TimeOut in Südamerika
Woche 10 14.- 20. Juni 1008: Fussball
Ausblick beim Frühstück aus dem 8. Stock
Heute ist Fussball angesagt. Und ausserdem ist Sonntag. Also ein Ruhetag. Zuerst geniesse ich aber das Frühstück. Heute habe ich einen wunderbaren Fensterplatz. Da schmeckt das Frühstück gleich nochmal so gut. Ich bin froh, dass ich in einem guten Hotel untergebracht bin. Es gibt warme Heizkörper und das Zimmer hat zwei Glasscheiben, so dass es nicht zieht. Richtig kuschelig. Ich erledige noch ein paar Mails, nehme es mir heute morgen richtig gemütlich. Und habe ja immer das Meer vor mir. Das Wetter wechselt hier dauernd. Gerade noch schien es schön zu werden und schon wieder ziehen dicke Wolken vom Meer her.
Und dann spaziere ich durch die Stadt. Es ist Sonntag, aber der Supermarkt ist trotzdem offen. Auch die fliegenden Händler davor haben ihre Waren wieder ausgebreitet. Nur die Gemüsehändler sind heute nicht da. Ich staune immer noch über die verschiedenen Häuser, in denen Läden und Restaurants untergebracht sind. Wenn ich mir ein paar Drähte und Autos wegdenke, stelle ich mir vor, im Wilden Westen zu sein. Manchmal kommen mir die Häuser vor wie bessere Bretterverschläge. Bilder aus einer anderen Welt. Kaum vorstellbar, dass die Leute in diesen Häusern auch wohnen, wo es im Winter empfindlich kalt werden kann. Geheizt wird vorwiegend mit Gas. Und zwar mit einzelnen Gasöfen in den Zimmern. Und Doppelverglasung ist hier unbekannt.
Ich habe gestern einen schönen Schal gesehen, den will ich mir heute kaufen. Falls der Marktstand offen ist. Er ist offen. Und auch Mercedes arbeitet heute. Sie freut sich, mich wieder zu sehen und sie scheint das Gespräch mit der Ausländerin zu geniessen. Gerne hätte sie ein paar Bilder von der Schweiz gesehen, aber leider habe ich gar nichts mitgenommen. Werde mir auf der nächsten Reise wieder ein paar Bilder zusammenstellen. Daran hätte ich eigentlich denken sollen. Sie erzählt von Kevin, ihrem kleinen Jungen. Und vor ihrem Mann, der als Buschauffeur arbeitet. Diese Arbeit ist recht gut bezahlt, aber sie ist sehr anstrengend. Und die Tage sind lang. Es gibt Tage, da sehen sich die beiden kaum vor lauter Arbeit und Studium und Kinderbetreuung. "Manchmal möchte ich zurück und wieder Kind sein", meint Mercedes. "Damals war das Leben noch einfach". "Hab noch ein wenig Geduld. In zwei Jahren hast du dein Studium abgeschlossen, dann wirst du als Lehrerin bestimmt etwas besser verdienen", tröste ich sie und hoffe, dass ich recht habe.
Wir sprechen noch ein wenig über die ökonomische Situation in Chile. Reisen ist sehr teuer, es gibt viele Leute, die noch kaum aus ihrer Stadt heraus gekommen sind. In Argentinien war mir aufgefallen, dass die Leute in ihrem eigenen riesigen Land viel reisen. Die einzelnen Gegenden ihres Landes kennen. In Chile scheint das nicht der Fall zu sein. Hier in Puerto Montt ist man ausserdem sehr isoliert. Es gibt nur die Fahrt in den Norden, in die Hauptstadt Santiago de Chile. In den Süden zu reisen ist fast unmöglich, da die Fahrt mit der Fähre unerschwinglich ist. Im Westen ist das Meer und im Osten die Grenze zu Argentinien. Und wie sieht es mit Alkoholismus aus? Mir war aufgefallen, dass ich keinen Betrunkenen gesehen hatte. Das scheint auch kein Problem zu sein, getrunken wird nicht sehr viel, ausser an gewissen Festen im Sommer. Da wird Bier getrunken. Das grosse Problem sind Drogen und Medikamente. Viele Leute schnüffeln oder nehmen Drogen und sind dadurch immer etwas high.
Dafür ist die Familienplanung sehr verbreitet. Die meisten Familen haben wie Mercedes nur noch 1-2 Kinder. Und die allermeisten Kinder gehen in die Schule.
Mercedes
Mercedes will wissen, wie mir der Fischmarkt gefallen hat. Sie erzählt, dass die Bauern, die da auf der Strasse ihr Gemüse verkaufen, von den vorgelagerten Inseln kommen. Viele Leute gehen am Morgen dahin, weil das Gemüse billiger ist, als in den Supermärkten. Ich mache noch eine Foto von Mercedes und ihrem Schmuckladen und verabschiede mich. Vielleicht bleiben wir per email in Kontakt. Jedenfalls will sie sich jetzt um eine mail-Adresse bemühen.
Ich gehe zum Busterminal, will meine nächste Fahrt abklären. Und da mache ich eine lustige, aber auch traurige Beobachtung. Ein Rudel Hunde wartet an der Strasse bis die Fahrbahn frei ist. Dann überqueren alle miteinander gesittet die Strasse. Ich bleibe ihnen auf den Fersen. Sie bleiben zusammen, alle tragen Kampfspuren, sind auf sich selber angewiesen. Wie sich ein anderer Hund nähert, wird er vertrieben. Die Gruppe schnüffelt an allen Ecken, sucht etwas zu fressen.
Bei einem Abfalleimer steckt der Chef seinen Kopf hinein, kontrolliert, ob da vielleicht ein Leckerbissen drin sei. Die anderen stehen um ihn herum, lassen ihm den Vortritt. Ich weiss nicht, was passiert wäre, wenn da wirklich etwas drin gewesen wäre. Ich überlasse das Rudel seinem Schicksal. Übrigens war ich die einzige, die die Hunde überhaupt wahrnahm. Niemand achtet auf die Hunde, die hier mehrheitlich einzeln durch die Strassen streunen. Dem Meer entlang schlendere ich zurück ins Hotel. Will den letzten Schweiz-Match sehen.
Leider wird er nicht im Fernsehen übertragen. War wohl doch nicht mehr interessant genug. Stattdessen kommt Türkei - Tschechien aus Genf. Aber Radio DRS4 überträgt den Kommentar aus Basel. Auch gut, ich genehmige mir Chips und ein Bier aus der Minibar und mache es mir auf dem Bett gemütlich. Ganz allein feiere ich den Sieg und freue mich, dass wenigstens der Abschluss noch gewonnen wurde. Jetzt werde ich also das Schweizerkäppi und die Schweizer Fahnen wieder tief in der Reisetasche versorgen. Vielleicht hole ich sie am 1. August nochmals raus.
Später sehe ich noch ein wenig Fernsehen. Da gibt es einen internationalen Sender, der in Deutsch Englisch und Spanisch regelmässig Nachrichten und Dokumentarfilme bringt. Sogar eine Reportage über den Glacier-Express habe ich hier schon gesehen. Waschen sollte ich auch noch. Irgendwann mag ich die immer gleichen T-Shirts nicht mehr sehen und die Jeans hängen mir auch langsam zum Hals raus. Zum Glück habe ich einen bequemen Jupe dabei, damit lässt sich bequem entspannen.
Vielleicht gehe ich heute nochmals in den Pool und essen werde ich im Restaurant im Hotel.
mein 'Arbeitsplatz'
Aufbruch: | 12.04.2008 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 03.08.2008 |
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