Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Bangkok mit Louis und Kloy

Irgendwann bin ich aufgewacht. Draussen ist die Sonne inzwischen untergegangen, es ist dunkel. Auf der anderen Flussseite sind Lichter angegangen. Soweit ich das von hier erkennen kann, ist dort ein Restaurant.
Darauf reagiert mein Magen sofort, denn seit dem frühen Morgen habe ich nichts mehr gegessen. Also raus, im Hotel gibt es ein kleines Restaurant.

Mit einer leichten Verbeugung und gefalteten Händen werde ich begrüsst. Wai nennt man diesen tailändischen Gruss und ich werde mich jetzt daran gewöhnen müssen.

Die Speisekarte ist thailändisch, zum Glück mit Bildern. Was würde er mir empfehlen, frage ich den jungen Kellner, der ganz wenig englisch versteht. Schüchtern zeigt er auf das zweite Bild: Appetizer, Chicken.
Ja, ich mag Chicken, und ich mag Fisch, erkläre ich worauf er mir als zweiten Gang das Fischcurry empfiehlt. Froh, diese Hürde geschafft zu haben, lehne ich mich zurück und kümmere mich um mein Bier.

Aussicht von meinem Fenster

Aussicht von meinem Fenster

1. Gang: Chicken Wings mit frittierten Reisnudeln

1. Gang: Chicken Wings mit frittierten Reisnudeln

2. Gang: Fischcurry mit Scampi, Muscheln und Fisch, dazu Reis - und ein Bier.

2. Gang: Fischcurry mit Scampi, Muscheln und Fisch, dazu Reis - und ein Bier.

Gut, um das Aroma zu geben - aber viel zu scharf zum Essen.

Gut, um das Aroma zu geben - aber viel zu scharf zum Essen.

Ausklingen lasse ich den kurzen Abend in der Dachbar im 5. Stock mit einem fruchtigen Drink. Ich sitze an der Theke und sehe den beiden Barkeepern zu, wie sie die verschiedenen farbigen Drinks mixen. Gutmütig knipsen sie mir ein Erinnerungsbild meines ersten Abends.

im 5. Stock: in der Dachbar des Hotels

im 5. Stock: in der Dachbar des Hotels

Pfirsich und Maracuiasaft mit Vodka

Pfirsich und Maracuiasaft mit Vodka

Der Grund für die Wahl meines Hotels war seine Ausrichtung nach Osten. Darum wollte ich auch unbedingt Flusssicht haben. Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang bin ich wach. Das heisst, knapp wach genug, um meine Kamera am Balkongeländer zu befestigen und die Serienbildfunktion einzuschalten.

Dann lege ich mich noch einmal aufs Ohr, in der Gewissheit, dass meine Kamera den magischen Moment festhalten wird wenn die Sonne den neuen Tag begrüsst.

Von wegen magisch, die dicken Wolken verhindern die Sicht auf die Sonne komplett. Es gibt eine kurze blaue Phase und dann wechselt die Szenerie direkt ins völlig unverzauberte Grau in Grau. Doch das entdecke ich erst als ich zwei Stunden später wieder erwache und das Ergebnis kontrolliere.

Zum Frühstück gibt es ein vielfältiges Angebot am Buffet. Nebst Suppe, Fleisch und Gemüse gibt es auch Müesli, Konfitüre, winzige Croissants und Toastbrot. Und eine freundliche Frau fragt mich anhand einer Fotoauswahl nach meinen Eierwünschen. Sie macht mir ein frisches scrambled Egg und natürlich darf ich die Zutaten ebenfalls auswählen.

Auf dem Früchtebuffett hat es wieder ein paar Früchte, die ich nicht kenne. Die Frucht, die ich wähle schmeckt irgendwie nach nichts mit einer leichten Tendenz zu Apfel. Dazu Fruchtfleisch von der dekorativen Pittaya, Drachenfrucht. Schmeckt himmlisch.

Nach dem Frühstück mache ich mich frisch gestärkt zu einer kleinen Expedition auf. Schon bald komme ich zu einer Pagode, wo viele Menschen eintreten. Solange mich niemand zurück hält, folge ich den Leuten und komme in einen umzäunten Hof, in dem viele Stuckas stehen. An einem Tisch werden Blumen verkauft und gleich nebenan dem Buddha zu Füssen gelegt.
An einem anderen Ort huldigen Gläubige den verschiedenen Buddhastatuen, indem sie Oel in Oellampen giessen und so die Lichter am Brennen behalten. Ich warte mit Fotografieren, bis niemand mehr da steht, denn ich bin nicht sicher, ob das gut ankommt, aber immerhin kann ich mich völlig unbehelligt bewegen.

Vor der grossen Pagode die mit viel glänzendem Gold verziehrt ist, liegen Schuhe, also lasse auch ich mein FlipFlops zurück und trete barfuss ein. Hier wird die Anpassung schon etwas schwieriger, denn knien und auf den Füssen sitzen bringe ich nicht hin und auch der Schneidersitz ist nicht wirklich bequem. Irgendwie schaffe ich es aber, angelehnt an eine Wand, was wahrscheinlich auch nicht richtig ist, mich in eine einigermassen bequeme Lage zu bringen.

Vorne steht eine riesige goldene Buddhastatue. Mild lächelnd und völlig unbekümmert von meinem Eindringen. Eigentlich ein schöner Auftakt für meine Thailandreise, finde ich und versuche mich, der andächtigen Stimmung hinzugeben. Heute ist Sonntag.

Langsam erkenne ich auch, was da vor sich geht. Auf einem Podium ist eine Gruppe Mönche versammelt. Der mit der Sonnenbrille scheint der Leiter zu sein, vor ihm kniet ein junger Mann in weissen Kleidern. Auf den Knien rutschend entfernt er sich nach ein paar Minuten mit einem Bündel oranger Tücher.

Später kommt er zurück, jetzt in die Tücher gekleidet und kniet vor einen älteren Mönch, der sich von der Gruppe abgesondert hat, und reicht ihm ein paar Geschenke. Blumen und Dekorationsartikel. Der Mönch nimmt die Gaben entgegen und legt sie ohne weitere Beachtung zur Seite, von wo sie ein Helfer gleich zur Seite räumt. Dann kniet der junge Mann lange vor dem Mönch, Gebete werden gesprochen.

Meine Scheu, die Kamera zu zücken ist inzwischen verflogen, denn zwei Männer zeichnen die ganze Zeremonie mit ihren Kameras auf. Also fange auch ich an, unauffällig ein paar Bilder zu schiessen.

Es muss der Eintritt in den Stand der Mönche sein. Einen kurzen Moment noch wendet sich der junge Mann zu den Besuchern, worauf diese sich auf den Kniend rutschend vor dem Podium versammeln. Zuvorderst die stolzen Eltern. Und dann wendet sich der junge Mönch wieder der Gruppe der Mönche zu, wird von ihnen umringt. Ist jetzt für ein Teil davon.

Ins Kloster geht man in Thailand für eine kurze Zeit von ein paar Wochen oder Jahren. So jedenfalls habe ich es irgendwo gelesen. Und in den Strassen fallen die Mönche mit ihren orangen Kleidern und den Schüsseln auf. Sie sammeln Essen, dürfen sich nur von dem ernähren, was ihnen geschenkt wird.

Draussen, fasse ich meine FlipFlops und sehe mich ungezwungen noch ein wenig um.

In einem anderen Gebäude -ich bin schon wieder barfuss - wird eine Büste eines Mannes mit goldenen Plättchen bestückt. Es muss ein Mönch sein, vielleicht einer, der spezielles geleistet hat. Blumen werden geopfert, Menschen knien am Boden. In einer grossen Schachtel hat es Bildchen, vergleichbar mit Heiligenbildchen in der katholischen Kirche. Als ich die Aufschrift auf der Schachtel sehe, muss ich schmunzeln: Korea. Auch hier wird am günstigsten Ort eingekauft.

Zurück im Hof fallen mir die grossen Töpfe auf, in denen Seerosen blühen. Die berühmten Lotosblumen. In wunderschönen Violettönen. Hinten an der Mauer finde ich Urnengräber.

Für mich wird es jetzt Zeit, zurück zum Hotel zu schlendern. In den schmalen Gässchen erwacht jetzt das Leben. All die kleinen Läden werden geöffnet. Sonntag scheint man nicht zu kennen. Das Angebot ist vielfältig, auffällig finde ich das riesige Angebot von farbigen 'Luxemburgerli'

gewachsen aus der Kaffeekanne hat sich hier eine imposante Pflanze entwickelt.

gewachsen aus der Kaffeekanne hat sich hier eine imposante Pflanze entwickelt.

Ich muss zurück zum Hotel, denn heute habe ich eine ganz spezielle Begegnung. Kurzfristig habe ich mich vor dem Abflug bei meinem Cousin Louis gemeldet. Seit 10 Jahren lebt er mit seiner thailändischen Frau Kloy in Bangkok und mindestens so lange habe ich ihn nicht mehr gesehen.

Er hat mich angerufen und heute zum Mittagessen eingeladen. Ich glaube die Neugier ist auf beiden Seiten gross. Wir hatten auch früher kaum Kontakt und jetzt trifft man sich auf so fremden Terrain.

Das Taxi schwenkt grad in die schmale Gasse ein, ich kann es eben noch abhalten, denn das Wenden vor dem Hotel ist unmöglich. Die Begrüssung ist kurz und herzlich und schon sehr bald sind wir so vertraut, als ob wir uns schon längst kennen würden. Was natürlich stimmt, denn wir kennen uns ja auch schon sehr lange. Verwandt halt.

Wir fahren in den Süden der Stadt, über die riesige Bumipol-Brück, deren Ausmasse im Taxi kaum zu ermessen sind. Sie überspannt den Fluss am schmalen Ende der Flussschleife.

Die beiden haben sich für's Mittagessen etwas Spezielles ausgedacht. Eine Kombination von chinesisch und japanisch. Was hier im Schmelztiegel Thailand völlig normal ist. Sukiyaki und gebratene Ente. Während Koy das Sukiyaki am Tisch zubereitet, probiere ich die Ende mit Reis und scharfer Sosse.

Nach dem Essen fahren wir in ihr Haus. Die beiden wohnen in einem ruhigen Quartier in Samrong, was eigentlich eine eigene Stadt ist, die sich der Moloch Bangkok einverleibt hat. 15 Millionen Menschen wohnen in dieser riesigen Stadt. Das ist fast zweimal die Bevölkerung der Schweiz.

Den Nachmittag verbringen wir im vertrauten Gespräch, es gibt auf beiden Seiten viel zu erzählen. Zum Dessert besorgt Kloy eine Stinkfrucht. Die heisst so, weil sie zuweilen einen fürchterlichen Geruch absondert. Wie faule Eier soll sie stinken und es ist absolut verboten, eine in eine Flugzeug zu bringen oder im Hotel anzubieten. Mir erschliesst sich nicht, wann sie stinkt, denn geschält und aufgeschnitten schmeckt sie fein, sehr besonders in der Konsistenz mit Fasern und leicht cremig-mehlig.

Gegen Abend fahren wir zurück in die Innenstadt. Ins geschäftliche Zentrum. Da wo die grossen Hotels und Einkaufszentren sind. Wir nehmen die neue Schnellbahn, die uns in kürzester Zeit auf dem Hochtrassee vorwärts bringt.

Von der Fussgängerpassage herag sehen wir den Erewan-Schrein. Er ist der Gottheit Brahma geweiht. Errichtet wurde er, als hier das Hotel Erewan gebaut wurde und im Laufe der Bauarbeiten verschiedene Unfälle passierten. Nachdem der Schrein, der inzwischen zu den bekanntesten gehört, eingerichtet war, hörten die Unfälle auf, erzählt Louis.

Die Schreine sind wichtig. Überall wo ein Haus gebaut wird, muss den Gottheiten oder den guten Geistern zum Schutz ein Schrein, ein Haus oder wenigstens ein kleiner Ort geweiht werden. In meinem Hotel ist es etwas ähnliches wie Vogelhäuschen auf einem Ständer, an anderen Orten sind es kleine goldverzierte Häuschen oder Schreine um den Schutz der Götter zu erlangen. Noch besser sind zwei, für die guten und die bösen Geister, meint Louis. Wir gehen in eines der grössten Einkaufscenter. Das Cetral World. Nur blöd, dass ich absolut kein Shopping Freak bin und jetzt am Anfang der Reise eh kein Interesse habe, etwas einzukaufen. Interessant ist es aber trotzdem, und selber wäre ich wohl kaum hierher gekommen. Riesige Läden mit einem unvorstellbaren Angebot. All die grossen Marken, Kleider bis zum Abwinken. Riesige Hallen und Gänge, die alle auf Kühlschrankkälte herunter gekühlt sind. Denn draussen ist es auch jetzt am Abend noch immer über 30 Grad heiss.

Natürlich gibt es auch eine riesige Auswahl an Restaurants mit Spezialitäten aus der ganzen Welt.

Hier bin ich schon eher zu Hause und ich geniesse meine Riesencrevetten mit gebratenem Reis.

Und dann steht noch ein ganz besonderer Besuch auf dem Programm. ein Ort, den ich allein ganz bestimmt nie besucht hätte, mit Louis und Kloy aber sehr gerne hinkomme.

Nana Plaza, der Welt grösster Spielplatz für Erwachsene - so steht es jedenfalls über dem Eingang.

Nana Plaza, der Welt grösster Spielplatz für Erwachsene - so steht es jedenfalls über dem Eingang.

Nana Plaza, Bar reiht sich an Bar. Hübsche Mädchen, mehr oder weniger bekleidet, versuchen die Besucher in die Lokale zu locken.

Da wo wir eintreten, stehen ein paar Mädchen auf einer schmalen Bühne und ziehen mit ihren lasziven Bewegungen und nackten Körpern auf hochhackigen Schuhen alle Blicke auf sich. In einer gläsernen Duschkabine bietet ein hübsches Mädchen ihre ganz eigene Show. Wir werden derweil von den Serviererinnen genau kontrolliert, ob da nicht irgendwo eine Kamera gezückt wird und ob das Glas nicht etwas leer geworden ist. Denn dann ist Schluss, Besuchszeit abgelaufen, wird uns schon bald erklärt. Ist ja auch nicht wirklich lukrativ: ein Mann mit zwei Frauen.

Louis spricht übrigens Thai. Recht gut sogar, jedenfalls albert er mit dem Taxifahrer auf der Rückfahrt herum. Es ist offensichtlich dass das hier auch bei langjährigen Auswanderern nicht selbstverständlich ist.

Louis und Kloy bringen mich zurück zum Hotel. Sie wollen sicher sein, dass ich heil ankomme, denn das Quartier in dem ich untergekommen ist, ist keine Touristengegend. Da nutzt auch nichts, wenn ich versichere, auch in den nächsten drei Monaten allein unterwegs zu überleben.

Es war ein sehr eindrücklicher Nachmittag und die beiden konnten mir sehr viel Informationen geben über Land und Leute. Ich habe jetzt bereits ein ganz anderes Bild, fühle mich nicht mehr ganz so fremd.

Die hübschen Damen habe ich in einer Seitengasse beim Hotel entdeckt, sie müssen als Ersatz für die entgangenen Fotos in der Animationsbar genügen.

Die hübschen Damen habe ich in einer Seitengasse beim Hotel entdeckt, sie müssen als Ersatz für die entgangenen Fotos in der Animationsbar genügen.

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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