Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Elefanten

Pünktlich um acht Uhr werde ich abgeholt. Von Twee, der mich zu den Elefanten bringen will.

Ja, ich habe mich doch noch einmal entschlossen, Elefanten zu besuchen. Sie gehören zu der Kultur Thailands seit Jahrhunderten. Sie werden hier als Arbeitstiere eingesetzt. Das ist vielen negativen Auswüchsen und Nachrichten verbunden, so dass man Touristen empfiehlt, diese Elefantenausritte nicht zu besuchen und dadurch die schlechte Behandlung der Elefanten nicht auch noch zu unterstützen.

Man hat mir aber versichert, das sei in diesem Camp anders, hier würden Elefanten gut behandelt. Da man über etwas nur sprechen kann, wenn man es gesehen hat, habe ich diese Tour gebucht.

Sie führt uns hinaus aus der Stadt in südwestlicher Richtung. Ich sitze vorne im Toyota, während die zwei Amerikaner und das israelische Paar hinten auf der Brücke sitzen. So habe ich die Gelegenheit, mit Tweet ein wenig zu plaudern. Er ist immer noch etwas durcheinander, weil er heute morgen das Hotel der Israelis erst gefunden hat, nachdem er sich zweimal durch die schmalen überstellten Gassen gezwängt hat und danach das Hotel angerufen hat. Dabei hat er dann bemerkt, dass sein Kollege im Büro eine falsche Adresse aufgeschrieben hatte.

Ich werde heute sterben, meint er zerknirscht, aber ich sage ihm, dass weder die Amerikaner noch die Israelis seinen Lapsus übel nehmen, da wir alle gespannt sind, was heute passieren wird.

Auf dem Weg fahren wir durch Reisfelder, die sich auf beiden Seiten der Strasse ausbreiten. Und plötzlich entdecke ich ein Schild: Swiss Ticino. Gartenzaun und Dach des Gebäudes sind mit vielen Fahrrädern bestückt, da muss jemand mit Velofahren zu tun haben. "Das sind Schweizer, da gibt es bestimmt Schweizer Spezialitäten zu essen.", erkläre ich. "Ja" weiss er, "da wohnen Europäer". Das gibt die Gelegenheit über die Schweiz und die vier Sprachregionen zu sprechen und weil wir kurz vorher noch über Thai-Food gesprochen haben, erzähle ich jetzt von Polenta und Spaghetti. So vergeht die Zeit schnell und nach knapp zwei Stunden sind wir am Ziel.

Meine Google-Recherche ergibt übrigens später, dass hier tatsächlich eine kleine Tessin-Oase mit Tessiner Spezialitäten existiert. Die Besitzer präsentieren sich im Radfahrerdress und bieten Touren für Biker an.

Twee

Twee

Doch zurück zu den Elefanten. Immer schmaler wird der Weg, den wir jetzt fahren und da wo keine Strasse mehr weiter geht, halten wir an. Es gibt ein paar Hütten, einen Unterstand, dessen schwarzes Plastikdach vom Wind weitgehend abmontiert wurde.

Von weitem können wir zwei Elefanten sehen, doch Twee bittet uns zuerst in eine kleine Hütte. Hier sollen wir uns alle umziehen, es gibt typische Kleider der Karen. Karen ist ein Bergvolk, das hier im Norden Thailands lebt. Die Menschen sind im 17. Jahrhundert von Burma eingewandert.

Sie fallen auf mit ihren farbigen Kleidern, denn Weben gehört zu ihren traditionellen Handarbeiten. Auch mit der Haltung und Arbeit von Elefanten kennen sie sich gut aus.

Es sind Karen, die hier auf der Farm mit den Elefanten leben und arbeiten. Jeder Elefant hat seinen Mahut, seinen eigenen Betreuer.

Es sind zwei Elefantendamen: Matu ist 39 Jahre alt und Nampa 35 Jahre. Die jüngere ist übrigens im 5. Monat trächtig. Sie wird in zwei Jahren einen kleinen Elefanten gebähren. Dann solltet ihr wieder kommen, rät Twee. Wie lange trägt ein Elefant? Bis zu 2 Jahre.

Die beiden Elefanten waren vorher in den Wäldern als Arbeitselefanten eingesetzt. Twee ist überzeugt, dass sie jetzt ihr Leben mehr geniessen können, dass sie glücklich sind. Elefanten können bis 80 Jahre alt werden.

Das Camp hier wurde erst vor einem Jahr gegründet. Twee arbeitet seit Anfang hier, früher hat er sieben Jahre in einem Camp gearbeitet, wo Show und Elefantenreiten angeboten wurden. Hier sei es viel besser, meint er, für die Elefanten und für die Touristen.

Wir bekommen zuerst eine Sprachlektion. Die Sprache mit der man mit den Elefanten redet ist weder Thai noch Englisch, es ist Karen. Twee erklärt uns die wichtigsten Begriffe:
Mapé mapé - komm her, komm her
Nanglong - setz dich
Nonglong - leg dich nieder
How - Stop
Toy Toy - zurück, rückwärts gehen
Bon bon - Rüssel auf
Hu hu - lets go

Jetzt sind wir bestens vorbereitet für die beiden Elefanten. Vorsichtig nähern wir uns ihnen. Es ist schon ein eigenartiges Gefühl einem so grossen Tier gegenüber zu stehen. Wir strecken ihnen kleine Bananen entgegen, die wir im Proviantsack finden, der uns verteilt wurde. Bananen und kleine Bambusstücke. Neugierig nähert sich der Rüssel der Elefantendame meiner Hand, schnauft mich aus ihren grossen Nasenlöchern an und umschliesst den Leckerbissen mit dem weichen Rüsselende, steckt ihn in das grosse Maul.

Unbeschreiblich, dieses Gefühl. Wir können sie berühren, ihnen über den Rüssel streichen, sie an der Seite anfassen.

Elefanten sind Allesfresser, aber sie sind reine Vegetarier. Sie mögen Früchte und Gras, Bambus, Blätter. Hier in der Umgebung finden sie genügend Nahrung. Wir sollen ihnen jetzt eine spezielle Vitaminpille zubereiten.

Twee gibt in einen Mörser Reis, Bananen, einen Apfel und zwei Würfel Palmzucker. Das sollen wir zerstampfen und zu einem Brei zusammenmixen. Daraus macht Twee Kugel, die uns die Elefanten aus den Händen fressen. Das bekommen sie täglich. Reis mache schöne Haut, sagt er, wir dürften gern auch einen Bissen probieren.

Daraufhin gehen wir zusammen hinunter zum Fluss, der hier träge dahinfliesst. Die Elefanten grasen hier, reissen grosse Büschel ab und suchen sich offensichtlich ihre Leckerbissen. Wir folgen derweil Twee, der weiter oben eine Bananenstaude umhaut. Wir bringen sie zu den Elefanten, wo Tweet den Stamm mit der Machete in mundgerechte Stücke schneidet.

Das ist das Zeichen für uns, auch wir bekommen jetzt Mittagessen. Oben bei der Hütte hat man für uns gekocht. Es gibt Nudeln Phat Thai, das Nationalgericht. Zum Dessert süsse frische Ananas und Wassermelonen. Und dann ist Siesta. Ich lege mich auf einen der Bambusbänke und auch die beiden Pärchen machen es sich irgendwie gemütlich. Twee und die Betreuer haben sich auch irgendwo in den Schatten verzogen. Die Elefanten bleiben unter den Bäumen.

Nach dem Mittagessen sollen wir in den Badekleidern kommen, wir gehen baden. Ich hatte mir gestern den ganzen Tag den Kopf zerbrochen, was ich für den Besuch bei den Elefanten anziehen sollte. Möglichst etwas, das schmutzig und nass werden dürfte, und dann wurden diese ganzen Überlegungen mit den typischen Karenkleider sofort unnötig gemacht. Einzig, dass ich schon am Morgen das Badekleid angezogen hatte, erweist sich jetzt als richtige Entscheidung.

Vorsichtig, damit wir im schlipfrigen Schlamm nicht umfallen, steigen wir in die Pfütze. Doch auch dieses Thema erübrigt sich schnell, denn wir sollen die Elefanten eincremen. Mit Schlamm. Und was den Elefanten gut tut, tut auch uns gut. Jedenfalls werden wir jetzt zünftig zugeschlammt. Soll schöne Haut geben.

Die Elefanten legen sich ebenfalls in die Pfütze und am Schluss suhlen und wälzen wir uns alle im warmen aufgewühlten Schlammwasser. Die Stimmung ist grandios.

Und dann marschieren wir alle zusammen hinunter zum Fluss. Ausgerüstet mit Eimern versuchen wir uns und die Elefanten von der ganzen Brühe wieder zu befreien. Das gibt noch einmal eine richtige Wasserschlacht.

Beim Rückweg am Sandufer gelangen wir in einen Schwarm gelber Schmetterlinge. Elefanten und Schmetterlinge, was für eine Kombination.

Wir gehen zurück zu den Hütten, wo Duschen zur Verfügung stehen. Wir schlüpfen in unsere Kleider und verwandeln uns zurück in normale Touristen. Einer der Helfer bringt eine Jackfrucht und schneidet sie auf. Sie ist gross, sieht aus wie eine Stinkfrucht, ihr Inneres hat aber eine ganz andere Konsistenz. Diese Frucht teilen wir uns mit den Elefanten, ein Stück für Dich, eines für mich und dann ist dieser unglaubliche Tag zu Ende, wir fahren zurück nach Dschang Mai.

Der Rest des Tages ist eigentlich überhaupt nicht mehr wichtig. Dass ich auf der Suche nach einem Lokal ins Japaner Viertel gerate und superfeine, frisch zubereitete Sushi esse, das hat eigentlich gar keine Bedeutung mehr.

Dieser Tag wird als der Tag mit den Elefanten in Erinnerung bleiben.

Ich habe einen kurzen Video ins Youtube gestellt.

Das ist der Link zu den Elefanten, bei denen ich war.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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