Mekong
Halong Bay: Halong Bay1
Ich gebe zu, ich hatte kein Bild, keine Vorstellung von Halong Bay. Aber jeder, den ich bisher getroffen habe, hat mir unbedingt empfohlen, dahin zu gehen. Ich wollte mich gelegentlich erkundigen, aber dazu ist es gar nicht gekommen, denn schon bei meiner Ankunft im Hotel, hat mich Winter von der Rezeption gefragt, ob ich mich für einen Ausflug nach Halong Bay interessieren würde.
Ich konnte also direkt im Hotel buchen und hier sitze ich jetzt und warte auf den Minivan, der mich nach Halong Bay bringen soll. Und dabei habe ich noch etwas Zeit, mich umzusehen. Draussen auf der Strasse ist schon wieder viel los. Motorroller kommen in ganzen Pulks daher, Autos drängen dazwischen. Es wird gehupt, aber kaum je angehalten. Irgendwie kommen alle aneinander vorbei.
Eine Angestellte, die soeben hereingekommen ist, kümmert sich zuerst um den kleinen Altar neben der Eingangstüre. Sie kniet davor, hält einen Augenblick inne, dann staubst sie ihn liebevoll ab. Sie überprüft die Mangos in der Schale und die Blumen in der Vase. Aus einer Schachtel neben dem Altar holt sie ein neues Räucherstäbchen, zündet es an und löscht die Flamme gleich wieder. Dann steckt sie es in den Behälter, in dem sich schon unzählige abgebrannte Stäbchen ringeln. Jetzt erkenne ich erst, was diese grauen Dinger sind, von denen ich ausging, dass es Reste einer verdorrten Pflanze sind. Es sind lauter abgebrannte Räucherstäbchen.
Der Minivan kommt pünktlich und ist noch nicht ganz voll. Also steuern wir noch ein paar Hotels an, bis alle abgeholt sind und wir Richtung Süden fahren können.
Der Guide heisst Juan. Das heisst, eigentlich heisst er anders, aber sie haben alle einen westlichen Namen, für den Umgang mit westlichen Touristen. Juan erzählt, dass er von der Mitte Vietnams kommt. "Meine Eltern sind Reisbauern und du kannst dort nichts anderes tun, als Reis anbauen. Du kannst zum Studium nach Hanoi gehen und wenn du wieder kommst, kannst du trotzdem nur Reis anbauen, denn es gibt da nichts anderes". Darum ist er in Hanoi hängen geblieben und ist seit acht Jahren Guide bei der Viola, einer Schiffsgesellschaft, die drei Ausflugsboote in der Halong-Bucht betreibt.
Die Fahrt nach Halong-City, wo der Hafen ist, dauert gut vier Stunden. Allerdings wird in der Hälfte ein dreissigminütiger Halt gemacht, damit man ins Happy Haus, wie man die Toillette hier gern nennt, gehen kann, oder einen Kaffee trinken kann.
Der Kaffeehalt ist bei einem grossen Einkaufszentrum, wo vor allem Kunsthandwerk und riesige Steinmonumente zu kaufen sind.
Es ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen und es wird ausser durch eine Beschriftung 'Kunsthandwerk von eingeschränkten Menschen' nicht weiter darauf aufmerksam gemacht.
Viele Menschen, die hier arbeiten sind schwerst behindert. Es gibt Fehlbildungen, Verkrüppelungen an Beinen, Armen, Händen und Rücken. Es sind Kriegsgeschädigte der zweiten Generation. Menschen, deren Eltern durch Agent Orange vergiftet wurden und die diese Folgen des Krieges ein Leben lang mittragen müssen.
In den grossen Verkaufsräumen gibt es Bilder, Kleider und kleines Kunsthandwerk zu kaufen. Aber auch ein grosser Laden, in dem man sich mit Snacks und Lebensmittel eindecken kann. Dazu ein Restaurant, wo ich mir wieder einmal einen Iced Cafe servieren lasse. Es ist heiss. Zum Glück ist der Minivan gekühlt. Auch in den Verkaufsräumen arbeiten die Klimaanlagen auf Hochtouren.
Es ist ein ständiges Kommen und gehen, draussen fahren Cars und Minivans vor und laden ihre Passagiere aus oder ein. Ich glaube, der Standort wurde sehr bewusst gewählt und wahrscheinlich halten alle Busse, die von Hanoi in die Halong-Bucht fahren hier an.
Gegen ein Uhr erreichen wir den Hafen. Juan macht uns auf die neue Seilbahn aufmerksam, die im letzten Jahr eröffnet wurde. Sie überspannt die beiden Seiten der Bucht und hat mit 188,88 m die höchste Seilbahnstütze der Welt. Ausserdem finden in den beiden zweistöckigen Kabinen 230 Menschen Platz, was ebenfalls ein Weltrekord ist.
Und die Bahn wurde von der Schweizer Firma Caraventa gebaut. Das erzählt Juan allerdings nicht, das habe ich gegoogelt. Mich interessiert aber eigentlich mehr das Riesenrad, das da auf dem höchsten Punkt des Hügels steht. Leider reicht die Zeit nicht für eine Runde.
Wir werden nämlich nach einer kurzen Wartezeit auf eine Barke gebracht. Schwimmwesten anziehen und loslegen.
Es ist nicht weit, unser Schiff, die Viola liegt nur gut 200 Meter weiter draussen im Hafen.
Welcome to Viola Cruise.
Gleich bei der Ankunft bekommen wir unsere Kabinenschlüssel und ich ziehe in meine luxuriöse Kabine ein. Mit einem bequemen breiten Bett und einem Bad das keine Wünsche offen lässt. Die Kabine ist bereits angenehm gekühlt. Trinkwasser steht bereit, es gibt genügend Steckdosen zum Batterien laden. Ich werde mich hier bestimmt wohl fühlen. Wi-Fi ist zwar vorgesehen, funktioniert aber nicht, weil das Signal sehr schlecht ist.
Über die Lautsprecher lädt uns Juan zum Lunch ein. Es gibt ein Buffet mit den verschiedensten Speisen. Ich versuche die Fischsuppe, die einer der Kellner auf Wunsch zusammenstellt. Crevetten, Muscheln, dazu spezielle Pilze und Kräuter. Es schmeckt wunderbar.
Zum Dessert gibt es frische Früchte.
Juan hat mich zu einer burmesischen Familie gesetzt, die mich kurzfristig adoptiert. Es sind die jungen Eltern mit ihrer kleinen Tochter und die Eltern des Mannes. Die jungen leben in Singapur und sprechen sehr gut englisch. Die acht-jährige Tochter ist da geboren. Die Eltern aber leben in Myanmar und sind zu Besuch bei ihrem Sohn und Schwieger-Tochter. Sie sprechen kaum Englisch, aber sie geben mir deutlich zu verstehen, dass sie sich freuen, mich an ihrem Tisch zu haben. Zusammen sind auch sie zum ersten mal in der Halong Bay.
Die Halong Bay, das Delta des roten Flusses der von China durch Nordvietnam fliesst und hier ins Meer mündet. Knapp 2000 Inseln sollen es sein, die hier aus dem Meer ragen. Teils bewaldet und unberührt, teils rohe Felsen ergeben sie ein pittoreskes Bild. Die Gegend wurde 1994 ins UNESCO Kulturerbe aufgenommen und ist Ziel mancher Reiseträume.
Nach der Legende soll ein Drachen die Gegend mit seinem schwingenden Schwanz geformt haben, als er hier ins Wasser stieg. Eine andere Legende erzählt von einem Drachen, der zusammen mit seinen Jungen hier eine Mauer bildete und Vietnam vor seinen Feinden schützte. Mit der Zeit ist die Mauer zerbröckelt und hat die Inseln hinterlassen.
Vietnam und Drachen scheinen eine spezielle Verbindung zu haben, überall trifft man sie an, die Drachen.
Unser Schiff hat inzwischen abgelegt und wir fahren hinaus in die Bucht. Vorbei an unzähligen Inseln, hinter denen immer neue Inseln auftauchen. Weit weg oder ganz nah. Breite ausladende Formen und runde hohe Buckel. Ich sitze auf dem obersten Deck und weiss gar nicht, wohin schauen. Es ist einfach überwältigend schön. Und ich bin mittendrin.
Unser Schiff hat geankert, wir werden eingeladen, mit der Barke zum schwimmenden Dorf zu fahren. Hier, wo früher die Fischer gelebt haben, ist inzwischen eine Touristenattraktion entstanden. Die Männer werden wohl immer noch auf Fischfang sein, aber die Frauen rudern die Touristen um die Inseln. Bis zu sechs Personen haben in den breiten Booten Platz. Wer will darf sich einen Hut gegen die gleissende Sonne aufsetzen und dann geht die Fahrt los. Auf Nachfrage erfahre ich, das die Menschen nicht mehr hier wohnen. Längst sind sie in Häuser an Land gezogen und kommen jeden Tag hierher zum Arbeiten.
Ruhig gleiten wir dahin und zuweilen verstummen alle Gespräche, in dieser unglaublichen Gegend wird jeder andächtig und staunend.
Hinter einer Insel erreichen wir ein paar schwimmende Häuser. Rundum schwimmen Bojen im Wasser. Sieht aus wie schwimmende Perlen und ich vermute eine Fischfarm. Doch es ist eine Perlenfarm. An den Bojen hängen Körbe mit Muscheln, in denen die Perlen heranwachsen.
Eine junge Frau erklärt uns die verschiedenen Arten und Grössen und zeigt uns dann, wie die winzigen, aus Perlmutter geformten Perlen in die lebenden Muscheln eingesetzt werden. Bis zu zwei Jahre brauchen die Muscheln, um die Perlen zu bilden, aber nur 30 % aller Muscheln überleben und auch davon können nicht alle Perlen tatsächlich für Schmuck gebraucht werden. Es ist also immer noch eine Überraschung, eine Auster zu öffnen. Im Laden werden uns fertige Perlen gezeigt und hier könnte man auch günstig Perlenstränge kaufen.
Die Barke fährt uns weiter. Diesmal in eine versteckte Bucht. Hier gibt es Kayaks zum mieten und man kann schwimmen. Wenn man Badekleider dabei hätte. Meine liegen leider im Koffer im Hotel. Auf den Mekong-Cruiser hatte ich sie dabei, aber da gab es keine Möglichkeit zum Schwimmen, hier hatte ich überhaupt nicht daran gedacht. Schön blöd.
Also setze ich mich in den Schatten und sehe dem Treiben zu. Und bald entdecke ich etwas, was meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Über den Sand fliegt ein Schmetterling. Ein schwarz/weisser Schmetterling. Manchmal landet er für einen Moment im Sand, dann zieht er weiter - und ich hinterher.
Denn ich weiss, wo ein Schmetterling ist, tummeln sich meist mehr. Und meine Kamera mit dem grossen Objektiv habe ich dabei. Tatsächlich entdecke ich etwas weiter oben auf der Insel noch mehr Schmetterlinge und ein paar Blumen. Vor allem der Schwarze mit den weissen Tupfen, die sich bis auf den Körper weiterziehen gefällt mir sehr gut. Vor allem weil er schön vor mir still steht und seine Flügel spannt.
So vergeht die Zeit wie im Flug und als die anderen vom Kayaking und Schwimmen zurück kommen, habe ich ein paar neue Schmetterlinge erjagt.
Die Sonne steht schon tief am Horizont, als wir mit der Barke zurück zur Viola kommen. Auf dem Deck gibt es Sunset-Party mit Fruchtsäften, Wein und frischen Früchten.
Und später ein mehrgängiges Dinner. Ein königliches Essen, meint meine burmesische Tischnachbarin, die sich bei diesen Köstlichkeiten auskennt.
Aufbruch: | 16.06.2017 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 21.09.2017 |
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