TimeOut in Südamerika
Woche 4 3.-9. Mai 2008: Gauchos
Señor Tango. Diese beste aller Tangoshows hatte ich mir für einen speziellen Abend aufgehoben. Gestern war dieser Abend und ich bat den Hotelbesitzer, mir eine Reservation für den Abend zu machen. Er holte also sein verstaubtes Telefonverzeichnis hervor, das bestimmt schon bei der Eröffnung des Hotels die ersten Einträge bekommen hatte und bei dem viele Einträge bereits verblasst waren, und rief an. Schien etwas Schwierigkeiten zu haben, aber am Schluss verkündete er, dass ich um 19.30 abgeholt würde, aber auf keinen Fall vor 20.00 in die Lobby kommen müsste.
Natürlich rief er mich um viertel vor Acht an, ich müsse dringend runter kommen, der Chauffeur wäre schon da. Fein gestylt, ganz in Schwarz bis auf die roten Schuhe, fuhr ich mit dem Minibus durch die Stadt und als ich ausstieg, staunte ich nicht schlecht. Wir standen vor dem 'El viejo Almacen'. Genau da war ich letzte Woche schon mal und die Reservation hatte niemand anders als mein Hotelier gemacht. Das kam nun überhaupt nicht in Frage, dass ich nochmal die gleiche Show besuchte. Ich fragte den Chauffeur, ob er mich zu Señor Tango bringen könnte, aber der lehnte ab. Verträge. Also rief ich wieder einmal ein Taxi und hoffte einfach, dass diese Show noch einen freien Platz hätte. Ja, sie hatte und was mich da erwartete übertraf alle Vorstellungen. Ein riesiger Saal, grosse runde Tische, weiss gedeckt mit roten Rosen in der Mitte. Alles aus rotem Samt und Messingbeschlägen. Ob ich da den Abend auch wieder allein an einem Tisch verbringen müsste? Nein, weit gefehlt, man führte mich an einen Tisch, an dem bereits zwei Herren sassen. Amerikaner, aus Seatle, wie sich herausstellte. Erik und Jeff. Etwas später kam noch Sean dazu. Aus San Francisco. Ist hier für 2 Monate und hat gleich eine Wohnung gemietet. Er mache das immer so und wie sich herausstellte, verreist er oft für 1-2 Monate. Jeff und Erik waren für 3 Wochen hier und hatten eine ganz andere Taktik. Sie waren schon zweimal umgezogen, um die verschiedenen Stadtteile hautnah erleben zu können. Alle drei waren sich einig, dass sie eigentlich überhaupt keine Durchschnittsamerikaner wären, denn diese würden höchstens für eine Woche verreisen und müssten dafür gleich ganze Kontinente besichtigen. Es wurde ein äusserst angenehmer Abend. Das Essen war fein, die Bedienung aufmerksam und zusätzlich hatten wir eine lustige Tischrunde. Vor allem Sean verdutzte uns immer wieder. Er konnte sich freuen wie ein kleines Kind. Wollte mit jeder Angestellten des Lokals fotografiert werden und fand überhaupt alles great fun.
Die Show begann mit einem riesigen Lichtermeer, aus dem zwei stolze Pferde traten und einem Kaleidoskop von Kostümen und Farben. Und es kam Schlag auf Schlag. Erotische Tango-Tänzerinnen, ein charismatischer Sänger und ein mitreissendes Orchester.
Und mittendrin eine Nummer mit Klängen aus den Anden. Den Abschluss machte 'Don't cry for mi Argentina' Es war schlicht grossartig. Wir waren alle begeistert. Obwohl eigentlich fotografieren verboten gewesen wäre, hatten natürlich alle heimlich ein paar Fotos geschossen. Wir wechselten also email-Adressen und versprachen, einander über die weitere Reise zu informieren und die gelungenen Fotos auszutauschen.
Don't cry for mi Argentina
Verpassen sie die Fiesta der Gauchos nicht, war auf dem Prospekt gestanden. Nein, das wollte ich mir nicht entgehen lassen und so fuhr ich heute morgen mit dem Bus in die Pampa, nach Campana, ca. 80 km von Buenos Aires entfernt. Wenigstens dies hatte mein toller Hotelier hingekriegt. Dass er mich gestern in die falsche Show angemeldet hatte, wollte er heute morgen nicht hören, vor allem nicht als ich ihm sagte, dass ich dazu zweimal ein Taxi bezahlen musste.
Estancia Santa Susana
Im Bus erklärte der Führer in Spanisch und Englisch, was uns auf der Estancia erwarten würde. Die Farm ist 120 ha gross und es wird vor allem Mais, Weizen, Sonnenblumen und Soja angepflanzt. Daneben hat man eine Menge Pferde, die allerdings vor allem für die täglichen Touristenshows eingesetzt werden. Die Familie hat sich vor ein paar Jahren ein neues Haus gebaut, so dass das alte heute als Museum und für Touristen gebraucht wird. Als wir ankamen fragte prompt ein Japaner: "Wo sind die Kühe?" "Oh, die Kühe, die sind bei uns auf dem Grill", meinte der Gaucho, der zu unserer Begrüssung bekommen war und uns beim Aussteigen aus dem Car half.
Ausritt...
Begrüsst wurden wir mit einem Glas Weisswein und Empanadas, mit Fleisch gefüllten fritierten Teigtäschchen. Sofort strebten alle zu den Pferden, die gesattelt unter einem schattigen Unterstand warteten. Jeder der wollte, konnte ein Pferd besteigen. Es wurde nicht gefragt, ob man das schon einmal gemacht hätte. Natürlich wollte ich wissen, ob meine Bemühungen bei Stella noch Früchte trügen und schwang mich auf eine braune Stute. Das heisst, ich hätte das gern so gemacht, aber dass mir der Gaucho dabei helfen musste, war gar nicht mal so unangenehm.
Und dann ritten wir ins Gelände. Die ganze Gruppe.
... oder Kutschenfahrt
Zum Glück wusste ich von Stella, dass das Pferd ein Herdentier ist, und so musste ich gar nicht viel machen, damit meine Perla sich in die richtige Richtung bewegte. Ein wenig half ich allerdings schon nach und etwas Wirkung zeigten meine Korrekturen. Wer nicht mit einem Pferd unterwegs war, konnte sich mit der Kutsche durch die Gegend ziehen lassen.
der freundliche Kutscher
Der riesige Grill. Parilla
Auf dem riesigen Grill schmorte unterdessen das Mittagessen: Würste, Hähnchen und riesige Filetstreifen. Irgendwann erklang eine Glocke und man sammelte sich in der alten Scheune, wo an langen Tischen aufgedeckt war. Man hätte ohne weiteres Platz für die doppelte Kapazität Leute gehabt, heute waren gegen 200 hier. Es gab Wein, Bier und Wasser, Salat und Fleisch bis zum Abwinken. Serviert von den zuvorkommenden Gauchos, die immer für einen Spass zu haben waren. Ich war mit zwei Französinnen ins Gespräch gekommen und damit erlebte ich ein wahres Sprachwirrwarr. Weil die beiden gemerkt hatten, dass ich ein wenig französich sprach, versuchten sie es gleich gar nicht mehr mit dem bisschen englisch, das die eine konnte.
Ich aber fiel vom Französisch ins Spanisch und Englisch, weil an unserem Tisch auch noch eine Familie aus Malaysia sass. Es war überhaupt eine sehr internationale Gesellschaft, die sich da eingefunden hatte. Verschiedene Asiaten, ein paar Neuseeländer, alle südamerikanischen Staaten, USA und Kanada und aus Europa Engländer, Italiener, Spanier, die beiden Französinnen und ich. Keine weiteren deutschsprechenden. Mir war schon in der ganzen Zeit aufgefallen, dass ich kaum deutsch gehört hatte.
Nach dem Essen gab es Kaffee und ein süsses Gebäck und dann fing die Gaucho-Show an. Ein junges Paar zeigte traditionelle Tänze und ein Gaucho zeigte einen Männertanz, bei dem der Mann zwei der drei schweren Kugeln schwing, die er normalerweise für die Jagd oder zum Einfangen der Tiere braucht. Ziemlich gefährliche Sache, ich möchte jedenfalls nicht von einer solchen Kugel getroffen werden. Begleitet von Gitarre und Schlagzeug brachte die Sängerin mit ihren Liedern eine lockere Stimmung und schon bald tanzte die ganze Gesellschaft ausgelassen. Natürlich machten auch die Gauchos mit und holten jede allein sitzende Frau auf die Tanzfläche.
Und dann zeigten sie noch ihre Reitkünste, indem sie in vollem Galopp unter einer Stange durchritten, an der kleine Ringe hingen. Diese mussten sie mit einem Stift herunterholen, ohne Geschwindigkeit einzubüssen. Die Ringe tauschten sie dann gegen Küsse bei den Frauen ein.
Es war ein sehr unterhaltsamer Tag. Und wenn auch das ganze eine absolute Touristenshow war, und das Leben auf einer Hacienda wohl in Wirklichkeit anders aussieht, gab es ein paar Einblicke in eine ganz andere Welt. Die Welt der Pampa, da wo es keine Dörfer mehr gibt. Und selbstverständlich nehme ich von diesem lustigen Nachmittag ein spezielles Souvenir mit: einen kleinen Metallring.
Mir hat es diese Sitzgruppe angetan
Aufbruch: | 12.04.2008 |
Dauer: | 4 Monate |
Heimkehr: | 03.08.2008 |
Brasilien
Paraguay
Argentinien
Chile
Bolivien
Peru
Guatemala