Mekong

Reisezeit: Juni - September 2017  |  von Beatrice Feldbauer

Speedboat

Schon wieder so früh aufstehen, diese Reise entwickelt sich langsam zum Stress. Das Schönste daran ist der Sonnenaufgang, den ich von meinem Zimmer im sechsten Stock wunderbar bewundern kann. Kurs vor sechs Uhr, in einer halben Stunde werde ich abgeholt. Es sind meine letzten Stunden in Vietnam.

Unsere Gruppe ist geschrumpft. Wir sind nur noch 10 Personen: die vietnamesische Familie mit dem angehenden Mönch und der Tante, die eigentlich in der Tschechoslovakei lebt und zu Besuch in der Heimat ist, zwei jungen Iren, einer Italienerin und ich.

Wir fahren mit zwei Motorbooten hinaus auf den Mekong. Noch verstehe ich nicht genau, warum das so ist, wir hätten gut im gleichen Boot Platz aber später merke ich, dass es damit zu tun hat, dass die beiden Iren und ich weiter fahren nach Kambodscha, während die anderen zurück nach Saigon kehren werden.

unsere vietnamesische Familie im separaten Boot

unsere vietnamesische Familie im separaten Boot

Eines der typischen Mekongboote mit den Augen

Eines der typischen Mekongboote mit den Augen

Im Moment besuchen wir zusammen eine Fischfarm. Ich hatte mir ein abgetrenntes Stück im Fluss vorgestellt und bin etwas erstaunt, als wir bei einem der grossen schwimmenden Häuser anhalten und hineingehen. Ich merke es erst auf den zweiten Blick, dass die Fischfarm sich unter dem Haus befindet.

Durch ein Loch im Brett können wir die Fische erkennen, vor allem wenn MT eine Schaufel Fischfutter hineinwirft. Wie das wimmelt und brodelt, die Fische kämpfen um jeden Bissen.

Es werden vor allem zwei verschiedene Fische gezüchtet, erklärt MT und eine solche Zucht geht ganz schön ins Geld, denn man kauft zuerst die kleinen Fische, die man im Gehege aussetzt, dann muss das richtige Fischfutter im grossen Stil gekauft werden und die Fische richtig gefüttert. Wenn man etwas falsch macht, kann man eine ganze Zucht verlieren.

Es gibt zwei Fütterungsmethoden. Einerseits das Trockenfutter, das wir jetzt hineinwerfen dürfen, damit die Fische beschäftigt bleiben, andererseits eine Mischung, die hier auf dem Fluss zusammengemicht und gekocht wird. Danach wird sie mit speziellen Maschinen wurstartig in den Fluss gegeben.

Das ganze riecht nicht sehr angenehm und ist auch überhaupt nicht appetitlich.

Fischfutter wird tonnenweise zugekauft

Fischfutter wird tonnenweise zugekauft

Fischfutter wird gemischt und gekocht

Fischfutter wird gemischt und gekocht

Jedes schwimmende Haus eine Fischfarm

Jedes schwimmende Haus eine Fischfarm

Mir ist es recht, als wir die Fischfarm mit dem unangenehmen Geruch und der brodelnden Meute unter dem Boden wieder verlassen. Wir fahren in einen Seitenarm des Flusses und verlassen das Boot über einen langen schmalen Steg.

Hier lebt eine kleine Minderheit Cham. Sie sprechen eine eigene Sprache und leben den Islam. Sie bedecken ihre Haare und tragen seidene Saris. In dem kleinen Laden könnte man wunderschöne Seidenschals kaufen. Interessant ist hier der Pfosten eines Hauses, wo die Höchststände des Mekongs vermerkt sind.

Man kann sich gar nicht vorstellen, dass das Wasser so hoch stehen könnte, aber es erklärt, warum hier viele Häuser auf Stelzen stehen oder schwimmen.

Plötzlich wird MT hecktisch. Kommt, kommt, wir müssen gehen. Es ist Zeit. Rasch gilt es Abschied nehmen von der fröhlichen vietnamesischen Familie von denen leider niemand englisch spricht und von der verschlossenen Italienerin. Die beiden Iren und ich fahren mit einem der beiden Boote zurück auf den Fluss.

Da nähert sich bald ein Speedboot, hält an unserer Seite an und ehe wir uns versehen, rasen wir auf dem Boot davon, MT winkt uns vom kleinen Motorboot aus nach.

Und das Gepäck? Wo ist unser Gepäck? Wir hatten es im Hotel gelassen.

Kein Problem, beruhigt uns der Guide, der uns in Empfang genommen hat, das ist alles hier. Er hebt den schweren Deckel auf dem Deck auf und tatsächlich, hier sind all unsere Rucksäcke und meine grosse Reisetasche.

Entspannt machen wir es uns gemütlich. Wann werden wir in Phnom Penh ankommen? 15.00 Uhr. Es ist jetzt knapp neun Uhr. Also stehen uns sechs Stunden Fahrt bevor. Genügend Zeit also, um es uns gemütlich zu machen.

Wenn da nicht die wichtigste Frage noch wäre. Wie funktioniert das mit dem Visum für Kambodscha? Auch da hat unser Guide die Antwort. Er verteilt bereits Anmeldeformulare. Und kassiert das Geld. 34 Dollar in Dollar oder Don. Er wird sich um die Abwicklung kümmern.

Ausserdem braucht er noch eine Passfoto. Diese habe ich bereits bei der Einreise in Bangkok gemacht. Damals als alle Ankommenden ein Formular ausfüllen und am Automat Fotos gemacht hatten, glaubte auch ich, dass das nötig sei. Bei der Kontrolle habe ich dann erfahren, dass ich gar kein Visum brauchte. Jetzt habe ich wenigstens die Fotos schon.

Wir werden in einer Stunde die Grenze erreichen.

Usere VIP-Lounge

Usere VIP-Lounge

Die vietnamesische Grenzstation ist ein schwimmendes Gebäude mit Büroräumen und einem Warteraum mit Terrasse, wo man sich hinsetzen, etwas trinken und kleine Snacks kaufen kann. Ich wechsle meine allerletzten Don gegen kambodschanische Rial.

Es haben zwei Boote angelegt und unser Guide ist mit all unseren Unterlagen in einem der Büros verschwunden. Wir sollen warten.

Inzwischen montiert unser Kapitän die kambodschanische Flagge am Bug unseres Bootes und nach einer halben Stunde kann es weiter gehen.

vietnamesische Grenzstation

vietnamesische Grenzstation

die kambodschanische Flagge wird montiert

die kambodschanische Flagge wird montiert

Allerdings nicht weit, denn weiter vorne ist die kambodschanische Grenzstation. Auch hier wieder aussteigen, warten.

Lange warten. Immerhin gibt es hier ein paar Bäume mit Schatten, eine Toillette, einen kleinen Verkaufsstand. Aber das Warten dauert ewig.

Irgendwann kommt unser Guide mit ein paar Pässen, verteilt sie, damit sich die Leute jetzt anstellen können um die Stempel zu bekommen.

Immer noch sind die Leute von zwei Booten hier. Das gibt knapp 60 Leute. Eine riesige Bürokratie. Auch ich habe irgendwann meinen Pass zurück, mit dem eingeklebten Visa. Wunderbar. Jetzt also nur noch zum Schalter und dann...

Ja, aber das dauert. Unser Guide erklärt uns, es wäre neues Personal da, das eingearbeitet werden müsse. Und dabei sind es zwei Schalter. Muss ein riesiger Aufwand sein, so einen Pass abzustempeln.

Endlich bin auch ich an der Reihe. Der Uniformierte sieht ihn sich an. Hat er mich überhaupt angesehen? Ich bin nicht sicher. Aber er sieht sich mein Formular an. stempelt es. Dann bekommt mein Pass einen Stempel. Und darüber auf beiden Seiten noch einmal einen Stempel dazu. Einmal mit roter, einmal mit blauer Farbe. Und gleich noch einen Dritten. Und einen Kritzel dazu. Und jetzt bekomme ich meinen Pass zurück.

Zurück aufs Boot, das erste ist bereits vor ein paar Minuten losgefahren.

Doch da steht noch einmal ein Uniformierter. Will den Pass sehen. Überprüft Visum und Stempel, schaut mir ins Gesicht, auf die Foto. Alles ok, einsteigen.

Im Schiff hat es Platz für gut 20 Leute. Alle Plätze werden wieder besetzt sein, wir bleiben hinten in unserer VIP-Loge.

Und hier können wir uns ausstrecken, versuchen ein wenig zu dösen. Besonders die beiden Iren haben Nachholbedarf. In der ersten Nacht hatte der eine Schüttelfröste und wollte keine Klimaanlage und der andere war dafür komplett verschwitzt und anscheinend war es auch gestern nicht besser. Zwei Nächte im Doppelbett, bei der Hitze, das hält keiner aus.

Carl und Oisin, meine beiden irischen Begleiter

Carl und Oisin, meine beiden irischen Begleiter

da drin 4 Stunden eingepfercht - nicht auszudenken

da drin 4 Stunden eingepfercht - nicht auszudenken

es kann endlich weiter gehen

es kann endlich weiter gehen

Der Mekong ist hier schon sehr breit. An den Ufern wuchert Wald oder es sind Plantagen angelegt. Manchmal erkennt man einfache Häuser, ein Fischerboot davor, manchmal weisse Kühe.

Sie dauert lange, die Fahrt und wir zweifeln, ob wir um drei Uhr ankommen werden, nachdem wir soviel Zeit an der Grenze verloren haben.

Irgendwann erkennen wir eine riesige Brücke, die sich über den Fluss spannt. Das könnte ein Hinweis sein, dass wir uns der Stadt nähern. Und am Ufer gibt es jetzt Hafenkräne, Industrie.

Und dann können wir ganz weit vorne im Dunst die Stadt erkennen. Mit richtig hohen Häusern. Wir kommen an. Und zwar sogar früher als angenommen.

Phnom Penh, die Hauptstadt von Kambodscha

Bei der Anlegestelle warten Taxifahrer. Die beiden Iren haben ihr Hotel auf der Karte bereits gefunden, machen sich auf den Weg, während ich mir ein TucTuc nehme.

Und dann muss ich noch fast zwei Stunden warten, bis mein Zimmer bereit ist. Ich bin zu müde, um den Pool zu geniessen, den es auf dem Dach gibt, schicke aber noch ein Mail an Carl und Oisen, dass ich sie auf einen Drink einladen würde, wenn sie bis zum Sonnenuntergang wieder fit wären.

Ein guter Plan, schreibt Oisen zurück und ich ziehe mit schlechtem Gewissen in mein riesiges Zimmer ein. Nicht ein Bett, nein, zwei riesige breite Betten habe ich heute zur Verfügung.

Sie sind dann doch nicht gekommen, sie haben sich tatsächlich eine richtige Erkältung zugezogen. Ich mache noch einen kurzen Gang in der Umgebung, suche einen Geldautomaten und nachdem ich den gefunden, und er nur Dollars ausgespuckt hat, suche ich einen Ort, um diese zu wechseln. Bis mich jemand belehrt, dass hier in Kambodscha mit Dollars bezahlt wird. Ich muss jetzt nur noch sehen, wie ich meine 100-Dollar-Scheine kleiner machen kann, denn darauf kann niemand rausgeben.

Später beim Nachtessen im Hotel treffe ich auf John und Diana. Die zwei Kanadier sind seit April unterwegs. Es wird ein sehr schöner Abend, die beiden sind etwas älter als ich, reisen fürs Leben gern und wir können unsere Erlebnisse austauschen. Bald merke ich, dass die beiden Geschichten sammeln. Wenn etwas nicht so funktioniert wie es sollte, so gibt es wenigstens eine gute Story, meint John und spricht mir damit aus dem Herzen.

mein Nachtessen: Vienna Schnitzel. Waren zwar etwas zäh und trocken, aber wenigstens wieder einmal ein ganzes Stück Fleisch

mein Nachtessen: Vienna Schnitzel. Waren zwar etwas zäh und trocken, aber wenigstens wieder einmal ein ganzes Stück Fleisch

Phnom Penh bei Nacht

Phnom Penh bei Nacht

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Die Reise
 
Worum geht's?:
Es ist Zeit für etwas Neues. Für eine neue, mir völlig unbekannte Weltgegend. Spontan, ohne Planung, nur mit einer Idee: den Mekong sehen. Abflug am 16. Juni nach Bangkok. Ab dann wird es spannend. Freue mich, wenn auch diesmal wieder Freunde, Kunden und Bekannte virtuell mitreisen. Man kann den Reisebericht übrigens auch abonnieren, dann erhält man immer ein Mail, wenn ich etwas neues geschrieben habe.
Details:
Aufbruch: 16.06.2017
Dauer: 3 Monate
Heimkehr: 21.09.2017
Reiseziele: Thailand
Laos
Vietnam
Kambodscha
Myanmar
Der Autor
 
Beatrice Feldbauer berichtet seit 20 Jahren auf umdiewelt.
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