnte kaum mehr laufen. Wir setzten uns daher in den Schatten zum Frühstück. Gerade hatten wir uns gemütlich hingesetzt, als Besuch kam. Micha und Eva aus Deutschland, kamen rasch auf einen Sprung vorbei. Sie waren bis vor kurzem Nachbarn von Stella, aber jetzt sind sie etwas weiter weggezogen. Sie waren auf dem Weg in die Stadt zum Einkaufen und fragten, ob wir Lust hätten, mitzukommen. Klar, immer, ich wollte doch unbedingt die Basilika in Caacupé besichtigen. Gerade wollten wir losfahren, als der Mechaniker mit Stellas Auto daherkam. Es war wieder geflickt, aber der Luftfilter fehlte noch. Den sollten wir von der Stadt gleich mitbringen.

Die Basilika mit der Jungfrau Maria erwies sich als sehr schöne Kirche, ganz in Weiss. Wahrscheinlich war sie kürzlich neu gestrichen worden, denn vor allem der helle Innenraum überraschte mich. Und die sehr schönen Glasfenster. Ich knipste ein paar Fotos, als ich von einer alten Frau angesprochen wurde: "Señora, sie wissen aber schon, dass sie sich in einer Kirche befinden". Beschämt, steckte ich die Kamera ein und ein paar Minuten entdeckte ich genau die gleiche Frau, wie sie sich mit ihrer Familie vor der Marienstatue aufstellte und von einem professionellen Fotografen aufgenommen wurde. Dass auch ich danach noch ein paar Bilder schoss, versteht sich von selbst.

Zum Mittagessen gingen wir zum Thüringer. Zu Dieter und Nora. Ihr Restaurant ist sehr hübsch, typisch deutsch und es gab selbstverständlich deutsche Spezialitäten. Nebst dem Restaurant haben sie auch eine Pension und sie halten in grossen Käfigen Papageien und Tukane. Es ist sehr eindrücklich, was sie in den 12 Jahren seit sie hier sind, geschafft haben. www.paraguay-pension.com

Zurück auf dem Hof, wollte ich erst ein wenig ausruhen. Ich muss ziemlich müde gewesen sein, denn als Stella zwei Stunden später klopfte, war ich gerade dabei, wieder aufzuwachen. Sie hatte eine Probefahrt mit ihrem Auto gemacht und einen Liter Eis mitgebracht. Das teilten wir dann mit den drei Männern, die den ganzen Tag am Pferdestall gearbeitet hatten. Jeder bekam einen Plastiklöffel in die Hand und auf los ging's los. Feine Mischung: Stracciatella, Schokolade, Karamell und Vanille.

Ich machte danach noch einen kurzen Verdauungsspaziergang über den Hof und entdeckte ein Kalb in einer ziemlich prekären Lage. Hugo und Simon lachten erst mal eine Runde, bevor sie dem armen Tier aus dem Brunnentrog halfen. "Das wird ihm eine Lehre sein" meinte Simon, nachdem das Tier klatschnass wieder auf der Weide stand.

ziemlich missliche Lage für ein Kalb

ziemlich missliche Lage für ein Kalb

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nicht Nichtstun steht im Mittelpunkt. Sondern etwas tun, wofür im normalen Alltag zu wenig Zeit bleibt. Meine beiden Leidenschaften Reisen und Schreiben möchte ich miteinander verbinden. Und wenn mich dabei jemand begleitet, umso schöner. Es sind vor allem Geschichten, die ich erzähle und erst in zweiter Linie Beschreibungen von Orten und Gebäuden. Ich möchte versuchen, Stimmungen herüberzubringen. Feelings, sentimientos. Wenn mir das manchmal gelingt, ist mein Ziel erreicht.
Details:
Aufbruch: 12.04.2008
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 03.08.2008
Reiseziele: Uruguay
Brasilien
Paraguay
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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