TimeOut in Südamerika
Woche 14 12.-18. Juli 2008: Matamorphosen
Dieses Riesenfaultier, von dem ich Euch erzählte, war eben doch kein normales Riesenfaultier. Abgesehen davon weiss man gar nicht so viel von diesem Tier, es ist also gut möglich, dass das Tier doch ganz anders war, als man es sich vorgestellt hat.
Dieses Riesenfaultier jedenfalls, das ich etwas genauer kenne, hat sich irgendwann im Laufe des Dienstags in ein Krokodil verwandelt. Und dieses legte sich an den Pool. Mit Sonnenbrille, Jacke und Halstuch zwar. Die deutschen Touristen auf der anderen Seite des Pools räkelten sich derweil auf ihren Liegestühlen in Badehosen.
Das war aber weiter nicht so schlimm, den Krokodile und Touristen liegen selten auf der gleichen Seite des Ufers.
Und später setzte sich ein Brillenbär an den Computer und fing an, die letzten Tage aufzuarbeiten. Weil der Bildschirm ihn in den Augen blendete, setzte er die Sonnenbrille auf, was wiederum etwas eigenartig aussah, jedenfalls im abgedunkelten Zimmer.
Vielleicht kann er sich die Windowsfarben in Sonnenbrillen-Tönung bei Microsoft patentieren lassen.
Ein Teil der Höhle des Riesenfaultiers. Gegen den Eingang hin. Mit kleineren Zusatzhöhlen rechts und links.
So verging auch der Dienstag irgendwie und am Abend legte sich ein zufriedenes Riesenfaultier zum schlafen nieder. Am Mittwoch wurde es bereits etwas mutiger. Es schlich sich zur Rezeption und dann ging es ganz schnell. Eine Stunde später schwebte ein Kondor über die Wüste von Nazca. Bilder aus uralter Zeit mussten entdeckt werden. Da schweben Kolibris, Papageien und Kondore über die Landschaft und Hunde und Affen bevölkern die steinige Erde.
Kurz und gut. Eigentlich wollte ich an der Rezeption nur einen Flug für morgen reservieren, aber eine halbe Stunde später kam die Rezeptionistin zu mir in den Garten, wo ich gerade einem winzigen Kolibri zusah, wie er aus den Bougainvilleas Nektar sammelte. Sie hätte eine Bestätigung für meinen Flug über die Wüste in einer knappen Stunde. Sie würde mir gleich ein Taxi rufen. "Was so schnell schon, bin ich denn schon wieder gesund genug?"
Also, ganz schnell ins Zimmer, Jacke anziehen, Geld einstecken und schon war ich weg. Dass ich dabei die Kamera im Zimmer liess, war absolut ärgerlich. Und ich merkte es erst am Flugplatz, als ich den Flug bereits bezahlt hatte.
Nun, sagte ich mir, dafür kann ich mich besser auf die Linien und die Figuren konzentrieren. Bilder davon gibt es ja schliesslich genug. Werde ich eben im Internet ein wenig recherchieren müssen. (Die Bilder sind von einer CD der Studenten von Cusco)
Es ist ein kleines 1-motoriges Flugzeug, das uns drei Passagiere schnell in die Höhe bringt. Hinter mir sitzt ein spanisches Paar und ich darf den Platz neben Carlos, dem Piloten einnehmen.
Nazco liegt mitten in einer Wüste. Es gibt da einen Fluss, der allerdings im Moment kein Wasser bringt, aber neben diesem Flusslauf ist die Erde auf beiden Seiten bis zu zwei Kilometer breit sehr grün. Da werden Gemüse angebaut und ich glaube auch Trauben und eine Orangenplantage zu sehen.
Von hier oben sieht man das Gelände sehr schön. Weiter hinten sind die braunen Hügel und vor uns liegt die steinige Wüste. Und genau in diese Wüste haben ganz frühe Menschen Zeichnungen erstellt. Ich habe einen Plan bekommen, welche Zeichnungen wir anfliegen werden und der Pilot erklärt immer über Kopfhörer, was man da sehen kann. Ich sehe vor allem einmal sehr viele Linien. Wie mit dem Lineal gezogen, ziehen sie sich unter mir durch. Sind das alte Strassen?
Kolibri und daneben ganz viele Linien
Die ganze Gegend sieht aus wie ein riesengrosses Schnittmuster, in dem sich die verschiedenen Modelle überlappen. (Ob es diese Schnittmuster heute überhaupt noch gibt?)
Wir steuern die erste Zeichnung an, den Walfisch. Ich muss mich etwas konzentrieren, bis ich ihn in den vielen Mustern erkennen kann. Aber dann sehe ich ihn ganz deutlich. Wie fein er gezeichnet ist.
Der Walfisch
Die Trapeze, die als nächstes kommen, sind viel besser ersichtlich. Sie sind auch viel länger und die Linien sind breiter. Den Astronauten erkenne ich fast nicht, obwohl der Pilot zweimal darüber kreist, resp. herunter sticht. Ja, er fliegt nicht einfach nur über die Figuren, nein, er macht Links- und Rechtskurven über den Flügel, damit wirklich jeder Passagier die Figuren sehen kann.
Der Hund... etwas steif und was macht der mit dem fünften Bein?
Ich merke, dass ich aufpassen muss, dass mir nicht schwindelig wird. Immer mal wieder den Horizont suchen. Aufpassen, dass ich die Orientierung nicht verliere. Denn wegen der Erkältung sind auch die Ohren in Mitleidenschaft gezogen und damit ist meine Balance noch etwas gestört.
Wir fliegen den ganzen Parcour entlang der Panaamericana ab. Sehr schön ersichtlich ist der Affe mit seinem langen geringelten Schwanz und der Kolibri. Viel grösser, als der kleine, den ich eben erst noch im Garten beobachtet habe. Faszinierend, was da in die Erde gezeichnet wurde.
Und wie sich das über die Jahrhunderte gehalten hat. Leider gibt es keine weiteren Erklärungen. Ist auch nicht möglich, bei diesem Lärm. Wir kreisen weiter über grauer Steinwüste. Manchmal muss ich die Zeichnungen richtig suchen. Ich kann mir vorstellen, dass bei anderer Sonneneinstrahlung die Zeichnungen besser ersichtlich sind. Jetzt ist früher Nachmittag, die Sonne scheint ziemlich direkt auf die Wüste, und es wird heiss.
der Affe
Eine knappe Stunde später sind wir zurück auf dem kleinen Flugplatz. Mir geht es immer noch gut, ein wenig schwabbelig in den Beinen. "Wie hoch waren wir eigentlich über dem Boden?" Hätte das vielleicht auch auf irgendeinem Instrument ablesen können, aber dafür hatte ich während dem Flug keine Zeit mehr. "120 Meter zwischen den Zeichnungen, 80 direkt über den Zeichnungen" erklärt Carlos.
Die beiden Spanier, die hinter mir sassen, geben zu, dass auch sie dauernd gegen das Schlechtwerden kämpfen mussten. Also doch nicht nur ich mit meiner etwas eingeschränkten Aufnahmefähigkeit. Ist schliesslich nicht jedermanns Sache, zick zack über der Wüste zu kreisen. Kondore sollten das zwar in den Federn haben.
Ich sehe noch ein wenig dem Flugbetrieb zu, aber als ein Taxi vorfährt, packe ich die Gelegenheit und fahre zurück zum Hotel.
Ja, und da verwandelt sich der Kondor ganz schnell wieder in das inzwischen bekannte Riesenfaultier.
Aufbruch: | 12.04.2008 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 03.08.2008 |
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