Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Durch die Nacht

Pünktlich fährt der Zug ein. Dass ich am richtigen Ort stehe und sofort meinen Wagen finde, dafür hat das Bahnpersonal bereits aufgepasst. Mehrmals musste ich mein Ticket zeigen und es wurde mir versichert, dass Wagen acht hier vor mir zum Stehen käme.

Meine Koje ist bereits besetzt, ein paar junge Amerikaner scheinen die Plätze getauscht zu haben, damit sie beieinander bleiben können. Ist mir Recht, ich richte mich gleich neben der Türe ein.

Der Zug hat nicht lange angehalten, wir fahren bereits wieder. Im Zug ist es kühl, ich sollte wohl eher sagen kalt, denn die Klimaanlage ist auf höchster Stufe. Meine Kleider sind in der Reisetasche, ganz unter dem Sitz, während ich im lockeren Sommerkleid im oberen Bett liege. Zuerst finde ich das mit der Temperatur ganz angenehm, merke aber mit der Zeit, dass ich mich gut in die Decke kuscheln muss, um nicht zu frieren.

Der Konduktor kommt, will mein Tiket sehen. Das mit dem Tauschen der Kojen nimmt er locker zur Kenntnis. Ich richte mich ein, hole meinen Berner Krimi aus der Tasche und ziehe den Vorhang zu.

noch sind nicht alle Plätze besetzt

noch sind nicht alle Plätze besetzt

Doch plötzlich wird's im Gang hecktisch. Mein Vorhang wird zurück geschoben, eine uniformierte junge Frau will mein Tiket sehen. Wir haben Sitze getauscht, versuche ich zu erklären, aber das scheint nicht anzukommen, ich muss herunterklettern, mein Leintuch und Kissen gleich mitnehmen. Auch die Jungs sind schon auf, gucken etwas kleinlaut, verdrehen die Augen. "Das war ok so, wir hatten das abgeklärt", meint einer, das Lachen ist ihm irgendwie vergangen.

Die beiden uniformierten Frauen organisieren den Umzug. Rasch werden Bettlaken getauscht, Unsere Betten neu bezogen und fünf Minuten später liegen wir alle an neuen Plätzen. Inzwischen sind drei Passagiere zugestiegen. Ein junger Mann in Vierfrucht-Uniform mit Army auf der Armbinde und zwei wichtig aussehende Männer. Zwar nicht in Uniform, aber irgendwie mit offiziellem Anstrich. Darum der ganze Aufwand.

Die Fahrt kann weiter gehen. Ich bin immer noch oben untergebracht, mein Gepäck ist geblieben. Ja, ich hätte mir etwas wärmeres aus der Tasche holen können, aber in der Aufregung hatte ich es ganz vergessen und jetzt nochmals den ganzen Aufwand zu machen stinkt mir. Ich kümmere mich lieber um meinen Toten im botanischen Garten in Bern. Jedenfalls solange das Licht noch an ist, kann ich gut noch ein wenig lesen.

Es stellt sich dann heraus, dass das Licht an bleibt. Leider ist das kein Dämmerlicht, sondern die gleissende Beleuchtung, die mir fast direkt ins Gesicht scheint. Die kleine Nachtleuchte in der Koje braucht es nicht, ich kann problemlos lesen. Die ganze Nacht.

Es wird spannend...

Es wird spannend...

vereinzelt dringt ein leises Schnarchen nach draussen. Das Licht bleibt die ganze Nacht an.

vereinzelt dringt ein leises Schnarchen nach draussen. Das Licht bleibt die ganze Nacht an.

Irgendwann gegen Morgen muss ich weggedämmert sein, als ich aufwache, friere ich an die Hände. Zum Glück ist die Decke richtig gross, ich mummele mich noch einmal ein, in einer Stunde werden wir ankommen. Die Fahrt dauert gut 11 Stunden, also genau so lange wie der Flug von Zürich nach Bangkok gedauert hat.

Eine halbe Stunde vor Ankunft wird es noch einmal hektisch im Zug. Die Menschen sind wach, die Toilletten um Waschbecken am Ende jedes Wagens werden eifrig benutzt. Die Schaffnerinnen kommen durch die Wagen, sammeln die Bettwäsche ein und verwandeln die Kojen zurück zu normalen Zugsabteils. Und als wir um sieben Uhr in Chiang Mai eintreffen, herrscht im Zug wieder Ordnung.

Ich sollte abgeholt werden, sehe mich um und finde kein Schild mit meinem Namen. Doch, da steht einer, das könnte mich betreffen. Er sieht mich etwas betreten an, zeigt noch einmal auf sein Plakat und will wissen, welches denn jetzt mein Familienname sei. Ich muss lachen, weil ein einziger Buchstabe falsch geschrieben ist, hat er einen Mann, einen Ben erwartet. Mein Name ist hier tatsächlich völlig unbekannt und fast nicht auszusprechen.

Es stellt sich heraus, dass der Fahrer recht gut englisch spricht und sogar einmal in der Schweiz war. In Lausanne. Ich staune, will etwas mehr wissen und er erzählt mir von der Fahrt auf den Titlis. Wird wohl eher Luzern gewesen sein. Ja, sagt er, Luzern. Wir machten vier Länder in acht Tagen. Es war sehr schön, aber das nächste Mal komme ich nur in die Schweiz.
Das mache ich besser, lache ich, ich mache fünf Länder in drei Monaten.

Mein neues Zimmer

Mein neues Zimmer

Aussicht vom 5. Stock

Aussicht vom 5. Stock

Ich will wissen, ob er der Besitzer des Hotels ist, zu dem er mich bringt. Nein, nein, lacht er, ich bin nur der Fahrer. Und nach einer Weile: Das Hotel gehört meiner Frau und meine Tochter leitet es.

Hätte mich auch gewundert, wenn sich ein Hotelfahrer eine Reise nach Europa leisten könnte.

Im Hotel werde ich von seiner Tochter begrüsst und sie teilt mir in gutem Englisch alles mit, was ich für die nächsten Tage wissen muss, denn ich werde ein paar Tage hier bleiben. Und dann zeigt sie mir mein Zimmer. Es ist noch früh am Morgen, ich merke, dass ich eigentlich Hunger habe. Also geniesse ich erst mal das Frühstücksbuffet und ziehe mich dann für ein langes Nickerchen in mein Zimmer zurück. Dann beeende ich den Blogg von gestern erledige etwas Korrespondenz. Auch mit Keyla in Peru muss ich Kontakt aufnehmen, denn es ist eine Anfrage für die Lodge eingegangen.

Zwar ist Keyla dort noch am Bauen, aber sie meint, dass das eine Bungalow fertig sein wird, bis die Gäste eintreffen. Ich überlasse ihr die restliche Korrespondenz, denn der Gast schreibt gutes Englisch. Auch wenn ich mit der Lodge direkt nichts mehr zu tun habe, übernehme ich noch immer den Erstkontakt bei deutsch sprechenden Gästen. Vor allem weil sich diese meistens zuerst an mich wenden.

Falls jemand nicht weiss, wovon ich hier rede: Mein letztes TimeOut vor neun Jahren in Südamerika gipfelte im Bau einer Lodge im Regenwald von Peru.

Hier der Link dazu

Am späteren Nachmittag mache ich mich auf, die neue Umgebung zu erkunden. Und stelle fest, dass ich wieder einmal von Tempeln umgeben sind. Mindestens drei sind es, die ich in unmittelbarer Nähe finde. In einer versammeln sich die gerade die Mönche. Nach und nach treffen alle ein, knien auf die für sie ausgelegten Teppiche und stimmen ein singendes Gebet ein. Der älteste Mönch scheint der Vorbeter zu sein, die Jungen stimmen mit ein. Es sind zum Teil Buben, die da hocken. Ich würde gern etwas mehr wissen, über das Leben als Mönch.

Ich schlendere weiter. Komme an einer Tankstelle vorbei und bewundere wieder einmal die unglaublichen elektrischen Installationen. Oben sind die Stromleitungen und unten die Telefonkabel. Louis hat mir in Bangkok erklärt, dass vielfach ganz oben noch die Starkstromleitung durchführt, hier scheint das nicht der Fall zu sein. Ist aber trotzdem sehr eindrücklich.

Soll wohl eine Art Garage sein

Soll wohl eine Art Garage sein

Und dann finde ich ein Schild auf dem zu der überall angebotenen Massage auch Pedicure aufgeführt wird und trete ein. Es ist bereits dunkel, als ich wieder herauskomme, denn ich mache eine Rundumerneuerung. Jedenfalls soweit das überhaupt noch möglich ist.

Später finde ich ein kleines Lokal wo ich ein süsssaures Tofugericht geniesse und dann suche ich in der Dunkelheit, durch einsame dunkle schmale Gässchen den Weg zurück zum Hotel.

Geld habe ich keines mehr dabei, die 1000 Bath, knapp 30 Franken, sind für Schönheit und Essen drauf gegangen.

Allein mit einem Bier lasse ich dann den Tag am Pool Revue passieren. Viel war ja nicht los, heute. Ich bin in Chiang Mai, im Norden Thailands angekommen.

Dieser Weg erwies sich als Sackgasse...

Dieser Weg erwies sich als Sackgasse...

unheimliche Gestalten in der Nacht

unheimliche Gestalten in der Nacht

Du bist hier : Startseite Asien Thailand Durch die Nacht
Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
Bild des Autors