TimeOut in Südamerika
Woche 3 26. April.-2. Mai 2008: Hilfsbereitschaft
Eine neue Stadt, neue Eindrücke. Der Rauch hat sich verzogen, man kann hier in Buenos Aires wieder den Himmel sehen. Am Flugplatz habe ich ein Taxi genommen, den Preis für die Fahrt in die City vereinbart und gefragt, ob mit der Chauffeur ein Hotel wüsste. Im Zentrum müsste es sein und günstig. Das hat wunderbar geklappt. Hotel Central heisst das Haus, ist ganz nahe beim Concreso Nacional, und gemäss Stadtplan ist alles in nächster Nähe. "Eine junge Frau wie sie, kann das problemlos alles zu Fuss bewältigen", erklärte mir Maximo, der an der Reception sass. Jung? Netter Typ, er hat doch vorher meinen Pass studiert...
Jedenfalls hat er mir auf dem Stadtplan erklärt, wo ich zuerst hingehen und was ich mir morgen ansehen soll. Jetzt frage ich mich wieder einmal, ob ich so unselbständig aussehe, oder ob er einfach so hilfsbereit ist. Ich gehe vom zweiten aus. Als ich aus dem Hotel gehen wollte, meinte er ausserdem sehr besorgt: "Es ist kalt hier, wollen sie sich nicht eine Jacke anziehen?" Diesen Ratschlag hätte ich besser befolgt. Ich wurde von mehreren Leuten (vorwiegend Männern) mitleidig angesehen und mehr als einer meinte, es wäre doch viel zu kalt um so herumzulaufen. So? Das ist ein T-Shirt mit kurzen Ärmeln. Ja, ich hatte auch das Gefühl, dass es etwas kühl sei und als ich sah, dass alle mit dicken Pullovern und eingehüllt in warme Jacken herumliefen, war es mir auch nicht mehr so wohl. Als mich dann auch noch einer zum Kaffee einladen wollte, verstand ich kurzfristig kein Spanisch mehr und verzog mich ins nächste Internetcafé.
Ja, Internet gibt es im Hotel nicht und auch keinen Pool. Dafür aber einen sehr netten Direktor, der mich väterlich berät und ein winziges Badezimmer, in dem auf 2 m2 Waschbecken, WC und Dusche Platz haben. Allerdings darf ich nichts im Badezimmer liegen lassen, wenn ich mich dusche, vor allem keine Badetücher, sonst ist gleich alles nass. Aber es gibt Kabelfernsehen und eine Klimaanlage, die gleichzeitig auch heizt. Falls es noch kälter wird.
José mein Taxifahrer von gestern in Asunción hat mich am morgen pünktlich um 9 abgeholt. "Ich dachte, die Señora legt bestimmt Wert darauf, dass ich pünktlich bin", meinte er, als ich ihn darauf ansprach. Er schien mich ins Herz geschlossen zu haben, denn am Flughafen angekommen, fragte er mich, ob ich möchte, dass er warte, bis ich abfliege. "Nein, es reicht vollkommen, wenn Sie mich hier vor dem Eingang absetzen, den Rest schaffe ich allein". Dafür wollte er aber meine Internet-Adresse. Ob er denn Internetzugang hätte, wollte ich wissen. Nein, er selber nicht, aber sein Nachbar. Da bin ich ja gespannt.
José, el taxista de Asunción
Es waren zwei Flüge heute Morgen. Zuerst nur ein kleiner Hupfer über die Grenze nach Resistencia. Da war ich fast der einzige Passagier, habe mir schon überlegt, ob ich mit dem Piloten flirten soll. Liess es dann bleiben, denn er musste schliesslich fliegen und ich vertiefte mich in ein neues Buch. Nach dem Zwischenhalt war das Flugzeug fast voll. Ich habe versucht, die abgebrannten Felder unter mir zu erkennen, aber aus der Höhe war das nicht sehr einfach. Es gab einige dunkle Äcker, aber die meisten Felder waren abgeerntet oder noch grün.
Jetzt bin ich also in dieser riesigen Stadt mit 11 Millionen Menschen. Bereits auf meinem ersten Spaziergang habe ich etwas gesehen, was ich weder in Montevideo noch in Asunción gesehen habe. Es hat viele Obdachlose. Sie liegen in der Nähe des Hotels in Häusernischen oder auf der Plaza del Congresso. Eingewickelt in Mäntel und Tücher und umgeben von ihren paar Habseligkeiten liegen sie auf der Strasse auf vollen Müllsäcken oder auf einer Parkbank. Kein sehr schöner Anblick. Aber schon der Taxifahrer hat mich auf der Fahrt hierher darauf aufmerksam gemacht. "Es ist vieles nicht in Ordnung bei uns, hier leben die Armen und da drüben die Reichen". Und dabei zeigte er mir die Favelas oder Slums, an denen wir vorüber fuhren.
Er zeigte mir aber auch das Teatro Colon, das die beste Akustik der Welt haben soll. Hab ein wenig protestiert, aber eigentlich liess sich dagegen nichts sagen.
Congreso Nacional (Parlamentsgebäude)
So, und jetzt werde ich mich also für den zweiten Spaziergang warm anziehen und ein schönes Restaurant in der Nähe suchen. Vielleicht gibt es sogar eines der berühmten Steakhäuser in der Nähe.
"Ist es eigentlich gefährlich in der Stadt?" wollte ich von Maximo wissen, nachdem er mir den Weg zu einem guten Restaurant erklärt hatte. "Nein, hier ist es ganz ruhig und sicher, wie in der Schweiz. Hier passiert überhaupt nichts." Das fand ich sehr beruhigend, bedankte mich bei ihm und wünschte ihm einen schönen Abend.
Als er mir die Türe aufhielt, meinte er noch: "Falls doch etwas passieren sollte, rufen Sie sofort die Polizei."
Einverstanden, diesen Ratschlag werde ich auf jeden Fall beherzigen.
Aufbruch: | 12.04.2008 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 03.08.2008 |
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