Mekong
TucTucSafari
Kurz vor neun Uhr holen mich Andrea und Emanuela ab. Mit dem TucTuc.
Es gibt hier einen TucTuc-Service, der verschiedene Touren anbietet. Wir haben die Lao-Live-Tour gewählt. Ere, unser Fahrer verspricht, uns Dinge zu zeigen, die man als normaler Tourist nicht findet und uns einen echten Einblick in laotisches Leben zu geben.
Er hat nicht zu viel versprochen, schon unser erster Halt ist höchst interessant.
Sticky Rice - Klebreis
Wir verstehen auf Anhieb gar nicht, worum es sich hier handelt, aber Ere erklärt, dass die Familie, die wir hier besuchen ein sehr traditionelles Gericht zubereitet. Reis in Bambusrohren, gekocht in Kokosmilch.
Reis und Milch werden zusammen mit kleinen Karottenstücken in hohle Bambusrohre gegeben und das Rohr wird aufgestellt neben dem Grill. Sobald die Flüssigkeit aufgesogen ist, kann das Rohr über der Kohle weiterkochen.
Das dauert ungefähr eine Stunde. Danach fängt aber die Arbeit erst an. Mit der Machete wird das Rohr dünner gemacht, all das verbrannte Holz wird weggeschnitten. Den Finish macht die Mutter, sie schabt und glättet die Rohre bis sie ganz fein zum anfassen sind. Jetzt ist der Reis bereit zum Essen und kann wie eine Banane geschält werden.
Ich gebe zu, ich bin etwas skeptisch und dann völlig überrascht. Der Reis schmeckt echt gut. Leicht süss und mit einem feinen Kokosnussgeschmack.
Verkauft wird er auf dem Markt und die Familie hat ein paar Restaurants, die bei ihnen für spezielle Events Reis bestellen. Kürzlich gab es eine Hochzeit, da mussten 400 Portionen innerhalb eines Tages produziert werden. Man hat schon am morgen um zwei Uhr angefangen.
Beim Silberschmied
Wir sind noch immer fasziniert vom Reis, da halten wir bereits vor dem nächsten Geschäft. Dieses Mal ist es ein Silberschmied. Auch dies ein echtes Familienunternehmen, erklärt Ere. Der Chef hat ganz klein angefangen und beschäftigt heute gegen 50 Leute in der Werkstatt und im grossen Laden.
Nachdem er uns eine wunderbar gehämmerte Silberschale gezeigt hat, führt uns Ere nach hinten, in die Werkstatt. Hier wird das Silber, das von Schweden importiert wird, geschmolzen, zu Stangen und Fäden gezogen oder zu Blech geglättet. Für die Ketten gibt es eine Maschine, die Meterware herstellt, aber die Verzierungen und Details werden alle von Hand angebracht.
Gegen zwanzig junge Männer sitzen an kleinen Pulten und löten kleine Silberteile auf Ketten. Sie produzieren Schmuckstücke, Broschen, Armspangen, Gürtelschnallen und die grossen Töpfe und Schalen die für Zeremonien und als Geschenke für die Tempel verwendet werden.
Meistens werden diese auf Wunsch des Kunden individuell hergestellt. Es gibt kleine und ganz grosse, die mehr als zwei Meter hoch sind.
Die jungen Leute, die hier arbeiten, werden im Akkord bezahlt. Sie arbeiten solange wie es ihre Augen zulassen. Wenn sie anfangen, können sie noch gar nichts, sie werden darum einen Monat lang eingearbeitet und bekommen schon während dieser Zeit einen Lohn. Danach werden sie nach Arbeitsleistung bezahlt. Sie arbeiten jeden Tag, es gibt nur zwei Frei-Tage pro Monat.
Harte Bedingungen, aber Ere erklärt, dass der Lohn gut sei.
Natürlich sind wir danach eingeladen, uns im grossen Laden umzusehen, wo neben Silberwaren auch schöne Stoffe verkauft werden. Leider springt mir nichts ins Auge und für grössere Dinge ist mein Koffer bereits zu voll.
Wet-Market - Nassmarkt
Damit könnte man eine Mahlzeit für eine ganze Familie kochen, meint Ere. Preis: 10'000 Kip = Fr. 1.20
Wet-Market nennt man die Märkte, auf denen ausschliesslich verderbliche Lebensmittel verkauft werden. Keine Industrieprodukte, keine Konserven. Nur Frischprodukte.
Ere führt uns zuerst durch die Fischabteilung. Da schwimmen Tilapia in Behältern, die mit Sauerstoff angereichert werden und das Wasser aufschäumen. Und dort quakt es unter dem Netz. Grosse und kleine Frösche warten auf Käufer.
In einem Behälter entdecke ich Wasser-Schildkröten. Nein, meint Ere, die werden weniger zum Essen gekauft, als vielmehr um sie zu opfern, resp. vor dem Tempel frei zu lassen. Das gibt gutes Karma. Und das beste daran ist, die Schildkröten werden markiert. Eine Schildkröte, die schon einmal geopfert worden ist, darf kein zweites mal geopfert werden. Immerhin eine gute Botschaft für die Schildkröten.
Wir gehen weiter zum Fleisch. Hier liegen die Fleischstücke unter Lampenschirmen, die mir wie eine Lampenausstellung vorkommen. Ich bleibe auch beim Fotografieren mehr auf die Lampen fokussiert, denn die Händler müssen mir für meinen Geschmack zu viele Fliegen wegjagen...
Problemloser ist das Gemüse. Die Stände quellen über von Salaten, Grünzeug, Früchten und Gemüse, vieles inzwischen bekannt, anderes unbekannt. Eine Händlerin gibt uns frische Bambusspitzen zu probieren. Sie schmecken neutral mit einem feinen Frischegeschmack. Emanuela möchte noch ein zusätzliches Stücklein - und bekommt gleich einen ganzen Sack, da nutzen auch Andreas Einwände nichts.
Obwohl die Fülle und die sich Konkurrenzierenden Gerüche sich überschlagen so muss ich doch zugeben, der Markt ist sehr ordentlich und sauber. Auch bei den Fischen und dem Fleisch. Es liegen keine Abfälle in den Gängen und die Leute sind sauber angezogen. Und trotz fehlender gegenseitiger Sprache sehr freundlich und hilfsbereit. Lassen uns an den Kräutern riechen, oder reichen uns eine Frucht zum probieren.
Kaffeehaus
Zeit für einen Kaffee, meint Ere und fährt uns durch die halbe Stadt zum Kaffeehaus. Auch das natürlich ein Familienunternehmen. Über einem Kohlefeuer wird ein grosser Wassertank heiss gehalten. Darauf stehen zwei Krüge, einer für Kaffee, einer für Tee. Die Frau füllt gemahlenen Kaffee in den Filter, der im Krug hängt, schöpft von unten zwei Tassen heisses Wasser hinein und lässt das ganze einen Moment ziehen. Dazu bewegt sie den Filter auf und ab und rührt im Kaffee. Jetzt könnte sie ihn in Tassen giessen, aber wir haben ja Iced Cafe bestellt. Darum holt sie zwei Gläser mit Einwürfeln, schüttet etwas süsse Kondensmilch hinein und den heissen Kaffee darüber. Ein Strohalm dazu - fertig. Fein.
Einfache Kaffeehäuser wie dieses gibt es bestimmt jede Menge in der Stadt, aber Andrea und ich sind uns einig, wir würden da selber kaum einkehren, würden das überhaupt nicht beachten. Und dabei ist der Kaffee echt toll und die Atmosphäre speziell. Am Morgen sitzen hier die Männer beim Kaffee und erzählen und lamentieren, so ein Kaffeehaus ist ein wichtiger Treffpunkt, erklärt Ere.
Wir fahren weiter, es ist Zeit fürs Mittagessen
Mittagessen
Vor einer kleinen Gasse, parkiert Ere sein TucTuc und führt uns zu einem netten Restaurant mit vielen Blumentöpfen, baumelnden Kalebassen und farbigen Tischtüchern. Familienbetrieb, wir wissen schon.
Er zieht sich zurück, wird wohl irgendwo etwas kleines zu sich nehmen, denn trotz typischer laotischen Spezialitäten, dies ist eindeutig ein Restaurant, in dem vor allem Ausländer verkehren. Expats, meint Andrea mit ihrem erfahrenden Blick in diesen Angelegenheiten.
COPE
Es stand auf Andrea's 'to-do-Liste' aber wir wussten beide nicht, was es damit auf sich hat. Jetzt fährt uns Ere hin. Es ist ein Museum, das an den Amerikanischen Krieg, wie er hier genannt wird, erinnert. Aber auch zeigt, was für die vielen von den Bomben verletzten Menschen gemacht wurde und noch immer gemacht wird.
Laos war zwar selber nie ins Kriegsgeschehen verwickelt, ist aber das im Verhältnis zur Bevölkerung am stärksten bombardierte Land der Welt. Neun Jahre lang, wurde das Land alle acht Minuten von einer Bombe getroffen. Tag und Nacht. Es ist unvorstellbar, was das heisst. Streubomben, jede trägt bis zu 600 Kugeln in sich, die beim Aufschlag explodieren. Oder auch nicht. 30 % sind Blindgänger und können heute noch jederzeit explodieren. Beim Hacken auf dem Feld, wenn ein Kochfeuer zu nahe daran entfacht wird, wenn Kinder spielen. Beim Eingang hängt eine geöffnete Bombe, die ihren Inhalt ergiesst.
Was ist das? fragt Emanuela. Wie erklärt man einem Kind den Krieg. Wie erklärt man das Unerklärbare?
In dem Museum wird auch gezeigt, wie Menschen dank künstlichen Gliedern oder stützenden Korsetts wieder ein normaleres Leben leben können, oft nach Jahren und wie sie lernen Blindgänger zu erkennen. Kinder suchen noch heute in abgelegenen Gebieten Altmetall, weil sie damit etwas Geld verdienen können. Aber sie müssen wissen, was sie machen müssen, wenn sie eine Kugel finden.
Wie könnt ihr mit Amerikanern umgehen, wie könnt ihr sie als Touristen willkommen heissen, will ich von Ere wissen, der vor dem Museum auf uns wartet.
Es ist eine neue Generation, viele haben gar keine Ahnung. Auch ich gehöre zu dieser neuen Generation, auch ich weiss nicht viel davon. Meine Eltern waren zehn Jahre alt, als das passierte, sie haben nie davon gesprochen. Niemand spricht davon. Wir haben vom Krieg in der Schule gehört.
Er hat schon ältere Leute mit Tränen in den Augen aus dem Haus kommen sehen. Wir wussten nichts davon, sagen sie und er nimmt es ihnen ab. Einfach so, jeder Nationalität.
Nachdenklich verlassen wir diesen Ort der Trauer, aber auch der Hoffnung. Denn vielen Menschen wird hier in diesem grossen Rehabilitationszentrum auch geholfen.
Wachsblumen herstellen
Der nächste Besuch ist fröhlicher. In der Nähe der grossen Moschee besuchen wir einen Laden, in dem Opfergaben für Buddha verkauft werden.
Hier lernen wir, wie man Wachsblumen herstellt, mit denen die Gaben verziert werden. Ein Holzmodell wird in das heisse Wachs getaucht, im Wasser abgekühlt und abgestreift.
Und dann dürfen wir ein einfaches Gestell mit den Wachsblumen schmücken.
Warum gelb? will ich wissen. Gelb bedeutet 'Good Luck', es ist die Farbe Buddhas.
Tempel
Jetzt gilt es nur noch, unsere Opfergaben in den Tempel zu bringen und für die Erfüllung unserer Wünsche zu beten.
Warst du Mönch? will ich von Ere wissen. Ja, lacht er, aber nur für eine Woche. Meine Eltern wollten das, aber ich war bereits verheiratet. Also musste ich mich von meiner Frau für eine Woche scheiden, um wieder ein Single-Mann zu werden, und nach einer Woche waren wir wieder verheiratet.
Buddha scheint tolerant zu sein.
Damit ist unsere Tour zu Ende, Ere bringt uns zurück in unsere Hotels. Es war ein sehr intensiver Tag und es hat Spass gemacht, ihn mit Andrea und Emanuela zu verbringen. Am Abend gehe ich nicht mehr aus, bin viel zu müde dazu.
Aufbruch: | 16.06.2017 |
Dauer: | 3 Monate |
Heimkehr: | 21.09.2017 |
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