TimeOut in Südamerika

Reisezeit: April - August 2008  |  von Beatrice Feldbauer

Woche 15 19. - 25. Juli 2008: Abschied

Und wieder einmal heisst es Abschied nehmen. Und wieder einmal habe ich das Gefühl, diesmal sei es besonders schwierig. Ich habe mich unterdessen sehr gut eingelebt. Habe mich an kalte Duschen und dunkle Nächte gewöhnt. An das einfache Bett ohne doppelte Federkernmatratze und rückenschonenden Lattenrost. An einfache Tagesabläufe. Ans Lachen und Necken und an tiefe ernsthafte Gespräche. Abschied auch von den Papageien, die manchmal vor meinem Zimmer plapperten.

Anscheinend gibt es noch jemanden, der traurig ist. Der Nachtwächter hat mir heute nach dem Frühstück angeboten, meine Wäsche zu waschen. "Ja, ich habe schon einiges, was gewaschen werden müsste, aber ich werde heute Nachmittag abreisen". "Oh que lastima, ich werde dich vermissen", lächelt er.

Ich lasse mich noch einmal mit dem Kanu über den Weiher schippern. Mir gefällt dieses romantische Gefühl, auch wenn Joaquin wieder einmal nonstop Erklärungen von sich gibt. Er fühlt sich verpflichtet, mir alles genau zu erklären. Dabei kann ich mir ja all diese Namen gar nicht merken, möchte lieber noch ein wenig die Geräusche des Waldes hören. Ausserdem entdeckt Joaquim die Vögel auch nicht früher als ich. Er ist in Iquitos aufgewachsen und obwohl er den Dschungel liebt, fehlt ihm dieses tiefe Verständnis dafür. Er würde wohl nie den Gecko hoch oben in den Ästen entdecken, den mir Horacio gestern beim Hafen gezeigt hat. Es war nur eine kleine Bewegung die ihm angezeigt hatte, dass da oben etwas wäre. Ich musste lange hinsehen, bis ich den grasgrünen Kerl endlich sah und glaubte schon, Horacio wolle mich narren.

Ein Geier

Ein Geier

Joaquin erzählt von seinen Erfahrungen mit Schamanen. Er hat eine spezielle Medizin getrunken, von der er Halluzinationen bekam. Es war eine sehr tiefe Erfahrung, die ihn in seinem Leben weiter gebracht hat. Nein, meint er, Drogen würde er niemals nehmen, aber das sind ja alles nur natürliche Dinge. "Todo natural".

Dann muss ich nur noch meinen Rucksack packen. Beim Wasserhahn ist heute grosse Wäsche. Ich bin nicht die einzige, die heute die Lodge verlässt und Sonja hat viel zu tun.

Die Wäscherei

Die Wäscherei

Vom Speisesaal ertönt eine kleine Melodie. Jemand klimpert auf der Gitarre, der eine Saite fehlt. Immer wieder nimmt sie jemand in die Hand, versucht ein paar Töne und diese werden dann durch das Camp getragen. Interessant, wie viel Bedeutung diese Musik plötzlich bekommt, wenn es keine Lautsprecher mehr gibt, aus denen pausenlos Musik ertönt.

Diesmal ist es der Nachtwächter, der die Gitarre in der Hand hält und versucht, ihr ein paar Klänge zu entlocken. Dazu singt er ganz leise und wehmütig: "Adios Beatrice, que lastima, que te vas..." Scheint ihn ja zünftig erwischt zu haben. Als Frau allein zu reisen ist eben doch etwas ungewöhnlich und wahrscheinlich ist es nur normal, dass man da etwas auffällt.

Im Speisesaal ist ein neuer Gast aufgetaucht. Eine grosse Tarantel klettert der Wand entlang und wird von allen bewundert. Wie schnell man sich doch an dieses Leben in der Natur gewöhnt. Niemand schreit, niemand verlangt, dass dieses Viech sofort entfernt wird. Alle freuen sich, eine neue Spezies kennen zu lernen.

Nach dem Mittagessen heisst es endgültig Abschied nehmen. Das Schnellboot ist im Hafen angekommen. Horacio begleitet mich bis zum Boot und so unglaublich es klingt, er entdeckt noch einmal ein Faultier auf einem hohen Ast. Wollte sich wohl auch verabschieden.

Dann geht alles schnell. Nach der Ankunft in Iquitos werde ich zum Flugplatz gebracht, wo mein Flug schon bald aufgerufen wird. Ich fliege zurück nach Lima. Eigentlich hatte ich Alex am Flugplatz erwartet, aber er hat ein Taxi geschickt, das mich ins Hostal bringt, das zur Agentur gehört, bei der ich den Dschungelausflug gebucht hatte. Ich verbringe die halbe Nacht damit, einen ersten Dschungelbericht zu schreiben und tauche damit noch einmal ein in die grüne Oase.

Zurück in Iquitos mit seinen vielen Mototaxis

Zurück in Iquitos mit seinen vielen Mototaxis

Nachtrag Januar 2010

Der Aufenthalt im Dschungel hat einen nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht. So nachhaltig, dass ich noch im gleichen Jahr zurückkam und mit Horacio meinen tollen Guia eine eigene Lodge aufbaute. Inzwischen steht sie und wir haben bereits die ersten Gäste begrüssen dürfen. Das Ganze ist eine neue Herausforderung, die ich zwar nicht gesucht, aber unerwartet gefunden habe. Mein Lebensmittelpunkt bleibt allerdings die Schweiz. Dank Internet und ein paar Besuchen in Iquitos bin ich eng mit meinem Büro in Iquitos verbunden. Die Geschichte der Lodge ist eine Geschichte, die ich auf einer eigenen Seite beschreibe. Wer sich dafür interessiert, fragt mich am besten nach dem Link. Hier der Link zur offiziellen HP der Lodge am Amazonas.

Fuente del Amazonas Lodge

Direkt am Zusammenfluss von Maranon und Ucayali, da wo der Fluss seinen neuen Namen bekommt: Amazonas.
Genau da steht La Fuente del Amazonas Lodge

Direkt am Zusammenfluss von Maranon und Ucayali, da wo der Fluss seinen neuen Namen bekommt: Amazonas.
Genau da steht La Fuente del Amazonas Lodge

6 neue Bungalows, ein grosser Speisesaal, eine Küche und ein Raum für die Hängematten - ein kleines Paradies weit weg von der Zivilisation

6 neue Bungalows, ein grosser Speisesaal, eine Küche und ein Raum für die Hängematten - ein kleines Paradies weit weg von der Zivilisation

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Nicht Nichtstun steht im Mittelpunkt. Sondern etwas tun, wofür im normalen Alltag zu wenig Zeit bleibt. Meine beiden Leidenschaften Reisen und Schreiben möchte ich miteinander verbinden. Und wenn mich dabei jemand begleitet, umso schöner. Es sind vor allem Geschichten, die ich erzähle und erst in zweiter Linie Beschreibungen von Orten und Gebäuden. Ich möchte versuchen, Stimmungen herüberzubringen. Feelings, sentimientos. Wenn mir das manchmal gelingt, ist mein Ziel erreicht.
Details:
Aufbruch: 12.04.2008
Dauer: 4 Monate
Heimkehr: 03.08.2008
Reiseziele: Uruguay
Brasilien
Paraguay
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Guatemala
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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