Mekong
Rückfahrt
Noch einmal wartet am Morgen meine Cindarella-Kutsche auf mich. Shotou will mich zum Wasserfall fahren.
Aber bevor wir zum Wasserfall aufbrechen, zeigt er mir noch einmal ein paar Herrschaftshäuser. Im-mer wieder hält er an, steigt vom hohen Bock und erklärt mir, was ich hier sehe. Am Morgen bin ich selber hinauf geklettert, das war gar nicht so einfach, und ich staune, wie schnell er jeweils oben und wieder unten ist.
Er öffnet mir auch immer den Schlag, damit ich aussteigen kann und sagt: Careful, pass auf, der Tritt ist hoch.
Diese Villa gehört Lanvin und Sohn, erklärt er mir bei einem besonders schönen Haus in einem gepflegten Garten. Dem Pariser Designer?
Ja, genau dem.
Bei der nächsten Villa betont er, dass sie zum Verkauf stünde, dass sie ein Hotel war und jetzt verlas-sen sei. Ich weiss nicht, was ihn dazu bringt, ausgerechnet dieses Haus so anzupreisen, aber ich sehe es mir etwas genauer an. Das Tor steht offen und ich nähere mich über die vornehme Einfahrt dem rotweissen Haus mit den schönen Erkern und der gedeckten Terrasse.
Es sieht verwunschen aus. Passt zu meiner Cindarella-Kutsche, erinnert zwar eher an Dornröschen, denn langsam wird das Mauerwerk und die Balkone von Pflanzen überwuchert. Im Rosengarten gibt es einen tiefen Brunnen, wo der Frosch-könig leben könnte. Durch die Eingangstüre entdecke ich eine geschwungene Treppe die fast die gan-ze Halle einnimmt und in zwei grossen Bogen hinauf zum zweiten Stock reicht. Neben dem Haus gibt es einen Tennisplatz, der allerdings schon längst nicht mehr bespielt wurde. Der Besitzer ist längst weggezogen.
Wir fahren weiter. Er hält bei einer Kirche an. Es ist die katholische Kirche der unbefleckten Empfäng-nis. Auch sie ist rot gestrichen, so wie gestern die anglikanische Allerheiligen-Kirche. Alle Kirchen hier seien rot, erklärt mir Shotou.
Vor der Kirche entdecke ich unverhofft einen alten Bekannten. Pater Pio, der italienische Mönch, der auch in Südamerika sehr verehrt wird.
Die Kirche ist geschlossen, aber dahinter treffe ich auf eine Nonne. Sie spricht zwar kein Wort Eng-lisch, aber sie holt den Schlüssel und schliesst die Türe auf, lässt mich einen Blick ins Innere werfen. Sie ist ganz ähnlich aufgebaut wie die gestern, aber sie hat spitze breite Bogen. Ein stilistisches Gemisch.
Der nächste Halt ist vor einem chinesischen Tor. Ein dicker weisser Buddha sitzt in einem einem gepflegten kleinen Park und dahinter gibt es einen grossen chinesischen Tempel. Ich schlendere durch die Anlage und steige auf den Aussichtsturm. Hier hat man einen weiten Blick über das ganze Gelände. Beim Abstieg kommt mir eine einheimische Familie entgegen. Als sie meine Kamera sehen, möchten sie, dass ich sie fotografiere. Auch sie wollen mit ihren Handys eine Foto von mir machen. So kommen wir also alle zusammen zu einem fröhlichen Fotoshooting.
Doch jetzt fahren wir zum Wasserfall, bitte ich meinen Kutscher nachdem ich zurückgekehrt bin. Also verlassen wir den Ort, fahren an der grossen Militärakademie mit dem imposanten Eingangstor vorbei und kommen durch ein kleines Dorf. Langsam steigt das Gelände etwas an, aber ich kann mir noch nicht vorstellen, wo hier ein Wasserfall sein könnte. Natürlich stelle ich mir einen hohen Wasserfall vor und nicht einen breiten Bach, der ein paar Meter Höhenunterschied bewältigen muss.
Als die Kutsche in einem Waldstück stehen bleibt, meint Shotou, ich soll aussteigen, mein Taxi käme gleich an. Und tatsächlich, ein Motorradfahrer hält neben uns. Ich soll auf den Sozius steigen, die Kutsche käme nicht bis ganz zum Wasserfall.
Also geht die Fahrt unverhofft per Motorrad weiter. Der pockennarbige junge Mann spricht kein Englisch, doch das ist auch gar nicht nötig, denn fünf Minuten später stehen wir vor einem Kassenhäus-chen wo ich den Eintritt bezahlen soll.
Zuerst bin ich enttäuscht, dieser kleine Wasserfall mit dem Becken, in dem sich ein paar Einheimische tummeln, war die Mühe nicht wert. Doch dann entdecke ich auf der anderen Seite der Holzbrücke, dass hier noch ein paar Attraktionen geboten werden.
Das Wasser fällt über ein paar Felsblöcke noch einmal zehn Meter tief und es gibt eine wackelige Holzkonstruktion, auf der man das Schauspiel besser beobachten kann. Da entdecke ich wieder einmal eine Pre-Wedding. Die Braut trägt ein weisses, weit ausgestelltes Kleid und einen künstlichen Rosenstrauss.
Auf dem Karussell, das der Besitzer von Hand dreht, sitzt ein junger Mann und lacht, als er mich mit der Kamera sieht. Er winkt, er dreht sich, übersprudelt von Vergnügen. Er ist aus Thailand und freut sich, mich zu treffen. Ja, er freut sich über jeden, den er auf seiner Reise antrifft. Später finde ich ihn im Facebook und sehe wie er fröhlich durch das Land reist, mit einer ungeheuren Entdeckungslust.
Hier am Wasserfall ist alles da für einen gemütlichen Nachmittag. Es gibt ein paar Einkaufsstände fürs Shopping, Verpflegungsmöglichkeiten, den kleinen Klettergarten, das Karussell.
An den Ständen wird ein Fruchtwein verkauft. Dieser wird hier in der Gegend produziert aus Früchten, die wie Kirschen oder Mirabellen aussehen.
Wie kam es, dass der Motorradfahrer zur richtigen Zeit hier war, will ich von Shotou wissen, nachdem ich mit dem Motorrad wieder bei der Kutsche angekommen bin.
Ich hab ihn angerufen.
Es hat also wieder einmal alles geklappt und jeder hat seinen kleinen Anteil an dieser Touristin gehabt. Wir fahren zurück zum Hotel. Mir ist schon klar, warum Shotou zuerst die Villen gezeigt hat, nach dem Besuch des Wasserfalls ist das Interesse an Häuserbesichtigungen kleiner, als zu Beginn der Fahrt. Auch er muss sehen, wie er ein paar Stunden Arbeit zusammen bekommt.
Im Hotel warte ich auf das Sammeltaxi, das mich zurück nach Mandalay bringen soll. Natürlich könn-te ich um vier Uhr auf den Zug – und käme vier Stunden später im Hauptbahnhof in Mandalay wieder an. Doch heute muss es schneller gehen. Das Sammeltaxi kommt auch ungefähr um vier Uhr, aber zwei Stunden später bin ich zurück im Hotel. Zurück in Mandalay.
Er hat sich gelohnt, dieser Ausflug mit dem Zug nach Piyn Oo Lwin, den ich meiner zufälligen Bekanntschaft mit Ian auf dem Lake Inle zu verdanken habe.
Aufbruch: | 16.06.2017 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 21.09.2017 |
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