Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Weiterflug

Heute bin ich überzeugt, dass ich nichts schreiben werde. Gar nichts. Weil ich nämlich auch gar nichts unternehme.

Ich bleibe einfach liegen, lese mein Buch aus Kambodscha und warte auf die Inspiration.

Eigentlich ist sie ja da, meine Inspiration, ich weiss, wohin ich als nächstes möchte, aber die Frage ist wie. Und ob ich mich heute oder morgen entscheiden soll.

Und plötzlich ist es entschieden. Ich weiss jetzt, dass ich nicht noch einmal eine Busfahrt auf mich nehmen will. Weder bei Tag noch bei Nacht. Es ist einfach zu ermüdend und es gibt auch nicht viel zu sehen. Vor allem nachts nicht, und wie mir Anni gesagt hat, startet der Bus nach Bagan am Abend, es würde also wieder eine lange Nachtfahrt.

Also gehe ich jetzt an die Rezeption. Es ist Mittag, vielleicht gibt es heute Nachmittag noch einen Flug nach Bagan.

Gibt es. Abflug 15.30 Uhr, das heisst, ich muss gleich mit dem Taxi losfahren, damit ich zur Zeit ankomme. Wow, das geht ja wieder sehr schnell. Jetzt noch ein Hotel in Bagan buchen und dann muss ich mich schon von der Belegschaft des Great Treasure Hotels verabschieden. Sogar der Manager kommt und hält mir die Türe auf, während sich die beiden Rezeptionistinnen mit meinen Koffer abmühen. Ich darf mit knapper Not wenigstens meinen Rucksack selber tragen, man hätte mir den so gern auch abgenommen.

Ich hab mich hier tatsächlich schon ein wenig wie zu Hause gefühlt. Das Hotel ist sauber und das Personal unheimlich nett und zuvorkommend. Im Restaurant im 8. Stock habe ich ein paarmal gut gegessen. Nur schade, dass es so schmucklos ist und daher kaum jemand von den Gästen am Abend herkommt.

Das Hotel besteht erst seit zwei Jahren und ist für ein Stadthotel recht günstig mit 30 Dollar/Nacht inkl. Frühstück, ich würde mich wieder hier einquartieren.

Auch heute wieder: mit Smile unterwegs -  irgendwie.

Auch heute wieder: mit Smile unterwegs - irgendwie.

Mit dem Taxi geht es durch den stockenden Nachmittagsverkehr. Ich hatte mit meiner Beobachtung am ersten Tag übrigens Recht. In Yangon gibt es keine Motorräder. Sie sind in der Stadt verboten. Dafür gibt es sehr viele Autos aller asiatischen Marken. Wiederum viele Toyotas, aber auch Hondas, Nissan und Hyundais trifft man. Die meisten sind Second-Hand gekauft.

Als ich jemandem erzählt hatte, dass meine Kunden Autos verkaufen, kam die ungläubige Frage: brandnew cars? Neue Wagen?

Wenn man hier über Autopreise spricht, sind meistens Occasionen gemeint und die gibt es ab 2'000 Dollars, was über die effektiven Preise nichts aussagt.

Während wir mitten im Verkehr stecken - mit Motorrädern würde das nicht passieren, da geht es immer irgendwie vorwärts - sehe ich mir die Häuser an. Gestern bin ich an Slums vorbei gefahren. Was ich hier sehe, kommt mir auch wie Slums vor, einfach aufeinander gestapelt. Wie kann man in solchen Wohnungen leben? Wäsche hängt in den vergitterten Balkonen, die Fassaden sind grau, verschimmelt, Fensterscheiben zerbrochen, wie das wohl in den Wohnungen aussieht. Und gleich daneben ein moderner Bau, Wand an Wand. Und unten ein Juweliergeschäft.

Ich habe hier eine ganz neue Sichtweise zu Goldschmuck bekommen. Manchmal trifft man Menschen, die eigentlich gar nichts haben, die aber goldene Armbänder tragen, oder Ohrringe. Und dann denkt man sich vielleicht: nichts zu essen, aber Goldschmuck tragen.

Durch Gespräche und beim Lesen der Bücher aus Laos und Kambodscha wo das ganz einfache Leben beschrieben wird, habe ich jetzt verstanden, was es damit auf sich hat. Gold wird als Reserve gekauft. Wenn man kein Bankkonto hat, versucht man, sein Gespartes irgendwie bei sich zu haben. In Form von Geld funktioniert das nicht, aber in Form von Gold geht das einfach. Ein Bankkonto hat in armen Ländern kaum jemand.

Wenn man also etwas gespart hat, kauft man sich einen Ring. Wenn der Goldpreis sinkt oder man mehr gespart hat, verkauft man den Ring und kauft etwas Grösseres. In vielen Familien hängt also das Bankkonto an den Ohren oder um den Hals der Frau. Es ist nicht so sehr der Schmuck, es geht um die Reserve für Notzeiten. Gold kann auch an einem ganz kleinen Ort versteckt werden. Das erklärt auch, dass es überall Goldläden gibt, auch in den Armenvierteln.

Nach dem Einchecken habe ich Hunger. Der Flughafen ist gross und neu und wird noch immer ausgebaut. Hier gibt es verschiedene Restaurants, so dass mir die Auswahl richtig schwer fällt.

Fast wäre ich im Burger King gelandet - einfach wieder einmal Western Food - aber dann habe ich mich doch für Indisch entschieden. Am liebsten hätte ich zwar einfach eine Servelat oder eine Bratwurst vom Grill gehabt...

Auf der Frage nach den Gates hat man schon beim Checking nach links gezeigt und auch die Frau im indischen Restaurants, meint auf meine Frage: Where are the Gates? - There und zeigt auf den Ausgang. Sicher? Yes.

Beim Ausgang vergewissere ich mich noch einmal bei den Sicherheitsleuten The Gates? Yes Yes, ist die Antwort. Bis ich draussen stehe, auf dem Parkplatz.

Also wieder rein. Ich zeige mein Ticket. Ich will abfliegen.

Ahhhh... grosses Erstaunen. Dann nach rechts. Ich verlasse mich nicht mehr auf Aussagen von Leuten und suche jetzt selber nach Hinweisen. Es steht eben nirgendwo 'Gates'. Aber eine Hinweistafel zeigt auf die Rolltreppe: Abflug.

Das ist es und ich komme eben recht zum einsteigen.

Es gibt eine Zwischenlandung, zum Glück hat mich Anni darauf aufmerksam gemacht. Wer weiss, ob man mich gehindert hätte auszusteigen und auf meine Frage, ob das Bagan sei, vielleicht einfach mit 'yes, yes' geantwortet hätte.

Wir fliegen mit einer Propellermaschine nicht allzu hoch über das Land. Manchmal über den Wolken, aber oft kann man die Landschaft da unten gut erkennen. Viel grün. rechteckige Wasserflächen, Reisfelder, ein breiter Fluss, der sich durch die Landschaft zieht, Wälder, Orte mit Blechdachhäusern.

Da ist ein Dorf inmitten all des Wassers

Da ist ein Dorf inmitten all des Wassers

Und dann verbreitet sich der Fluss plötzlich, wird zu einer weiten Wasserebene. Mit überspülten Inseln mitten drin. Auf denen Häuser stehen. Ist das normal? Ist das die Regenzeit? oder ist das Wasser höher, als normal? Gleich darauf fliegen wir wieder über trockenes Land. Es ist eine eindrückliche Landschaft. Die Menschen leben wohl mit diesen wechselnden Verhältnissen. Wasser ist Leben und Verderben. Eine lange Brücke spannt sich über den ganzen Fluss, die Sonne steht schon tief du sendet ihre Strahlen über das grosse Waser mit den Bäumen, Häusern und Strassen.

Kurz darauf setzen wir auf. Wir sind nur knapp zwanzig Passagiere. Das Gepäck wird einzeln gebracht und wem es gehört, muss den Gepäckschein abgeben, damit alles seine Richtigkeit hat. In der Empfangshalle wird eine Eintrittsgebühr kassiert. 25'000 Kyat oder 20 Dollar. Für den Eintritt in archäologisches Gebiet. Bitte die Karte immer bei sich tragen.

Vor dem Eingang die Taxifahrer. Die Touristen werden zugeteilt. Mein Fahrer ist jung. Sogar sehr jung, ich habe das Gefühl, ich werde von einem Schuljungen gefahren.

Wie alt bist du? - heute eröffne ich die Fragerunde.

Die Antwort kann ich nicht verstehen, versuche es nochmals.

Was ist dein Alter?

Zwanzig - immerhin

Ist das dein Wagen

Yes, yes - kaum vorstellbar.

Gehört der Wagen der Company?

Company, yes.

Was hast du morgen vor? - ein eingeübter Satz, fast perfekt.

Ich weiss nicht, habe noch keine Pläne

Das war keine vorgesehene Antwort, Unterhaltung abgeschlossen.

Wir kommen beim Hotel an. Das sieht genau so aus, wie ich es mir vorgestellt habe. Mit der grossen offenen Rezeptionshalle mit den niedrigen bequemen Möbeln aus schwerem Holz, der grossen geschnitzten Theke, den netten Angestellten und dem Pool gleich daneben.

Auch mein Zimmer ist schön gross und hell. Internet funktioniert nach dem zweiten Anlauf, hier werde ich mich wohl fühlen.

Später gehe ich an die Poolbar, bestelle mir meinen Pinacolada und dann geniesse ich Riesencrevetten. So grosse habe ich noch nie gesehen. Dazu gibt es für einmal keinen Reis sondern gedämpftes Gemüse und Kartoffelstock, klebriger zwar, aber sonst gibt es ja meistens Klebreis. Und dann hat es hier sogar einen Kaffeemaschine und es gibt einen richtigen Espresso.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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