TimeOut in Südamerika

Reisezeit: April - August 2008  |  von Beatrice Feldbauer

Woche 8 31. Mai - 6. Juni 2008: Streik

"Es ist noch nicht ganz sicher, ob die Busse heute Abend fahren", meinte Christian, der Sohn des Hauses heute Morgen. "Viele Camion-Chauffeure streiken und die Versorgung mit Benzin macht bereits Schwierigkeiten." Ja ich erinnerte mich, als wir am Mittwoch-Abend ankamen, sah ich eingangs Stadt ein grosses Feuer. Wegen dem dicken schwarzen Rauch vermutete ich, dass Pneus verbrannt wurden. Und ausserdem standen etliche grosse Lastwagen etwas quer in der Strasse. Weil wir aber schliesslich mit dem Bus durchkamen, vergass ich die Sache wieder. "Ich muss aber morgen in Puerto Natales sein", sagte ich, was könnte ich denn sonst machen. "Warts ab, sie sind im Moment am Verhandeln, vielleicht bessert sich die Lage ja bis zum Abend".

Das war bestimmt richtig, es hatte keinen Sinn, sich jetzt schon Sorgen zu machen. Ich hoffte, dass die Verhandlungen zu einem guten Ende kämen und machte mich auf in die Stadt. Als ich bei einer Tankstelle vorbei kam, war gerade ein kleiner Camion da und füllte auf. Ein gutes Zeichen. Weil ich schon dabei war, kontrollierte ich auch den Preis und staunte nach der Umrechnung nicht schlecht: Fr. 1.45 der Liter.

Ich hatte den Laptop mitgenommen und ging ins Cafe im Hafen. Wunderbar, mein Laptop bekam Verbindung und so hatte ich das schönste Internetcafe, indem ich bisher war. Ich bestellte eine heisse Schokolade und machte es mir bequem. Ein wenig chatten, ein wenig surfen, meine Homepage mit einer neuen Foto und dem aktuellen Reisestand updaten und ein paar Mails beantworten. So ging die Zeit schnell vorbei.

Irgendwann fand ich, es wäre nun doch Zeit zu gehen, vor allem weil ich das Museum noch besuchen wollte. Im Hafengelände kam ich an einer riesigen Baustelle vorbei. Ich schaute ein wenig zu, wie die Arbeiter da wie Ameisen herumkrabbelten, als ein Mann neben mir stehen blieb und ebenfalls dem Treiben zusah. Ich fragte ihn, ob er wisse, was das gebaut würde. "Ja ein Hotel mit sieben Stockwerken und Casino" sagte er und stellte sich vor: Luis Delgado und weil er sofort gemerkt hatte, dass ich nicht aus Chile bin, wollte er wissen woher ich denn wäre und was ich da so mache. Was ich schon gesehen hätte und wohin die Reise weiter gehen würde. Als ich ihm erzählte, was ich morgen vor hätte, strahlte er. "Das ist ganz toll, das hab ich vor ein paar Jahren auch gemacht. Wunderbar, du musst mir erzählen, wie dir das gefallen hat." "Ja, mach ich, wenn du mir schreibst", sagte ich und gab ihm meine Mailadresse. Jetzt bin ich gespannt, ob er sich melden wird. Dann werde ich eben den Reisebericht auch mal in Spanisch schreiben müssen. Zusätzlich meine ich natürlich, nicht ausschliesslich.

Auch in dieser Stadt gibt es wieder die unterschiedlichsten Baustile nebeneinander. Die meisten Häuser sind einstöckig, einige sind zweistöckig und dann gibt es auch neue Gebäude, die wesentlich höher sind. Ein paar alte Villen erzählen von den Anfängen der Stadt, als hier die Schafbarone noch das Sagen hatten. Als sich die Tochter und der Sohn der beiden reichsten Familien vermählten, liessen sie 1905 ein neues Haus bauen, in dem nichts gut und teuer genug sein konnte.

Das Museum

Das Museum

Und eben dieses Haus ist heute ein Museum, in dem man sehen kann, wie hier vor 100 Jahren die Reichen gelebt haben. Alles wurde aus Europa importiert. Von den Tapeten bis zu den Möbeln, den Keramikplatten im Badezimmer bis zu den Vorhängen im Schlafzimmer. Ausserdem gibt es im Spielzimmer einen schweren grünen Billardtisch und im Keller eine englische Zentralheizung. Das Büro, das Schlafzimmer, der Speisesaal, alles sehr nobel und mit riesigen Lüstern beleuchtet. Das ganze Haus steht den vornehmen Schlössern in Europa aus jener Zeit in nichts nach.

Im Keller gab es eine riesige Küche, einen Wein- und Vorratsraum und ein paar Kellergewölbe, wo im Moment eine Ausstellung mit aktuellen Keramikfiguren gezeigt wurde. Die Bäume im Garten sind riesig. Das ist hier besonders speziell, denn in diesem Klima wachsen die Bäume sehr langsam. Es mussten also alte Bäume sein, älter als das 100-jährige Haus.

Ich spazierte weiter durch die Stadt, machte mich selber auf die verschieden farbigen Fassaden aufmerksam. Speziell fiel mir der Kindergarten auf, der durch seine Bemalung den Kindern bestimmt schon von aussen Freude macht, einzutreten.

Das Magellan-Museum war geschlossen. Würde erst in einer guten Stunde wieder öffnen. Also ging ich in ein Pup, das gerade in der Nähe war und bestellte einen Cappuccino. Gerade richtig, um ein wenig zu plaudern, dachte ich, als das Telefon läutete. Elsbeth hat das Flair, immer im richtigen Moment anzurufen.

Im Magellanmuseum werden vor allem Erinnerungen an die Zeit der Entdeckungen aufbewahrt. All die Fotos der wagemutigen Seefahrer, die die verschiedenen Seewege zum ersten mal erkundet hatten. Muss ein eigenartiges Gefühl gewesen sein, durch Gebiete zu fahren, die auf der Landkarte erst weisse Flecken waren. "Nach 34 Monaten unterwegs" stand unter einer grossen Foto, die einen Dreimaster zeigte, der im Eis stecken geblieben war. Und dann fand ich all die Tiere wieder, die hier in der Gegend leben. Es sind immer uralte Exemplare, die da in den Vitrinen aufgestellt sind und bei den Guanacos und dem Puma sah man die uralte Technik des Ausstopfens. Sie standen so steiff und verdreht da, dass ich nicht verstehen konnte, warum man nicht neuere Ausstellungsobjekte machen konnte.

Interessanter war die Ausstellung über die Indianer, die in dieser Gegend gelebt hatten. Sie trugen Tierfelle gegen die Kälte und gingen mit Pfeil und Bogen auf die Jagd. Daneben benutzten sie natürlich die diversen Harpunen für den Fischfang. Auch die ersten Einwanderer wurden gezeigt. Es waren vor allem Missionare. Sie kamen mit Kreuz und Marienbildern, zeigten den Indianern aber auch neue Arbeitstechniken, wie schreinern und stricken und weben. Ich glaube, diese Indianer sind nicht komplett ausgestorben, wie jene im Süden. Ich hatte manchmal das Gefühl noch etwas von den entschlossenen wilden Minen zu sehen, wenn ich in die Gesichter von Passanten schaute.

Der letzte Saal war etwas moderner und zeigte die Methanolgewinnung im Chile und dass hier auch Erdöl gefunden wird. Kernbohrungen bis zu 1800 m zeigten die verschiedenen Schichten, die hier in der Erde gefunden werden. Fotografieren war übrigens verboten und weil überall Kameras installiert waren, die von dem Mädchen an der Rezeption überwacht wurden, traute ich mich nicht, heimlich einen Indianer einzufangen.

Und dann war es Zeit, zum Hostal zurückzukehren. Christian wollte mich zum Bus fahren. "Doch, die Busse fahren wieder", es würde also klappen mit meiner Fahrt nach Puerto Natales. Es war nur eine kurze Fahrt von drei Stunden durch die Nacht und pünktlich um neun kam der Bus an. Ich hatte diesmal auf Empfehlung von Diego ein Hotelzimmer reserviert und das Taxi brachte mich zum Hotel Alcazar, wo Alejandro auf mich wartete. Auch schön, erwartet zu werden. Und dass das Hotel wireless-Internet-Anschluss hat, ist natürlich ganz speziell gut, denn so kann ich meinen heutigen Bericht ganz bequem im Zimmer schreiben und abschicken.

Ach ja, und bevor ich es vergesse, selbstverständlich werde ich morgen um 12.00 Mittags beide Daumen drücken.
HOPP SCHWIIZ

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nicht Nichtstun steht im Mittelpunkt. Sondern etwas tun, wofür im normalen Alltag zu wenig Zeit bleibt. Meine beiden Leidenschaften Reisen und Schreiben möchte ich miteinander verbinden. Und wenn mich dabei jemand begleitet, umso schöner. Es sind vor allem Geschichten, die ich erzähle und erst in zweiter Linie Beschreibungen von Orten und Gebäuden. Ich möchte versuchen, Stimmungen herüberzubringen. Feelings, sentimientos. Wenn mir das manchmal gelingt, ist mein Ziel erreicht.
Details:
Aufbruch: 12.04.2008
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 03.08.2008
Reiseziele: Uruguay
Brasilien
Paraguay
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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