Mekong
Mekong-Delta_2
Der schwimmende Markt von Can Tho fängt lange vor dem Sonnenaufgang statt. Wir wurden um sechs Uhr geweckt und vor sieben sind wir mit einem Longboat losgefahren.
Viele Familien leben auf ihren Hausbooten auf dem Mekong. Sie kaufen Waren bei den Produzenten weiter weg im Delta und bringen sie auf den Markt von Can Tho.
Wasserwege sind hier im Delta viel wichtiger, Brücken wurden erst in letzter Zeit gebaut um das Gebiet per Auto und Lastwagen besser erschliessbar zu machen. Bis vor kurzem wurde alles mit dem Boot transportiert, für die Autos verkehrten Fähren auf den Mekongarmen.
Das Mekongdelta ist äusserst fruchtbar, lebt fast ausschliesslich von der Landwirtschaft. MT erzählt, dass in Vietnam ein ganz grosser Teil der Bevölkerung sich irgendwie mit Landwirtschaft oder Fischerei beschäftigt. Tourismus ist erst in den letzten Jahren dazu gekommen, wird aber immer wichtiger.
Wir fahren mitten hinein in das Gewimmel der Hausboote. Überall liegen die Waren auf Deck. Früchte, Kohl, Bohnen, Reis, Mais. Schon legt ein kleines Boot bei uns an. Kühle Getränke und frische Früchte werden angeboten. Rambutan haben im Moment Saison und liegen überall auf dem Deck.
Der Markt ist komplett anders, als der, den ich in Thailand besucht hatte. Hier wird in grossen Mengen gehandelt. Abnehmer werden Geschäfte in Saigon sein, Händler, die die Waren auf den Märkten von Saigon weiterverkaufen werden, Hotels der Umgebung. Kleine Abnehmer sind wahrscheinlich eher selten anzutreffen.
Ausser den Touristenbooten, die jetzt laufend eintreffen. Ein paar Anbieter haben sich auf diese spezialisiert und kommen mit ihren schmalen Booten her. Da werden ein paar Früchte herübergereicht, aufgeschlagene Kokosnüsse, eine aufgeschnittene Ananas, kühle Getränke aus der Isolierbox geholt, Geldscheine gewechselt.
Zweimal fahren wir durch all das Gewimmel der Hausboote, Motorboote und kleinen Ruderboote, dann fahren wir weiter. Unser Ziel ist eine eigentliche Oase, die Pomelo Farm. Es werden hier nicht nur Pomelos angebaut, im Gegenteil, die Farm ist ein Garten mit vielen verschiedenen Fruchtbäumen.
Beim Eingang kommt uns eine Familie entgegen. Mit Rucksack und Koffern beladen, wahrscheinlich haben sie hier übernachtet und sind am Aufbrechen.
Ich höre das Mädchen sagen: Papi, wenn jetzt einer käme, und Grüezi sagen würde...
Grüezi!
Sie bleibt erschrocken stehen. So schnell werden Gedanken normalerweise nicht umgesetzt.
Grüezi mitenand - das wolltest du doch hören!
Wir sind im Moment grad alle etwas überrumpelt und wissen nicht was dazu noch zu sagen wäre. Ausserdem gehen sie zum Schiffssteg und ich zum Eingang. Es bleibt also bei dieser kleinen Begegnung, aber ich bin sicher, die Familie hat ihr heutiges Erlebnis, von dem sie noch öfters erzählen wird.
Wir haben hier fast zwei Stunden Zeit. Wer will kann ein Fahrrad mieten und mit MT eine Rundfahrt machen. Oder man kann sich beim Grill verpflegen, einen Spaziergang machen.
Ich weiss sofort, was mich hier interessiert. In einem Garten mit so vielen Pflanzen und Wasser gibt es bestimmt auch Blumen und Schmetterlinge. Und Libellen.
Ganz hinten entdecke ich ein paar Gräber. Und darauf Hakenkreuze.
Wir hatten dieses Symbol schon gestern beim Eingangstor zum Tempel gesehen. Es ist ein uraltes Zeichen, das man im Buddhismus und Hinduismus schon seit Jahrtausenden kennt. Es ist ein Glückssymbol. Seine Arme können nach rechts oder links gebogen sein.
Gräber in Privatgärten sind hier im Mekongdelta sehr üblich. Die Menschen sind stark mit ihrer Umgebung verbunden. Oft musste das Land zuerst gerodet und bearbeitet werden, bevor man es kultivieren konnte. Diese tiefe Verbundenheit geht bis ans Ende des Lebens. Und da die Lebenden ihre Toten am liebsten nahe bei sich wissen, werden sie oft mitten auf dem Feld oder in einem stillen Winkel beigesetzt.
Ich habe inzwischen auf der Jagd nach Schmettlingen, die sich nie dorthin setzen, wo ich meinen Fokus habe und immer weiter fliegen, von Pflanze zu Pflanze, komplett die Orientierung verloren. Zum Glück trägt mir der Wind manchmal einen Ton von der Gitarre zu, die jemand beim Eingang gespielt hat. Irgendwie finde ich den Weg zurück, zwar komme ich durch den privaten Garten und wäre auf einem unbefestigten Weg fast ausgerutscht und in einen Tümpel gefallen, aber irgendwann bin ich dann doch zurück bei den Booten. Hier kann ich mir die Füsse waschen und zurück zum Grillplatz gehen.
Es werden nicht nur feine Fleischspiesse und kleine gegrillte Fische angeboten, für die es mir am Vormittag noch viel zu früh ist, es gibt auch wunderbare Früchteteller, die eine junge Frau laufend zusammenstellt.
Es geht weiter mit dem Boot, wir werden uns noch mehr mit der Lebensmittelproduktion befassen. MT hat uns versprochen zu zeigen, wie einheimische Pizza hergestellt wird.
Zuerst aber sehen wir, wie Reisblätter gemacht werden. So wie ich es in der Kochschule in Hoi An gelernt habe, wird die Reismilch über dem kochenden Wasser gedämpft und danach zum Trocknen ausgelegt.
Und wenn sie ganz trocken sind, werden sie durch die Nudelmaschine gedreht und die feinen Reisnudeln entstehen.
Aber wir wollten ja die Pizza sehen.
MT gibt ein paar aufgelockerte Reisnudeln in eine Pfanne mit Pflanzenöl, lässt sie einen Moment bruzeln. Dann wenden und herausfischen. Den entstandenen Pfannkuchen auf einen Teller geben, ein paar Kräuter dazu, ein paar Spritzer aus einer Tube mit Tomatensaft. Fertig ist die Mekong-Pizza, die im kleinen Laden auch zum Mitnehmen verkauft wird. Die Köchin zerschneidet sie mit der Schere, so dass wir alle ein wenig versuchen können.
Sie schmeckt tatsächlich fein, knusprig, hat aber mit der Pizza nur die Form gemeinsam.
Drachenfrüchte sind eigentlich Kaktusfrüchte. Der Kaktus wächst an einem langen Stamm und sieht aus wie ein Weihnachtskaktus
Natürlich gibt es bei all diesen schnellen Besichtigungen auch immer ganz viele zusätzliche Geschichten und Informationen. So habe ich jetzt endlich gesehen, wie die Drachenfrüchte wachsen. Überall werden sie angeboten, überall sehe ich sie auf den Märkten, und fast jeden Morgen esse ich sie zum Frühstück. Aber nie hatte ich die Pflanze gesehen. Hier bei der Nudelfabrikation stehen gleich fünf Kaktusbäume und einer trägt sogar Früchte. Zwar noch nicht reif, aber immerhin. Auch die Blume an der anderen Pflanze ist nicht gerade in ihrer schönsten Blüte.
Ausserdem wäre da noch die Geschichte von meinem Hut. Am Morgen beim Bootssteg sass diese Frau im Rollstuhl und flocht aus Palmblättern wunderschöne Hüte. Da konnte ich nicht widerstehen, faltete meinen simplen Sonnenhut zusammen, packte ihn in die Handtasche und kaufte mir für einen Franken diesen sensationellen Hut, um den ich im Laufe des Tages von allen Frauen benieden wurde.
Ich habe ihn unzählige Male für Selfies und Fotoshootingas ausgeliehen.
Wir fahren zurück zum Hafen und steigen um in den Bus.
Bevor wir losfahren kehren wir in einem kleinen Restaurant in der Nähe des Hotels ein. Dieses Mittagessen ist im Tourpreis nicht inbegriffen und es ist definitiv der am schlechtesten ausgewählte Ort. Da hätte es bestimmt viel gepflegtere und schönere Orte für das Mittagessen gegeben. Meine gebratenen Scampi sind allerdings in Ordnung und auch gegen das Bier gibt es nichts zu sagen.
Wieder gibt es eine längere Fahrt bis zu unserem heutigen Übernachtungsort. Bestimmt hätte es auf dieser Strecke ein schöneres Lokal für das Mittagessen gegeben. Sogar die Raststätte, bei wir nach knapp zwei Stunden anhalten, wäre schöner gewesen.
Wir fahren durch weite Ebenen, grosse Reisfelder, die zum Teil unter Wasser stehen. Das hier ist der Reiskorb von Vietnam, erklärt MT. Der grösste Teil des Reises wird hier angebaut. Es gibt zwei bis drei Ernten pro Jahr. Das Wasser wird sorgfältig in Kanälen verteilt, aber in der Hochwassersaison ist hier alles unter Wasser. Darum ist auch die Strasse auf einem zwei Meter hohen Damm und wir können die Landschaft wunderbar überblicken.
Immer wieder überqueren wir Wasserläufe. Leider hat auch dieser Bus wie fast alle Fahrzeuge hier getönte Scheiben. So kann ich keine Fotos machen, sie würden aussehen, als ob sie einmal durch den Mekong gezogen worden wären.
Gegen fünf Uhr kommen wir zu unserem letzten Stopp. Es ist eine Gegend, wo Zuckerpalmen wachsen. Das sind kleinere Kokosnüsse, die keinen Saft, aber eine geleeartige Masse im Kern haben. Überall, auch am Parkplatz wo wir anhalten, werden sie verkauft.
Wir sind aber nicht wegen den Zuckernüssen hier, sondern wegen einer ganz speziellen Fahrt durch einen Zauberwald. Nach einem kurzen Spaziergang werden wir von Motorbooten erwartet und über einen Wasserlauf gefahren, der fast zugewachsen ist mit vielen schwimmenden Wasserpflanzen und Lotusblumen. Wir kommen nicht zurück zum Ausgangspunkt, sondern dringen tiefer hinein in die grüne Wasserwelt.
Am Ende der Motorbootfahrt werden wir von Frauen in Kanus erwartet. Sie rudern uns durch einen Mangrovenwald wie ich noch nie einen gesehen habe. Es sind ganz besonders leichte Mangroven, die hier wachsen. Über unseren Köpfen schliessen sich sich zu einem Dach aber unten gibt es Wasserstrassen, durch die wir ganz langsam gleiten.
Manchmal kann man sogar zwischen den Stämmen Vögel beobachten. Grosse graublaue Vögel sitzen regungslos auf tief wachsenden Ästen. Leider kann ich sie durch das Gewirr der Bäume nicht fotografieren, denn stehen bleiben gilt nicht. Im Gegenteil, die junge Frau die gemerkt hat, dass mich die Vögel faszinieren, zeigt manchmal mit der Hand zwischen den Bäumen, wo einer sitzt, rudert aber unverdrossen weiter, als ob sie keine Ahnung hätte, dass ich jetzt einen kleinen Moment Ruhe haben müsste, um die richtige Einstellung zu finden.
Das ist leider nur ein sehr unscharfes Bild eines der Vögel. Die Kamera hat sich erst auf die Bäume davor eingestellt.
Und dann sitzt doch tatsächlich ein grosser Vogel direkt vor uns auf einem Ast. Vor lauter Überraschung hätte ich ihn fast nicht fotografiert. Ein sehr spezielles Exemplar mit dem schlanken Hals und dem spitzen langen Schnabel.
Leider ist unsere Fahrt durch diesen Mangrovenwald viel zu schnell vorbei. Ich hätte nur zu gern noch einmal eine Runde gedreht. Diesmal allein nur mit einer Ruderin. Doch die Zeit drängt, es ist auch schon bald Nacht und ausserdem ist der Himmel verhangen, es könnte bald zu regnen anfangen.
Wir fahren zurück mit den Motorbooten, spazieren zurück zum Boot und fahren noch eine Stunde bis wir bei unserem letzten Halt für heute ankommen.
Hier werden wir heute übernachten.
Chau Dog liegt am Mekong, ganz in der Nähe zu Kambodscha. Morgen werde ich weiterreisen.
Aufbruch: | 16.06.2017 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 21.09.2017 |
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