TimeOut in Südamerika
Woche 2 19.-25. April 2008: Nasenbär
Ich habe heute einen Nasenbären gekauft. Einen echten putzigen Nasenbären. Doch der Reihe nach. Bei unserem morgendlichen Ausritt wollten wir einen Nasenbären besuchen, den Stella schon von früheren Besuchen kannte. Er gehörte einem Paraguayaner. Zwar plärrte aus dem Haus laute Musik, aber es schien niemand zu Hause zu sein, als wir auf das Grundstück ritten. Auf einer Tonne an einer viel zu kurzen Schnur hockte der Nasenbär. Nachdem wir ihn gebührend bewundert und versuchsweise gestreichelt hatten, lösten wir seine Schnur vom Zaun und spazierten mit ihm über das Gelände. Ein richtig putziger kleiner Kerl. Neugierig beschnupperte er alles, was ihm vor die Nase kam, und als er eine Mandarine fand, fing er an, diese mit seinen possierlichen Pfoten zu schälen und ganz manierlich die Schnitze zu fressen. Dabei schmatzte er und kontrollierte mit seinen Kugeläuglein, dass ihn niemand dabei störte. Ob der wohl auch Ameisen fressen würde? "Das ist doch ein Ameisenbär, der wird doch wohl Ameisen fressen", meinte Stella. "Dann könnten wir ihn doch mal eine Weile ausleihen, vor meiner Türe laufen nämlich Tausende von Ameisen hin und her".
Vorläufig fütterten wir den Kleinen aber mit einer Banane und einem Stück Brot, das Simon im Nachbarhaus erbettelt hatte. Ganz lustig war, wie der Kleine das Stück Brot ergatterte, wenn es zu weit weg war, so dass er es mit seiner Schnauze nicht mehr erreichen konnte. Er kehrte sich einfach um, machte sich an seiner Leine ganz lang und holte sich das Brot mit seinem Hinterbein. Das war so lustig, dass wir uns vor Lachen kaum erholen konnten.
Irgendwann war es dann Zeit, zurück zu reiten und wir banden den Kleinen wieder bei seiner Plastiktonne an. Auf dem Heimweg begegneten wir seinem Besitzer, dem wir erzählten, dass wir seinen Nasenbären besucht hätten. Er bot ihn zum Kauf an: 200'000 Gurani. "Stella, in deiner Menagerie fehlt doch eindeutig die Exotik. Zu all den Kühen, Hunden und Katzen gehört doch unbedingt etwas Spezielles! Ausserdem hätte es der Kleine bei dir viel besser, als da wo er jetzt ist. Ohne Wasser und Futter, an der kurzen Leine." Stella mag alle Tiere und sie hatte sich längst in den Nasenbären verliebt. Und so kam es, dass wir später mit dem Auto zurückfuhren und den Nasenbären holten.
Gerade hatte ich den Kleinen aus dem Auto auf den Boden gesetzt, da kam John, der Boxer knurrend daher. Ihm wollte der Eindringling nicht gefallen, doch Simon rief ihn zurück. Franz und Sissi mussten auch sehen, wer da kam, und kläfften ihn an. Doch der kleine Nasenbär liess sich nicht einschüchtern, er fauchte entschlossen zurück und zeigte seine kleinen spitzen Zähne, so dass die Hunde erschreckt zurückwichen. Und dann löste sich plötzlich der Knoten der Schnur und diese fiel mir zu Boden. Der Nasenbär muss das sofort gespürt haben, jedenfalls rannte er los. Zum Haus, und durch den Blumengarten in den Wald, Richtung Haupttor. Die Hunde und ich hinterher. Nein, das durfte nicht sein, kaum hier, schon wieder weg. Ich legte einen Spurt hin, wie wohl noch nie in meinem Leben und kurz vor dem Tor konnte ich auf die Schnur treten, und so der Flucht ein abruptes Ende bereiten. Vor dem Tor stand allerdings schon Hugo, bereit einzugreifen. Das Geschrei von uns Frauen hatte auch die Männer aufgeschreckt.
Jetzt kam die nächste Frage. Wo sollte der Nasenbär wohnen. In der Hundehütte? Die wird sowieso von niemandem gebraucht. Noch besser eignet sich der alte Hühnerstall. Behelfsmässig verbarrikadierten wir den Eingang. Er brauchte allerdings noch ein Dach im Aussengehege, denn der Nasenbär kletterte behende unter das Dach und frass da gleich ein altes Wespennest. Also musste er vorläufig noch an der Leine bleiben. Blieb noch die Frage nach dem Namen. "Hias", schlug Stella vor. "Wegen seinen Spässen und seinem Schabernack". Jetzt muss Stella nur noch den Männern beibringen, wie man das ausspricht.
Bevor wir Hias in seinem Gehege liessen, zeigte ich ihm meine Ameisenstrasse. Er schnappte sich die eine oder andere Ameise, schien aber ziemlich satt zu sein. Er wird morgen vor dem Frühstück wohl zuerst seine Pflichten erfüllen müssen. Auch bei Stella vor dem Fenster formiert sich zurzeit ein Ameisennest, Hias wird noch ein paar Aufgaben erfüllen müssen.
John beobachtet das Gehege von Hias
Wir wollten am Nachmittag einkaufen gehen. Doch bevor wir starteten, beobachteten wir die Männer, wie sie den Traktor starteten. Einer nach dem anderen setzte sich auf das Gefährt, aber der Traktor gab keinen Ton von sich. "Pass auf, die werden sich was einfallen lassen." Sagte Stella. Ja, zu dritt schoben sie das schwere Ding an und ich konnte es kaum glauben, nach einem knappen Meter sprang der Motor mit einem lauten Knattern an. Stolz fuhr Simon damit zum Ladewagen. Nachdem jetzt der Pferdestall fertig ist, will Stella einen Reitplatz. Doch dazu muss der Platz erst mal von Holz, Blech alten Pneus und sonstigem Unrat befreit werden. Dazu braucht es den Ladewagen.
Stallbau, ich habe gestaunt, wie da gearbeitet wurde. Simon stand auf der Leiter, Bernardo hielt diese fest und Hugo stand mit der Bohrmaschine daneben. Es geht zwar alles sehr langsam, aber es nimmt Formen an. Vorher bestand der Stall aus vier Pfosten und einem Blechdach und jetzt sieht er mit seinen vier Boxen schon sehr manierlich aus. Übrigens, der Tagesverdienst eines Landarbeiters beträgt 3-5 Dollar. Simon und Hugo sind fest angestellt und Bernardo wird für spezielle Arbeiten zugezogen. Dass Simon täglich ausreiten darf ist ein Privileg und wahrscheinlich sehr selten. Aber Stella findet es besser, wenn er dabei ist, falls unterwegs etwas Unvorhergesehenes passieren würde und Simon geniesst die täglichen Ausritte mit seiner Chefin.
Wir gingen dann also noch einkaufen. Bummelten in Luque durch die Boutiquen und durch die Schmuckläden. Speziell hier ist filigraner Silberschmuck. Keine Frage, dass ich etwas ganz spezielles gefunden habe. In Schmuckläden werde ich regelmässig schwach. Am späteren Nachmittag besuchten wir Micha und Eva und verbrachten einen ungemein lustigen Abend mit Ihnen beim Hermann, einem weiteren Deutschen Restaurant.
Stella und ihr Vorarbeiter Simon
Noch eine Information, für diejenigen, die in Google Earth manchmal nachsehen, wo ich genau bin. Die Cabaña Austria, die Farm von Stella ist auf 25°23'00.56"S und 57°13'01.77"W
Das ist das Haupthaus. Verbunden durch das schmale weisse Strässchen kommt man zu meinem Bungalow. Die ganze Farm ist 10 Hektaren gross und erstreckt sich von der Strasse in einem Streifen nach Westen. Ihr könnt Stella auch virtuell besuchen www.cabana-austria.com
Aufbruch: | 12.04.2008 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 03.08.2008 |
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