Mekong
Abschied von Hanoi
Gehe nie davon aus, dass du weisst, wie etwas sein wird. Ich habe mit meinem Zimmer im 6. Stockwerk gerechnet und bekomme ein anderes im 7. Hab gar nicht gewusst, dass es da oben auch noch Zimmer gibt. Egal, als ich gestern um 22.00 Uhr im Hotel ankam, war es mir völlig egal, wie das Zimmer aussah, ich wollte nur noch schlafen. Und das konnte ich sehr gut, denn das Zimmer ging nicht auf die lärmige Strasse sondern auf den Hinterhof.
Auf dem Frühstücksbuffet gibt es nebst den obligaten Bananen und Wassermelonen heute Morgen eine Frucht, die ich schon lange nicht mehr gegessen habe: Passionsfrucht.
Als ich gestern Nacht von der Busstation zum Hotel gelaufen bin, ist es mir aufgefallen: Das kleine Nagelstudio ganz in der Nähe. Der Lack, von der fliegenden Kosmetikerin auf dem Markt in Vientiane bröckelt trotz den Vitaminen langsam ab, höchste Zeit, den zu erneuern. Eine Stunde später verlasse ich den Laden mit neuer Farbe. Für knapp Fr. 10.—inkl. Basis- und Überlack.
Ich bummle zum See. Auch heute wieder ist der kleine Tempel im See gut besucht. Bei der Kasse am Eingang bekomme ich eine Bluse aus Baumwolle. Wortlos. Wahrscheinlich bin ich mit meinem ärmellosen T-Shirt nicht anständig genug angezogen für den Tempel. Ich klemme sie unter den Arm. Werde sie anziehen, wenn ich aufgefordert werde, aber eigentlich ist es mir dafür viel zu heiss.
Ich schlendere über die Brücke, lasse die FlipFlops vor dem Eingang und trete in den rot-goldenen Tempel ein. Niemand spricht mich an, auch nicht der Mann, der schön geschriebe Sprüche beim Eingang verkauft und jeden Besucher genau beobachtet.
Er ist klein, dieser Tempel. Einige Besucher knien vor dem Buddha, bringen ihre Gaben, andere sind wie ich, sehen sich um, fotografieren und gehen wieder hinaus. Ein schöner Platz, hier auf der kleinen Insel, mit Blick auf den See. Auf der anderen Seite steht der Schildkrötenturm auf einer winzigen Insel.
Der See heisst Ho Huan Kiem – See des heimkehrenden Schwertes. Das geht auf eine Legende zurück, in der der Herrscher Hanois von den Göttern ein goldenes Schwert erhielt, mit dem er die angreifenden Chinesen vertrieb. Gleich nach dem Sieg entriss ihm eine goldene Schildkröte das Schwert und versank damit im See in der Mitte der Stadt um es den Göttern zurück zu bringen.
Am Ufer, in der Nähe der roten Brücke steht das Märtyrerdenkmal auf einem Steinhaufen. Hier sehe ich immer wieder Leute einen kurzen Moment innehalten. Manchmal fotografieren sie sich da, aber meistens verweilen sie einfach einen Moment in stillen Gedanken.
Entlang des Sees und komme wieder in die Altstadt. Und plötzlich stehe ich vor der Kirche, die ich schon auf der Fahrt mit dem Fahrradtaxi gesehen hatte. Da spüre ich ein paar Tropfen, sehe auf der anderen Seite ein kleines Kaffee. Sehen und über die Strasse eilen, eintreten und schon geht draussen ein Regenschauer nieder. Alle Schleusen offen. Doch so schnell wie er gekommen, so schnell ist der Regen auch wieder vergangen. Beim Zahlen an der Kasse fällt mir ein kleiner handgeschriebener Zettel auf: What do you want? - This is your bill for … Den - Thank you for your visit – Have a nice day.
Aha, daher kommt der Serviererin ihr Englisch. Und darum versteht sie nicht, was ich ihr sage oder frage. Sie hat sich die paar wichtigsten Sätze aufgeschrieben. Nett, aber etwas verwirrend. Denn was sie sagt, sagt sie perfekt und dann versteht sie eben doch nichts, wenn man versucht mit ihr zu sprechen. Sie lächelt und sagt: Thank you for your visit - have a nice day.
Jetzt sehe ich mir die Kirche an. Es ist die St. Joseph-Kathedrale aus dem 19. Jahrhundert. Neugotisch.
Weiter schlendere ich durch die Stadt. Ich weiss, dass es noch viele Sehenswürdigkeiten gäbe, die ich mir unbedingt ansehen sollte. Aber isch schreibe ja hier keinen Reiseratgeber, sondern einen ganz persönlichen Reisebericht. Und mir ist das Feeling, das Gefühl für eine Stadt schon immer wichtiger, als dass ich alles gesehen habe. Und ausserdem ist es heute entschieden zu heiss. Lieber lasse ich mich noch einmal von einem Fahrradtaxi durch die Stadt fahren.
Und komme wieder in ganz andere Strassen, in denen ich noch nie war. Da wo Spielsachen verkauft werden, in die Strasse der Metallarbeiter, wo geschweisst wird. Vorbei an einem Laden für Hochzeiten und genau da kommt uns ein Leichenwagen entgegen. Mit der ganzen Trauer-Gesellschaft in geschmückten Minivans hinterher.
Es gibt hier so viele kleine und kleinste Geschäfte. Fliegende Händler, teure Boutiquen, Kitsch, billige Kleider, teure Accessoires, einfache Guesthäuser, vornehme Hotels. Reisebüros, Gassenküchen. Alles beisammen, nebeneinander, durcheinander.
Ich staune immer wieder mit welcher Sicherheit der Verkehr hier funktioniert. Wir fahren entlang des Sees auf einem vierspurigen Bulevard, auf der rechten Seite. Mein Fahrer merkt, dass ich gern den Park auf der linken Seite fotografieren möchte und spurt einfach auf die andere Seite. Schräg über alle vier Fahrstreifen fährt er an den anderen Strassenrand.
Soviel ich gesehen habe, gab es kein Handzeichen und all die anderen Verkehrsteilnehmer fahren einfach an uns vorbei. Weichen aus, fahren rechts und links vor so dass wir ganz schnell auf der anderen Seite der Strasse sind. Ich kann da also die Blumenbeete mit den weissen Blumen fotografieren und dann geht es weiter.
Natürlich tut mir mein Fahrer leid, der mich da in der grössten Hitze durch die Stadt fahren muss. Aber er hat mich angesprochen und wenn er nicht mich fahren würde, würde er mit jemand anderem unterwegs sein, oder gar leer, was noch schlimmer wäre. Ausserdem ist er ein junger Bursche.
Er zeigt mir noch ein paar Denkmäler und wenn er merkt, dass ich fotografieren will, hält er kurz am Strassenrand an. Egal, wer da grad hinter uns fährt, die überholen elegant und ohne ersichtlichen Ärger.
Wen ich da fotografiert habe, habe ich nicht verstanden. Den Kaiser, einen Kaiser. Vietnam hatte viele Kaiser. Und sie haben viele Schlachten geschlagen und immer gewonnen.
Ilda hat mir gesagt, sie möchte den Vietnamesen nicht in die Hände fallen, denn die haben jeden Krieg gewonnen. Immer wieder mussten sie sich verteidigen, sind die Chinesen in ihr Land eingedrungen, doch immer blieb Vietnam Sieger. Zuletzt auch gegen die Amerikaner. Bux ist Geschichtsprofessor und so haben die beiden die Museen intensiv besucht - nicht wie ich, die diese Sparte ausgelassen hat.
Deja vu -mitten in Hanoi
Kennen wir uns?
Wer mich schon länger kennt, weiss was ich meine. Mein Falco hat genauso ausgesehen. Gleicher Blick, gleiche Farbe...
musste ihn 2009 verabschieden, aber er bleibt immer bei mir - irgendwie.
Ich brauche jetzt eh einen Kaffee. Es gibt in der Altstadt viele kleine Kaffeeshops, die einerseits Kaffee verkaufen und alles was dazu gehört und ausserdem auch einen gepflegten Kaffee anbieten. Ich aber will einen Kaffee mit Aussicht und habe bald das richtige Lokal gefunden.
Auf dem Balkon im 2. Stock, mitten in der Altstadt bestelle ich einen geeisten Espresso und beobachte eine Weile den Verkehr unter mir. Hab ein Video gemacht und ins Youtube gestellt. Das muss man sich einfach ansehen, das kann ich gar nicht so beschreiben, wie das alles durcheinander funktioniert.
Es sind Taxis und PWs unterwegs. Dazu endlos viele Motorräder, viele davon gemietet durch Touristen, die sich in diesem Verkehr überhaupt erst zurecht finden müssen. Dazwischen kommen Fahrrader und ein paar Fahrradtaxis. Und die Elektrofahrzeuge für Sightseeing, Minivans und der öffentliche Bus. Und dazwischen Fussgänger. Alles funktioniert weitestgehend ohne Lichtsignal. Und wenn es eines hat, wird es oft nicht von allen beachtet.
Die Regel ist: keine Handzeichen und nie anhalten. Einfach immer vorwärts, und jeder schaut zuerst auf sich, ohne die anderen aus dem Augenwinkel zu verlieren.
Hier geht's zu meinem Youtube-Video:
genau das brauche ich jetzt - um einen Teil der verlorenen Energien zurück zu bringen - und doch nicht zu sehr den Magen zu belasten
Nachher spaziere ich zurück zum Hotel. Mit bewussten Umwegen, denn ich muss unbedingt noch etwas essen. Zwar habe ich keinen Hunger, es ist mir aber mit den 34 Grad heute entschieden zu heiss. Und ich merke, dass mir der Schweiss nur so übers Gesicht läuft und die Energien langsam nachlassen. Wie schön war das doch mit den angenehmen 27 Grad in Sapa.
Eine gut gewürzte Tomatensuppe, das mag ich grad vertragen. Ich gebe noch etwas Salz dazu, denn das geht ja mit dem Schweiss nur so weg.
Endlich bin ich zurück im Hotel. Habe es sogar problemlos gefunden. Ich bin völlig erschöpft und bedaure, dass ich mein Zimmer am Mittag abgeben musste. Der Mittagsschlaf fehlt mir. Und die Lobby wird neu renoviert, also auch hier keine Ruhe.
Ich habe ein Zimmer für dich, empfängt mich Dounge, der Rezeptionist, der meine beiden Reisen organisiert hat. Du kannst dich hinlegen.
Ich glaube das nicht. Ich kann also einfach so, das grosse Zimmer hinter der Rezeption benutzen, mich hinlegen, dösen, warten bis mich das Taxi abholt und zum Bahnhof fährt. Ja, weil man sich im Moment nicht in die Lobby setzen kann, darfst du dieses Zimmer benutzen.
Wow, das ist der absolute Hammer. Mein Taxi kommt in knapp zwei Stunden.
Und als ich später beim Bahnhof aussteige und mich umsehe, wie ich wohl das richtige Geleise finde, kommt der Kofferboy mit seinem Motorrad angefahren, packt meinen Koffer, geht mir voraus und bringt mich und mein Gepäck zum Zug, ins richtige Abteil.
Service total.
Und da darf ich getrost noch einmal das Hotel nennen:
Hanoi Royal Palace Hotel 2
Sieht von aussen nach gar nichts aus, das kann sich aber ändern, nachdem jetzt die Lobby renoviert wird, die Zimmer werden ebenfalls nach und nach renoviert und der Service ist unschlagbar.
Hanoi wird mir in bester Erinnerung bleiben.
Aufbruch: | 16.06.2017 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 21.09.2017 |
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